Originaltitel: Miss Bala__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2019__Regie: Catherine Hardwicke__Darsteller: Gina Rodriguez, Ismael Cruz Cordova, Anthony Mackie, Aislinn Derbez, Matt Lauria, Cristina Rodlo, Ricardo Abarca, Thomas Dekker, Vivian Chan, Barbarella Pardo u.a. |
2008 wurde das mexikanische Model Laura Zúñiga verhaftet. Zu diesem Zeitpunkt hatten sie und einige vermeintliche Komplizen mehrere Waffen und Patronen bei sich und man warf ihnen Verstrickungen in Drogengeschäfte vor. Bei den nachfolgenden Verhören erklärte das Model, dass sie von ihrem damaligen Freund gekidnappt und unwissentlich in dessen Drogengeschäfte verwickelt worden sei. 2011 erschien in Mexiko der Film „Miss Bala“, der sehr lose auf dem Leben der Schönheitskönigin basierte. Nun präsentiert „Twilight“-Regisseurin Catherine Hardwicke das gleichnamige englischsprachige Remake.
Gloria ist Make-up-Artist und als solche unter anderem in Hollywood gefragt. Aktuell plant sie, ihr Können in den Dienst ihrer Freundin Suzu zu stellen. Die lebt in Tijuana und will hier an dem Miss-Baja-California-Schönheitswettbewerb teilnehmen. Kaum für den Wettbewerb eingeschrieben, schleift Suzu Gloria auf eine rauschende Party. Suzu hofft, hier vielleicht den einen oder anderen Punktrichter um den Finger wickeln zu können.
Doch plötzlich gerät der Abend außer Kontrolle. Schwer bewaffnete Kriminelle verschaffen sich Zugang zu der Party und sorgen für heilloses Chaos. In diesem verliert Gloria ihre Freundin aus den Augen. Noch Stunden später hat Gloria keinerlei Spur von Suzu. In ihrer Not richtet sie sich an die Polizei. Die korrupten Beamten liefern Gloria ausgerechnet den Gangstern aus, die den Nachtclub überfallen haben.
Deren Anführer Lino verspricht, Gloria bei ihrer Suche nach Suzu zu helfen. Vorher müsse sie jedoch diverse Aufträge für ihn erfüllen. Weigere sie sich, werde sie Suzu niemals wiederfinden. Und natürlich könne man Gloria als Zeugin der Vorgänge erst recht nicht gebrauchen. Darum fügt sich Gloria in ihr Schicksal – zumindest scheinbar.
Schaut in den Actionthriller mit Gina Rodriguez hinein
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Vor allem das erste Drittel von „Miss Bala“ ist sehr gelungen. Wie Gloria wird der Zuschauer mitten in die Ereignisse hineingeworfen. Es fühlt sich an, als sei der Gang Glorias durch den Eingang des Nachtclubs wie der Eintritt in eine Art Paralleldimension. Plötzlich gerät das geordnete, ja langweilige Leben der jungen Frau vollkommen aus den Fugen. Recht und Gesetz scheinen mit einem Fingerschnippen abgeschafft. Jeder will Gloria nur noch das Böseste. Kartelle, Regierungsbehörden, alle. Im Zuge dessen fliegen Safe Houses raumgreifend in die Luft, Menschen sterben und Verrat lauert an allen Ecken.
In diesen Minuten atmet „Miss Bala“ eine fiebrige Intensität. Wenngleich nichts von dem, was uns Regisseurin Hardwicke und Drehbuchautor Gareth Dunnet-Alcocer präsentieren, irgendwie neu oder unbekannt wäre. Ganz im Gegenteil. Doch der Film bedient die Klischees souverän und zieht einiges an Spannung daraus. Doch dann verliert „Miss Bala“ leider den Faden. Die mit Verve etablierte Ausgangssituation wird nicht mehr verschärft. Erzählung und Tempo beginnen in der Folge mehr und mehr zu stagnieren.
Fortan entwickelt Gloria gefühlt nie den Antrieb, wirklich etwas an der Situation ändern zu wollen. Sie bleibt durchwegs seltsam passiv. Und das Drehbuch liefert keinerlei Erklärung, warum dem so ist. Zumindest scheint sich Frau Hardwicke darum zu bemühen. Die etabliert nämlich eine seltsam schmierlappige Fieswicht-Fraktion aus Männermodels, für die anscheinend sowohl Gloria als auch der Zuschauer (oder eher die Zuschauerin) so etwas wie Faszination aufbringen sollen. Vor allem Anführer Lino geht einem mit seinem widerwärtigen Dackelblick und seinem schleimerischen Getue einfach nur übel auf den Zünder. Es wirkt, als wolle die „Twilight“-Regisseurin nach Vampiren und Werwölfen nun auch den mexikanischen Gangs die Zähne ziehen.
