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Gunpowder Milkshake

Originaltitel: Gunpowder Milkshake__Herstellungsland: USA/Deutschland/Frankreich__Erscheinungsjahr: 2021__Regie: Navot Papushado__Darsteller: Karen Gillan, Paul Giamatti, Lena Headey, Carla Gugino, Angela Bassett, Michelle Yeoh, Chloe Coleman, Ralph Ineson, Freya Allan, Adam Nagaitis, Michael Smiley, Samuel Anderson, Mike Möller u.a.
Gunpowder Milkshake

In “Gunpowder Milkshake” kriegt Auftragskillerin Karen Gillan Stress mit ihrem Syndikat. Ihr stehen Lena Headey, Carla Gugino, Michelle Yeoh und Angela Bassett zur Seite

In Israel hatte Navot Papushado mit „Rabies“ und „Big Bad Wolves“ zwei vielbeachtete Genrefilme im Duo mit Aharon Keshales gedreht, bei seinem ersten internationalen Film „Gunpowder Milkshake“ saß er allein auf dem Regiestuhl.

Der von Papushado und Drehbuchdebütant Ehud Lavski geschriebene Film ist einerseits einer jener überzeichneten Actionreißer in der Tradition von „Crank“ und „Shoot ‘Em Up“ (jüngst etwa durch „Guns Akimbo“ und „Boss Level“ vertreten), andrerseits ohne den Erfolg von „John Wick“ vielleicht nie gedreht worden. Also gibt es auch hier eine Parallel(unter)welt der Verbrecher und Auftragsmörder mit eigenen Regeln und Institutionen. Die neutrale Zone ist hier kein Hotel, sondern ein Diner, in dem keine Waffen erlaubt sind. Hier wird die 12-jährige Sam (Freya Allan) von ihrer Killer-Mama Scarlet (Lena Headey) zurückgelassen, als diese untertauchen muss, weil bei einem Auftrag etwas schiefgelaufen ist. Das bedeutet allerdings auch, dass ihre Tochter in die Hände einer Schattengesellschaft fällt, die nur die Firma genannt wird und in deren Diensten Scarlet stand.

15 Jahre später ist Sam (Karen Gillan) in Mutters Fußstapfen getreten und arbeitet als Killerin für die Firma. Dummerweise war einer der letzten Diebe, der von der Firma stahl und von ihr beseitigt wurde, der Sohn eines hohen Tiers aus der Firma, Jim McAlester (Ralph Ineson). Das wissen allerdings weder Sam noch ihr Kontaktmann Nathan (Paul Giamatti), als dieser sie auf den nächsten Dieb ansetzt, der jedoch nur deshalb Wertpapiere stahl, weil seine Tochter Emily (Chloe Coleman) entführt wurde. Wie wir aus „Nikita“, „Leon – Der Profi“ und Co. wissen, haben Killer noch ein Ehrgefühl, weshalb Sam entgegen ihren Anweisungen die Knete nicht zurückbringt, sondern sich an die Befreiung von Emily macht.

Dummerweise sind am Ende zwar alle Entführer tot, aber auch die Wertpapiere in Flammen aufgegangen. Also gibt die Firma McAlesters Rachewünschen bereitwillig nach und erklärt Sam für vogelfrei. Mit ihrer jungen Schutzbefohlenen im Schlepptau muss sich die Elitekillerin zur Wehr setzen…

httpv://www.youtube.com/watch?v=g3s3Ai5OBDo

„Gunpowder Milkshake“ ist eigentlich ein Netflix-Film, wurde aber teilweise in Deutschland gedreht und von der deutschen Filmförderung unterstützt, weshalb er hierzulande ins Kino kommt. Mit seiner weiblichen Killer-Hauptfigur, der kindlichen Schutzbefohlenen und dem comichaften Neon-Noir-Style erinnert er an den ebenfalls für Netflix gedrehten „Kate“, ist jedoch eine Nummer weniger grimmig und etwas komödiantischer angelegt. So dient eine Bibliothek als Waffenkammer, in der Knarren und andere Dinge in den Büchern versteckt sind, deren Titel den Inhalt ironisch kommentieren. Als Bibliothekarinnen fungieren Madeleine (Carla Gugino), Florence (Michelle Yeoh) und Anna May (Angela Bassett), welche die Einhaltung der Unterweltregeln kontrollieren, sich aber auch mit ihren Mitstreiterinnen solidarisieren, wenn es hart auf hart kommt. Dass man sich bei der Gleichsetzung von Waffen und (Hoch-)Kulturgütern ach gleich wieder an eine entsprechende Szene aus „John Wick 2“ erinnert fühlt, spricht allerdings nicht gerade für die Eigenständigkeit von „Gunpowder Milkshake“.

Gunpowder Milkshake

Sam (Karen Gillan) wird zur Beschützerin von Emily (Chloe Coleman)

So ist Papushados Film ein klares „Malen nach Zahlen“ nach altbekannten Plotmustern: Sam ist über weite Strecken die Gejagte, ehe sie dann gen Showdown zum Gegenschlag gezwungen wird, zwischendrin taucht die verschollene Mutter auf und mischt sich an der Seite ihrer Tochter in den Privatkrieg ein. Das wäre Stoff für einen 90-Minüter, doch „Gunpowder Milkshake“ braucht fast zwei Stunden, um diese Simpelhandlung zu erzählen, was auch bedeutet, dass man rund 30 Minuten auf die erste richtige Actionsequenz warten muss. Dass zwei vorige Konfrontationen nur kurz angedeutet werden, heizt dann auch nicht die Vorfreude auf die kommende Action an, sondern wirkt eher eitel und selbstverliebt („Safe“ mit Jason Statham dagegen ist ein Beispiel dafür, wie man das Herauszögern der ersten großen Actionszene als echten Anheizer gestalten kann).

