Originaltitel: Little Boy__Herstellungsland: Mexiko, USA__Erscheinungsjahr: 2015__Regie: Alejandro Monteverde__Darsteller: Kevin James, David Henrie, Emily Watson, Ted Levine, Tom Wilkinson, Michael Rapaport, Cary-Hiroyuki Tagawa, Abraham Benrubi, Ben Chaplin, Ali Landry u.a. |
Für den kleinen Pepper Flynt Busbee bricht eine Welt zusammen, als sich sein Vater bereiterklärt, im 2. Weltkrieg gegen die Japaner zu kämpfen. Wie soll der Junge die Zeit ohne seinen Vater nur überstehen? Wegen seines Kleinwuchses hat er keine Freunde, wird nur gehänselt und hatte in seinem Vater einen echten „Freund“ fürs Leben, der mit ihm gefährliche Abenteuer in den gemeinsam erfunden Geschichten erlebte. Und es kommt, wie es kommen muss: Pepper wird zum einsamsten Menschen des kleinen Städtchens O’Hare.
Da gastiert der vermeintliche Zauberer und Comic-Heft-Held Ben Eagle in dem kleinen Örtchen. Und er überzeugt Pepper bei einem seiner Auftritte davon, dass ein starker Glaube ausreiche, um alles zu erreichen. Der Priester von O’Hare stößt in das gleiche Horn, als er Pepper eine Liste anvertraut, die der Junge nur abhaken müsse, dann werde sein Vater aus dem Pazifikkrieg zurückkehren.
Nicht wenige sehen diese Beeinflussung Peppers sehr kritisch, denn dessen Vater gilt längst als verschollen. Es ist nicht einmal klar, ob er überhaupt noch lebt. Doch mit kindlichem Eifer macht sich Pepper daran, die Liste abzuklappern. Der schwierigste Punkt: Werde ein Freund des Japaners Hashimoto…
httpv://www.youtube.com/watch?v=ZQmUttqrjTk
Als die Japaner 1941 Pearl Harbor angreifen und damit die USA zum Eintritt in den 2. Weltkrieg zwingen, werden große Teile der in Amerika lebenden Japaner in Lagern interniert. Egal, wie lange sie schon in dem Land lebten oder ob sie gar in den USA geboren wurden. Ging es nach den Amerikanern, musste das Land vor dem Feind und etwaigen Sabotageakten geschützt werden. Nicht interniert wurden jene Japaner oder japanischstämmige Amerikaner, die nachweisen konnten, dass ihre Loyalität zu den USA ohne Fehl und Tadel war. Internierte, die diese Loyalität ebenfalls nachweisen konnten, wurden durchaus wieder in die amerikanische Gesellschaft integriert.
Hashimoto ist ein solcher Japaner. Und ihm schlägt trotz „Rehabilitierung“ der gesamte Hass der Einwohnerschaft von O’Hare entgegen:
Ich habe das Gesicht des Feindes. Da interessiert es keinen, wie sehr ich dieses Land liebe…
Kein leichtes Thema für einen Kinderfilm. Das zudem in unseren Breiten ordentlich Erklärungsbedarf hervorruft. Addiert man dann noch die „Little Boy“-Themen Fremdenhass, Trauer, Verlust und sogar Mobbing, bekommt man schon Bedenken, dass der Film ein arg deprimierendes Erlebnis werden könnte. Doch „Little Boy“ stemmt sich beherzt gegen diese Gefahr. Farbsatte, wunderschön ausgeleuchtete, weitgehend sonnendurchflutete Bilder verleihen dem Film von Anfang an einen märchenhaft entrückten Grundton. Feiner Humor und ein ordentliches Erzähltempo lassen keinerlei Lethargie aufkommen.
Mit Pepper wird zudem ein starker Mittelpunkt etabliert, dem man einfach nur wünscht, dass er seinen besten Freund und Partner bald wiederbekommen möge. So gerät dann auch die Annäherung zwischen Pepper und Hashimoto herrlich menschelnd und anrührend. Denn obschon von den Vorurteilen seiner Umgebung geprägt, geht Pepper mit kindlicher Offenheit auf den verhassten „Jappsen“ zu. Zunächst freilich nur, um seine Liste abzuarbeiten, später, weil er in Hashimoto einen Freund findet, der ihm obendrein hilft, seine Mission zu beenden.
Das gibt vor allem Cary-Hiroyuki Tagawa („Tekken 2“) die Gelegenheit für eine seiner besten Schauspielleistungen überhaupt. Endlich ist sein Gesicht mal nicht das Abbild einer zur Fratze erstarrten Lumpenfresse. Feinfühlig und punktgenau interagiert er mit dem jungen, hervorragend aufspielenden Pepper-Darsteller Jakob Salvati und verhindert mit seiner ab und an nett knurrigen Attitüde, dass der Film zu sehr ins Kitschige abgleitet.
In weiteren Nebenrollen tummeln sich noch mehr bekannte Gesichter: Etwa Abraham Benrubi („Hunting Season“) als simpler Werkstattmitarbeiter, Michael Rapaport („The Baytown Outlaws“) als Peppers Vater, Emily Watson („Equilibrium“) als Peppers Mutter, Ted Levine („Gutshot Straight“) als Fremdenhasser, Ben Chaplin („Der schmale Grat“) als Zauberer und Tom Wilkinson („Lone Ranger“) als Priester. Eine sehr undankbare Rolle als peinlicher Stelzbock, der Peppers Mutter nachsteigt, sobald vom Verschwinden ihres Ehemannes berichtet wird, hat Kevin James („Der Kaufhaus Cop“) abbekommen. Allgemein muss man konstatieren, dass alle Darsteller abseits von Tagawa und Salvati in diesem Film eher schlecht weg kommen. Ihre Figuren sind weitgehend arg eindimensional geraten und voller Klischees.
Ein weiteres Problem ist, dass der Film in seinem Mittelteil irgendwann „falsch abbiegt“. Eine seltsam bigotte Art an den Tag legt, immer mehr ins Kitschige tendiert und ein paar extrem platte Momente auffährt. So gibt es ungelogen eine Szene, in der die Einwohner von O’Hare dem „Little Boy“ genannten Pepper zur Beendigung des Krieges gratulieren. Und wieso? Weil die Bombe, die man am 6. August 1945 auf Hiroshima abgeworfen hatte, den „Namen“ Little Boy trug. Spätestens hier wird das Glaubensstück dann doch arg geschmacklos.
„Little Boy“ macht es sich selbst nicht leicht. Als Kinderfilm konzipiert, wirken manche Themen einfach zu komplex für ein junges Publikum. Das bekommt dafür mit dem jungen Helden Pepper eine starke Identifikationsfigur geboten und kann sich an der toll gespielten und glaubwürdig etablierten Freundschaft zu Hashimoto erfreuen. Selbige funktioniert vor allem dank der beiden großartigen Hauptdarsteller vortrefflich. Doch mit zunehmender Laufzeit bekommt man als Zuschauer mehr und mehr Kröten zu schlucken, die einem die im Coming-of-Age-Duktus und in tadelloser Heile-Welt-Optik gereichte Story im Abgang leider gehörig vermiesen.
Die deutsche DVD/Blu-ray zum Film erschien am 20. Januar 2017 von Capelight Pictures und ist mit einer FSK 6 Freigabe ungeschnitten.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
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