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Iceman – The Time Traveler

Originaltitel: Bing Feng Xia: Shi Kong Xing Zhe__Herstellungsland: China, Hongkong__Erscheinungsjahr: 2018__Regie: Law Wing-Cheong ODER Yip Wai-Man__Darsteller: Donnie Yen, Wang Baoqiang, Huang Shengyi, Simon Yam, Yasuaki Kurata, Jiang Shuying, Yu Kang, Lo Hoi-Pang, Lam Suet u.a.
Iceman – The Time Traveler DVD Cover

Das Artwork ist noch das Beste an „Iceman – The Time Traveler“.

Auch ein Donnie Yen ist vor Fehlentscheidungen nicht gefeit. Eine seiner schlimmsten fällte er, als er beschloss, Teil des großangelegten, mehrteiligen Remakes des Hongkong-Streifens „The Iceman Cometh“ werden zu wollen. Der erste Ausstoß hieß „Iceman – Der Krieger aus dem Eis“ und war 2014 eine nervende Arschkrampe von einem Film. Eine Arschkrampe, die aufgrund ihres offenen Endes auch noch nach einer Fortsetzung schrie, die niemand wollte. Was auch das Boxoffice bestätigte, wo die teure Extravaganz gnadenlos abgesoffen war. Doch mit „Iceman – The Time Traveler“ folgte 2018 tatsächlich eine Weiterführung.

Die Fortsetzung beginnt mit einem zehnminütigen Rückblick auf den „tollen“ Vorgänger. Dessen wirre Handlung hätte man zwar sicherlich auch simpler herunterbrechen können, ABER „simpel“ ist nicht das Ding von „Iceman – The Time Traveler“. Ist die Vorgeschichte also noch einmal durchlitten, hat der Film noch knapp 80 Nettominuten auf der Uhr. Er sollte also langsam zum Zug kommen.

Entsprechend schließt das Drehbuch dann zwar direkt an den Vorgänger an, verfitzt sich allerdings schnell in ödem Zeitreisegelaber, lässt Donnie Yen vor der grandiosen kommunistischen Partei Chinas salutieren und in einer total egalen Zeitreiseepisode Japaner umhauen und rassistisch beleidigen. Erst nach etwa 30 Minuten Film schält sich aus dem gebotenen Wirrwarr so etwas wie eine Story.

In der will Donnie Yens General He Ying mithilfe der Zeitreisegimmicks aus Teil 1 zurück in die Vergangenheit reisen und diese komplett neu schreiben. So könnte er seine Familie retten und das baldige Ende der Ming Dynastie abwenden. Das Problem: Seine ehemals besten Freunde und jetzt größten Feinde haben da eine sehr ähnliche Idee, nur wollen sie nichts retten – vielmehr wollen sie alles nur noch schlimmer machen.

Schaut in den Film hinein

Fantasy-Mumpitz mit Donnie Yen und Simon Yam

Rund um „Iceman – The Time Traveler“ kann eine Menge nur spekuliert werden. So besteht etwa herzliche Uneinigkeit darüber, wer den Film nun eigentlich gedreht hat. Manche schieben Law Wing-Cheong, dem Regisseur des Erstlings, die Schuld in die Schuhe. Andere verweisen auf Regisseur Yip Wai-Man (Co-Regisseur des wuchtigen „The Warlords“). Doch es wird gemunkelt, dass letzterer, falls er wirklich am Drücker war, nur das 2013/14 von Law Wing-Cheong back to back gedrehte Material für den Vorgänger und eine eventuelle Fortsetzung verwalten durfte.

Es gehen auch Gerüchte um, dass von Yip Wai-Man eigentlich als notwendig erachtete Nachdrehs von den vom Flop des Vorgängers alarmierten Produzenten geflissentlich verhindert wurden, um ihre Verluste gering zu halten. Es wäre gelogen, würde man behaupten, diese Unstimmigkeiten würde man dem finalen Endprodukt nicht anmerken. Dazu gerät dieses zu bruchstückhaft, kopflos und abgehackt. Und trotzdem gibt es eine echt positive Sache zu vermelden: Yip Wai-Man kippte den ganzen neumodischen Tand des Vorgängers mit Schmackes aus dem Film.

Er verlagert die Handlung des Filmes in die Vergangenheit und geht dies mit viel Ernsthaftigkeit an. Modernismen, coole Sprache, vermeintlich lustige Sprüche und eine knallbunte Optik haben hier eher Pause. Was durchaus hilft, da „Iceman – The Time Traveler“ so etwas weniger Nervpotential als sein Vorgänger entfaltet.

