Wir zelebrieren Actionfilme, die rocken!

Love, Death & Robots – Staffel 1

10 – Gestaltwandler (Shape-Shifters)

Love, Death & Robots

Die Hundemarken werden von den Machern dieser Folge wörtlich genommen.

Dies ist nicht einfach nur eine willkürliche Mischung aus Werwolf-Horror und militärischer Kriegs-Action oder eine Hommage an Neil Marshals „Dog Soldiers“, sondern ein hartes Statement zum Thema Gruppenzugehörigkeit, Gehorsam und Respekt gegenüber Minderheiten. Die Hundemarke, die eigentlich im Gefecht als Identifikationsmerkmal gefallener Soldaten dienen soll, wird im Kontext der Handlung zum Stigma, das Gefangenschaft symbolisiert, während der Werwolf mit seinen übermenschlichen Fähigkeiten zum Kampfhund degradiert wird, den es zu dressieren gilt.

Trotz der verhältnismäßig geringen Laufzeit gelingt es Gabriele Pennacchioli, diese Problematik anhand vieler kleiner Situationen und gewissen Konstellationen innerhalb des Szenarios eindringlich zu beschreiben. Im Umgang des US-Militärs beim Einnehmen der Mahlzeiten oder bei der strategischen Planung wird die Geringschätzung gegenüber den beiden Außenseitern überdeutlich, obwohl diese sich für ihr Land gegen Krieger ihrer eigenen Art auf Seite des Gegners stellen. Die Taliban spielen in dieser Sachlage folglich nur eine untergeordnete Rolle als Auslöser einer internen Eskalation. Der western-ähnliche Epilog sollte hoffentlich als Augenöffner dienen, doch die stille Anklage gegen die Unterdrückung blinder Nationalisten wird vermutlich so feinfühlig freigesetzt, dass sie von diesen nicht einmal wahrgenommen wird.

Handwerklich überzeugt der Viertelstünder vor allem mit einer absolut brillanten Kamera-Regie beim Eindringen in die gegnerische Festung. Die Verfolgerperspektive geht dabei nahtlos über in eine Ego-Ansicht und löst sich ebenso schwungvoll wieder von ihr, um die Hauptfigur zu umkreisen. Als Höhepunkt winkt schließlich ein spektakulärer Kampf zwischen drei Werwölfen, der heftige Fleischwunden und ziemlich fiese Finisher zu bieten hat. Das Kriegsgebiet wird unheimlich atmosphärisch eingefangen, gerade über die Farbcodierung und detailverliebte Props, die Bewegungen wirken dynamisch und realistisch. Als Schwachpunkt müssen die Gesichtsanimationen ausgemacht werden. Wäre hier noch etwas mehr Arbeit eingeflossen, hätte die Botschaft des Kurzfilms vielleicht noch eindringlicher transportiert werden können.

11 – Helfende Hand (Helping Hand)

Love, Death & Robots

“Gravity” in 10 Minuten.

„In space, no one can hear you scream“? Stimmt in diesem Fall zwar nicht ganz, aber zumindest ist die Hilfe diesmal zu weit von der Astronautin entfernt, um sie rechtzeitig zu erreichen. Kommt wohl aufs Gleiche raus.

Der mit „Alien“-Referenzen gespickte Isolations-Thriller macht oberflächlich betrachtet den Eindruck, aus nichts anderem zu bestehen als einer fiesen Pointe, auf die alles hinarbeitet. Eine Frau, ein Problem: Mit unendlichem Platz und einem begrenzten Vorrat an Zeit sind die Parameter schnell abgedeckt und es dauert nicht lange, da eskaliert die Nummer auf eine Weise, die wohl so manchen Zuschauer vor Ungläubigkeit ins Sofakissen beißen lässt. Auch wenn man es wohl irgendwie hat kommen sehen: Der Schock sitzt bombenfest in Mark und Bein fest, gar keine Frage.

