4 – Schutzanzüge (Suits)
Wenn Cowboys gegen Aliens antreten, wird auch immer der uralte Konflikt zwischen Landwirtschaft und Industrie aufgewärmt. Außerirdische Besucher stehen dann für eine Bedrohung durch externe Technologie und die Erzählung handelt vom Trotz des bewährten Handwerks, das seinen Platz in der Welt aufs Blut verteidigt, wenn nötig.
So wird auch “Suits” zum Kurzfilm gewordenen Countrysong, einer von Durchhalteparolen überschwemmten Ballade über Zusammenhalt und Verbundenheit zu Mutter Erde. Deutlich am Giger-Alien-Design angelehnte Kreaturen überrennen die Anbaufelder wie maschinengesteuerte Drohnen, emotionslos und hungrig auf Bodenfläche (und Rinderhüftsteak, versteht sich). Doch haben sie nicht mit der Leidenschaft echter amerikanischer Farmer gerechnet. Im Vergleich zu den bläulich schimmernden Invasoren erstrahlen nicht nur die Felder in freundlichen Farben, auch das Ambiente der bescheidenen Behausungen wirkt regelrecht einladend. Kein Wunder, dass eine solche Idylle zwangsläufig vom Chaos überrannt werden muss. Die comichafte Animation sorgt dafür, dass die menschlichen Figuren mit ihren offenen Augen warmherzig und vertrauensvoll anmuten. Und doch wirken sie nicht weich oder hilflos. Die Hauptrolle hat ein bärtiger Kerl der Marke Baumfäller in petto, ein personifizierter Schutzschild für seine Liebsten, erst recht, wenn er in seinen hydraulischen Roboter steigt und mit seiner Performance dem Ripley-vs.-Alien-Queen-Finale aus “Aliens” seine Ehre erweist. Doch anders als Ripley ist er nicht alleine. An seiner Seite steht nicht nur eine schlagfertige Frau, sondern ein ganzer Zusammenschluss aus Familie und Nachbarschaft, deren Stärke darin besteht, dass sich jeder für den anderen Opfern würde.
Zu erwarten sind also zutiefst amerikanische Dinge: Zigarren, die in Mündern rollen, markige Sprüche selbstloser Helden kurz vor dem Ableben und Treueschwüre gegenüber der eigenen Herkunft. Seit “Independence Day” und “Armageddon” wurde nicht mehr so hemmungslos am Pathos gerührt.
5 – Seelenfänger (Sucker of Souls)
LOVE. DEATH. ROBOTS. Drei Richtige am Spielautomaten. Doch die letzte Walze dreht sich noch einmal und es kommt eine Katze zum Vorschein. Die armen Roboter müssen in der nach ihnen benannten Anthologie überraschend oft zurückstecken gegen unsere pelzigen Vierbeiner. Schon zum zweiten Mal (nach „Three Robots“) wird ihnen jetzt mit Pelzpfoten die Butter vom Brot gestohlen. Und noch eine weitere Walze dreht sich. Zu Lasten der Liebe. Jetzt steht da: VAMPIRES. DEATH. CATS. Das Aussaugen wird zur abstrakten Verbindungslinie, nur dass die einen eher Blut bevorzugen, die anderen die Seelen der armen Idioten, die ihnen in die Augen blicken…
Ein Standbild aus dieser kantig gezeichneten Folge unter Tage gibt unmöglich wieder, wie dynamisch die eigentliche Animation ausgefallen ist. In Bewegung werden wilde Pirouetten geboten, furiose Point-Of-View-Shots mit Tiefenwirkung und eine auffällige Freude an der Deformation und Sezierung von Körpern. Wenn der Vampir erst einmal jemanden erwischt hat, wird der nicht einfach sanft in den Nacken geküsst… nein, der geschundene Körper wirbelt ohne Rücksicht auf Verluste durch die Luft, während sich die Kiefer des Angreifers tief im Hals verkeilt haben, bevor sich plötzlich in Resident-Evil-Manier eine Scherenpranke aus dem mutierenden Körper schält, die den Brustkorb durchstößt und nach oben hin aufreißt. Zurück bleiben abgepellte Membranschichten und ein knochiger Schädel, der zu zwei Teetassen halbiert wird, die auf dem Steinboden klappernd zum Stillstand kommen, während die rosa Masse ihres Inhalts in der Luft zum Springbrunnen wird.
Klingt brutal, wird aber durch einen derben Schlag Humor massiv abgefedert. Alleine, dass die Animatoren das schlackernde (aber nicht allzu beeindruckende) Gemächt des untoten Dämonen nicht aussparen, sorgt für eine ironische Brechung der grafischen Gewalt. Als dann auch noch die Katze mit der Pupluke voraus ins Bild rückt, anstatt ihren erwarteten Auftritt als mystische Gestalt zu feiern, ist die Bahn frei für einen heiteren Umgang mit der restlichen Situation, die betont offen endet. „Sucker Of Souls“ verwirrt mit seiner thematischen Ausrichtung, die sich dem übergeordneten Konzept zu widersetzen scheint (wie eine, nun ja, störrische Katze eben), hält aber trotzdem prächtig bei Laune… und ergibt durch seine trockene Art auch noch einen erfrischenden Kontrast zur Vorgänger-Episode, die ja mit Leidenschaft den sterbenden Schwan gab.
6 – Als der Joghurt die Kontrolle übernahm (When the Yogurt Took Over)
Du hast sechs Minuten Zeit, einem Unbeteiligten zu erklären, wie ein Joghurt die Weltherrschaft an sich reißen konnte. Wie stellst du das an?
Auf jeden Fall nicht ohne eine gewisse ironische Verzweiflung in der Stimme. Der Off-Erzähler ist sich der Absurdität dessen, wovon er berichtet, hörbar bewusst. Das schulterzuckende isthaltsokannmannixmachen vibriert wie ein seufzender Chor in seinen Worten nach, während er wuselnde Comic-Menschlein mit gewissen Minions-Eigenschaften kommentiert, die unter der gegenseitigen Annahme hoher Intelligenz äußerst dumme Dinge tun und nicht merken, wie sie von einer cremigen Substanz auf dem Konferenztisch spielend überholt werden.
Der kürzeste Beitrag der Reihe ist im Grunde nicht mehr als ein „Was bisher geschah“ für Nichtaufpasser, die die letzte Episode einer nicht existierenden TV-Serie über probiotische Kulturen versäumt haben. Viel zu wenig für ein ernsthaftes Highlight aus der Serie über Liebe, Tod und Roboter, dabei liegt das Potenzial auf der Hand. Als Parabel auf die aktuelle Präsidentschaft ließe sich allerhand in die Müslischüssel deuten (es fehlt nur der Schlag steif geschlagene Sahne für die entsprechende Sturmfrisur), wenn es auch eine hinkende Parabel ist; schließlich gelangte der Joghurt wegen seiner bestechenden Intelligenz an die Macht…
Sofern bei diesem Milchprodukt also von einem Lowlight gesprochen wird, so liegt das wohl hauptsächlich an der unvollendet wirkenden Umsetzung, die so anmutet, als würde der eigentliche Hauptteil fehlen; nicht an der grundsätzlichen Joghurt-Idee, die sich mit zusätzlichen Anspielungen auf den „Blob“ oder „The Stuff“ hervorragend zum Drehbuch für einen Film umschreiben ließe… vielleicht haben die im Umgang mit weißen, fluffigen Substanzen erfahrenen Ghostbusters ja noch einen Termin im Kalender frei?
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