Originaltitel: Ip Man__Herstellungsland: Hongkong__Erscheinungsjahr: 2008__Regie: Wilson Yip__Darsteller: Donnie Yen, Simon Yam, Lynn Hung, Fan Siu-Wong, Xing Yu, Wong You-Nam, Gordon Lam Ka-Tung, Chen Zhihui, Hiroyuki Ikeuchi, Dennis To u.a. |
Anno 2005 drehte der in unseren Breiten bis dato unbekannte Regisseur Wilson Yip sein extrem mitreißendes Action-Brett „Sha Po Long“ (aka „Kill Zone“). Die Zutaten waren eine sauber durchdachte Story, überzeugende Darsteller und Fights, bei denen einem das Wasser im Munde zusammenlief. Außerdem öffnete dieser Film meine Augen für einen Martial-Arts-Star, der mir bis dahin recht unbekannt war und nur als kleiner Ableger von Blade im 1. Sequel des Vampir-Jägers im Gedächtnis blieb: Donnie Yen. Ein Mann, der genauso viele Gesichtsausdrücke besitzt wie ein Chuck Norris oder ein Steven Seagal und auch schon nicht mehr zur jüngeren Garde zählt.
Aber seine Darstellung und seine Fähigkeiten zu kämpfen, haben mich vollends überzeugt. So sehr, dass ich mich auf den nächsten Streifen von Yip und Yen („Flash Point“) wahrlich freute – und auch hier nicht enttäuscht wurde. Es folgte eine 3. Zusammenarbeit der beiden in einem Film, der ein wenig gewöhnungsbedürftig war und in welchem Donnie Yen seinen jüngeren Kollegen mehr Platz einräumte und sich deutlich zurückhielt: „Dragon Tiger Gate“. Dieser Film war nun nicht gerade das Highlight der bisherigen drei Zusammenarbeiten, aber doch spaßig anzuschauen.
Anno 2008 kam es zu einer erneuten Kollaboration der beiden Männer und die Trailer im Internet versprachen ein kleines Meisterwerk. Es sollte ein Biopic sein. Über eine Martial-Arts-Legende. Mit Drama-Elementen. Und vielen Fights. Dieses Konstrukt gab es doch schon ein paar Jahre vorher und das Resultat dieses Filmes („Fearless“ mit Jet Li) war phänomenal.
httpv://www.youtube.com/watch?v=s_dBFARfbAY
Um was geht es nun beim vorliegenden Film? Genau, da es ein Biopic ist und der Film „Ip Man“ heißt, wird es dann wohl um ebenjenen gehen. Aber wer ist das? Ip Man war der Trainer eines gewissen Bruce Lee, Gründer des Jeet Kune Do. Um es anders auszudrücken: Die Legende Bruce Lee wurde durch eine andere Legende ausgebildet. Der Kreis schließt sich. Alles hat seinen Anfang. Und auch wenn Ip Man das Wing Chun nicht erfunden hat, so gilt er als Großmeister dieser Kampfsport-Art und hat es quasi berühmt gemacht. Denn Wing Chun galt vorher als eine Verteidigungsvariante für Frauen…
„Ip Man“ spielt in den 40-er Jahren in Foshan, China, während der japanischen Belagerung. Es ist die große Zeit der Kung-Fu-Schulen und alter Werte wie Freundschaft, Loyalität, Familie und Ehre. Ip Man lebt mit seiner Frau und seinem kleinen Sohn zurückgezogen in einer doch recht prunkvollen Residenz. Ihm widerstrebt es, Schüler auszubilden und er trainiert lieber für sich allein. Er ist sehr ehrenhaft, stets freundlich, besonnen und hilfsbereit.
Zum Anfang des Filmes „stört“ der Meister des neueröffneten Liu Fist Clubs das Essen im Kreise der Familie und bittet um einen Sparringskampf mit Ip Man, da er in der Stadt gehört habe, dass dieser ein exzellenter Meister des Wing Chun sei. Sehr angetan von diesem Wunsch ist Ip Man nicht – schickt ihn aber dennoch nicht weg, sondern bittet ihn herein und lässt ihn dann sogar mit am Tisch der Familie essen. Danach folgt ein erster Martial-Arts-Eye-Candy der Güteklasse A. Ip Man besiegt seinen Gegner klar und deutlich – nur schlägt er nicht zu, sondern täuscht nur an! Rasend schnell und unglaublich choreographiert, so dass dieser „Fight“ einfach nur noch Lust auf mehr macht.
