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In the Lost Lands

„In the Lost Lands“ basiert auf einer Kurzgeschichte von „Game of Thrones“-Schöpfer George R.R. Martin. Die Adaption von Paul W.S. Anderson bläst das Ganze auf Spielfilmlänge auf und fügt einiges hinzu, wenn Hexe Milla Jovovich und Söldner Dave Bautista in einer postapokalyptischen Welt ins Ödland aufbrechen, um nach einem Gestaltwandler zu jagen, um dessen Kräfte zu rauben und der Königin zu bringen.

Originaltitel: In the Lost Lands__Herstellungsland: USA/Deutschland/Kanada__Erscheinungsjahr: 2025__Regie: Paul W.S. Anderson__Darsteller: Milla Jovovich, Dave Bautista, Arly Jover, Amara Okereke, Fraser James, Simon Lööf, Deirdre Mullins, Sebastian Stankiewicz, Tue Lunding, Jacek Dzisiewicz u.a.
In the Lost Lands

Dave Bautista und Milla Jovovich kämpfen sich durch „In the Lost Lands“ von Paul W.S. Anderson

Seit Jahren sind Regisseur Paul W.S. Anderson und die deutsche Produktionsfirma Constantin enge Partner, angetrieben durch den Erfolg von „Resident Evil“, auch wenn andere Projekte wie „Die drei Musketiere“ oder „Monster Hunter“ nicht den erhofften Franchise-Status erreichten. Nun versuchen sie sich gemeinsam an „In the Lost Lands“, der Spielfilmadaption einer Kurzgeschichte von „Game of Thrones“-Schöpfer George R.R. Martin.

Nun musste das nur wenige Seiten lange Ausgangsmaterial auf Spielfilmlänge gebracht werden, wobei Drehbuchautor Constantin Werner („Pagan Queen – Die Königin der Barbaren“) auch gleich das komplette Setting veränderte. War die Vorlage noch klassische Fantasy, so spielt die Filmversion in einer postapokalyptischen Zukunft. Die Menschheit sammelt sich in der einzigen intakten Stadt, wo der Overlord (Jacek Dzisiewicz) mit seiner Königin Melange (Amara Okereke) regiert, während religiöse Sittenwächter eine weitere wichtige Machtposition haben. Als diese jedoch die Hexe Gray Alys (Milla Jovovich) richten wollen, lernt die Truppe rund um Ash (Arly Jover) deren illusionistische Fähigkeiten kennen, mit denen sie sich vom Strick befreit, die meisten Bewacher tötet und Ash öffentlich demütigt, indem sie diese selbst an den Strang bringt.

So unbeliebt Gray Alys bei der Kirche ist, so beliebt ist sie beim Volk, da sie Wünsche erfüllt und niemanden abweist. Deshalb steht alsbald die Königin bei ihr auf der Matte und wünscht sich die Macht eines Gestaltwandlers, um sich auf Wunsch in einen Wolf zu verwandeln. Zu diesem Zweck muss Gray Alys freilich ein Exemplar dieses Typs erlegen und sich dafür vor die Tore der Stadt, in die Lost Lands, wagen. Also braucht die Hexe noch Unterstützung mit Muskelschmalz und wendet sich daher an den Söldner Boyce (Dave Bautista). Der ist ein geheimnisvoller Fremder, immerhin mit Namen, aber sonst ein klassischer Westernheld, womit „In the Lost Lands“ die Verbindung von Western- und Endzeittopoi noch mal besonders herausstellt, wobei diese ja in vielen postapokalyptischen Filmen von der „Mad Max“-Reihe über „The Book of Eli“ bis hin zu „Daylight’s End“ schon merklich präsent sind.

Der gesuchte Werwolf muss allerdings bis zum nächsten Vollmond erlegt werden, wenn er sich auf jeden Fall verwandelt und seine Kraft frisch gezapft werden kann, weshalb Gray Alys und Boye nur rund eine Woche Zeit haben. Währenddessen werden sie von den Kirchenleuten verfolgt, die gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen wollen: Rache an Gray Alys und Schwächung der Macht der Königin…

Schaut euch den Trailer zu „In the Lost Lands“ an

Die Vorlage ist eigentlich ein reiner Fantasystoff, in dem Gray Alys, Boyce, die Königin, der Chef ihrer Leibgarde und die Mission ebenso vorkommen wie der Showdown und große Teile der Auflösung des Films. Ursprünglich hatte Martin sogar noch mehr Geschichten um Gray Alys schreiben wollen, die Idee aber wieder verworfen. Die Filmversion lässt sich diese Option offen, schielt aber weniger deutlich auf ein Sequel als etwa „Die drei Musketiere“ oder „Monster Hunter“. Die interessanteren Storyparts sind aber fast alle aus der Kurzgeschichte, der Rest ein Raubzug durch die besonders gut abgehangenen Klischees des Western, Fantasy- und Endzeitfilms. Palast und Kirchen ringen mehr oder minder verdeckt um die Macht, das normale Volk besteht aus geknechteten Minenarbeitern, in den Lost Lands lauern Mutanten und Monster, manche Einsiedler verteidigen kleine Außenposten in der lebensfeindlichen Wildnis. „In the Lost Lands“ versucht sich halbherzig am Worldbuilding, stellt dies aber jedes Mal ein, wenn es in Arbeit ausarten könnte. Eine Mutantencrew hat eine Verbindung zu Gray Alys, die aber nicht ausbuchstabiert wird, die Tatsache, dass Gray Alys niemanden abweist, erklärt sie mit einem Fluch, über den man nichts weiter erfährt, Uhren sind in dieser Welt ein großer Schatz, warum auch immer. Wie diese postapokalyptische Gesellschaft in der Stadt funktioniert, das bleibt auch nebulös – Hauptsache am Ende revoltieren die geknechteten Proletarier, weil das ja auch ein Genrestandard ist.

