Originaltitel: The Hitman’s Bodyguard__Herstellungsland: USA/Großbritannien__Erscheinungsjahr: 2017__Regie: Patrick Hughes__Darsteller: Ryan Reynolds, Samuel L. Jackson, Gary Oldman, Elodie Yung, Salma Hayek, Richard E. Grant, Kirsty Mitchell, Joséphine de La Baume, Joaquim de Almeida, Sam Hazeldine u.a. |
Egal ob „Assassins“, „Leon – Der Profi“, „Mörderischer Irrtum“ oder „One in the Chamber“ – Profikiller als Helden oder Schurken gehören zum Inventar des Actionfilms verschiedener Budgetklassen; als Buddy sieht man ihn eher selten in Werken wie „Best Seller“.
Die Produktionsfirma Millennium Films scheint ja einen Narren an London gefressen zu haben, weshalb nach „Survivor“, „London Has Fallen“ und „Criminal“ auch große Teile dieses Films dort spielen – mit „Criminal“ teilt sich „The Hitman’s Bodyguard“ darüber hinaus noch zwei Hauptdarsteller. Ryan Reynolds ist dieses Mal aber nicht nach der Auftaktszene weg, nur sein guter Ruf als Bodyguard – denn der Personenschützer Michael Bryce, dessen Credo lautet, dass Langeweile besser, weil sicher sei, verliert einen Klienten, der kurz vor Abflug von einem Scharfschützen abgeknallt wird. Wird London in der Auftaktszene noch in knalligen Farben gezeigt, ist es beim Sprung zum Hauptgeschehen zwei Jahre später deutlich grauer und düsterer, denn Michael muss nun kleine Fische ohne große Hilfe in abgeranzten Karren transportieren.
Seine Ex-Freundin Amelia Ryder (Elodie Yung) hat derweil bei Interpol Karriere gemacht und ist nun gerade mit einer vertrauensvollen Aufgabe betraut: Einen Kronzeugen nach Den Haag schaffen, damit dieser gegen den früheren weißrussischen Präsidenten Vladislav Dukhovich (Gary Oldman) aussagt. Dabei handelt es sich um den Profikiller Darius Kincaid (Samuel L. Jackson), der mit allen Wassern gewaschen ist und das auch bald beweisen darf, als die Interpol-Eskorte noch in England von einem Killerkommando überfallen wird, was nur er und Amelia überleben. Der impulsive Darius, dem für seine Aussage die Haftverschonung seiner ebenfalls einsitzenden Frau Sonia (Salma Hayek) angeboten wurde, ist das genaue Gegenteil des planenden Michael und die Wege beider haben sich im Zuge ihrer Arbeit schon öfter mal gekreuzt.
Von daher ist Michael eigentlich eine denkbar schlechte Wahl um Darius nach Holland zu eskortieren. Doch nach dem Überfall glauben Amelia und Darius an eine undichte Stelle bei Interpol, müssen jemand externen anheuern und Michael ist immer noch einer der Besten seines Faches. Während Amelia sich zurück ins Interpol-Hauptquartier begibt, begibt sich das ungleiche Männerduo auf die Reise nach Den Haag, Zeitdruck sowie die Killer im Nacken…
httpv://www.youtube.com/watch?v=6Ho0uNqEsG0
Millennium Films bedient eine seltener gewordene Sparte, nämlich klassische Actionware im mittleren Budget-Segment, inzwischen aus Kostengründen gerne in Europa, vor allem im Ostblock gedreht (so fungierten hier nicht nur England und Holland, sondern auch Bulgarien als Drehort). Während es mit der klassischen Action wiederholt gut hinhaut, hat die Firma dagegen in Sachen digitale Trickeffekte deutliche Probleme, die sich auch bei „The Hitman’s Bodyguard“ wieder zeigen: Gerade Explosionen aus dem Rechner und mal mehr, meist weniger gut animierte Helikopter gehören zu den handwerklichen Schwächen des Films, weshalb es dann doppelt verwunderlich, dass in mancher Szene noch digitale Fluggeräte einkopiert wurden, obwohl es eigentlich gar nicht nötig gewesen wäre und eigentlich nur zur Deko dient.
In Sachen regulärer Action sieht es bei Regisseur Patrick Hughes, der nach dem australischen Western-Thriller „Red Hill“ für Millennium bereits „The Expendables 3“ inszenierte, seinem Stunt Coordinator Dian Hristov („Re-Kill“) und seinem Kampfchoreographen James Grogan („Avengers: Age of Ultron“) schon wesentlich besser aus. Der Überfall auf den Interpol-Konvoi sowie jeweils eine Verfolgungsjagd durch Amsterdam und Den Haag (Geballer und Nahkämpfe dabei nicht ausgeschlossen) haben es in sich, bieten klassische Action mit geschrotteten und lädierten Vehikeln (darunter nicht nur Autos, sondern auch Motorräder und Boote) in starker Inszenierung. Manches andere ist eher Hausmannskost, der Showdown ist eine Antiklimax, die unter einer mäßigen CGI-Explosion leidet, doch eine Schwachstelle ist eine Szene, die richtig Potential hat: Da erfüllt Patrick Hughes schon Fanträume, wenn er eine Actionsequenz zu den Klängen von „New Noise“ von Refused abliefert und was macht er dann? Hält die Szene kurz und verschneidet sie teilweise auch noch.
