Originaltitel: Street Law__Herstellungsland: Kanada__Erscheinungsjahr: 1995__Regie: Damian Lee__Darsteller: Jeff Wincott, Paco Christian Prieto, Christina Cox, Richard Yearwood, Michael Copeman, Doug O’Keeffe, Kevin Rushton, Raymond Marlowe, Dennis O’Connor u.a. |
Ein Mann im Lendenschurz stürmt durch einen Wald. Ein anderer Kamerad im Lendenschurz attackiert ihn. Doch Lendenschurzträger Nummer 1 kickt Lendenschurzträger Nummer 2 mühelos aus den Latschen. Was verwundert, ist, dass er erstens kickt, obwohl er einen Bogen mit sich herumschleppt, und dass zweitens, die Latschen, aus denen Lendenschurzträger Nummer 2 gerade gekippt ist, ziemlich moderne Sportschuhe sind!
Aus dem Off erfahren wir nun, dass dies eine Art Männlichkeitsritual ist, zu dem sich ein paar Kerle immer mal wieder treffen. Genauer gesagt sind es ein Anwalt und seine ehemaligen Mandanten. Es geht eben nichts über echte Männerfreundschaften, die im Feuer der Gerichtsbarkeit gestählt wurden!
Der Anwalt hört auf den Namen John und hat derzeit massive Geldprobleme. Da er nicht gewillt ist, seine Schulden zu zahlen, geht sein Kredithai aufs Ganze und knöpft sich Johns Kumpel Larry vor. Dem schuldet John ebenfalls bergeweise Geld. Diese Schulden kauft der Kredithai auf, so dass John nun erst recht tief in der Kreide bei dem Kredithai steht. Der Kredithai entpuppt sich bald als Johns ehemals bester Freund Luis. Beide hatten im Kindesalter einen Laden überfallen, wobei Luis von den Cops geschnappt wurde und als Strafe für das Vergehen zwei Jahre einfuhr.
Daraus wurden wegen „guter Führung“ bald 16. Mord und Kastration eines Mithäftlings sehen die Behörden wohl nicht so gerne. Damals fühlte Luis sich von John im Stich gelassen und will nun endlich Rache. Und dafür soll John leiden, so wie Luis einst gelitten hat – im Kinderknast! Und wir wissen, wie grausam Kinder sein können!
Luis will, dass John in Schaukämpfen antritt und dort auf Leben und Tod kämpft. Doch John hat darauf so gar keinen Bock und geht lieber seinen Tagesgeschäften nach. Das heißt, er prügelt sich mit Mandanten, schleust Opfer zu ihren Tätern, so dass sie Rache nehmen können, und und und. All das, was ein guter Anwalt eben so macht.
Dummerweise wird er irgendwann bei dieser eigenwilligen Auslegung seines Jobs erwischt und fährt ein. Zwar kommt er recht schnell aus dem Knast, erfährt da aber nur, dass man ihm seine Existenzgrundlage entzogen hat. Sein Büro wurde gepfändet, seine Unterlagen und wenigen Habseligkeiten obendrein. Auch alle seine Kreditkarten wurden gesperrt. John ist am Ende und so dauert es nicht lange, bis er einwilligt bei den Fights in Luis’ Nachtclub mitzumachen.
Das Gesetz des Dschungels
Jeff Wincott ist der ältere Bruder des vor allem in fiesen Rollen aufgehenden Michael Wincott („1492“, „The Crow“). Jeff war in jungen Jahren als Schwimmer genauso tätig wie als Boxer und Wrestler. Großes Augenmerk legte er allerdings schon früh auf seine Martial-Arts-Karriere und errang bald den schwarzen Gürtel im Taekwondo.
Seine Berufung sah er dennoch im Schauspiel. Er trat in Bühnenstücken auf und adelte Werbespots und Spielfilme mit seiner Präsenz. Nebenher belegte er einen Schauspielkurs an der New Yorker Juilliard Drama School und erlebte seinen Durchbruch mit der Serie „Night Heat“, für die er hervorragende Kritiken erhielt.
Fernab des TVs begann er dann aber allmählich alle schauspielerischen Ambitionen fallen zu lassen und verließ sich in B-Actionern wie: „Martial Law II“, „Mission Open Fire“ oder „New Killing Machine“ rein auf seine physische Präsenz. So auch in dem Rohrkrepierer „Jungle Law“.
Die Story von „Jungle Law“ ist unter aller Sau. Die Motivation der Helden ist ein schlechter Witz und die aufgesetzten Einlagen um Anwalt John, der der liebste Gutmensch der Welt zu sein scheint und wirklich jedem Vorträge über vergebene Chancen erteilt, sind an unfreiwilliger Komik nicht zu überbieten. Dass es bei dem Film insgesamt eigentlich auch um einen „Bloodsport“-Rip-Off gehen sollte, hat man ziemlich aus den Augen verloren. Zwar wird dem Zuschauer schnell klar, warum der Turniermodus ausbrechen wird, nur dem Film selber scheint das irgendwie gar nicht bewusst zu sein.