Zudem hatte der Film sichtlich genug Kohle, um die gebotene geschichtliche Epoche glaubhaft zu bebildern, überbordend auszustatten und ordentlich zu zelebrieren. Blöd ist nur, dass die Story ein seltsames Gebräu aus bekannten Versatzstücken und Ideen bleibt, die nie zünden und aufgrund der kurzen Laufzeit des Filmes auch nie richtig im Film etabliert werden.

Die Story wirkt andauernd seltsam gehetzt, obwohl sie gar nichts zu erzählen hat. Der Kurzatmigkeit zollen sämtliche Figuren ihren Tribut, denn sie verfangen einfach nie beim Zuschauer. Selbst der im Vorgänger so herrlich fiese Simon Yam („Black Cat“) kann sein Potential nie abrufen und bleibt blass. Donnie Yen („Ip Man“) als sein Erzgegner wirkt wie im ersten „Iceman“ einfach nur komplett überfragt von all dem, was um ihn herum passiert.

Yen war wie beim Vorgänger erneut als Actionregisseur an dem Film beteiligt. Blöderweise betrieb er eine reichlich konsequente Arbeitsverweigerung. Erst in Richtung Finale wird mehr mit Schwertern herumgefuchtelt, ohne dass man hier große Highlight-Momente erkennen würde. Eher im Gegenteil. Absolutes Lowlight ist eine Szene früh im Film, in der Yen in einem Zug den Körper einer Dame vor sich nutzt, um zig Japaner umzubretzeln. Die Idee ist nett, die Umsetzung eine einzige, wirr geschnittene und obendrein mit hässlichen CGIs-gepimpte Katastrophe.

Ein paar durchweg physisch bleibende Einlagen ohne Waffen und „CGI-Verschönerungen“ lassen kurz aufhorchen, bleiben aber Mangelware. Im Gegensatz zum Vorgänger passen die diesmal zelebrierten Brutalitäten (Ermordung von Kindern, Enthauptungen, harsche Verletzungen durch Pfeile) stimmiger zum allgemein ernsteren Ton – sind aber trotzdem immer noch drüber.

Bemerkenswert ist, dass man den CGI-Anteil im Film deutlich zurückgeschraubt hat. Was man zu sehen bekommt, funktioniert, fällt aber längst nicht unter den Begriff „schön“. Zudem wurde der Anteil an Pop-Out-3D-Effekten deutlich zurückgefahren.

„Iceman – The Time Traveler“ verschwendet eure Zeit

Zumindest gefühlt ist „Iceman – The Time Traveler“ minimal besser als sein vergurkter Vorgänger. Das liegt vor allem an dem historischen Setting und dem erhöhten Ernsthaftigkeitsanteil. Sprich: Vieles was am Vorgänger stande pede massiv nervte, ging hier dankenswerterweise weitgehend über Bord. Weitere Großtaten gibt es jedoch nicht zu vermelden. Eher im Gegenteil: Vor allem die Story bleibt nämlich total unlogisch, wirkt durchweg abgehackt und zerfahren und hat keine einzige wirklich funktionierende Figur zu bieten.

Mehr noch: Manche Szenen entziehen sich wirklich jedweder Erklärung. Wahnwitziger Höhepunkt ist hier ganz klar die Odyssee eines Charakters, der zunächst verschwörerisches Gelaber an einer befestigten Stadtmauer verfolgt und nach einem direkten Umschnitt auf offener See auf einem Schiff gegen fiese Japaner kämpft. Ohne, dass man auch nur erahnen würde, wie er dort landen konnte.

Donnie Yen hingegen muss sich freilich fragen lassen, warum er hier überhaupt mitwirkte. Vermutlich war die locker gemachte Kohle ein Grund. Und für die machte er sich nicht sonderlich krumm. Weder hilft er dem Film als Schauspieler noch als (und das ist im Vergleich zum Vorgänger eklatant spürbar) Actionregisseur. In beiden Funktionen scheint er einfach nur seine Zeit abgesessen zu haben. Das Irrste: „Iceman – The Time Traveler“ endet erneut vollkommen offen. Doch seit 2018 hatte offensichtlich niemand mehr Lust, noch einmal ein Millionengrab auszuheben.

03 von 10

Sechs Jahre nach seiner Veröffentlichung, nahm sich das Label Happy Entertainment des Streifens an und spendierte ihm im September 2024 eine deutsche DVD und Blu-ray. Die Synchronisation geriet sehr medioker. Donnie Yen hat nicht seine Stammstimme und so manche Nebenrolle ist eklatant schlecht umgesetzt. Zudem hört man mehrmals im Film, dass der O-Ton nicht korrekt unterdrückt wurde. Infolgedessen gibt es zumindest bei der Blu-ray immer wieder „Echoeffekte“, bei denen man unter der Synchronisation das original gesprochene Wort hört. Der Film kommt mit einer Freigabe ab 16 ungeschnitten und ihr könnt ihn auch streamen.

In diesem Sinne:
freeman

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