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Love Hurts – Liebe tut weh

Mit „Love Hurts“ gibt Stunt Coordinator und Fight Choreographer Jonathan Eusebio sein Regiedebüt. In der Actionkomödie wird das Leben von Immobilienmakler Ke Huy Quan auf den Kopf gestellt, als Gangster den Aufenthaltsort einer gewissen Rose aus ihm herausprügeln wollen. Doch der vermeintliche Normalo erweist sich als unerwarteter Actionheld.

Originaltitel: Love Hurts__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2025__Regie: Jonathan Eusebio__Darsteller: Ke Huy Quan, Ariana DeBose, Daniel Wu, Sean Astin, Mustafa Shakir, Lio Tipton, Rhys Darby, Marshawn Lynch, André Eriksen, Cam Gigandet, Stephanie Sy u.a.
Love Hurts

Ke Huy Quan gibt den unerwarteten Actionhelden in Jonathan Eusebios Regiedebüt „Love Hurts“

David Leitch und Chad Stahelski schafften mit „John Wick“ den Sprung aus dem Stunt- und Second-Unit-Fach auf den Regiestuhl. Seitdem sind die beiden nicht nur als Regisseure aktiv, sondern legen über ihre Firma 87North (ehemals 87Eleven) Actionfilme wie „Nobody“ oder „Violent Night“ vor. In einigen Fällen ermöglichen sie dabei ehemaligen Stuntkollegen das Regiedebüt, etwa J.J. Perry mit „Day Shift“ oder nun Jonathan Eusebio mit „Love Hurts“.

Mit einer Off-Erzählung stellt sich Hauptfigur Marvin Gable (Ke Huy Quan) vor. Der ist Immobilienmakler und lebt für seinen Job. Mit großem Enthusiasmus verhilft er Kunden zum Traumhaus, backt extra wohlriechende Kekse für den Sales Pitch und ist ein Gute-Laune-Magnet, dem allenfalls seine mürrische Assistentin Ashley (Lio Tipton) widerstehen kann. Passend zu Marvins Lebenseinstellung und seinem Beruf sieht das Ganze dann auch wie der Heile-Welt-Hochglanz-Prospekt aus, in dem als einziger Fremdkörper die mutwillige Beschädigung von Marvins Werbeplakaten vorkommt – irgendjemand malt ihm Bärte aller Art ins Gesicht.

Bei diesem jemand handelt es sich um die geheimnisvolle Rose Carlisle (Ariana DeBose), die Marvin auch eine Karte zum Valentinstag schickt, die ihn in helle Panik versetzt. Viel Zeit dafür ist allerdings nicht, denn kurz darauf steht der Profikiller The Raven (Mustafa Shakir) in Marvins Büro und möchte wissen, wo Rose ist. Auf Marvins Beteuerungen, dass er nichts von Rose‘ Verbleib wisse, reagiert er ungehalten, sodass es zum Kampf kommt – in dem Marvin ordentlich austeilt. Der Normalo, der Niemand, der Kleinbürger als heimlicher Actionheld, das klingt schon sehr nach „Nobody“ aus der gleichen Produktionsschmiede, der für ähnlich schmales Geld gedreht und zum Hit wurde.

Marvin geht stiften, doch die Schergen des Gangsterbosses Knuckles (Daniel Wu), der Rose in die Finger kriegen will, machen Jagd auf ihn, um die Gesuchte zu finden. Gut, dass Marvin sich zur Wehr setzen kann, während er verzweifelt versucht seine spießige Existenz zu bewahren, während ihn seine Vergangenheit einholt…

