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Man of Tai Chi

Originaltitel: Man of Tai Chi __Herstellungsland: China, Hongkong, USA__Erscheinungsjahr: 2013__Regie: Keanu Reeves__Darsteller: Tiger Chen Hu, Keanu Reeves, Karen Mok, Simon Yam, Michael Chan, Ye Qing, Yu Hai, Sam Lee, Iko Uwais, Brahim Achabbakhe, Steven Dasz, Ocean Hou u.a.
Man of Tai Chi

Keanu Reeves’ Regie-Debüt: “Man of Tai Chi”

Der Festlandchinese Tiger Chen wartet in einem modernen Hongkonger Wolkenkratzer auf den Beginn seines Bewerbungs- gespräches. Welch eigenartigen Verlauf es nehmen wird, kann er in diesem Moment noch nicht ahnen. Da weist ihn eine Frauenstimme an, er solle zu dem Spiegel am anderen Ende des modern designten Warteraumes laufen, direkt hineinschauen und seinen Namen sagen. Danach diktiert ihm die Stimme, dass er sich einmal nach links und einmal nach rechts drehen solle. Die Stimme hält nun einen Moment inne, um kurz darauf zu verkünden, dass Tiger jetzt kämpfen solle. Unvermittelt stürzt sich ein Kämpfer auf ihn und deckt ihn mit Schlägen und Tritten ein. Doch Tiger weiß sich zu wehren und haut den Angreifer aus den Latschen. Ein älterer Herr betritt die Szenerie, nickt anerkennend und bedeutet Tiger Chen, dass er ihm folgen solle.

Im nächsten Raum wartet auch schon Donaka Mark auf ihn. Der Mann, der Tiger zu dem Bewerbungsgespräch geladen hatte, nachdem er ihn im TV bei einem Kampfsport-Wettbewerb hatte kämpfen sehen. Er unterbreitet Tiger das Angebot, für einen riesigen Batzen Geld gegen andere Kämpfer anzutreten. Doch Tiger weigert sich. Er kämpfe nicht für Geld. Das könne er mit sich selbst nicht vereinbaren und es widerspräche voll und ganz seiner auf Traditionen ausgerichteten Ausbildung zum Kampfsportler. Donaka Mark gibt ihm aber dennoch einige Bedenkzeit. Und die kommt Tiger Chen gerade recht, denn das Kloster seines Meisters soll von einem Tag auf den anderen plötzlich abgerissen werden. Sein Meister braucht Geld. Und Tiger Chen weiß, wo er es bekommen kann. Er erklärt sich bereit, für Donaka Mark zu kämpfen. Dabei merkt er gar nicht, wie dieser ihn immer mehr manipuliert und sein Leben grundlegend verändert…

httpv://www.youtube.com/watch?v=mi9BT7wfFQ4

Man of Tai Chi

Tiger Chen wird von Reichtum und Macht verführt.

Keanu Reeves schwebte bei seinem Streifen „Man of Tai Chi“ eine Hommage an das Martial Arts Genre vor. Dabei wählte er aber nicht den einfachen Weg eines simplen Turnier- kloppers. Stattdessen entschied er sich für die Reise eines Kämpfers in seine eigenen, tiefsten seelischen Abgründe. Und so sind wir dabei, wie Tiger Chen vom eher unterwürfigen Lieferdienst-Angestellten zum arroganten und vor allem gewalttätigen Superfighter wird, ohne dass ihm selbst diese Ver- änderung auffallen würde. Eine so aufgezogene Story ist freilich nicht unproblematisch. Häufig vergessen die Drehbuchautoren nämlich einen miesen Antipoden für den Hauptcharakter zu installieren (da er sich selbst ja der größte Feind ist) oder sie scheitern daran, den Helden zu Beginn ausreichend sympathisch erscheinen zu lassen, so dass man in dem Abschnitt, in dem er sich verändert, die Bindung zu ihm verliert. Was dann freilich verheerende Auswirkungen auf die Spannungskurve hat.

