Originaltitel: Hidden in the Woods__Herstellungsland: Frankreich, USA__Erscheinungsjahr: 2014__Regie: Patricio Valladares__Darsteller: Michael Biehn, Jeannine Kaspar, William Forsythe, Jennifer Blanc, Chris Browning, Krzysztof Soszynski, Evie Thompson, Cody Hackman, Electra Avellan u.a. |
Inzest, mehrfache Vergewaltigungen, Drogenmissbrauch, Mord- und Totschlag, Kannibalismus, starke Frauen und durchweg hassenswerte Kerle: Der chilenische „Hidden in the Woods“ vereinte all das im Gewand eines Exploitation-Krachers mit Grindhouse-Feeling. Eine Mixtur, die immer geeignet ist, viele Fans auf sich zu vereinen. Ein besonders begeisterter Anhänger war Michael Biehn.
Der hatte kurz zuvor mit seiner Ehefrau beschlossen, nicht mehr auf gute Rollen aus Hollywood zu warten, sondern stattdessen selbst aktiv zu werden und eigene Filme für sich und viele Freunde zu stemmen. „Hidden in the Woods“ wurde auserkoren, einer dieser Filme aus der „Biehn-Schmiede“ zu werden. Als Regisseur wurde Patricio Valladares, der Macher des chilenischen Originals, angeheuert. Der drehte ein in vielen Momenten sehr originalgetreues Remake, muss aber auch zulassen, dass sein räudiges und derbes Baby in einigen Aspekten ordentlich verwässert wird…
Anny und Ana leben isoliert von der Welt bei ihrem absolut irren Vater Oscar. Der hat aus Eifersucht die Mutter der Kids gemeuchelt, missbraucht die Kinder in regelmäßigen Abständen und hängt bis zum Hals in finsteren Drogengeschäften. Als Oscar mal wieder eine der Schwestern vergewaltigen will, ruft die andere die Polizei. Die erlebt mit Oscar ihr blaues Wunder, irgendwann kann der wilde Wüterich aber doch überwältigt und im Gefängnis abgeliefert werden.
Die beiden Schwestern haben diese Gelegenheit längst zur Flucht genutzt. Sie beziehen das Haus ihrer Großeltern, in dem Oscar seine Drogen bunkert. Blöderweise ist Oscars Boss auf der Suche nach genau diesen Drogen und so werden sich die Wege der Mädchen und die der Drogenhändler bald auf blutigste Art und Weise kreuzen…
httpv://www.youtube.com/watch?v=sOhY4QtKbxo
Patricio Valladares baute sein „Hidden in the Woods“-Remake ähnlich wie sein Original auf. Der Beginn widmet sich dem Martyrium der beiden Mädchen, die dank ihres abgefuckten Vaters Zeit ihres jungen Lebens durch die Hölle gehen. Irgendwann wird sogar ein Sohn aus dem inzestuösen Gebaren in Oscars Heim geboren. Hier fallen dann aber auch schon größere Änderungen im Vergleich zum Original auf:
Michael Biehn legt Oscar weitaus irrer und verkommener an als jener im Original gezeichnet wurde. Hier versprühte die Figur trotz ihrer Widerwärtigkeit sogar ein gewisses dämonisches Charisma, was es zumindest nachvollziehbar machte, dass sich deren Kinder nicht aus ihrem Dunstkreis lösen konnten und wollten. Biehns Oscar dagegen ist das Urböse, was es wenig glaubwürdig macht, dass seine Töchter so lange mit ihrer Flucht abwarten. Biehn nutzt seine Rolle für wildes Overacting und entwirft damit einen absolut hassenswerten, widerwärtigen Charakter. In diesem Punkt übertrifft das Remake sogar das Original an Bosheit, in vielen anderen Punkten werden aber einige Kanten rund- und sogar weggeschliffen.
Das Original ist in den Anfangsminuten deutlich dichter und beklemmender. Die finstere, dampfende Optik lässt einen direkt schwerer atmen. Die Konfrontationen zwischen dem wuchtigen Vater und den zarten Mädchen haben eine ganz üble Wirkung und wenn sich das Inzestkind als degenerierter Kannibale entpuppt, schreit hier schon früh alles „Exploitation“. Im Vergleich ist das Remake leider viel zu glatt und hell in seiner Optik. Das kann auch die fahrige, teils fiebrige Kamera-Arbeit nicht ausgleichen. Zudem verharrt das „Hidden in the Woods“-Remake in Andeutungen. Will nie wirklich aufdrehen und lässt beispielsweise den Kannibalismus-Ansatz genauso außen vor wie das entstellte Äußere des Inzest-Kindes.