Viel zu viel wird auf den Anwaltsbackground von John eingegangen. Wilde Verzweigungen zu irgendwelchen kriminellen Banden werden aufgebaut und Gutmensch John ist massivst gefordert. Zurück bleibt ein heilloses Chaos, das zutiefst langweilt. Eine Grundeigenschaft, die den meisten Filmen des immer wieder munter vor sich hin dilettierenden Regisseurs Damian Lee fast schon inhärent zu sein scheint. Oder habt ihr euch nicht auch schon einmal ehrlich gefragt, wer Gurken wie Lundgrens „Agent Red“, Don Wilsons „Terminal Rush“ oder Dudikoffs „Moving Target“ verbrochen hat?
Alle haben eines gemeinsam: Sie funktionieren null und haben den Begriff Film eigentlich gar nicht verdient. Die Optik ist – wie die Dialoge – auf Softpornoniveau, megalangweilig und erstickt zumeist in sinnlosen Zeitlupen. Und die Action ist absolut hilflos, drucklos, innovationsfrei und spannungslos inszeniert. Lee kann dabei noch nicht mal die Vorzüge seiner Stars ins rechte Licht rücken. In „Jungle Law“ äußert sich dies in dermaßen mies inszenierten Fights, dass man nicht weiß, ob man lachen oder weinen soll.
Was umso trauriger ist, da Wincott selbst die „Jungle Law“-Fights mit gestaltete und dabei vor allem seine eigenen Fights total vergurkte. Aus seltsamen Einstellungen gedreht, tritt und schlägt Wincott meist in Richtung Kamera. Dauerzeitlupen nehmen jeden Druck aus den Aktionen. Interessant ist tatsächlich nur das Seilgeviert, das nicht dem üblichen Kampfsportring entspricht, und eine in den Boden des Ringes eingelassene Plexiglasscheibe, so dass die Fights auch von einer extrem niedrigen Perspektive heraus gefilmt werden konnten. Wären jetzt noch geile Aktionen zu filmen gewesen, wäre alles schön gewesen.
Schauspielerisch ist hier erwartungsgemäß nichts los. Jeff Wincott soll in seinen Gutmenscheinlagen wohl so etwas wie einen Charakter entwerfen, was aber ziemlich vor den Baum geht. Das liegt vor allem auch daran, dass er als Anwalt alles andere als glaubwürdig wirkt: Durchtrainiert bis zum Gehtnichtmehr, ungepflegter Bartwuchs, eine wilde Kaltwellenfrisur und zumeist in Jeans und mit Harley unterwegs. Ich denke, so ziemlich jeder Anwalt sieht anders aus.
Dass er auch in den Actionszenen null funktioniert, liegt wohl eher an Lees Unfähigkeit denn an seiner eigenen. Als Bad Ass fungiert Paco Christian Prieto, der in „Only the Strong“ gezeigt hat, dass er schmierige Latino-Typen mühelos verkörpern kann und nebenbei mit beachtlichen Kampfsportfähigkeiten zu punkten weiß. Leider sieht man von seinen Martial-Arts-Fähigkeiten in diesem Film nichts wirklich Eindruckvolles.
Interessant ist meines Erachtens die Besetzung der weiblichen Sexgespielin von Luis. Christina Cox, die vor allem im TV Bereich tätig ist („The Crow – die Serie“, „FX-tödliche Tricks – die Serie“) und mir vor allem in der lesbischen Romanze „Better than Chocolate“ hervorragend gefallen hat, darf hier mit dem immer gleichen Gesichtsausdruck durch die Kulissen gleiten und zumindest optisch für ein oder zwei kleinere Schmankerl sorgen. Ihre Nackt-Einlagen riechen allerdings massiv nach einem Body Double, leider. Nötig hätte sie es nicht, wie sie Jahre später eben in „Better than Chocolate“ bewiesen hat.
„Jungle Law“ oder: In diesem Film ist Unvermögen Gesetz
Was bleibt, ist ein Film, den man in allen Belangen als Antifilm bezeichnen könnte. Eine sinnlose, ewig vor sich hin mäandernde, keinerlei Zug oder Spannung entwickelnde Story trifft auf miese Darsteller, grenzdebile Dialoge, Softpornooptik, einen schrecklichen Score, mit Schüssen untermalte Überblenden, die einen immer wieder aus dem Dämmerschlaf holen und doch nur sinnlos teasen, jämmerliche Action und einen in den Nacktszenen gedoubelten Love-Interest! Wer braucht denn bitte so etwas?
„Jungle Law“ war lange Zeit zu brutal, um ihn deutschen Actionfans ungeschnitten zumuten zu können. So fehlten in der FSK-18-Fassung zahlreiche Szenen. Diesen Status hat der Film inzwischen verloren und er ist uncut ab 16 freigegeben. NSM hat sich des Filmes angenommen und ihn im Mediabook auf DVD und Blu-ray in ansprechender Bildqualität und mit okayem Ton veröffentlicht. Einige Fehlstellen, zu denen es keine Synchronisation gab, werden untertitelt gereicht.
Problematisch mutet in einigen Szenen an, dass der Film zwar in 4:3 gedreht wurde, die Veröffentlichung ihn aber ausschließlich in 16:9 reicht. Dadurch gehen oben und unten am Bild Informationen verloren. Ein nettes Booklet widmet sich der Karriere des Hauptdarstellers Jeff Wincott. Mehr Extras gibt es leider nicht. Bei NSM ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der Film auch eine Amaray-Veröffentlichung erfahren wird – am 28. März 2024 ist es so weit.
In diesem Sinne:
freeman
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