Originaltitel: Hypnotic__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2023__Regie: Robert Rodriguez__Darsteller: Ben Affleck, Alice Braga, JD Pardo, Dayo Okeniyi, Jeff Fahey, Jackie Earle Haley, William Fichtner, Zane Holtz, Ruben Javier Caballaro, Kelly Frye u.a. |
In Interviews zu seinem Film „Hypnotic“ erklärte Robert Rodriguez, dass er seit 2002 am Drehbuch zum Film geschrieben habe. Zudem sei es ein enormer Genuss gewesen, endlich mal wieder in seinen Troublemaker Studios gearbeitet zu haben. Mit sichtlichem Stolz erklärte er außerdem, dass sein Sohn Rebel den Soundtrack zum Film beigesteuert, sein Sohn Racer ihm als Produzent zur Seite gestanden und ein weiterer Filius die Pre-Visualisierungen zum Film in einer eigens programmierten Game-Engine entworfen habe. Klingt nach einem echten Herzensprojekt des Machers, der neben der Regie und dem Drehbuch auch den Schnitt und die Kameraarbeit verantwortete. Darum dreht sich das Ergebnis:
Das Leben des Polizisten Danny Rourke wurde mit der Entführung seiner kleinen Tochter Minnie komplett aus der Bahn geworfen. Nur sein Job hält ihn halbwegs auf Spur. Eines Tages wird er von seinem Kollegen Nicks zum Dienst abgeholt. Der spielt Rourke im Auto einen Hinweis einer Frau vor, die erklärt, dass die örtliche Bank demnächst überfallen werden würde und dabei vor allem das Bankschließfach mit der Nummer 23 im Fokus stünde.
Entsprechend alarmiert, beziehen die Cops vor der Bank Stellung und Rourke fallen schnell Ungereimtheiten auf. Passanten beginnen sich mehr und mehr seltsam zu verhalten. Unfälle und Chaos lenken die Aufmerksamkeit der Cops schnell ab. Rourke nutzt die unübersichtliche Situation seinerseits aus und verschafft sich Zutritt zu der Bank. Er gelangt tatsächlich an das betreffende Bankschließfach. Als er es öffnet, befindet sich darin ein Foto seiner entführten Tochter. Was wird hier gespielt?
Kurz darauf gerät er an einen finsteren Typen, der das Foto einfordert. Irgendwie bringt der Typ zwei Cops dazu, sich vor Rourkes Augen gegenseitig zu erschießen und verschwindet daraufhin spurlos. Für Rourke ist klar: Der Kerl hat etwas mit der Entführung seiner Tochter zu tun.
Der Cop schließt sich mit der Hinweisgeberin zusammen, die ihm unglaubliche Geschichten um sogenannte Hypnotics erzählt. Menschen, die andere Menschen mittels Gedankenkontrolle manipulieren können. Und für ebenjene Hypnotics scheint Rourkes Minnie aus unerklärlichen Gründen enorm wichtig zu sein.
Gedankenkontrolle und Realitätsverbiegung von Robert Rodriguez
Dafür, dass Robert Rodriguez („Alita: Battle Angel“) bereits seit 2002 an der Story und dem Drehbuch zu „Hypntoic“ gearbeitet hat, manövriert er sich selbst immer wieder in Situationen, in die man als Regisseur eigentlich nicht geraten will. Denn das visuelle Umsetzen von hypnotischen Kräften ist freilich schwierig.
Er bedient sich Taschenspielertricks. Er lässt also Menschen durch Hypnotics sagen, was sie tun sollen und sie tun es sofort. Das überzeugt mich persönlich schon bei Zaubershows nicht und in „Hypnotic“ beschlich mich schnell ein ähnlich ungläubiges Gefühl. Und wie visualisiert man, dass eine Gedankenkontrolle nicht funktioniert? Oder dass gerade jemand versucht, in einen fremden Geist einzudringen?
Entsprechend ist Robert Rodriguez gezwungen, zu erklären. Und das tut er. Dabei muss er eines der wichtigsten Prinzipien guten Filmemachens verletzen: „Show, don’t tell“. Also zeigen und nicht groß erklären. Doch Rodriguez erklärt und erklärt und erklärt. Was er auch muss, da seine eigentliche Story und wie sie das Konstrukt um die Hypnotics nutzt, immer komplexer wird. Und über das Erklären vergisst er komplett das Erzählen.
Sein Film kommt überhaupt nicht vom Fleck. Für Aufregung sollen Verfolgungsjagden und Konfrontationen mit dem fiesen Hypnotic Lev Dellrayne sorgen, doch auch das funktioniert nicht. Irgendwie wird sich irgendwer durch Hypnose schon aus den schwierigsten Situationen heraus lavieren. Spektakelbilder entstehen so nicht. Eher im Gegenteil. So beginnen sich die ersten 60 Minuten Film ordentlich zu ziehen.