Gut eine Viertelstunde später kommt es zum ersten großen Kampf. Ein Kämpfer namens Jin kommt nach Foshan, um mit den großen Meistern der verschiedenen Kung-Fu-Schulen zu üben. Natürlich bleibt es nicht dabei, sondern er besiegt sie in toll choreographierten Kämpfen und macht sich anschließend über diese lustig. Als er hört, dass es einen unbesiegbaren Wing-Chun-Meister in der Stadt gebe, möchte er sich auch mit diesem messen und begibt sich zur Ip-Man-Residenz.
Ip Man ist wenig begeistert, als Jin an seiner Tür klopft, auch gerade deshalb, da seine Frau ihm verboten hat, zu kämpfen. Er solle sich mehr um seinen Sohn kümmern. Aber nicht nur Jin steht in seinem Haus, sondern so ziemlich die halbe Stadt will sich das nicht entgehen lassen. Als dann der Kämpfer das gesamte Volk von Foshan verhöhnt und Ip Man als einen feigen Mann bezeichnet, der unter den Pantoffeln seiner Frau stehe, dreht diese sich von Ip Man mit folgenden Worten weg: „Don’t break my things“. Dieser Satz erinnerte mich an den 2. Rocky-Film, als Adrian nach der Geburt im Krankenhaus liegt und Rocky mit den Worten „Just do me one favour – Win!“ von der Leine lässt.
Zu Beginn des Kampfes verteidigt sich Ip Man “nur” – und einige Sachen gehen dann doch zu Bruch. Nun zeigt der Meister, was er wirklich drauf hat. Ich möchte nicht zu viel auf die Kämpfe eingehen, aber jeder der sich diesen Film ansieht, versteht, was ich meine, wenn ich sage – Donnie Yen rockt wie nie zuvor!
Mit der Belagerung Foshans durch japanische Truppen beginnt der dramatische Teil des Filmes. Armut und Leid stehen an der Tagesordnung. Angesehene Kung-Fu-Meister müssen ihre Schulen schließen und selbst für einen Sack Reis hart arbeiten, betteln oder sämtliche Sachen verkaufen. Eine Zeit in der Schusswaffen schneller zum Einsatz kommen, als man mit den Augen zwinkern kann – eine Zeit, in der sämtliche o.g. Werte anscheinend nicht mehr existieren und es nur ums nackte Überleben geht.
Auch Ip Man zieht in eine kleine Hinterhof-Wohnung, muss sich um seine kranke Frau kümmern und sein letztes Hab und Gut verscherbeln. Als dann nichts mehr da ist, zieht er schweren Herzens los und sucht sich Arbeit. Und in Zeiten wie diesen ist es auch für einen ehemals hoch angesehenen Meister nicht leicht, Beschäftigung zu finden. Bis ihn der Besitzer eines Kohle-Werkes erkennt und ihn dorthin mitnimmt.
Eines Tages erscheint ein Jeep der japanischen Armee und neben den Soldaten steigt auch der ehemalige Polizei-Chef Foshans aus – Verräter gibt’s halt überall. Ein japanischer General namens Miura hat gehört, dass es in Foshan viele Meister des chinesischen Kung Fu gab und möchte das natürlich sehen. Deshalb bietet er jedem an, einen Sack Reis zu gewinnen, wenn er gegen einen Japaner antritt und gewinnt. Dieses Angebot klingt für einige sehr verlockend, weshalb dann auch ein Freund Ip Mans mitfährt.
Dort angekommen können die Freiwilligen sehen, dass der Meister des Liu Fist Club drei Gegner besiegt hat und dafür auch wirklich drei Säcke Reis bekommt. Anschließend möchte der General selber gegen drei chinesische Meister kämpfen. Das mündet in einen Kampf, der wieder auf hohem Niveau choreographiert wurde und bei dem ein Kumpel von Ip Man getötet wird.
