Wir zelebrieren Actionfilme, die rocken!

Love, Death & Robots – Staffel 1

7 – Jenseits des Aquila-Rifts (Beyond the Aquila Rift)

Love, Death & Robots

Endlich am sicheren Hafen.

Aber kommen wir nun zu etwas völlig anderem. Einem wirklich garstigen Stück Kopfhorror nämlich, das nach geleertem Joghurtbecher zum wiederholten Mal für einen radikalen Stilbruch sorgt. Es begrüßen uns fotorealistische Computeranimationen, die aufzeigen, zu welchen Höchstleistungen Rechner inzwischen imstande sind; nicht nur in Sachen dynamische Umgebung mit Feinheiten in Sachen Beleuchtung und Struktur, sondern auch bei der Darstellung mimischer Ausdrucksmöglichkeiten. Beim technischen Aufwand gehört die siebte Folge ohne jeden Zweifel zu den Höchstleistungen der 1. Staffel “Love, Death & Robots”; was hier geboten wird, würde ausreichen, um einem Multimillionen-Blockbuster gerecht zu werden. Gerade wenn im Schlussakt sozusagen zwei Dimensionen übereinander gelagert und durch raffiniertes Spiel mit Körperformen verknüpft werden, wird eine zu selten honorierte Kunstform auf ganz hohem Niveau ausgeführt.

Doch auch der Inhalt zeigt sich ambitioniert. Die zugrundeliegende Short Story „Beyond The Aquila Rift“ aus der gleichnamigen Kurzgeschichtensammlung zeigt sich offensichtlich stark von Genre-Klassikern wie „Solaris“ inspiriert und hinterlässt durch seinen Fokus auf psychologischen Horror beklemmende Eindrücke einer Scheingeborgenheit, die an Werke wie „Event Horizon“ denken lassen. Das für All-Expeditionsfilme so wichtige Gefühl, Dinge zu sehen, die kein Mensch jemals sehen sollte, setzt sich schon mit dem ersten Ausblick auf ein Kometenfeld tief in der Atmosphäre fest und wird mit jeder Minute nur nagender. Vom eigentlichen Twist dürfte sich zwar kein halbwegs erfahrener Zuschauer aus der Fassung bringen lassen, aber die Gefühle, die er auslöst, bleiben von ungebrochener Faszination bestimmt. Die hier angesprochenen Urängste strahlen durch jede Filmerfahrung hindurch und lassen das Schicksal dreier gestrandeter Allreisender zu einem der intensivsten Erlebnisse der Staffel werden.

8 – Gute Jagdgründe (Good Hunting)

Love, Death & Robots

Diese Landschaft wird sich schon bald radikal verändern.

Nun, es ist diesmal zwar keine Katze, aber doch zumindest etwas ähnlich Pelziges in Form eines Fuchses, das sich mit der Roboter-Technologie um die Eroberung einer Seele streitet… und den Kampf zu verlieren droht. Angesiedelt im China der aufkommenden Industrialisierung, befasst sich „Good Hunting“ mit einer sich drastisch verändernden Zivilisation und der Zurückdrängung alter Bräuche. Die edle, mit besonderen Charaktereigenschaften ausgestattete Zeichentrick-Animation (besonders hervorstechend: hakenartige Nasen mit Knubbelspitze) suggeriert ebenso wie der mit enormen Zeitsprüngen versehene Erzählrahmen ein epochales Historiendrama; nur der abrupte, überhastet wirkende Schluss verrät, dass es sich lediglich um eine Kurzgeschichte handelt.

Unheimlich viele Themen verarbeitet der Storyboard-Künstler Oliver Thomas in seinem Regiedebüt. Über die Veränderung der Landschaft, die anfangs aus Flüssen, Bergen und Wiesen besteht und schließlich von einer modernen Mega-Metropole verdrängt wird, in der es an allen Ecken und enden rattert und dampft, bebildert er den Verlust des Ursprünglichen, zu dem auch das Ritual der Jagd gehört, das in der Einführung nicht ohne Grausamkeit veranschaulicht wird. Doch der Gnadenlosigkeit, mit der ein erfahrener Jäger und sein lernender Junge ein Fabelwesen in den Tod hetzen und deren Junges einsam zurücklassen, konterkariert der zweite Teil der Geschichte mit den Perversionen der modernen Gesellschaft, die Rassismus; Prostitution und Unterdrückung kultiviert. Wie sich der Menschenjunge und das Halblingsmädchen von damals schließlich gegen die Entwicklung der Welt verbünden, ähnelt der Struktur mancher Disney-Werke (etwa „Cap und Capper“ oder „Das Dschungelbuch“), was man allerdings über die auch diesmal wieder dargestellte Gewalt und Nacktheit nicht behaupten kann. Erstaunlich jedoch, dass diese Zutaten so elegant über die einfühlsame Geschichte streifen wie die vielen Schweife des Fabelwesens, das in der Nacht über die Häuserdächer springt, um auf Jagd zu gehen.

9 – Die Müllhalde (The Dump)

Love, Death & Robots

Irgendwas stinkt hier ganz gewaltig!

Kaum sind wir aus dem historischen China zurückgekehrt, landen wir auf einer All-American Mülldeponie der Gegenwart und zischen ein Bierchen mit einem abgewrackten Einheimischen, der den ganzen Saustall sein Wohnzimmer nennt. Der inhaltliche und optische Kontrast zur letzten Folge ist so hart, dass man den Aufprall richtig deutlich zu spüren bekommt. Die wieder einmal herausragende Computeranimation lässt den Abfall fast so sehr duften wie es „Ratatouille“ einst mit meisterlich zubereiteten Speisen tat. Für jenen Pixar-Klassiker wäre „The Dump“ im Grunde der perfekte Kurzfilm zum Aufwärmen… würde er nicht so exzessiv mit hängenden Schwänzen wedeln, die Seiten eines Erotikmagazins in die Kamera halten und mit absorbierten Leichenteilen winken.

In der Geschichte findet man derweil recht wenig Substanz vor. Einem ungeduldigen Zuhörer wird seelenruhig eine Geschichte erzählt und der merkt nicht, dass sich die Geschichte während der Erzählzeit auch hinter ihm aufbäumt, um ihm den arroganten Ausdruck aus dem Gesicht zu reißen… zu besonderen Überraschungen taugt das nicht, aber das mit latenten „The Thing“- und „The Blob“-Bezügen ausgestattete Müllmonster hat seinen Charme und weiß dank seiner konsequenten Attacken durchaus, wie man sein Publikum an den Eiern packt.

*Weiter geht’s auf Seite 5 unserer Besprechung von “Love, Death & Robbots”!*

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