Was noch dadurch verstärkt wird, dass der vollkommen emotionslos und gelangweilt spielende Ben Affleck („Paycheck“) den Zuschauer total aus der Dramaturgie heraus hält. In Interviews zum Film betonte er immer wieder, dass er sich richtig freue, erstmals mit Robert Rodriguez arbeiten zu dürfen. Irgendwie ist ihm dieser Enthusiasmus aber vor der Kamera total verloren gegangen. Vielleicht ist er beim Drehbuch auch nicht durchgestiegen oder spürte früh, dass das Ergebnis nicht funktionieren wird?
Erst wenn es in „Hypnotics“ stärker um die Manipulation der Realität geht, kann Rodriguez endlich mehr zeigen. Dazu bedient er sich leider Motiven, die dank „Inception“ und „Doctor Strange“ allzu vertraut wirken. Und so wirklich kommt die random in den Film geworfen wirkende Idee um die Manipulation der Realität nie beim Publikum an. Erst mit einem unvermuteten Twist, der definitiv für ein Aufmerksamkeitshoch sorgt, wird das Konzept der Realitätsveränderung stärker umgesetzt und vor allem für die Erzählung genutzt.
Allgemein legt „Hypnotics“ nach dem Twist erzählerisch deutlich zu und man wünscht sich förmlich, der Twist wäre schon deutlich früher gestiegen. Zwar vertraut Rodriguez auch hier seinem Publikum nicht wirklich und verfällt wieder ins ewige Erklären, zumindest aber klingt so sein Film DEUTLICH interessanter aus, als er begonnen hat. Spannung kommt trotzdem nicht auf, einfach weil man nach wie vor bei der Handlung zu sehr außen vor ist und Rodriguez obendrein Antworten auf Fragen gibt, die niemand gestellt hat.
In technischer Hinsicht kann man dem Regisseur keinerlei Vorwürfe machen. Wie er selbst erklärt, hat er bei „Hypnotic“ das erste Mal mit dem 2,35:1 Format „experimentiert“. Sein Ziel waren breite Kinobilder und die bekommt man auch. Zudem nutzt er seine Troublemaker Studios für zahlreiche Schauplatzwechsel und setzt das Studio selbst gewitzt für seinen Twist ein. Schade ist, dass Robert Rodriguez kaum bereit ist, Action zu machen.
Das ist umso trauriger, da rund um den eingehenden Banküberfall einiges an handgemachten Blechschäden und Explosionen gereicht wird. Daran kommt im weiteren Verlauf keine Actioneinlage mehr heran. Selbst der Showdown ist eher unbefriedigend, was die Schauwerte angeht. Die wenigen offenkundigen Special Effects bei den „Inception“-Bildern funktionieren ordentlich. Der Soundtrack vom Sohnemann verrichtet unauffällig seinen Dienst.
Darstellerisch bleibt vor allem das Affleck’sche Trauerspiel in Erinnerung. Als seine Dauerbegleitung agiert Alice Braga („Elysium“), die hier häufiger den Erklärbär geben muss und mit Affleck keine wirklich spürbare Chemie hat. William Fichtner („Operation: 12 Strong“) ist als superfieser Hypnotic Lev Dellrayne an Bord und zieht seinen Stiefel cool durch, ohne jedoch echte Glanzpunkte zu setzen. Außerdem verliert seine Figur durch den Twist am meisten an Faszination, wovon sie sich auch nicht wieder erholt. In weitgehend leider egalen Nebenrollen sind Zane Holtz („From Dusk Till Dawn“ (Serie)), Jackie Earle Haley („A Nightmare On Elm Street“), JD Pardo („The Contractor“) und Jeff Fahey („Battle for Saipan“) zu entdecken.
„Hypnotic“ ist wenig hypnotisch geraten
Zu Beginn schmunzelt man noch wissend, wenn Robert Rodriguez auf den Pinkel-Witz aus seinem großartigen „Desperado“ referenziert. Derartige filmische Großtaten sind aktuell aber gefühlt weit weg. Der Regisseur wirkt noch immer enthusiastisch, was das Filmemachen angeht. Aber irgendwie kriegt er diese Begeisterung nicht mehr auf die Straße. Auch „Hypnotic“ will einfach nicht richtig rund laufen.
Es wirkt beständig, als vertraue Robert Rodriguez seiner eigenen Geschichte nicht. Und so erklärt er sich einen Wolf und nimmt dem ganzen Unterfangen rund um Realitätsveränderungen und Hypnose jegliche Faszination. Das Erklären bremst zugleich seinen Film komplett aus und Rodriguez findet keinerlei Wege, das Tempo wieder anzuheben. Selbst Action, die ihm sonst so leicht von der Hand geht, will er nicht wirklich machen. Dabei machen die präsentierten, dynamischeren Momente in „Hypnotic“ durchaus Laune. Einzig, es sind viel zu wenige. Was am Ende bleibt, ist zäher Thrill, der erst nach zwei Dritteln irgendwie in die Spur findet und trotzdem niemals mitreißt.
Die deutsche DVD / Blu-ray zum Film erscheint am 23. November 2023 von Eurovideo. Die Datenträger sind ungeschnitten ab 16 freigegeben und haben neben Interviews mit Cast und Regisseur nur eine nichtssagende Featurette als Extras an Bord. Freilich kann man den Film auch streamen.
In diesem Sinne:
freeman
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