Originaltitel: Honest Thief__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2020__Regie: Mark Williams__Darsteller: Liam Neeson, Kate Walsh, Jai Courtney, Jeffrey Donovan, Jeffrey Wright, Anthony Ramos, Robert Patrick, Jasmine Cephas Jones, Birol Tarkan Yildiz, Patty O’Neil u.a. |
In seinem neuen Actionthriller „Honest Thief“ spielt Liam Neeson (“Hard Powder“) einen Bankräuber, den sein schlechtes Gewissen plagt. Wir besprechen „Honest Thief“ für euch in einer Videokritik. Unter dem Video könnt ihr unsere variierte, im Fazit aber gleiche Kritik auch schwarz auf weiß nachlesen.
Video: Kritik zu „Honest Thief“ mit Liam Neeson und Robert Patrick
httpv://www.youtube.com/watch?v=czjtQCW_Huw
Ein ehrlicher Dieb schlittert ins Chaos
Ich bin der In and Out Bandit und bin in zwölf Banken in sieben Staaten eingebrochen. Ich habe circa neun Millionen Dollar in Cash. Und niemand weiß, wer ich bin.
Es ist nicht das erste Mal, dass die FBI-Agenten Meyers und Baker von jemandem angerufen werden, der behauptet, der In and Out Bandit zu sein. Doch dieser Anruf ist anders. Immerhin bietet der Mann am anderen Ende der Leitung an, die gesamte Beute zurückzugeben. Dafür verlange er einen Deal: Maximal zwei Jahre Gefängnis, minimale Sicherheitsstufe und das alles bitte in Boston. Er habe eine Frau kennengelernt und er wolle es ihr so einfach wie möglich machen, ihn zu sehen.
Die beiden erfahrenen Agenten delegieren die Aufgabe, den Wahrheitsgehalt der Story des Anrufers zu überprüfen, an zwei jüngere Kollegen weiter. Die beiden Agenten Nivens und Hall erhalten von dem Anrufer namens Tom Dolan zwar Fakten zu den Bankeinbrüchen, die nirgendwo veröffentlicht wurden, wirklich glauben wollen sie ihm aber nicht. Da überreicht er ihnen einen Schlüssel zu einem Lagerraum.
Vor Ort finden die Agenten drei Millionen US-Dollar. Nivens sieht sofort eine Möglichkeit gekommen. Er überredet Hall, sich die Kohle unter den Nagel zu reißen und alle unliebsamen Zeugen, sprich Tom Dolan, auszuschalten. Blöderweise kommt ihnen ihr Kollege Baker in die Quere. Nivens killt eiskalt seinen Vorgesetzten und mit Hall schiebt er den Mord dem geflüchteten Tom Dolan in die Schuhe. Der ahnt, dass ihm niemand seine Story um mordende FBI-Agenten abnehmen wird. Deshalb beschließt er, die Hintergründe der Tatnacht selbst aufzuklären.
Schaut in den Actionthriller mit Liam Neeson und Robert Patrick hinein
httpv://www.youtube.com/watch?v=Lxi9IIUODlc
Ein Mann, der verladen wird und während seiner Flucht vor den Behörden versucht, alles gerade zu rücken: Mit „Honest Thief“ bekommt Liam Neeson von Regisseur und Mitdrehbuchautor Mark Williams seine ganz eigene „Auf der Flucht“-Variante auf den Leib geschneidert. Und die macht richtig Laune. Dabei gehören die ersten 30 Minuten der Etablierung der Grundsituation. Wir erleben, wie der „In and Out Bandit“ – oder besser Tom Dolan – einen seiner Brüche durchzieht, wie er Annie kennenlernt und sich sofort verliebt, wie beide ein gemeinsames Haus beziehen und wie er beschließt, die größte Lüge, die zwischen den beiden steht, auszuräumen.
Doch genau dieses Ansinnen, das Richtige zu tun, bringt ihn in Teufels Küche. Was zunächst bedächtig wirkend anrollt, lässt „Honest Thief“ dann eindrücklich mehr und mehr eskalieren. Steht am Anfang noch die Ungläubigkeit der FBI-Agenten, liegt alsbald ein erster Agent ermordet in einem Hotelzimmer. Dabei will der handlungstechnisch nicht sonderlich komplexe Film kein Whodunit wie „Auf der Flucht“ etablieren. Der Zuschauer weiß genau, wer Opfer und wer Täter ist. In den folgenden 60 Minuten geht es vielmehr darum, wie es der Bankräuber Dolan schaffen soll, seine Unschuld zu beweisen, wenn diejenigen, die er anklagt, Vertreter des Gesetzes sind.