Regie-Debütant Keanu Reeves („47 Ronin“) scheitert nun nicht vollends an diesen Problemen, weiträumig umschiffen kann er sie aber auch nicht. Als fieser Antipode tritt er direkt selbst auf. Leider verpasst er diverse Gelegenheiten, um seinen Donaka Mark wirklich gemein hinlangen zu lassen. So darf Reeves nur zu Beginn mal richtig den Lump raushängen lassen, während er sich im weiteren Verlauf des Streifens darauf beschränkt, vor Bildschirmen zu hocken und kryptische Sätze abzusondern. Erstaunlicherweise funktioniert sein Bösewicht trotzdem ziemlich gut, was vor allem daran liegt, dass die steife Mimik Reeves’ seinen Bäddie eine erstaunliche Eiseskälte einflößt, die seinen Donaka Mark zudem zu einem ziemlich schwer einzuschätzenden Charakter macht.

Man of Tai Chi

Keanu Reeves gibt den Bösewicht Donaka Mark.

Als Tiger Chen (bitte im Deutschen nicht zu sehr zusammenziehen! Hihihi) agiert Tiger Hu Chen („House of Fury“), der seine Sache durchaus ordentlich macht, dem es aber sichtlich an Charisma und Ausdruckskraft fehlt, um den Zuschauer vollkommen auf seine Seite zu ziehen. Dementsprechend hat seine Wandlung vom sanftmütigen Lieferhelden zum fiesen Fighter nicht den emotionalen Impact, den man sich im Vorfeld erhofft hatte, was dann auch dafür sorgt, dass spätestens um die Filmmitte herum die Spannung deutlich nachlässt. Das wird noch verschärft durch einen lange Zeit in der Luft hängenden Subplot um Karen Mok („So Close“), die als Polizistin wirklich permanent mehrere Schritte hinter den Ereignissen her hechelt und beinahe zu einer Lachnummer verkommt. Als ihr Vorgesetzter darf Simon Yam („Ip Man“) einige Male vorbeischauen und einen höchst erwartbaren Twist um seine Figur befeuern.

In den Nebenrollen agieren vor allem kampfsporttechnisch versierte Darsteller wie Sung-jun Yoo („Way of the Warrior“), Sam Lee („Gen X Cops“), Brahim Achabbakhe („Kriegssöldner“), Silvio Simac („Transporter 3“) und Iko Uwais („The Raid 1 & 2“) als größter Name des Supportcasts. Sie alle braucht Reeves für die sehr häufig aufkommenden Fighteinlagen, wobei er leider ausgerechnet Uwais im etwas kraftlosen Pre-Showdown vollkommen verheizt.

Die Martial Arts Szenen hat durchgehend Yuen Woo-Ping („Matrix“) choreographiert und viel Wert darauf gelegt, dass hier verschiedene Kampfstile aufeinandertreffen. Zudem variierte er das im Film häufiger abgefeierte Tai Chi, legte es härter und explosiver an und wob einige Elemente anderer Kampfkünste ein. Im Vorfeld des Streifens durfte man zudem diverse Demonstrationsvideos der für diesen Film designten Kamera bestaunen. Letzten Endes ist das Ergebnis zwar nicht so spektakulär wie erhofft, die durch die Kamera eingefangenen Bilder sind aber auf jeden Fall höchst dynamisch und die Bewegungsabläufe der Kamera in den Fights machen ordentlich was her. Verwackelte Einstellungen und zu schnelle Schnitte muss man hier glücklicherweise nicht über sich ergehen lassen. Was leider ein wenig fehlt, sind echte Highlights in den Fights. Im Nachhinein fällt es echt schwer, den EINEN ganz besonderen Kampf hervorzuheben. Jeder hat den einen oder anderen spektakulären Moment, richtig herausragen kann aber keiner. Und so ist es letzten Endes der lang ausgespielte Fight zwischen Reeves und Tiger Hu Chen, der wohl am meisten rockt. Vor allem, weil Reeves diverse aus „Matrix“ bekannte Moves abfeuern darf und er immer noch so herrlich steif wirkt, wenn er kämpft. Doch Woo-Ping ließ seinen Regisseur definitiv nicht hängen und vermachte ihm einige echt geile Szenen.

