Nach ihren Erlebnissen in der Wildnis von Kanada bleibt „Hit-Girl“ dem Land zumindest zu Beginn von „Hit-Girl in Rom“ treu. Als wir sie das erste Mal erleben, hetzt sie nämlich auf dem Flughafen von Toronto einer jungen Dame hinterher, die etwas entwendet zu haben scheint. Doch der Frau gelingt es tatsächlich, Hit-Girl zu überwältigen.
Als unsere Lieblingskillerin wieder erwacht, befindet sie sich im Frachtraum eines soeben in Rom gelandeten Flugzeugs. Wie es der Zufall so will, ist die junge Dame, die Hit-Girl in Toronto sehr schlecht hat aussehen lassen, an Bord desselben Fluges gewesen.
Natürlich will sich Hit-Girl für die beigebrachte Schmach revanchieren und hetzt in der ewigen Stadt ohne Unterlass hinter der Dame her. Dabei muss sie bald bemerken, dass bei diesem Abenteuer das Wenigste so ist, wie es anfangs scheint. Am Ende ist sie mit einem neuen Sidekick unterwegs und stellt sich gegen die gesamte römische Unterwelt.
Hit-Girl lässt in Rom die Fetzen fliegen
Heilige Reliquien, Killer-Nonnen, eine weibliche Patin mit Heiligenschein… nach dem geerdeten „Hit-Girl in Kanada“ geben die brasilianischen Comic-Künstler Rafael Scavone (Autor) und Rafael Albuquerque (Autor und Zeichner) dem Affen in „Hit-Girl in Rom“ wieder ordentlich Zucker. Das neue Abenteuer von Mindy ist dementsprechend deutlich überdrehter geraten. Hat aber dennoch ein paar erstaunlich nette Charaktermomente.
Denn „Hit-Girl in Rom“ kehrt zum einen zwar wieder überdeutlich die soziopathischen Züge der Minikillerin hervor, lässt sie zum anderen aber auch mal wieder menschlicher erscheinen. Wenn Mindy alias Hit-Girl sich vorstellt, wie ihrem Vater wohl der Aufenthalt in Rom gefallen würde, ist das definitiv sehr rührend. In anderen Momenten darf Mindy einfach mal wieder total normaler Teenager sein. Etwa, wenn sie sich fast schon kindlich freut, weil sie einen Luftballon geschenkt bekommt, oder wenn sie mit Katzen herumtollt.
Doch keine Angst, die eigentliche Story von „Hit-Girl in Rom“ ist alles andere als kindlich ausgefallen. Sie hat Zug, funktioniert richtig gut, hat einen angenehm fiesen Humor und ist spannend genug, um den Leser förmlich durch die Seiten fliegen zu lassen. Mit ihrem weiblichen Bösewicht hat sie zudem eine mal wirklich kultige Figur in petto und der finale Twist hat durchaus Potential für spätere Geschichten. Und natürlich nimmt sich Mindy wieder genug Zeit, um ordentlich Fieswichte zu zerlegen.
Das taucht Albuquerque in krass knallige Farben. Die Panels atmen viel Dynamik, die Hintergründe sind detailliert ausgearbeitet und das Artwork ist allgemein sehr frisch und modern. Auch hier ist das neue Abenteuer ein echter Gegenpol zu dem düsteren, in seinem Artwork deutlich reduzierteren Kanada-Aufenthalt von Mindy. Und der Zeichner geht auch in der Splatteraction sehr detailverliebt zur Sache.
Die Italien-Klischees purzeln munter in “Hit-Girl in Rom”
Ob Mindy nun auf einem Roller dem Lumpenpack hinterherrast, Gladiatoren im Kolosseum aufeinanderprallen, leckeres Essen über Leben und Tod entscheidet oder „La Familia“ gefeiert wird, „Hit-Girl in Rom“ nimmt sich selbst kaum ernst und feiert die Rom-Klischees in seiner netten Story mit Genuss ab. Das ist amüsant, schnell, rotzig und enorm unterhaltsam und schaut dank des farbsatten Artworks auch noch richtig toll aus. Auch die Einsprengsel um Mindy als echter Mensch / als echtes Mädchen gefallen.
Problematisch ist nur, dass sich Hit-Girl/Mindy nicht wirklich entwickelt. Die für die Serie vorgesehenen ständigen Wechsel der Kreativen scheinen aus der Figur ein reines Procedural zu machen. In der Folge vermag die Figur aus vorher Erlebtem keinerlei Lehren oder Erkenntnisse zu ziehen. Schade…
Alle Informationen zur Veröffentlichung von “Hit-Girl in Rom”
„Hit-Girl in Rom“ war eine Miniserie, die in den USA in Form von vier Einzelheften veröffentlicht wurde. Diese fasste der Panini-Verlag in einem Sammelband zusammen und reicherte sie mit Variant-Covern und kleinen Artwork-Studien an.
Hit-Girl: Bd. 3: Hit-Girl in Rom
von Rafael Albuquerque (Autor/Zeichner) und Rafael Scavone (Autor)
Taschenbuch: 96 Seiten
Verlag: Panini Verlags GmbH; Auflage: 1 (23. April 2019)
ISBN-13: 978-3741612459
In diesem Sinne:
freeman