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Mulan (2020)

Originaltitel: Mulan__Herstellungsland: USA/Kanada/Hongkong__Erscheinungsjahr: 2020__Regie: Niki Caro__Darsteller: Liu Yifei, Donnie Yen, Jason Scott Lee, Yoson An, Gong Li, Jet Li, Tzi Ma, Rosalind Chao, Xana Tang, Ron Yuan, Jimmy Wong, Roger Yuan, Hoon Lee, Ming-Na Wen u.a.
Mulan

Donnie Yen und Jet Li unterstützen Liu Yifei als Titelheldin in Niki Caros “Mulan”

Wenn es einen Stoff unter Disneys Animationsfilmen gab, der für eine Live-Action-Umsetzung nahezu prädestiniert war, dann sicherlich „Mulan“ aus dem Jahre 1998, der seinerseits auf einer chinesischen Volkssage basiert, die schon mehrere animierte und Realverfilmungen erhielt.

In dieser deutlich ernsteren Neuverfilmung lehnt sich Regisseurin Niki Caro, die für Disney auch schon das Sportdrama „City of McFarland“ drehte, an das Wuxia-Kino an. So ist auch Titelheldin Hua Mulan schon im Kindesalter ähnlich talentiert und körperlich fit wie diverse Shaolin-Knirpse und hat ihr Chi super unter Kontrolle, was jedoch aufgrund ihres Geschlechts wenig gern gesehen wird. Also verbirgt Mulan auch als junge Frau (Liu Yifei) ihr Können, trainiert weniger und will sich ihren Eltern Zhou (Tzi Ma) und Li (Rosalind Chao) zuliebe verheiraten lassen. Doch das Treffen mit der Heiratsvermittlerin gerät zum Eklat, zwar auch mit zerbrochenem Teeservice, aber ohne den groben Slapstick der 1998er-Verfilmung, der von vielen Fans vermisst wurde.

Die Schurken kommen immer noch aus dem Norden, werden aber nicht mehr Mongolen genannt, sondern Rouran-Stämme, die jedoch quasi Vorläufer der Mongolen waren und ebenfalls von einem Khan angeführt werden. Hier ist es Bori Khan (Jason Scott Lee), der mit seinen Elitekriegern und der Hilfe der Hexe Xian Lang (Gong Li) für Chaos und Tod entlang der Seidenstraße sorgt, weshalb der Kasier (Jet Li) zum Krieg gegen die Eindringlinge rüstet. Jede Familie muss einen männlichen Kämpfer stellen, was im Falle der Huas Vater Zhou wäre, da er nur Töchter hat. Doch der Veteran ist gebrechlich und würde wohl nicht vom Schlachtfeld zurückkehren, also geht die Tochter ohne Wissen oder Zustimmung der Eltern an seiner statt und gibt sich als Sohn der Hua-Familie aus.

Im Ausbildungslager von Commander Tung (Donnie Yen) sollen sie und die anderen Rekruten zu Kämpfern geschliffen werden. Nicht nur drängt die Zeit wegen der vorrückenden Rouran, nicht nur ist das Training hart, Mulan muss auch noch vor ihren Kameraden verbergen, dass sie kein Mann ist…