Dabei lässt sich aus der recht einfachen Grundidee doch mehr Inhaltliches ziehen als auf den ersten Blick ersichtlich ist. Über die Natur, die in allen irdischen Dingen liegt, wird jedenfalls ziemlich viel verraten. Dass der Überlebensinstinkt nicht nur die Kraft, sondern auch den Ideenreichtum eines Lebewesens über alles Vorstellbare hinaus inspirieren kann, gehört vielleicht zu den großen philosophischen Wahrheiten unserer Existenz. Der Verlauf dieser Story jedenfalls untermauert nicht nur, dass der Mensch ein soziales Lebewesen ist, das in vielen Lebenslagen auf Unterstützung von außen angewiesen ist; sondern auch, dass er dazu bereit ist, nicht vorhandene Sozialpartner auf eigene Faust zu kompensieren, wenn nötig.

Leer ausgehen sollen aber auch jene nicht, die mit Philosophie weniger am Hut haben. Aufgrund der auch diesmal wieder fotorealistischen Animationen bei inhaltlicher Schlichtheit kann der Fokus nämlich problemlos auf die Umsetzung der technischen Details verlagert werden. Falls eine Gruppe von Physikern und Raketenwissenschaftlern noch irgendwo nach einer geeigneten Grundlage für ein Trinkspiel sucht: „A Helping Hand“ nimmt die Herausforderung gerne an.

12 – Nacht der Fische (Fish Night)

Love, Death & Robots

Manchmal fällt halt auch in der Wüste heftiger Starkregen…

Die in „Fish Night“ verwendete Cel-Shading-Technologie sieht nicht nur wunderschön aus und bereichert das Repertoire der Animationsserie um einen weiteren wichtigen Baustein. Sie wurde vor allem mit Bedacht gewählt, ergibt sie mit dem Inhalt der Geschichte doch eine harmonische Einheit. Wo das Cel Shading eine Technik ist, bei der ein 3D-Modell mit vereinfachten Schattierungen im Comic-Stil überlagert wird, da legt sich im Höhepunkt der Handlung auch etwas Schlichtes über die Realität und erzeugt gefährliche Sehnsüchte nach der vermeintlich einfachen Ordnung, die in der Vergangenheit herrscht.

Auffälligerweise bietet das Drehbuch erstaunlich wenig Hilfestellung bei der Interpretation der esoterisch anmutenden Geschichte. Ein Auto, das mitten in der Wüste stehen bleibt, zwei Männer, die plötzlich viel Zeit haben, über ihre Ursprünge nachzudenken. Während die untergehende Sonne den Highway langsam in ein zinnoberrotes Staubmeer verwandelt, entstehen Gedankenspiele, die in der Nacht unverhofft zum erlebbaren Phänomen aufblühen. Wir sehen die Geister von Meeresbewohnern, die durch die Prärie schweifen, welche vor Millionen von Jahren einmal ihre Heimat gewesen sein muss. Dazu verfolgen wir die Reaktionen der Gestrandeten und sehen uns vom rätselhaften Ende dazu aufgefordert, unsere eigenen Interpretationen zu formulieren.

Wer sich Inhalte gerne wie bei einer Betriebsanleitung erschließt, die nur einen Lösungsweg zulässt, wird sich von „Fish Night“ frustriert abwenden und seine Favoriten von „Love, Death & Robots“ an anderer Stelle suchen müssen. Die Beziehung zwischen dem alten und dem jungen Mann ist offenbar der zentrale Schlüssel zum Verständnis, erlaubt ihrerseits aber unzählige Ansätze, um das Rätsel zu lösen. Dieser Mut zur Offenheit gehört belohnt, denn das Schöne an dieser Episode ist die Dialektik, die sie mit dem Zuschauer betreibt, um ihn so zum Teil des Ozeans werden zu lassen, den sie so kraftvoll zum Leben erweckt.

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