Am folgenden Tag wundert sich Ip Man, wieso sein Freund nicht bei der Arbeit ist. Als die japanischen Soldaten wieder einreiten, fährt er schließlich mit, um zu erfahren, was passiert ist. Man sieht wieder, wie der Meister des Liu Fist Club gegen drei Gegner antritt – diesmal gleichzeitig. Dieses Mal wird er jedoch übel zugerichtet und nach dem Kampf auf der Matte vom kleinen Handlanger des General Miura erschossen – unehrenhaft, feige und sinnlos. Das sieht sogar der General so und warnt ihn, dass wenn er noch einmal die Waffe in der Arena ziehe, er selber sterben werde. Alte Werte gibt es anscheinend doch noch.
Danach folgt ein Highlight, wie es im Buche steht: Ip Man will nun auch kämpfen. Gegen zehn Gegner gleichzeitig! Und die haben keine Chance! Es werden Arme ausgekugelt, Beine gebrochen und einem Gegner wird quasi der Brustkorb und einem anderen der Kopf so schnell und gnadenlos förmlich weich geklopft, wie man es normalerweise mit einem Stück Schnitzel macht!
An dieser Stelle möchte ich nun nicht mehr weiter auf die Story eingehen, um ganz einfach nicht alles vorwegzunehmen. Nur so viel: Jeder, aber wirklich jeder Kampf in diesem Film hat seine volle Berechtigung! Die Fights wurden nicht sinnlos eingefügt, sondern passen einfach zu der Situation. Auch wurde der Film nicht um die Fights herum gesponnen! Nebenbei gibt es noch eine Nebenstory, die aber ebenfalls ihre volle Berechtigung hat, so dass die Laufzeit von 106 Minuten nie langweilig wird und sich ruhige, dramatische Momente mit kraftvollen Kämpfen abwechseln.
Das Leben von Ip Man wird würdig dargestellt. Die Darsteller überzeugen vollends. Keiner overactet und jeder füllt seine Rolle mit Leben. Auch die eventuelle Skepsis, dass Donnie Yen etwas blass wirken könnte, wird bereits nach den ersten fünf Minuten zerstreut. Die Rolle des ehrenhaften Ip Man passt einfach zu ihm. Ich könnte mir keinen anderen Schauspieler vorstellen und wenn man genau hinschaut, erkennt man doch einige Übereinstimmungen im Aussehen.
Was mich nach der Sichtung des Making Of mehr als nur verwunderte, ist, dass Donnie Yen nie Wing Chun trainiert hat. Er wusste nicht einmal so wirklich, wer Ip Man war. Er hatte die Rolle übernommen, weil er ein großer Fan von Bruce Lee ist! Erst zur Vorbereitung auf die Dreharbeiten hat er bei Wing-Chun-Meistern trainiert – und zwar beim ältesten Sohn von Ip Man höchstpersönlich.
Dieser stand dem Team auch jederzeit zur Seite und nach dem Training sagte er selber, dass es erstaunlich sei, was Donnie Yen im Martial-Arts-Bereich in so kurzer Zeit gelernt habe (er beherrscht alle 108 Techniken am Wooden Man Dummy perfekt!). Die nächste Überraschung kommt mit General Miura – bzw. dessen Schauspieler. Warum er bisher noch nie in Genre-Filmen aufgefallen ist? ER KONNTE KEIN MARTIAL-ARTS! Er hat alles gelernt bzw. lernen müssen! Von beiden Darstellern eine großartige Leistung, vor der ich meinen imaginären Hut ziehe.
Und nun noch einmal zum Herzstück des Filmes – die Kämpfe! Nicht unnötig brutal, aber eine nötige Härte ist vorhanden. Die verschiedenen Kampfstile der Gegner werden wunderschön hervorgehoben. Kein Kampf wurde einfach nur hineingequetscht. Kein Kampf gleicht dem Anderen. Um der ganzen Sache die Krone aufzusetzen, wurden die großartigen Kämpfe von keinem anderen als Sammo Hung choreographiert – selbst ein Kenner des Wing-Chun-Faches! Ihm ist es zu verdanken, dass wirklich jeder Kampf anders wirkt und keine Langeweile aufkommt!