Dabei behält der Film sein zu Beginn eingeschlagenes Mid-Tempo durchgehend bei. Wird nie zu hektisch und schläft andererseits nie ein. Während der Suche nach Auswegen werden Toms Beweggründe und Motive für seine Diebeszüge beleuchtet, er kann sich seiner großen Liebe gegenüber erklären, die Fieswichte können die Situation immer auswegloser gestalten und natürlich gibt es da auch einen Agenten, der irgendwann bereit ist, Dolan zu glauben. Alles nicht neu, alles schon mehrfach gesehen, aber alles sehr versiert und mit Sinn für Spannung in Szene gesetzt.
Kleine Actioneskalationen wie Verfolgungsjagden, Raufereien und ein längerer Shootout in einem Haus sorgen für hübsche Adrenalin-Einspritzungen, in einer Szene um ein explodierendes Haus aber auch für erschreckend schlechte CGI-Momente. Man mag kaum glauben, dass ein Film mit Liam Neeson kein Budget für echte Flammen hat. Von diesem Ausrutscher abgesehen, sind die Actionszenen aber absolut sauber in Szene gesetzt und werden in derselben hochwertigen Optik gereicht, wie der Rest vom Film.
Verwackelte Bilder muss bei „Honest Thief“ also niemand befürchten. Ganz im Gegenteil, der technisch teils angenehm altmodisch umgesetzt wirkende Film setzt auf saubere, durchdacht wirkende, lange Einstellungen. Soll Tempo gemacht werden, geht nicht einfach nur die Schnittfrequenz rauf, sondern wird tatsächlich Tempo gemacht.
Letzteres wird natürlich auch oft durch Liam Neesons Figur Tom Dolan angezogen. Der Mime, der schon mehrfach erklärte, sich von den Actionrollen zurückzuziehen, kann glücklicherweise nicht ganz davon ablassen. Wenngleich „Honest Thief“ für Neeson definitiv mehr Charaktermomente bereithält als etwa ein „Taken“. Und diese stemmt der Mime großartig und mit Sinn für angenehmen leisen Witz. Dabei stechen vor allem seine Interaktionen mit der extrem sympathisch aufgestellten Kate Walsh („Scary Movie 5“) als Annie hervor. Die beiden haben wirklich richtig schöne Szenen zusammen. So glaubt man nur zu gerne, dass Tom Dolan reinen Tisch machen möchte, um seine Annie nicht mehr belügen zu müssen.
Die netteren Vertreter des Gesetzes werden von Jeffrey Donovan („Sicario 2“) als Meyers und Robert Patrick („Rising Hawk“) als Baker verkörpert. Auch die beiden haben eine tolle Chemie miteinander, so dass es geradezu tragisch ist, dass Robert Patrick die ersten 30 Minuten Film nicht überlebt. Die beiden fiesen Agenten Nivens und Hall werden von Jai Courtney („Terminator: Genisys“) und Anthony Ramos („A Star is born“) verkörpert. Ramos hat dabei den interessanteren, weil ethisch und moralisch komplexeren Part abbekommen, während Courtneys eindimensionaler Fieswicht keine Zierde der hohen Drehbuchkunst darstellt und ihn auch wahrlich nicht überfordert.
„Honest Thief“ bietet spannende Unterhaltung auf hohem Niveau
Was „Honest Thief“ und sein Vorbild „Auf der Flucht“ am offensichtlichsten unterscheidet, ist, dass „Honest Thief“ in Sachen Spektakel und Rasanz nicht mit dem Knaller von Andrew Davis mithalten kann. Zudem hat der Streifen rund um Dr. Richard Kimble dank des Whodunit-Elements eine reizvolle zusätzliche Story-Zutat, mit der Liam Neesons „Auf der Flucht“-Variante nicht mithalten kann. Auch in Sachen filmhistorischer Bedeutung wird „Honest Thief“ definitiv kleinere Brötchen backen. Das alles macht den neuen Liam-Neeson-Actionthriller aber weiß Gott nicht zu einem schlechten Film. Überhaupt nicht.
Denn „Honest Thief“ findet schnell sein ideales Tempo, kann sich auf seine starken Darsteller verlassen, etabliert eine hübsche Spannung, kredenzt immer mal wieder kleinere, fein in Szene gesetzte Actionszenen und gefällt durch seinen angenehm altmodisch und geerdet wirkenden Stil sowohl in Sachen Dramaturgie als auch technischer Präsentation. Hinzu kommt, dass Mark Williams seinen Film nicht unnötig aufbläht und so nach knapp 90 Minuten Nettolaufzeit alles gesagt ist, was gesagt werden musste.
Der Film startet am 28. Januar 2021 auf diversen VoD-Plattformen durch. Am 1. April 2021 erscheinen die physischen Datenträger vom Label Leonine. Ungeschnitten freigegeben mit einer FSK 12 Kennzeichnung.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
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