Schaut euch den Trailer zu „Love Hurts“ an

Als Fight Choreographer war Jonathan Eusebio an Filmen wie der „John Wick“-Reihe, „Never Back Down“ und „Das Bourne Ultimatum“ beteiligt und damit prädestiniert für einen Actionfilm wie „Love Hurts“. Auf dem Regiestuhl schlägt er sich solide, das etwas Künstliche des Ganzen arbeitet, wie gesagt, im Sinne von Marvins Weltsicht, auch wenn man „Love Hurts“ den Debütantenstatus seines Machers ansieht: Der vergleichbare „Nobody“ war noch etwas günstiger, sah im Direktvergleich aber wertiger aus. Doch das Hauptproblem der 18-Millionen-Dollar-Produktion ist das Drehbuch, das von Matthew Murray („Sheltered“), Josh Stoddard („Into the Badlands“) und Luke Passmore („Archenemy“) verfasst wurde. Allerdings kann man sich die berechtigte Frage stellen, ob es wirklich drei Autoren für einen 83-Minüter mit derart übersichtlicher Handlung brauchte. Das Personal ist klein, weshalb sich Marvin über weite Strecken nur mit The Raven oder dem Henchman-Duo aus King (Marshawn Lynch) und Otis (André Eriksen) zofft, das Knuckles‘ rechte Hand Renny Merlo (Cam Gigandet) auf Rose angesetzt hat. So besitzt der Film insgesamt nur vier Actionszenen: Marvin vs. The Raven sowie Marvin vs. King und Otis zu Beginn, im Finale dann erst einen Fight zwischen wenigen Personen, danach der Showdown, für den tatsächlich mal einige Handlanger mehr auftauchen.

Love Hurts

Zeit für Liebe: Marvin Gable (Ke Huy Quan) und Rose Carlisle (Ariana DeBose)

Zwischen den Actionszenen zu Beginn und jenen am Ende zieht sich „Love Hurts“ trotz seiner Kürze dann wie Kaugummi, zumal das Drehbuch sein Publikum anscheinend für blöd hält, denn beständig müssen die Figuren den Bierdeckelplot erklären. So wird alle naselang erwähnt, dass jeder, der Knuckles bestiehlt, sein Leben verwirkt hat – als ob das nicht totaler Genrestandard wäre. Schon nach der zweiten Actionszenen erklärt Renny gegenüber King und Otis, dass er und Rose den Boss damals gemeinsam bestohlen haben, er es aber ihr angehängt hat, was dann noch mehrfach wiederholt wird – während Rose mit diesem Detail gegenüber Marvin erst spät rausrückt. Und dass Marvin Gefühle für Rose hat und sie damals gehen ließ, ist an sich klar, muss aber auch zigmal durchgekaut werden. Zumal die Handlung aus reichlich Klischees besteht: Marvin war früher der krasseste Vollstrecker in Knuckles‘ Auftrag, wie es in Geschichten dieser Art quasi immer so ist, die Liebe ließ ihn aussteigen, wie es in Geschichten dieser Art quasi immer so ist, und Marvin besitzt eine besondere Verbindung zu Knuckles – und es ist die, die es in Geschichten dieser Art quasi immer ist.

Das titelgebende Thema Liebe wird dann durch den Plot und das Setting am Valentinstag aufgegriffen, bleibt aber Alibi, was leider auch daran liegt, dass beiden Leads nicht nur gute 20 Jahre Altersunterschied, sondern auch kaum Chemie miteinander besitzen. Eine andere, unerwartete Liebesgeschichte in einem Subplot ist da wesentlich ergiebiger und noch dazu amüsanter, denn das überdrehte Setting bietet sich für eine Komödie an. Doch Trefferquote der Gags ist durchwachsen. In den besseren Momenten versucht Marvin verzweifelt an seinem Zivilleben festzuhalten, entgegen jeder Vernunft, was auch bedeuten kann, dass er Kunden empfängt, obwohl gerade ein übel zugerichteter Gefangener in der Waschküche sitzt. Andere Gags sind Rohrkrepierer, etwa der Geblödel um die Folterverletzungen des Buchhalters Kippy Betts (Rhys Darby). Zumal „Love Hurts“ keinen einheitlichen Tonfall hinbekommt: Manchmal gefühlig-charmant, mal blödelig und manchmal überraschend dramatisch und ernst. So hat Marvins Mentor Cliff Cussick, gespielt von Ke Huy Quans „Die Goonies“-Kollege Sean Astin, eine schauspielerisch echt starke, dramatische Szene, die allerdings kaum zum Rest des Films passen möchte.