httpv://www.youtube.com/watch?v=Wlh3udYM-CE

Die 2020er-Version von „Mulan“ ist in gewisser Weise wesentlich näher an der Volkssage und verzichtet auf viele Disney-typische Trademarks der Zeichentrickvariante: Keine Musical-Songs, kein Drache mit Eddie-Murphy- bzw. Otto-Waalkes-Synchronstimme, wesentlich weniger Humor. Außerdem schreckt die Neuverfilmung nicht davor zurück zu zeigen, dass im Krieg Menschen sterben, was im 1998er-Film noch weitestgehend ausgeblendet wurde, obwohl auch der schon für Disney-Verhältnisse überraschend grimmig war. Die Ernsthaftigkeit der Neuauflage wird nur durch ein paar Witzeleien bei der Ausbildung unterbrochen, etwa wenn Mulan aus Angst vor Enttarnung ihres Geheimnisses auf das Duschen verzichtet, daher aber bald als Stinktier der Kompanie gilt, oder wenn ihre Kameraden dezentes Comedic-Sidekick-Potential an den Tag legen. Allerdings bedeutet dieser Verzicht auf Humor auch, dass Vieles hier nicht mehr ironisch gebrochen oder aufgelockert wird, so gibt es das Beharren auf Familienwerten (was sowohl Disneys Image als auch die Sage bedient), den autoritären Gestus der chinesischen Gesellschaft und die Extraportion Pathos komplett ungefiltert, was teilweise schon etwas schwer erträglich ist. Gerade in der Schlussphase des Films, wenn Mulan nach erfolgreichem Kriegshandwerk als Heldin gefeiert wird, danach aber in den Schoss der Familie zurückkehren möchte.

Nicht nur inhaltlich, auch optisch orientiert sich Caro bei ihrer Umsetzung der Sage an großen, international angelegten Wuxia-Epen des neuen Jahrtausends; Werke wie „Hero“ oder „The Great Wall“ scheinen Pate für „Mulan“ gestanden zu haben. So gibt es beeindruckende Setbauten, stark choreographierte Massenszenen wie das gemeinsame Üben der Rekruten und auf Erhabenheit getrimmte Bilder. Fast schon sinnbildlich für dieses Vorhaben steht der Phoenix als familiäres Schutztier der Huas, der den Drachen Mushu ersetzt, nicht quasselt, sondern nur seine Schwingen eindrucksvoll auf der Leinwand spreizt. „Mulan“ ist bunt, poppig und wartet mit der geballten CGI-Trick-Power auf, die Caro mit dem mächtigen Maus-Konzern im Rücken aufbieten kann. Eine Pionierleistung im Effektbereich ist „Mulan“ nicht, manche Einstellung in der kaiserlichen Hauptstadt sieht arg künstlich aus, aber insgesamt sind die Tricks auf hohem Niveau.

Als US-Abenteuer mit starker Wuxia-Schlagseite kommt „Mulan“ natürlich nicht ohne die entsprechenden Kampf- und Actionszenen aus, für deren Stunt- und Fight-Koordination man mit Ben Cooke („Mandy“), Heidi Moneymaker („The Hunt“), Nuo Sun („Deadpool 2“), Shane Yan („Birds of Prey: The Emacipation of Harley Quinn“) und Scott Rogers („John Wick 3“) fünf echte Profis verpflichtete. Deren Talente sowie die ihrer zahlreichen Stuntmänner und -frauen sieht man bei vielen Szenen hervorragend, etwa wenn reitende Rouran auf Pferdrücken rotieren und Pfeile auf Verfolger schießen oder Mulan mit ein paar Getreuen in einem engen Gang gegen Angreifer kämpfen muss und die Wände mit einbezogen werden. Manchmal übertreiben die Verantwortlichen es allerdings mit Drahtseilakrobatik. Sicher gehören das Leichtfüßige und die fehlende Bodenhaftung zum Wuxia-Kino, an dem sich „Mulan“ klar orientiert, doch auch die Vorbilder beraubten sich gelegentlich der Gravitas und Anmut, wenn Drahtseilfliegerei über Martial-Arts-Skill stand – in diesen Szenen ist es Caros Werk nicht anders.

Als Neuerung führt der 2020er „Mulan“ die Hexe Xian Lang ein, die als böses Gegenstück Mulans fungiert. Ebenfalls eine kampfgewandte Meisterin des Chi, ebenfalls auf dem Selbstbehauptungstrip in einer Männerwelt, aber auf andere Art und mit anderem Ergebnis. Während Mulan damit kämpft, dass zu den Werten der kaiserlichen Armee auch Ehrlichkeit gehört und ihre Tarnidentität eine Lüge ist, gehört Täuschung zum Standardrepertoire der gestaltwandelnden Magierin. Eigentlich ein cleverer Schachzug, ist die Message sich selbst treu zu bleiben doch zentral für den Film und dieser Handlungsstrang quasi eng damit verknüpft, nur leider patzt das Drehuchquartett aus Rick Jaffa („Jurassic World“), Amanda Silver („Das Relikt“), Elizabeth Martin („Christmas Perfection“) und Lauren Hynek („The Christmas Ball“) bei der extrem abrupten und begrenzt glaubwürdigen Auflösung dieses Handlungsstrangs. Ansonsten orientiert man sich inhaltlich an der Sage und der Zeichentrickversion, nimmt als potentielles Love Interest für die Heldin einen Kameraden anstelle eines Vorgesetzten.