Um die Sache abzurunden, wurde Wirework nur spärlich eingesetzt und fällt nicht weiter auf. In Zeiten von Tony Jaa und Co. nicht überraschend, aber was diesen Film von Tony Jaa’s unterscheidet, ist der Fakt, dass die Kämpfe nie sinnlos in die Länge gezogen werden und das keine Horden von Gegnern nach und nach ins Bild gerannt kommt. Versteht mich nicht falsch – ich liebe „Revenge of the Warrior“, aber dieser angesprochene Realismus beflügelt doch irgendwie mein Herz.
Die Kostüme und das Setting passen einfach in den Film, so dass man sich in die damalige Zeit wunderschön zurückversetzen kann. Zum Anfang sind die Farben noch sehr hell und strahlend gehalten, als Anekdote, dass damals noch wirklich alles gut war. Nach der Belagerung wirkt alles sehr trist und grau, um der Armut und dem Elend noch mehr Aussagekraft zu verleihen. Und auch die Musik leistet ihren perfekten Anteil zum Film. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.
Ob sich alles so abgespielt hat, kann ich nicht sagen. Die Biographie von Ip Man blendet fast vollständig seine Zeit in Foshan aus. Laut Regisseur Wilson Yip ist es bewiesen, dass Ip Man einen japanischen General besiegt hat. Da Ip Ching (Ip Mans ältester Sohn) als Begleiter zur Verfügung stand, gehe ich davon aus, dass das Leben von seinem Vater ihm entsprechend umgesetzt wurde. Die Aussage des Filmes kommt auf eindringliche Art und Weise gut rüber: Werte wie Familie, Freundschaft, Loyalität und Ehre müssen aufrecht erhalten werden. Kämpfe für deine Freiheit – sei es wirklich Hand-To-Hand oder „nur“ durch deine Taten. Jeder muss seine eigenen Entscheidungen treffen. Lauf nicht weg und keinem nach, sondern tu, was du für richtig hältst.
Die 4. Zusammenarbeit von Wilson Yip und Donnie Yen ist das bisher beste Ergebnis des Duos! Ein Film, welcher dem wahren Ip Man einfach nur gerecht wird. Liest man sich das Buch „Ip Man – Protrait of a Kung-Fu Master“ (geschrieben von Ip Ching, dem ältesten Sohn) durch, erkennt man letztendlich die große Hürde, die die beiden bewältigt haben. Ip Man war ein großer Mann, ein großer Kämpfer, einfach eine Legende! Ich glaube man merkt mir an, dass dieser Film für mich jedenfalls einfach nur grandios ist – deshalb gibts auch volle
© Der P
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In Foshan, einer Stadt auf dem chinesischen Festland, kommen alle Meister der verschiedensten Kampfsportarten zusammen, um hier ihre Schulen aufzubauen und ihre Kenntnisse weiterzugeben. So wird die Stadt alsbald zum Zentrum der chinesischen Kampfkunst. In der Stadt lebt auch Ip Man, der vermutlich größte Wing-Chun-Meister aller Zeiten. Doch er betreibt „seinen“ Sport mehr oder weniger nur, um sich selbst fit zu halten, an eine Karriere als Lehrmeister denkt er nicht im Geringsten. Dennoch wird er von allen Meistern geachtet und hofiert.
