Das „Toy Story“-Spin-Off „Lightyear“ erzählt das Vorlagenmaterial zu Buzz Lightyear, jenen bisher fiktiven Film, der die Actionfigur aus der Pixar-Reihe inspirierte. Der Space Ranger ist als Teil einer Expedition auf einem fremden Planeten gestrandet und bietet sich als Testpilot für einen neuen Hyperantrieb an, mit dem man von dort entkommen will, was jedoch ungeahnte Folgen hat. Anstelle von Tim Allen spricht Chris Evans nun die Titelfigur.
Originaltitel: Lightyear__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2022__Regie: Angus MacLane__Sprecher: Chris Evans, Keke Palmer, Peter Sohn, James Brolin, Taika Waititi, Bill Hader, Dale Soles, Isiah Whitlock Jr., Uzo Aduba, Angus MacLane u.a. |

Das „Toy Story“-Spin-Off „Lightyear“ erzählt quasi das Vorlagenmaterial des Spielzeugs Buzz Lightyear
Eigentlich hatte „Toy Story 3“ die Spielzeugtrilogie beendet, doch letztendlich ging es doch weiter: 2019 folgte „Toy Story 4“, nur drei Jahre später dann das Spin-Off „Lightyear“, welches sich jedoch nicht im engeren Sinne mit Spielzeug befasst.
Vielmehr ist „Lightyear“ jener Film, der die intradiegetische Buzz-Lightyear-Actionfigur geschaffen hat, jener Film, den auch der kleine Andy aus „Toy Story“ gesehen haben muss, um sich den tapferen Astronauten für sein Kinderzimmer zu wünschen. Zu Beginn des Films ist dieser noch ein Space Ranger unter vielen, Teil einer Expedition auf einen fremden Planeten, die sich mit der aggressiven Flora und Fauna rumschlagen muss, die ihnen ans Leder will. Vor allem Insektenmonster, weshalb der Auftakt ein wenig an die Pixar-Version von „Starship Troopers“ erinnert. Die Flucht vor den aggressiven Biestern gelingt nicht wirklich, denn Buzz und seine Crew stranden auf dem Planeten, während der Hyperantrieb ihres Schiffes zerstört wird.
Buzz fühlt sich persönlich für den Schicksalsschlag verantwortlich und meldet sich als Testpilot, nachdem die Menschen auf ihrer neuen Zwangsheimat eine halbwegs sichere Kolonie gegründet haben und nach einem neuen Antrieb forschen. Doch während für Buzz bei jedem Testflug nur wenige Minuten vergehen, für die Menschen auf der Oberfläche jedoch jedes Mal geschlagene vier Jahre, verstärkt sich die Versagensangst des Helden. Die Darstellung, wie jeder erfolglose Flug ein emotionaler Rückschlag für ihn ist, das ist klassische Pixar-Tugend, die sonst im Film nicht so häufig vorkommt.
Ausgerechnet als Buzz den Durchbruch schafft, will das neue Oberkommando, dass die Versuche eingestellt werden. Auf eigene Faust startet Buzz einen letzten Run und wird 22 Jahre in die Zukunft katapultiert. Hier muss er feststellen, dass Roboter-Invasoren den Planeten übernommen haben…
Schaut euch den Trailer zu „Lightyear“ an
Cleverer Meta-Beitrag zur „Toy Story“-Reihe oder doch nur ein Film, um auch abseits der Leinwand noch mehr Spielzeuge verkaufen zu können? Wahrscheinlich eher letzteres, denn im Endeffekt ist „Lightyear“ eine Origin Story zu Buzz Lightyear, welche die Figur gar nicht gebraucht hätte. Sowieso ist „Lightyear“ ein eher untypischer Pixar-Film. Mit Ausnahme der anfänglichen Thematisierung von Buzz‘ Versagensangst und Schuldgefühlen fehlt ein wenig von jenem doppelten Boden, der viele andere Werke des Hauses so hintergründig und besonders macht. Über weite Strecken mutet „Lightyear“ eher wie ein konventionelles Sci-Fi-Abenteuer an, das nur zufällig animiert wurde. Oft fühlt sich das Ergebnis angesichts seiner vielen animierten Actionszenen, mancher nicht ganz kindgerechter Szene und der Monster sogar so an, als ob es als Realfilm besser funktioniert hätte.