Wenn es in den vier großen Set Pieces des Films rundgeht, dann liefert „Gunpowder Milkshake“ immerhin weitestgehend. Das erste davon bietet eine ziemlich gut choreographierte Schlägerei gegen drei Goons, gefolgt von der Befreiungsaktion. Die zweite große Spektakeleinlage ist die einfallsreichste: Da Sams Arme durch ein Medikament gelähmt wurden, muss sie einen Kampf gegen drei versehrte Gegner und eine Autojagd auf unkonventionelle Weise und mit fremder Hilfe durchstehen. Set Piece Nr. 3 ist dann das größte und bietet einen Mix aus Fights und Shoot-Outs, die zwar nicht ganz so raffiniert durchchoreographiert sind wie das Vorbild „John Wick“, aber ziemliche Laune machen. Außerdem werden Nahkampfwaffen wie Hämmer, Ketten und Schlagstöcke kreativ in die Kampfszenen eingebunden. Dagegen fällt der Showdown mit dem nicht neuen, aber ganz hübschen Gimmick auf komplett in Zeitlupe zu sein, ist aber doch eher kurz und dadurch etwas weniger spannend, dass die Killerseite mit Knarren eine Gruppe von Schurken umnietet, die fast nur Nahkampfwaffen dabei hat. Die Arbeit von Laurent Demianoff („Valerian“) und Volkhart Buff („Hitman: Agent 47“) als Fight Choreographer und Stunt Coordinator ist jedoch auf durchweg gutem Niveau.

Gunpowder Milkshake

Wie die Mutter, so die Tochter: Scarlet (Lena Headey) und Sam bilden ein schlagkräftiges Duo

Auch inszenatorisch kann man „Gunpowder Milkshake“ wenig vorwerfen. Der Style mit seinem Fokus auf knallige Primärfarben ist optisch ansprechend, der Einsatz von Musikstücken wie „It’s All Over Now, Baby Blue“ ist nicht neu, aber durchaus pointiert beim Kommentieren bzw. Untermalen bestimmter Passagen. Es gibt ein paar nette Gags, gerade mit den erwähnten Buchtiteln, aber das scheint doch eher einem angestrebten Coolnessfaktor als einer wirklichen Comedy-Ausrichtung geschuldet zu sein. Für eine waschechte Actionkomödie ist „Gunpowder Milkshake“ bei aller Übertreibungen, bei allem Augenzwinkern in der Darstellung seiner Überfrauen dann doch einfach nicht witzig genug.

Karen Gillan hatte sich schon mit ihren Auftritten in den „Jumanji“-Sequels dezent als Actionlady empfohlen, hier kann sie das Potential in einem reinrassigen Genrefilm wesentlich besser ausspielen. Zwar ist die Rolle der Auftragsmörderin mit Kindheitstrauma und Mutterkomplex hinter der knallharten Fassade kein allzu anspruchsvoller Part, Gillan reißt ihn aber solide herunter. Gleiches gilt für Lena Headey („Fighting With My Family“), Carla Gugino („Das Spiel“), Michelle Yeoh („Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings“) und Angela Bassett („Mission: Impossible – Fallout“), die ihre Rollen routiniert ausfüllen und ihre Action-Credibility aus früheren Rollen in die Waagschale verwerfen. Daneben ist Paul Giamatti („Jungle Cruise“) etwas verschenkt, Ralph Ineson („Ready Player One“) als Oberschurke mit wenig Screentime okay, aber mehr auch nicht, sodass in erster Linie noch Michael Smiley („Free Fire“) als halbseidener Unterweltarzt Akzente setzt. Chloe Coleman („Der Spion von nebenan“) ist auch ganz gut und erfreulich wenig nervig in der Kinderrolle, aber hat auch wenig zu tun.

Gunpowder Milkshake

Florence (Michelle Yeoh), Anna May (Angela Bassett) und Madeleine (Carla Gugino) sind Bibliothekarinnen der etwas anderen Art

Der Milchshake aus dem Titel ist vielleicht eine ganz gute Metapher für den Film: Aus bekannten Zutaten schnell und routiniert gemixt, hübsch bunt und durchaus schmackhaft beim Genuss, aber ohne jeden größeren Nährwert oder kulinarische Finesse. Wobei durch die Überlänge hier öfter mal Luft im Strohhalm ist. „Gunpowder Milkshake“ bietet flottes 08/15-Entertainment nach altbekannten Mustern, profitiert von seiner Hauptdarstellerin, ist zwischen seinen vier großen Set Pieces allerdings auch etwas egal.

StudioCanal bringt „Gunpowder Milkshake“ ab dem 2. Dezember 2021 in die deutschen Kinos, ungekürzt ab 18 Jahren freigegeben. Auf dem diesjährigen Fantasy Filmfest war er bereits als Eröffnungsfilm zu sehen.

© Nils Bothmann (McClane)

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Copyright aller Filmbilder/Label: StudioCanal__FSK Freigabe: ab 18__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Nein, ab 2. Dezember in den deutschen Kinos

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