Love Hurts

Zeit für Hiebe: Marvin gegen The Raven (Mustafa Shakir)

So macht „Love Hurts“ in erster Linie dann Laune, wenn Fäuste und Füße sprechen. Als Second-Unit-Regisseur und Stunt Coordinator zeichnet Can Aydin verantwortlich, der hierzulande als Teil des „Plan B“-Teams für Aufmerksamkeit sorgte und für 87North auch schon an den Actionszenen von „The Fall Guy“ werkelte. Dummerweise holte man für die Gegnerschaft keine Martial-Arts-Profis der Marke Scott Adkins, sondern lieber Leute wie den Footballstar Marshawn ‘Beastmode‘ Lynch, die zwar ordentlich trainiert haben, aber nicht die lebenslange Erfahrung und die Eleganz ihrer Kampfkunstkollegen mitbringen. Immerhin gibt es einige schöne inszenatorische Ideen, etwa beim ersten Fight zwischen Marvin, King und Otis, in dem ersterer verzweifelt seine Urkunde als Makler des Jahres beschützen möchte, das gute Stück unter anderem im Kühlschrank und in der Mikrowelle landet und die Kamera vor allem besagter Urkunde folgt, sodass manche Shots aus den Haushaltsgeräten heraus blicken. The Raven hat nicht nur in bester „Machete“-Tradition Unmengen von Messern in seinem Mantel, sondern auch Klingen in seinen Schuhsohlen die er nach dem Hervorholen an seinen Händen befestigen kann. Die Choreographie der Fights ist sehenswert, die Einstellungen länger gehalten und übersichtlich, auch wenn man dadurch manchmal sieht, dass Stuntleute an einigen Stellen einspringen. So liefert „Love Hurts“ in diesen Szenen dann auch, wofür das Zielpublikum da ist, insgesamt leider nur etwas zu selten – und der Showdown ist choreographisch wie inszenatorisch leider nicht die einfallsreichste unter den vier Actionszenen, was etwas antiklimaktisch ist.

Ke Huy Quan, durch sein Comeback in „Everything Everywhere All at Once“ gerade wieder oben auf, wirkt immer etwas wie ein Jackie-Chan-Nachahmer, zeigt sich aber spielfreudig als Kleinbürger, der dafür kämpft nichts Besonderes, sondern einfach nur ein Makler sein zu müssen, auch wenn das Biest von früher raus will. Dieser Gegensatz zwischen der netten, physisch wenig beeindruckenden People Person und dem flinken Schläger in einer Person nimmt einen für die Hauptfigur ein. Ariana DeBose („Kraven the Hunter“) dagegen wirkt vollkommen verschenkt und kann kaum Eindruck hinterlassen, Daniel Wu („Tomb Raider“) hat zwar Charisma, bleibt aber eine Randerscheinung, ähnlich wie Cam Gigandet („Shrapnel“). Marshawn Lynch („Bottoms“) und André Eriksen („Mayhem“) als sich käbbelndes Killerduo, das oft über Otis‘ Eheprobleme spricht, machen ihre Sache solide, Rhys Darby („Guns Akimbo“) ist wenig beeindruckend. So setzen in den Nebenrollen vor allem Lio Tipton („Viral“) als mürrische Assistentin und Mustafa Shakir („Ghosted“) als Profikiller-Poet Akzente.

Love Hurts

Gangsterboss Knuckles (Daniel Wu) kann auch gegenüber seinem Handlanger Renny Merlo (Cam Gigandet) ungemütlich werden

„Love Hurts“ hat am Anfang und am Ende durchaus gelungene Fights zu bieten, dazwischen allerdings nur gähnende Langeweile, die ihren Simpelplot doppelt und dreifach erklären muss. Ke Huy Quan ist gut in der Hauptrolle, hätte aber ein besseres Vehikel verdient als diese mäßig lustige Actionkomödie, die viele andere Darsteller schlichtweg verschenkt. Zumal es aktuell immer wieder ähnlich gelagerte, aber deutlich bessere Filme als Alternative gibt, etwa andere 87North-Produktionen oder B-Pictures wie „Accident Man“ und „The Killer’s Game“, in denen sich ebenfalls Profimörder mit schräger Persona gegenseitig ans Leder wollen.

Universal bringt „Love Hurts“ am 6. März 2025 in die deutschen Kinos, ungekürzt ab 16 Jahren freigegeben.

© Nils Bothmann (McClane)

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Copyright aller Filmbilder/Label: Universal__FSK Freigabe: ab 16__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Nein, ab 6.3.2025 in den deutschen Kinos

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