Doch dann greifen die Japaner China an und besetzen das Land. Ip Man wird aus seinem Haus vertrieben und lebt fortan – wie das Gros der Chinesen – in tiefstem Elend. Als er sieht, was die Besatzer mit seinen Landsleuten alles anstellen, beginnt Ip Man, der sich vorher aus allem heraushielt, umzudenken. Er lehrt „seinen“ Leuten die chinesischen Kampfkünste und gibt ihnen Hoffnung, gegen die Besatzer zu bestehen. Als Höhepunkt stellt er sich selbst dem größten Karate-Meister der japanischen Armee …
Ip Man erzählt alles andere als eine neue Story. Die Chinesen haben nämlich schon einige Filme umgesetzt, die allesamt die gleiche Story von den ruchlosen Besatzern (Kolonialherren, Japaner, …) erzählen, die das Land knechten und ausbeuten und derer man nur Herr werden kann, indem man ihnen mit den traditionellen Kampfkünsten begegnet und die Besatzer damit auf Gebieten düpiert, in denen sie selbst meinen, die ultimativen Könner zu sein. Dies war schon Thema in „Once upon a Time in China“, aber auch in neueren Streifen wie „Fist of Legend“ oder „Fearless“. Dass Filmen mit diesem Thema ein stärkerer Patriotismus eigen ist, dürfte dabei nicht verwundern, fällt aber hier und da auch in „Ip Man“ etwas negativ auf. Erstaunlicherweise wird in „Ip Man“ aber ausgerechnet der Chef der bösen Japaner sehr interessant (weil menschlich und ehrenhaft) gezeichnet.
Ein weiterer negativer Punkt, der am Storytelling von „Ip Man“ auffällt, ist, dass man erstaunlich wenig über die Figur Ip Man selbst erfährt. Zwar hakt der Film diverse Stationen im Leben des später als Lehrer von Bruce Lee berühmt gewordenen Kampfsportmeisters ab, blendet aber dessen Motive und Beweggründe für seinen Lebensstil weitgehend aus. Auch sein Verhältnis zu seiner Familie wird nur oberflächlich angerissen und zu keinem echten Ende gebracht. Obendrein erscheint Ip Man als perfekter Mensch, der keinerlei echte Ecken und Kanten gehabt zu haben scheint und auch nur bedingt an sich selbst zu zweifeln schien. Die Folge ist das Gefühl, einer doch extrem stark idealisierten Biographie zuzuschauen, die die Geschichte doch arg beschönigt.
ABER – und damit zu des Pudels Kern – schon Filme wie „Der Patriot“ von Roland Emmerich oder Mel Gibsons „Braveheart“ haben hinlänglich bewiesen, dass derartige Geschichtsbeschönigungen nicht zwingend einen schlechten Film zur Folge haben müssen. Ganz im Gegenteil, sind es doch gerade eben genannte Filme, die trotz etwas oberflächlicher Herangehensweise an ihre Figuren ungemein mitreißen und den Zuschauer bis ins Mark involvieren. Und genau dieses Kunststück gelingt auch „Ip Man“, bei dem man am Ende komplett geschafft im Fernsehsessel in sich zusammensackt, weil man gerade 100 Minuten vor der Glotze mitgefightet und mitgefiebert hat.
Das liegt samt und sonders am „Kill Zone“-Dreamteam Wilson Yip (Regie), Simon Yam und Donnie Yen (Hauptdarsteller) und Sammo Hung (Actionregie). Jeder (abgesehen vom etwas zu passiv aufgestellten Simon Yam) leistet erneut Großartiges für das Gelingen des gemeinsamen Filmprojektes. Wilson Yip für seinen Teil inszeniert sehr straff und schnell und findet nach einem etwas belanglos anmutenden Einstieg genau den richtigen Ton, um die Zustände deutlich zu dramatisieren und seinem Film ordentlich Spannung einzuhauchen. Auch optisch findet Yip genau die richtigen Bilder, um vom glücklichen Leben vor der Besatzung (deutlich farbigere Bildkompositionen) zum Elend unter japanischer Herrschaft (farbentzogene, fast schwarz weiß anmutende Bilder) überzublenden. Obendrein hat er ein fantastisches Gespür für die optimale Platzierung der sehr häufig auf den Zuschauer niedergehenden Kampfsporteinlagen, die sich im Laufe des Filmes auch deutlich im Ton verschieben und ordentlich an Härte zulegen.
