Originaltitel: Hell Ride__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2008__Regie: Larry Bishop__Darsteller: Larry Bishop, Michael Madsen, Vinnie Jones, Dennis Hopper, David Carradine, Eric Balfour, Leonor Varela, Michael Beach, Julia Jones, Cassandra Hepburn u.a. |
In den 1960ern und 1970ern spielte Larry Bishop wichtige Rollen in einigen Bikerfilmen, darunter auch der von Quentin Tarantino heiß verehrte „Die grausamen Sieben“. Für Tarantino Grund genug Bishop erst in „Kill Bill Vol. 2“ zu besetzen und danach noch dessen „Hell Ride“ zu produzieren.
Bishop ist hier Produzent, Drehbuchautor, Regisseur und Hauptdarsteller in einer Funktion. Er spielt Pistolero, den Chef einer Bikergang namens Victors, zu deren wichtigsten Mitgliedern The Gent (Michael Madsen) und der junge, aufstrebende Comanche (Eric Balfour) gehören. Die Gangnamen und wichtigsten Figuren werden mit entsprechenden Titeleinblendungen ganz im Stile von Bishops Produzenten-Patron Tarantino eingeführt, der hier ganz klar als stilistisches Vorbild geführt wird.
Pistolero befindet sich im Krieg mit einer rivalisierenden Gang, den Six-Six-Sixers, zu deren Spitzenleuten der sadistische Billy Wings (Vinnie Jones) gehört. Der Bandenkrieg, der die Victors schon ein wichtiges Mitglied gekostet hat, hat auch Verbindungen in die Vergangenheit, als Pistoleros damalige Flamme ermordet wurde…
httpv://www.youtube.com/watch?v=H4bjSUJ82p0
Tarantino muss Bishop mit dessen Genreerfahrung prädestiniert für einen dreckigen Biker-Exploitationreißer gehalten haben, doch leider ist diesem herzlich wenig eingefallen. Die Stichworte Rockerkrieg und Geheimnis aus der Vergangenheit fassen dann das Nichts an Handlung auch schon fast zusammen. Ersterer besteht daraus, dass sich immer wieder Mitglieder der Gangs sich gegenseitig, Verräter aus den eigenen Reihen oder Verratene in die Falle locken und dann abknallen, was leider nicht für besonders packende Action sorgt: Statisch ballert man sich gegenseitig ab, wobei es (in der ungekürzten Fassung) auch einige blutige Einschüsse, den Einsatz scharfer oder spitzer Gegenstände mit unguten Folgen und einen verbrutzelten Schurken zu sehen gibt, doch all diese Gewalt wird trantütig und steif inszeniert. Zumal der Film oft gar nicht erklärt, woher welcher der achso coolen Oberchecker denn nun genau wusste, wer ihn jetzt gerade betrügen will.
Dabei inszeniert Bishop sich selbst so als wolle er sich mal all das zukommen lassen, was andere Regisseure ihm versagten. Also wird Pistolero als die härteste und coolste Sau unter der Sonne vorgestellt, der sich die Weiber nur an den Hals schmeißen und dessen Name bereits Ehrfurcht hervorruft. Das Problem an der Sache ist nur: Der wenig imposante Larry Bishop sieht mit seiner eher kleinen Statur, Pornobart und übertriebener Asitoaster-Bräune eher wie seine eigene Parodie aus und ist dann schauspielerisch auch zu schwach um den coolen Motherfucker wirklich überzeugend zu spielen, der jeden Kampf und jede Schießerei spielend gewinnt. Dafür lässt Drehbuchautor und Regisseur Bishop seinen Hauptdarsteller jede Menge Frauen betatschen (was diese alle geil finden) oder direkt durchorgeln, wobei für allerlei nackte Hupen gesorgt ist, die vor allem Pistolero, gelegentlich aber auch mal anderen Bikern zugutekommen.
