Originaltitel: Mortal__Herstellungsland: Großbritannien, Norwegen, USA__Erscheinungsjahr: 2020__Regie: André Øvredal__Darsteller: Nat Wolff, Priyanka Bose, Iben Akerlie, Arthur Hakalahti, Ravdeep Singh Bajwa, Ania Nova, Per Egil Aske, Martin Grid Toennesen, Oddrun Valestrand, Alexander Zwart u.a. |
Mit dem gewitzten „Troll Hunter“ ebnete sich André Øvredal seinen Weg in die internationale Filmindustrie. „The Autopsy of Jane Doe“ und „Scary Stories to Tell in the Dark“ sorgten auch international für Aufsehen. Derweil ging der Regisseur immer wieder mit der Idee schwanger, einen weiteren Film drehen zu wollen, der wie „Troll Hunter“ auf der nordischen Mythologie aufbauen sollte. Diesmal sollten aber nicht die Trolle Utgards Thema sein, sondern die Götter in Asgard.
Wenn du mich anfasst, wirst du verbrennen.
Leider hört der Halbstarke nicht auf diese warnenden Worte von Eric. Er berührt Eric und bricht sofort tot zusammen. Eric flieht vom Ort des Geschehens, wird kurz darauf aber von der Polizei aufgegriffen. Die will natürlich wissen, wie es zu dem unerklärlichen Todesfall kommen konnte. Zudem zieht sie Querverweise zu mehreren Toten bei einem Scheunenbrand in einem Nachbarort. Könnte Eric auch damit in Verbindung stehen?
Die Polizei zieht die junge Psychologin Christine hinzu, die schnell feststellt, dass Eric ganz besondere Kräfte besitzt. Er weiß nur nicht, wie er sie kontrollieren kann. Als die Polizei ihn nach Oslo verbringen will, kommt es beim Transport via Helikopter zur von Eric ausgelösten Katastrophe. Er überlebt den Absturz, schlägt sich zu Christine durch und hofft, dass sie ihm hilft, zu erkunden, woher seine gewaltigen Kräfte stammen könnten.
Schaut in Mortal von André Øvredal hinein
httpv://www.youtube.com/watch?v=BNSzc-10-TA
Wenn Eric aus dem Nichts gewaltige Gewitter herbeizaubert und die dabei entstehenden Blitze beeinflusst, bündelt und umlenkt, ahnt man dank Øvredals Prämisse für „Mortal“ doch recht schnell, welches Geheimnis den jungen Mann umwehen könnte. Der Weg zu dieser Erkenntnis wird von dem Film anfangs sehr stimmig in Szene gesetzt, darf man doch mit Christine und Eric noch viel mitraten. Wieso kann Eric, was er kann? Was kann er eigentlich alles? Und wie geht man mit einem Menschen um, der eine solche Macht hat? Leider verpasst Øvredal gefühlt den Punkt, wo es gilt, auf Basis der bisher etablierten Mythologie mal richtig durchzustarten. Zumal er storyseitig auch keine großen Kaninchen mehr aus dem Hut zaubern kann, dazu ist das Mysterium dann doch zu schnell durchschaut.
„Mortal“ macht infolgedessen viel zu lange auf geheimnisvoll und bäckt infolgedessen auch immer nur kleine Action-Brötchen. So tritt Eric meist nur gegen zwei oder drei Gegner an. Keiner von denen unternimmt wirklich etwas gegen Eric. Vielmehr schauen sie ihm – was anfangs sogar sehr plausibel wirkt – nur staunend bei seinem Wirken zu. Dementsprechend wirken weder Eric noch Christine irgendwie in Gefahr. Und auch eine zur Hauptgegnerin aufgebaute Amerikanerin agiert niemals zwingend, geschweige denn wird sie als Bedrohung wahrgenommen. Die daraus resultierende Abwesenheit von Spannung schadet dem immer betulicher dahin schippernden „Mortal“ sehr.
Zudem werden von der Story manche wirklich interessante Aspekte leider nur angerissen, aber nie zu Ende gedacht. Wenn irgendwann mal – leider ziellos – diskutiert wird, was wohl passieren könnte, würde plötzlich wirklich ein Gott unter Menschen wandeln und was das für Auswirkungen auf bestehende Religionen haben könnte, ahnt man, was für Potential eigentlich in „Mortal“ steckt. Genauso wenig wie die Story ausgereizt wirkt, wird auch die potentielle Action nie wirklich gezündet. Der Absturz des Helikopters gleich zu Beginn von „Mortal“ macht Laune, alles Folgende mutet immer seltsam gebremst an. Ist dafür aber technisch sauber in Szene gesetzt und wartet mit teils saustarken Settings auf (eine gewaltige Fjordbrücke sei genannt).
Überhaupt sieht der mit kalten und abweisenden Farben arbeitende Streifen richtig toll aus. Vor allem die ausgiebig zelebrierten Bilder der norwegischen Landschaften sind schlicht atemberaubend. Absolutes Highlight dahingehend bilden die zahlreichen, majestätischen Drohnenflüge. Die düstere Filmmusik unterstreicht den grundsätzlich unbequemen Look des Filmes und hat ein richtig steil wummerndes Hauptthema.
Die Darsteller lassen lange Zeit über die wenig packende Story hinwegsehen. Vor allem Nat Wolff („Ashby“) hat eine schön düstere Ausstrahlung, die zur geheimnisumwitterten Aura seines Charakters Eric hervorragend passt. Leider legt man seinen Charakter seltsam maulfaul an, was immer dann stört, wenn Wolff mit der bezaubernden Iben Akerlie als Christine interagiert. Die beiden haben nämlich eine geniale Chemie und es macht einfach Spaß, beiden zuzuschauen. Ein paar freche Dialoggefechte oder romantischere Momente wären da ein echtes Zuckerlie gewesen. Die restlichen Darsteller um die beiden Hauptprotagonisten spielen durchweg ordentlich auf.
„Mortal“ fühlt sich wie der Beginn von etwas Großem an
Nach „Mortal“ sitzt man ein wenig baff vor dem TV. Auf der einen Seite wurden die wichtigsten Fragen rund um Eric geklärt und einigermaßen offen ausformuliert beziehungsweise bebildert, aber gefühlt endete der Film genau an dem Punkt, wo man das Gefühl hatte, jetzt habe sich „Mortal“ richtig eingegroovt und ginge es endlich los. Zudem ist man noch richtiggehend geschockt von der Beiläufigkeit, mit der Regisseur Øvredal eine Hauptfigur aus dem Film nimmt. Doch dann, bämm, Abspann.
Da sich „Mortal“ zudem wie die Genese eines Superhelden anfühlte und diverse Funktionalitäten des Superheldenfilmes übernahm, erwartet man sich wenigstens ein paar Abspannszenen, die auf ein „More to Come“ hinweisen. Doch Pustekuchen. Wirklich satt macht das alles nicht. Und so bleibt leider kaum mehr als ein genialer Look, tolle Darsteller und eine „Gott/Superhelden“-Genese mit viel europäischem Understatement. Fehlende Spannung, ein teils zu niedriges Tempo und ein reichlich offenes Ende stellen allerdings kaum mit dem Film zufrieden.
Eine deutsche DVD / Blu-ray kommt am 22. Januar 2021 von dem Label Ascot Elite und ist mit einer Freigabe ab 16 ungeschnitten. Extras zum Film haben sich leider nicht auf die technisch einwandfreien Discs verirrt. Dafür gibt es, es wird langsam zur Ausnahme, ein Wendecover ohne Ursel-Flatschen.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
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