In the Lost Lands

Gray Alys (Milla Jovovich) erfüllt Wünsche – für den richtigen Preis

Doch nicht nur das Worldbuilding von „In the Lost Lands“ ist ein Schuss in den Ofen, auch die eigentliche Reise zum Ziel ein uninspiriertes Abhaken von Standards. An verschiedenen Stationen trifft man Freunde, findet deren Leichen, wenn die religiösen Fanatiker vorher da waren, oder zofft sich mit anderen Gefahren. Echte Spannung sucht man vergebens, da alles ebenso plump wie vorhersehbar geschrieben und inszeniert ist, die obligatorische Romanze zwischen der Hexe und dem Glücksritter krankt daran, dass die beiden Leads null Chemie miteinander haben. Nun war Anderson seit jeher eher ein Bildermaler als ein Geschichtenerzähler, aber selbst von seinem Gespür für einprägsame Szenen merkt man „In the Lost Lands“ fast nichts. Zwar stammen fast alle Kulissen und Hintergründe des in Polen (wahrscheinlich im Studio) gedrehten Films aus dem Rechenknecht, doch die Qualität der CGI-Effekte schwankt zwischen semi-gut und gar nicht mal so gut, das Design ist einfallslos und könnte aus zig anderen Konkurrenzproduktionen stammen. Wirklich einprägsame Visuals sind rar – eine westernartige Aufnahme, in der Boyce und Gray Alys als Silhouetten vor dem Sonnenuntergang reiten, ein Schulbus als Seilbahnkabine, der Trick um Boyce‘ Gewehr an seinem Sattel, das war es auch schon fast.

Leider fehlt es dann auch der Action an Schmackes. Andersons Stil ist klar zu erkennen, aber wenn seine Hauptrollenamazone mit zwei Sichelklingen an den Händen herumwirbelt, dann wirkt das nur wie ein sehr müdes Selbstzitat. Die Choreographie reißt kaum zu Begeisterungsstürmen hin, zumal die Actionszenen eher kurz sind und mit viel CGI-Unterstützung in künstlichen Umgebungen stattfinden, dass sie fast auch komplett animiert sein könnten – im Finale hauen sich dann fast schon folgerichtig zwei CGI-Kreaturen vors digitale Fressbrett. Mancher Versuch von coolen Bildern geht sogar noch hinten los: Wenn Ash regungslos stehen bleibt, während ihre gleich aussehenden Anhänger an ihr vorbei stürzen und wie beim Moorhuhnschießen vom Heldenduo niedergemäht werden, Ash aber nie getroffen wird, dann wirkt das eher unfreiwillig komisch. Auch dramaturgisch ist „In the Lost Lands“ alles andere als ein Ruhmesblatt: Auf den Showdown folgt noch ein langer Nachklapp, der nochmal schnelle alle Handlungsfäden zu einem Ende bringen will und noch diverse Sachen zum Schluss der Kurzgeschichte hinzuerfindet, Martins böse Pointe dabei aber eigentlich nur verwässert. Und so sang- und klanglos wie manche Figur hier aus dem Film genommen wird (gerade im Falle von Ash), das zeugt auch von keinem großen Verständnis für Dramatik.

In the Lost Lands

Boyce (Dave Bautista) soll die Hexe bei ihrer Reise begleiten und beschützen

Wenn man Anderson vorwerfen möchte, dass er seit Jahren stets denselben Film dreht, nur von Mal zu Mal gelangweilter, dann bekommt hier Munition für seine Vorwürfe. Wieder mal inszeniert er seine Gattin Milla Jovovich („Dummy“) als übermenschlich begabte Kampfamazone, was diese auch routiniert wie egal absolviert, aber mehr kann sie angesichts des dürftigen Scripts auch nicht leisten. Ähnlich geht es Dave Bautista („The Killer’s Game“), der zwar ein Sympathiebolzen sondergleichen ist, in Sachen Projektauswahl aber auf eine ausgesprochen durchwachsene Bilanz kommt und hier seine 08/15-Rolle auf 08/15-Weise runterspielt. Arly Jover kennt man aus Nebenrollen in Filmen wie „Blade“ oder „Das Imperium der Wölfe“, hier muss sie aber in erster Linie raspelkurze Haare haben und eine fiese Fresse ziehen. Für den Rest vom Fest wurden dann kostengünstige unbekannte Darsteller angeheuert, die sich allesamt nicht mit Ruhm bekleckern.

„In the Lost Lands“ dürfte das bisherige Lowlight in Andersons Filmographie sein, denn noch nicht einmal sein Gespür für memorable Bilder kommt wirklich hier zum Einsatz. Stattdessen ist das weitestgehend pottenhässlicher CGI-Klumpatsch, angerührt aus besonders abgehangenen Fantasy-, Endzeit- und Westernversatzstücken, dürftig geschrieben und auf Autopilot inszeniert. Die Leads haben keine Chemie miteinander, das Worldbuilding ist eine mittelschwere Katastrophe und die künstlich anmutende Action lässt einen teilnahmslos zurück. Immerhin: Die Pointe der Kurzgeschichte hat man rübergerettet, aber etwas verwässert.

Constantin Film bringt „In the Lost Lands“ am 6. März 2025 in die deutschen Kinos, ungekürzt ab 16 Jahren freigegeben.

© Nils Bothmann (McClane)

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Copyright aller Filmbilder/Label: Constantin Film__FSK Freigabe: ab 16__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Nein, seit 6.3.2025 in den deutschen Kinos

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