Die Besetzung besteht quasi durchweg aus chinesischen Darstellern und US-Schauspielern asiatischer Abstammung. Ursprünglich sollte zudem der Taiwanese Ang Lee Regie führen, der aber wegen Promo-Verpflichtungen zu „Die irre Heldentour des Billy Lynn“ absagen musste. Mit Jet Li („Flying Swords of Dragon Gate“) und Donnie Yen („Ip Man“-Reihe) sind zwei Actionikonen in tragenden Rollen an Bord, wobei Li als Kaiser eigentlich nur ungewohnt bärtig auf dem Thron sitzen muss und Gravitas ausstrahlen, während Yen als strenger Vorgesetzter zwar sein ganzes Charisma in die Waagschale wirft, seine Kampfkünste aber kaum vorführen darf. So ist Liu Yifei („Outcast“) klar die Hauptdarstellerin und damit auch ein kleines Problem des Films: Sie macht ihre Sache durchaus okay, kann in diesem Cast aber wenig herausragen und die Faszination, die Mulan auf ihr Umfeld ausübt, nur unzureichend vermitteln. Wesentlich stärker sind da Gong Li („Der Fluch der goldenen Blume“) und Jason Scott Lee („Soldier“) als Hauptvertreter in der Schurkenfraktion, während Tzi Ma („Rapid Fire“), Rosalind Chao („White Ghost“) und Ron Yuan („Birth of the Dragon“) als bekannte Gesichter in tragenden Nebenrollen erstklassigen Support auf Heldenseite abgeben. In kleineren Parts sind zudem „Banshee“-Hacker Hoon Lee, Ron-Bruder Roger Yuan („Accident Man“) und Ming-Na Wen zu sehen, welche die Heldin in der Zeichentrickversion von 1998 sprach.

So bleibt die Neuauflage ein zweischneidiges Schwert. Einerseits bietet der Film tolle Bilder, größtenteils gelungene Wuxia-Action, starke Nebendarsteller und einen etwas erwachseneren Umgang mit dem Ausgangsmaterial als die Zeichentrickversion. Andrerseits ist ausgerechnet die Hauptdarstellerin nicht mit der größten Ausstrahlungskraft gesegnet und das Fehlen von Humor oder Ironie macht manchen Kitsch und manches Pochen auf Werte schwer erträglich. Außerdem mangelt es dann doch an Esprit und Magie, um aus „Mulan“ mehr als hübsch anzusehendes, aber doch irgendwie egales Blockbuster-Spektakel zu machen.

Starke:

Walt Disney wollte „Mulan“ eigentlich im Frühling in die Kinos bringen, doch dann machte die Corona-Pandemie den Plänen einen Strich durch die Rechnung. Schließlich wurde der Film als Premium-VoD gegen eine Zusatzgebühr auf dem hauseigenen Streaming-Service Disney+ veröffentlicht, wo er ab 4. Dezember 2020 auch ohne Zusatzkosten zu empfangen sein wird. Außerdem hat Walt Disney den Film inzwischen auf DVD und Blu-Ray veröffentlicht, ungekürzt ab 12 Jahren freigegeben. Während die DVDs keinerlei Extras besitzt, gibt es auf der Blu-Ray diverse Featurettes, entfallene Szenen und Musikvideos.

© Nils Bothmann (McClane)

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Copyright aller Filmbilder/Label: Walt Disney__FSK Freigabe: ab 12__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Ja/Ja

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