Was dem Remake in der Folge etwas besser gelingt, ist die Ausgestaltung des erzählerischen Flusses. Es wirkt stringenter und logischer in seinen Abläufen, behält dabei aber das hohe Tempo des Originals bei und sortiert einige Handlungsblöcke durchaus effizient um. Was zudem deutlich auffällt, ist, dass das Remake die beiden weiblichen Hauptfiguren deutlich zurücknimmt. Es wirkt beinahe, als hätten die fiesen Drogenhändler-Lumpen mehr Screentime als die beiden Damen. Zudem erlaubt es sich das Remake doch tatsächlich, einen Mann zu installieren, der kein formvollendetes Schwein ist. Es wird sogar eine Romanze angedeutet, was im Vergleich zum Original sogar schon vor dem Schlussbild so etwas wie Hoffnung aufkeimen lässt.
Dagegen wird der Exploitation-Anstrich des Originals immer weiter verwässert. Während das Original vor allem gegen Ende förmlich in Fleisch und Blut ersoff und Rot zur bestimmenden Farbe in der Optik wurde, fährt das Remake den Gewaltgehalt doch deutlich zurück. Es gibt einige harsche Gewaltmomente, keine Frage, diese geraten allerdings nicht annähernd so intensiv wie im chilenischen Vorbild. Auch die sexualisierte Gewalt wird zurückgeschraubt, was ich aus meiner persönlichen Warte heraus aber definitiv als Vorteil sehe.
Budgetmäßig musste das Original noch deutlich kleinere Brötchen backen als das Remake. Dahingehend verwundert, dass so manche Sequenz in der Neuauflage deutlich unglücklicher inszeniert wirkt. Absoluter Tiefpunkt ist dabei das Aufeinandertreffen von Oscar und den Cops auf Oscars Anwesen. Im Original wirkte diese Szene absolut zwingend in ihren Abläufen. Im Remake ist diese Sequenz einfach nur dumm. Auch das im Original fast schon ramboeske Abschlachten der Mannen des Drogenhändlers in und um der Hütte der Mädchen zeigt der entsprechenden Szene im Remake die ganz lange Nase. Nur zwei Beweise, dass “mehr Budget” nicht zwingend für “mehr Möglichkeiten” stehen muss…
Darstellerisch ist Michael Biehn („Navy Seals“) zwar immer wieder drüber, aber man sieht einfach, dass er sich mit Leib und Seele dieser Rolle verschrieben hat. Egal wie sehr sie seinem eigentlich durchaus sympathischen Image widerspricht. Dagegen fallen die beiden Hauptdarstellerinnen Electra Avellan (der „Machete“-Star spielt Anny) und Jeannine Kaspar (Ana) leider deutlich ab. Vor allem letztere geht einem mit ihrem ewig gleichen, mitleidigen Gesichtsausdruck irgendwann nur noch auf die Eier. Was freilich auch zu Problemen bei der Involvierung des Zuschauers führt. In Nebenrollen sind William Forsythe („Stiletto“), Jennifer Blanc-Biehn („Unter Freunden“) und Krzysztof Soszynski („Tapped Out“) zu sehen, die ordentlich aufspielen (Frau Biehn mit starken Abstrichen), wobei vor allem Forsythe dem Drogenboss des Originals ordentlich die Show stiehlt.
Was am Ende bleibt, ist ein mainstreamiger angehauchtes Remake eines schmutzigen Filmes, nach dessen Genuss man das Gefühl hatte, erst einmal duschen zu müssen. Dieses Gefühl kommt bei dem glatteren Biehn-Vehikel leider niemals auf. Man hat ein wenig das Gefühl, dass die Macher irgendwann der Mut verlassen hat, so richtig auf die Kacke zu hauen. Sicherlich auch mit Blick auf die verschiedensten Freigabe-Behörden. Dennoch hat aber auch das Remake seine guten Seiten: Zum einen ist es kein 1:1-Remake geworden. Es erlaubt sich Freiheiten in der Story und stellt Szenenblöcke um, was letzten Endes einen in sich geschlosseneren Film zur Folge hat. Auch so manche Anpassung diverser Figuren ist durchaus gelungen. Dazu kommt ein wie ein Berserker auftretender Michael Biehn, der alleine schon den Filmgenuss wert ist. Für feinfühlige Naturen ist aber auch diese entschärfte Version des menschenverachtenden Originals definitiv nicht zu empfehlen.
Die deutsche DVD/Blu-ray zum Film erscheint am 2. Juni 2016 von Sunfilm/Tiberius Film und ist mit einer FSK 18 Freigabe leider geschnitten. Wie das Original wollte das Remake der deutschen FSK so gar nicht munden. Zumindest sind die Schnitte größtenteils unauffällig gesetzt und verursachen keine gröberen Handlungslöcher. Man wird sehen müssen, ob Tiberius Film diesen Streifen für die Komplettisten nach Österreich unterlizensiert. Auf den Datenträgern findet man ein kurzes Interview mit Michael Biehn und seiner Frau über „Hidden in the Woods“. Selbiges offenbart hehre Ansätze, hätte dann aber eigentlich nie einen solchen Film zur Folge haben dürfen. Über eine Uncut-Veröffentlichung im Ausland ist mir bislang nichts zu Ohren gekommen, da der Film in Deutschland seine Premiere feiert.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
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