Ganz ohne Pixar-Trademarks kommt „Lightyear“ trotzdem nicht daher. Es gibt einen knuffigen Sidekick in Form der Roboterkatze SOX, eine sehr emotionale Szene (hier nach ca. einem Drittel des Films) und eine Moral von der Geschichte, in diesem Falle: Erkenne, was du gewonnen hast, auch wenn deine Ziele vorher vielleicht andere waren. Popkulturreferenzen gibt es hier auch, wenn einzelne Szenen an „Das schwarze Loch“, „Aliens“, „Starship Troopers“ oder „Enemy Mine“ erinnern. Aus dem einen oder anderen Science-Fiction-Film sind auch Identität und Motiv des Schurken Zurg entlehnt, was den erwachsenen Filmfan daher vielleicht nicht allzu sehr überrascht, für Kinder dagegen relativ komplex ist.
Auch in Sachen Figuren ist „Lightyear“ okay, aber kein Vergleich zu den Referenzwerken aus dem Hause Pixar. Buzz als Held mit Selbstzweifeln ist schon mal eine Bank, seine Vorgesetzte und gute Freundin Alisha Hawthorne eine wunderbare Nebenfigur. Schwieriger wird es dann mit der Sidekick-Auswahl während des Hauptabenteuers. Da gibt es Alishas quirlige Enkelin Lizzy und deren Crew, bestehend aus dem unentschlossenen Mo Morrison, der verurteilten Darby Steel und dem Roboter ERIC. Alles keine perfekten Space Ranger, sondern schräge Vögel mit dem Herz am rechten Fleck, aber mit ihren Macken relativ stereotyp. So bringen sie nur begrenzt Witz in einen Film, dem die Mischung aus Hintersinn, Comedy-Timing oder der Behandlung ernster Themen in kindgerechter Form, welche die ganz großen Pixar-Meisterwerke auszeichnet, leider etwas abgeht.
Technisch ist „Lightyear“ dagegen voll auf der Höhe. Der Stil schafft eine perfekte Brücke zwischen dem semi-ernsten Science-Fiction-Film-Hintergrund und der späteren Spielzeuginkarnation von Buzz Lightyear, die Animationen sind tadellos und beim Design der Kreaturen und Roboter ist „Lightyear“ ebenfalls gewitzt. Auch der Sprechercast kann sich sehen lassen. Dass man Komiker Tim Allen angesichts seines Alters und der ernsteren Ausrichtung als Lightyear-Stimme durch Chris Evans („Ghosted“) ersetzte, ist schon sinnig, zumal Evans auch in animierter Form als heroischer Charmebolzen hervorragend ist. Keke Palmer („Nope“) als Izzy leistet in der zweitgrößten Sprechrolle des Films gute Arbeit, James Brolin („69 Tage Hoffnung“) verleiht dem Schurken durch seine markante Stimme Profil und Taika Waititi („Free Guy“) als Mo Morrison sowie Bill Hader („Es: Kapitel 2“) als Rookie Featheringhamstan setzen in kleinen Sprecherparts größere Akzente als das Drehbuch ihren 08/15-Figuren gibt. Besagtes Script stammt von Jason Headly („Onward“) und Angus MacLane („Burn-E“), der zusätzlich noch als Regisseur von „Lightyear“ fungierte.
Mit seinem ersten allein inszenierten Spielfilm ist MacLane dann auch ein relativ kurzweiliges, aber relativ standardisiertes Sci-Fi-Abenteuer gelungen, bei dem man aber stets das Gefühl hat, dass es als Realfilm besser funktioniert hätte. „Lightyear“ lässt Pixar-Trademarks wie eine anspruchsvolle zweite Ebene und ein großes Maß an Humor missen, ist auch im Bereich der Charakterzeichnung bloß Standard. In Sachen Animation und Sprechercast top, mit vielen Verweisen auf Sci-Fi-Klassiker gesegnet und in Einzelszenen richtig stark, aber unterm Strich eben nur guter Durchschnitt.
Walt Disney hat „Lightyear“ hierzulande auf Blu-Ray und DVD veröffentlicht, ungekürzt ab 6 Jahren freigegeben. Während die DVD über keinerlei Extras verfügt, gibt es auf der Blu-Ray Featurettes, entfallene Szenen, einen Audiokommentar und Trailer.
© Nils Bothmann (McClane)
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