Natürlich muss die enorme Potenz dieses Mannsbilds (für das sich Bishop hält) auch im Dialog erörtert werden, weshalb Pistolero etwa von seiner Freundin Nada (Leonor Varela) aufgefordert wird sie noch einmal ordentlich durchzunudeln, weil sie ihm gleich etwas erzählen müsse, wonach er das nie wieder tun wolle. Nach einem Dialog mit reichlicher, aber sehr unkreativer Verwendung des Wortes „Fuck“ ist übrigens klar, dass sich Nada da geirrt hat, denn in einer späteren Szene wird noch einmal ausführlich über Pistoleros Willie und dessen Einsatzmöglichkeiten gesprochen, mit so vielen Flachwitz-Metaphern zum Thema Feuerwehr und Feuerwehrschlauch, dass dem Zuschauer bald die Ohren rauchen. Offensichtliches Vorbild der Chose ist nämlich Produzent Tarantino, der jedoch weiß wie man fesselnde, kultige oder interessante Dialoge über Belanglosigkeiten schreibt – das Palaver in „Hell Ride“ dagegen ist nur ebenso bemühter wie nervenraubender Driss.
In Sachen Bildgestaltung und -verfremdung hat Onkel Tarantino hier Pate gestanden, denn einigermaßen schick gefilmt von Kameramann Scott Kevan („The Losers“) ist das Ganze ja, während der hakelige Schnitt von Blake West („The Ballad of PonyBoy“) und William Yeh („The Philly Kid“) dagegen reichlich katastrophal ist. Da bleibt die Frage, für was davon Larry Bishop als Regisseur mitverantwortlich ist und wie weit seine Fähigkeiten reichen. Als Drehbuchautor tun sie es nicht sehr weit, denn nicht nur sind die Dialoge eine Qual und das Nichts von Handlung extrem fad, auch das groß angeteaserte Geheimnis um das Event aus der Vergangenheit ist schon für jeden nicht vollkommen auf den Kopf gefallenen Zuschauer nach wenigen Minuten durchschaubar, da der Film quasi herausschreit was mit dem Sohnemann der Gemeuchelten wurde.
Immerhin hat die Tarantino-Connection Bishop prominentes Personal beschert – schade nur, dass keiner davon in sonderlich guter Form ist. Aus „Kill Bill Vol. 2“ sind seine Kollegen Michael Madsen („No Bad Days“) und David Carradine („Crank 2“) dabei. Während Carradine einen besseren Gastauftritt absolviert, rattert Madsen seine zentrale Rolle als Gentlemanrocker routiniert herunter und versucht seine Würde zu behalten. Leonor Varela („Blade 2“) gelingt das nicht, wenn sie die ihren Rocker-Boyfriend hörige Sexbombe gibt. Wenig besser sieht es bei Dennis Hopper aus, der als „Easy Rider“-Veteran des Bikerfilms eine Gastrolle absolvieren muss, während auch Eric Balfour („Horsemen“) schon mal besser gespielt hat. Der einzige, der hier noch eine brauchbare Figur macht, ist Vinnie Jones („Toxin“), aber auch nur weil er seinen bewährten Psychopathen geben darf – allerdings muss auch eher einen entwürdigenden Monolog über die Bedeutung seiner Flügeltattoos halten. Immerhin: „Hell Ride“ könnte Michael Beach geholfen haben eine Bikerrolle in späteren „Sons of Anarchy“-Staffeln zu bekommen.
So hatte der Film für Beach etwas Gutes, für den Zuschauer hat er das eigentlich nicht. Denn „Hell Ride“ sieht ganz schick aus, aber der Mix aus vielen Motorradfahrten, gelegentlichen Mordszenen, nackten Hupen und sehr, sehr langen, sehr faden Möchtegern-Kultdialogen ist schon eine ziemliche Geduldsprobe. Und das sollte schrill-schundige Exploitation besser nicht sein.
Diese Kritik beruht auf der ungekürzten britischen DVD von Warner mit BBFC-18-Freigabe, die den Film in ungekürzter Form ohne Extras enthält. Die deutsche Veröffentlichung von Senator/Universum, deren Cover oben abgebildet ist, hatte es nicht so einfach bei den Freigabebehörden. Der vergleichsweise harmlose Film erhielt nicht nur eine schwere SPIO/JK, sondern die Fassung, die diese Freigabe erhielt, hatte zudem noch ein paar Schnitte im Finale zu verzeichnen. Angesichts mancher Filme, die zeitgleich ungekürzt mit FSK 16 oder FSK 18 durchgingen eine fragwürdige Entscheidung.
© Nils Bothmann (McClane)
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