Ansonsten ist die Musik aber stets gut gewählt ohne aufdringlich zu sein: Eine Verfolgungsjagd wird dynamisch mit „Black Betty“ von Spiderbait untermalt, im Abspann singt Samuel L. Jackson Selbstgeschriebenes und eine Rückblende aus Michaels Liebesleben wird mit „I Wanna Know What Love Is“ von Foreigner gleichermaßen treffend wie ironisch überzeichnet ausgeschmückt. Denn die Liebe zur jeweiligen Frau bzw. Ex-Freundin in jeder Lebenslage ist der Punkt, über den die beiden Buddys sich annähern. Dabei sind die Damen eher als Motivation gut, langen zwar in der einen oder anderen Szene mal hin, stehen aber doch sonst eher am Rand, während die Herren der Schöpfung sich um die körperliche Actionarbeit kümmern.
Doch gerade Salma Hayek („Everly“) geht in der Rolle der übertoughen Gangsterfurie sichtlich auf, auch wenn sie meist nur fluchend in ihrer Zelle sitzt und ihr Umfeld verängstigt. Elodie Yung („Gods of Egypt“) macht sich auch gut, wird aber stärker an den Rand gedrückt, wenn das Hauptdarstellergespann auftritt. Ryan Reynolds gibt hier nicht das Plappermaul wie in „Deadpool“, sondern ist der mehr und mehr verzweifelnde Straight Man, der als Folie für den dauerfluchenden Samuel L. Jackson („Kong: Skull Island“) dient, der nicht nur impulsiv und raubeinig ist, sondern auch alles und jeden als „Motherfucker“ bezeichnet. Tatsächlich macht das Zusammenspiel der beiden gut aufgelegten Stars Laune und tröstet über manche Länge hinweg. Gary Oldman („Planet der Affen – Revolution“) als sabbelnder Diktator dagegen ist etwas verschenkt und ist als Planerbösewicht nie so recht bedrohlich, während seine Vollstrecker zwar teilweise physisch beeindrucken, aber eben nur stumpfe Instrumente bleiben. Joaquim de Almeida („Diablo“) gibt den Interpol-Vorgesetzten, den man schon nach wenigen Minuten als Verräter ausgemacht hat, ehe der Film die Vermutung schon nach kurzer Zeit bestätigt und für eine Minirolle schaut noch einmal Richard E. Grant („Logan: The Wolverine“) vorbei.
So ergibt sich dann ein Ungleichgewicht zwischen starken Hauptfiguren und leider blassen Schurken, was den Konflikten des Films an Zunder nimmt. Noch dazu läuft die Hatz streng nach Schema F und weitestgehend überraschungsfrei ab, da sie jedes Stereotyp abdeckt: Die Partner wider Willen, die zu ganz dicken Kumpels werden, die zerbrochene Beziehung, die natürlich wieder gekittet wird, wenn Michael auch mal lernt seine Fehler zuzugeben, das Zeitlimit bei der Ablieferung Darius‘, um nur einige zu nennen. Es ist ein Genregerippe, auf das mit Action und Gags dann Fleisch aufgezogen werden muss, und zu dem dann auch das Klischee gehört, dass Darius als cooler Killer eigentlich immer nur pöse Purschen abgemurkst hat – aber immerhin kann der Film aus der Annäherung der wesensverschiedenen, von den Prinzipien aber ähnlichen Männern einige gute Momente schlagen.
Gleichzeitig fällt auf, dass die Jungs bei Millennium Films zwar gute Actionhandwerker, aber keine filigranen Komiker sind, was teilweise sicher auch dem Script von Tom O’Connor („Fire with Fire“) geschuldet ist. So wiederholen sich die Konflikte des streng nach Regeln handelnden Michael und des sich stets in jede Situation stürzenden (manchmal wörtlich zu nehmen) Darius und Running Gags wie der, dass Michaels Karre nach Arsch rieche, sind nun auch nicht gerade Feinheiten. So sitzt dann nur ein Teil der Gags und Sprüche, die aber oft auf ein wirksames Brachialrezept zurückgreifen, nämlich brutalstes Geschehen mit Ruhe zu konterkarieren, etwa wenn Michael sein Leid klagt und im Hintergrund schon die nächste Actionsequenz anläuft und eine Kneipenschlägerei als romantische Begegnung zwischen offenen Armbrüchen und in Hals gestochenen Glasscherben inszeniert wird. So ist die Komik dann im Bereich Hit-and-Miss anzusiedeln, wobei sich Treffer und Nieten die Waage halten, auch wenn die Besetzung so manchen mäßigen Gag rettet.
Neben dem gut aufgelegten Darstellergespann aus Ryan Reynolds, Samuel L. Jackson und Salma Hayek hält dann vor allem die meist schicken Verfolgungsjagden und Shoot-Outs diese launige Actionkomödie am Laufen, auch wenn der Plot 08/15 ist, die Gags nicht immer sitzen und es an guten Schurkenfiguren mangelt. Nettes Entertainment mit unverbrauchter Prämisse und gut gewähltem Soundtrack für den Freund klassischer Action-Comedy ist aber trotzdem drin.
20th Century Fox bringt den Film ab dem 31. August 2017 in die deutschen Kinos.
© Nils Bothmann (McClane)
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Copyright aller Filmbilder/Label: 20th Century Fox__FSK Freigabe: ab 16__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Nein, ab 31.8.2017 in den deutschen Kinos |