Diese Actionszenen wurden von Sammo Hung inszeniert, der hier wahrhaft meisterliche Szenen vollkommener Körperbeherrschung abfeuert und immer genau das richtige Maß für die gebotene Härte, den Grad an spektakulären Aktionen und die Länge der Fights hat, denn in „Ip Man“ wird extrem unvorhersehbar zwischen knackig kurzen, extrem effektiven Fights und verspielten, fast schon poetisch schön anmutenden Kampfszenen hin und her gewechselt. Optisch ist seine Actioninszenierung dann wirklich über alle Zweifel erhaben. So ungemein dynamische Fights hat man lange nicht mehr so edel bebildert auf der Leinwand gesehen. Obendrein verzichtet Sammo Hung recht häufig auf das in China in letzter Zeit etwas inflationär zum Einsatz kommende Wirework und optische Spielereien wie megaedle Zeitlupen flicht er spektakulär ins wilde Kampfsporttreiben ein.
Dabei kann er sich vor allem auf Hauptdarsteller Donnie Yen („Iceman“) voll und ganz verlassen. Dieser tritt hier vollkommen uneitel hinter die Figur des Ip Man zurück. So gibt es beispielsweise in seinen formvollendeten Fighteinlagen keine einzige seiner typischen Donnie Yen Manierismen. Dementsprechend sucht man den Dropkick sowie diverse Highflykicks vollkommen vergebens. Yen stellte für den Film alles auf die fließende Wing-Chun-Kampfsportart um und wirkte in noch keinem seiner Kampfsportfilme so grazil und anmutig wie in diesem Film. Dafür hat er sichtlich auch Muskeln abtrainiert, wirkt er teilweise doch richtiggehend hager. Aber es hat sich gelohnt. Denn seine Actionszenen stellen aktuell auch das so gefeierte Actionkino aus Thailand mühelos in den Schatten. Alleine sein irrer Kampf gegen zehn Karatekas, bei dem er nicht ein einziges Mal getroffen wird!!!, legt davon eindrucksvoll Zeugnis ab. Vom knackig kurzen, genial choreographierten Schlussfight ganz zu schweigen.
Darstellerisch kommt Yen die Tatsache entgegen, dass man eben von Ip Man als Menschen nicht so viel erfährt. So muss der Darsteller, der niemals zur Creme de la Creme der darstellenden Zunft gehören wird, „nur“ sein über die Jahre angehäuftes und ihm vor allem in den letzten Jahren förmlich zufliegendes Charisma wirken lassen, um Ip Man für den Zuschauer funktionieren zu lassen. Und dies klappt gar prächtig. Die anderen Darsteller in „Ip Man“ spielen auf den Punkt und lassen sich sehr selten beim Overacting erwischen, bleiben aber durchweg ziemlich unterentwickelt, was eben vor allem für den Edelmimen Simon Yam („Lethal Warrior“) ziemlich nachteilige Folgen hat, wirkt er doch durchweg komplett unterfordert.
„Ip Man“ endet, wenn der Meister nach Hongkong übersetzt, wo er dem Kampfsportstil Wing Chun zum Durchbruch verhelfen und ihn in die Welt hinaustragen wird. Es wäre schön gewesen, auch von diesem Lebensabschnitt mehr zu erfahren. Aber dafür folgte ja „Ip Man 2“ nach. Doch auch so ist „Ip Man“ ein rundum gelungener Streifen, der zwar letztlich erstaunlich wenig über Ip Man preisgibt, aber absolut hervorragend unterhält, einen packt, in die Handlung hineinzieht und mit wahnsinnig tollen Kampfsporteinlagen förmlich hypnotisiert. Verpackt in tolle Bilder und getragen von einem wirklich souveränen Donnie Yen gelingt den Chinesen so seit langem mal wieder eine echte Stilbombe, die definitiv eine Marke im Genre setzt. Unbedingt hervorheben muss man dahingehend auch den genialen Soundtrack von Maestro Kenji Kawai (Schöpfer des „Ghost in the Shell“ Scores), der wirklich in jeder Szene den richtigen Ton trifft und dank einer grandiosen Maintheme auch einige echte Gänsehautmomente zu generieren versteht. Kurzum: „Ip Man“ ist vielleicht keine Biographie im eigentlichen Sinne, aber er ist eine Involvierungsbombe sondergleichen, was so manchen „Fehler“ locker glattbügelt.
Die deutsche DVD kommt von Splendid Film Home Entertainment, ist mit einer FSK 18 Freigabe uncut, kommt im hübschen Schuber und hat einige nette Extras an Bord!
In diesem Sinne:
freeman
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