Man of Tai Chi

Tiger Chen in einem Handicap Fight gegen zwei Gegner.

Apropos Hängenlassen: Wirework wird in dem Film eher selten eingesetzt. Bei einigen Sprüngen und High-Fly Aktionen bemerkt man es zwar überdeutlich, es überstrahlt die Fights allerdings nicht. Und andere Action als die Martial Arts Einlagen braucht man sich in „Man of Tai Chi“ nicht zu erhoffen. Ein einziges Mal wird hübsch blutig von einer Schusswaffe gebraucht gemacht und ein wirklich mieser CGI-Effekt soll einen wuchtigen Autounfall bebildern, macht ihn aber eher zur unbeholfenen Lachnummer. Gar keine Lachnummer ist der Soundtrack zum Film. Dieser bedient sich bei den verschiedensten Musikrichtungen wie Dubstep, Klassik, Hip Hop und rockigeren Klängen und taucht so manchen Fight gar in ein surreales Licht. Der eine oder andere Kampf wird so zur formvollendet erscheinenden Tanznummer.

Erstaunlich sind manche Momente, in denen Reeves mit den Konventionen des Genres und dem Medium Film an sich bricht. Da darf ein wütender Charakter schonmal auf die Kamera zulaufen und sie aus dem Weg stoßen, wobei er die vierte Wand zum Zuschauer durchbricht. Im Übrigen ist dieser Moment der Startschuss für die Ereignisse, die den Hauptcharakter unaufhörlich in eine Abwärtsspirale drängen. Und auch die Präsentationen der Fights bzw. deren Settings sind mal ganz was anderes: So steigen die ersten Fights in klinisch sauberen Räumen. Kein Publikum, keine Arena, nichts. Und wenn dann plötzlich ein beinahe mondäner Schauplatz mit Publikum präsentiert wird, scheint das Publikum sich von den Kämpfen so gar nicht mitreißen zu lassen. Beinahe apathisch steht es da und schaut auf das Treiben. Kein Klatschen, Schreien, Rufen. Diese leicht unwirkliche Szenerie verleiht den wuchtigen Kämpfen beinahe etwas Stilvolles und Erhabenes.

Der Film selber ist im Übrigen sauber inszeniert. Reeves erlaubt sich, abgesehen von dem blöden CGI-Unfall, keine großen Problemherde und so manche Schnittfolge, mancher Zoom und diverse Schärfeverlagerungen erinnern tatsächlich an die ganz alten Klassiker im Martial Arts Genre. Auch die Fights haben Wucht und sind temporeich und hervorragend choreographiert. Und dennoch will „Man of Tai Chi“ nicht vollends einschlagen. Der Hauptdarsteller funktioniert dafür nicht gut genug, wodurch die eigentliche Story um die Reise ins Herz der Finsternis eines Kämpfers nicht richtig funktionieren will. Reeves macht dagegen als Bösewicht eine erstaunlich gute Figur und fasst wünscht man sich, er würde viel häufiger mal die Seite wechseln. Das Ergebnis ist technisch stark. Überzeugt im Bereich der Action durchaus. Aber richtig mitreißen will es letzten Endes nicht.

Die deutsche DVD/Blu-ray erscheint am 17. Juli 2014 von Universal und ist mit einer FSK 16 Freigabe ungeschnitten. Die DVD weist leider keinerlei Extras auf. Um die Blu-ray scheint es leider ähnlich bestellt zu sein.

In diesem Sinne:
freeman

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Copyright aller Filmbilder/Label: Universal Pictures International__FSK Freigabe: ab 16__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Ja/Ja

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