Dazu passt auch, dass Frau Hardwicke ihren Verbrechern immer mal wieder fiese Seiten andichtet (es geht immerhin um das Verschleppen von Frauen, Mord, Waffenschmuggel, Drogenhandel, Missbrauch,…), aber nichts davon zeigt. Maximal ein oder zwei Blutspritzer trüben das Bild. Davon abgesehen ist Mexikos Verbrecherwelt eine heile Sagrotanwelt aus Hochglanzbildern mit lauter schönen Menschen.
Infolgedessen geht „Miss Bala“ jedwede Spannung flöten. Zu weiten Teilen begreift man auch die Motivationen der handelnden Figuren nicht mehr. Beziehungsweise kann man sie nicht ernstnehmen. Leider lenkt „Miss Bala“ auch nicht mit einem Mehr an Action von den immer größer werdenden Unzulänglichkeiten ab.
Kommt dann doch mal Action auf, ist sie eher lascher Natur. Choreografien entdeckt man in dem Geballer so gut wie nie. Erst recht hat man keinen Überblick, wen es warum erwischt. Einzig eine Ballerei auf einem riesigen leeren Parkplatz hat ein paar hübsche Shootout-Momente zu bieten, bei denen auch Granatwerfer zum Einsatz kommen. Ein paar nett eingefangene Explosionen sind die Folge. In einer vorgelagerten Szene darf auch ein Haus in einem tollen Feuerball aufgehen. Der Showdown ist dann leider ähnlich unübersichtlich gestaltet wie die harmlose Nachtclub-Ballerei zu Beginn des Filmes. Wer sich also die Geburt einer neuen Actionheldin von „Miss Bala“ erhofft, sollte sich darauf gefasst machen, dass der Film dahingehend brutal kleine Brötchen bäckt.
Zumindest müht sich die niedliche und mehrfach auf sexy getrimmte Gina Rodriguez („Deepwater Horizon“) redlich, ihrer Figur Leben einzuhauchen. Dabei punktet sie vornehmlich im ersten Drittel, wird dann allerdings vom Drehbuch komplett im Stich gelassen. Dieses versucht dann auf Biegen und Brechen, Ismael Cruz Cordovas („Exposed“) Fieswicht zum Kuschelgangster aufzubauen. Nicht nur deshalb kann man den Mimen, der nicht sooo schlecht spielt, als Verbrecher keine Sekunde ernstnehmen. Eine winzige Rolle mit Cameo-Dimension hat Anthony Mackie („Detroit“) abbekommen. Mit ihm hat Gina Rodriguez trotz der Kürze des Auftrittes eine um ein Vielfaches bessere Chemie als mit Cordova.
„Miss Bala“ bietet eine nette Heldin an waschlappigem Actionthriller-Gebräu
Was am Ende bleibt, ist ein müder Abklatsch eines spannenden Actionthrillers im Drogenmilieu. Waschlappige Gangster, luschige Action, zunehmend aus dem Film weichende Spannung und eine unangenehm vorhersehbare Story werden an immerhin schön anzusehenden Hochglanzbildern gereicht, die letztlich genauso harmlos daherkommen, wie der Rest vom Fest.
Zumindest ist Gina Rodriguez den gesamten Film hindurch nett anzuschauen, hat der Film einen angenehm groovigen Score, sehen die wenigen Explosionen richtig fein aus und macht der Einstieg in den Film tatsächlich eine Menge her. Dennoch bleibt insgesamt kaum mehr als belanglos langweilige Unterhaltung.
Die deutsche DVDs / Blu-rays zum Film kommen am 12. September 2019 von Sony Pictures. Diese sind mit einer FSK 16 Freigabe ungeschnitten. Den Datenträgern merkt man an der vollen Extras-Abteilung an, dass sich Sony von dem Film weit mehr versprochen hatte. Beispielsweise warten geschnittene und erweiterte Szenen ebenso auf den Zuschauer wie ein Audiokommentar und Featurettes zu verschiedenen Aspekten des Filmes.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
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