Originaltitel: The Most Dangerous Game__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2018__Regie: Steven LaMorte__Darsteller: John Hennigan, Michelle Taylor, Eric Etebari, Joseph Gatt, Alistair McKenzie, J. Michael Evans u.a. |
John Hennigan, der als John Morrison in der WWE für Aufsehen gesorgt hatte und aktuell als Johnny Mundo durch „Lucha Underground“ turnt, steht seit 2011 immer häufiger für kleine und kleinste Filmproduktionen vor der Kamera. Dabei gelang dem Wrestler (siehe auch unser “Wrestler in Actionfilmen“-Special) mit dem wunderbar selbstironischen und amüsanten „Boone – Der Kopfgeldjäger“ zuletzt ein kleiner Sieg nach Punkten. Umso gespannter war ich auf das Folgewerk: “Never Leave Alive”.
Ein Film, der mit seinem ursprünglich anvisierten Titel „The Most Dangerous Game“ schon klarmachte, was den Zuschauer erwarten würde: Ein Menschenjagd-Film. „Surviving the Game“, „Night Hunter“, „Hard Target“,… ihr wisst, worauf ich hinauswill. Dabei beginnt alles mit Rick Rainsford. Wie John Hennigans Boone mal wieder der Held einer Reality-TV-Serie. In dieser zelebriert sich Hennigans Figur als Überjäger, der auf allen Kontinenten der Welt die größten und gefährlichsten Tiere erlegt.
Doch mit dem Ruhm Ricks ist es eine Weile her. Alkoholexzesse haben seinen Stern sinken lassen. Und auch die Schifffahrt zu seinem nächsten Drehort erlebt Rick zu weiten Teilen nur durch den Schleier einer Beinahe-Alkoholvergiftung. So bekommt er auch kaum mit, dass sein Schiff urplötzlich von Explosionen erschüttert wird, die ihn irgendwann von selbigem schleudern…
Als er kurz darauf mit einem gewaltigen Schädel am Strand einer Insel erwacht, muss er feststellen, dass das Unglück neben ihm wohl nur eine junge Dame namens Anna und ein schwerverletztes Crewmitglied überlebt haben. Doch Hilfe rückt schon an. Ein gewaltiger Brocken von einem Kerl hilft dem Verletzten versiert und bringt Anna und Rick zu seinem Kumpel Zaroff.
Und der trägt nicht zufällig den Namen von Graf Zaroff aus dem 1932 erschienenen „The Most Dangerous Game“ aka „Graf Zaroff – Genie des Bösen“. Denn wie sein berühmter Namensvetter steht Zaroff auf das Jagen einer ganz besonderen Beute. Die einzigen Regeln: Schaffen es Anna und Rick zu einem Schiff auf der anderen Seite der Insel, überleben sie. Ansonsten… nunja, malt es euch aus.
Schaut in den Trailer von “Never Leave Alive” mit John Hennigan hinein
httpv://www.youtube.com/watch?v=-bxDjHccA4w
Malt ihr schon? Ok, dann schmeißt das Gemalte wieder weg. Denn “Never Leave Alive” verbockt es mit dem Einsetzen der großen „Jagd“ komplett. Das erste Problem erfasst der Actionfan schnell: Zwei Opfer. Zwei Jäger. Keine weiteren Irren. Das Auftauchen zusätzlichen Kanonenfutters erscheint wegen dem Schauplatz unwahrscheinlich. Wie soll denn da Action aufkommen? Das zweite Problem schließt sich direkt an: Während Rick und Anna drehbuchgerecht losrennen, fangen Ivan und Zaroff überhaupt nie mit dem Jagen an.
Stattdessen weichen Rick und Anna fortan in einer Tour irgendwelchen Fallen aus. Ein schwingender Baumstamm hier. Eine Mine da. Automatische Schussvorrichtungen stehen auch in dem Wald rum. Genau wie spitzenbewehrte Tötungsmaschinen. Natürlich darf keine dieser Fallen erfolgreich zuschlagen, sonst wäre “Never Leave Alive” ja direkt zu Ende. Die Folge: Obschon Rick und Anna nun unter Daueranspannung stehen, weil ja überall Fallen lauern, schläft man auf dem heimischen Sofa fast ein.
Das wird durch Momente, in denen Rick und Anna in aller Seelenruhe ein Lagerfeuer anmachen, sich gegenseitig ihr halbes Leben erzählen und sich danach gemeinsam zum Schlafen niederlegen (Wache schieben? Wieso denn das?), nicht besser. Andererseits machen sie es ja genau richtig, denn wie gesagt: Zaroff und Ivan werfen sich lieber gegenseitig verliebte Blicke zu, als zu jagen.
Kurzum: Das macht alles irgendwie so gar keinen Sinn. Fällt der Film dann beinahe vollends ins Koma, taucht dann doch auch mal einer der Jäger auf. Woher auch immer. Warum auch immer. Den Jägern darf aber natürlich auch nichts passieren, sonst wäre der Film ja schon wieder beinahe rum. Das Ergebnis: Einer der lahmsten Menschenjagd-Filme aller Zeiten. Der zudem die Actionman-Qualitäten seines Hauptdarstellers und dessen in seinen Filmen immer wieder aufblitzende Selbstironie vollkommen verschenkt.
Anstatt sich mit den Gegnern abzumühen, muss sich John Hennigan folglich mit der überforderten und extrem herb rüberkommenden Michelle Taylor („Dark Amazon“) abquälen, zu der er keinerlei Chemie aufgebaut bekommt. Was aber essentiell gewesen wäre, da Regisseur Steven LaMorte und Drehbuchautor J. Amanda Sabater sichtlich eine Screwball-Comedy-Beziehung zwischen den beiden Hauptfiguren vorschwebte. Nach dem Motto: Sie küssten und sie schlugen sich. Zumindest küssen sie sich mal. Das Schlagen sollte wohl den Lumpen vorbehalten bleiben…
Blöderweise werden aber nicht einmal die so richtig verwackelt! Falls das dann doch mal passiert, schaltet der in halbwegs okayer DTV-Optik daherkommende Versuch eines Actioners auf einmal in eine komplett bescheuerte Bebilderung um. Unvermittelt meint man, “Never Leave Alive” spiele immer noch auf dem sinkenden Schiff. Alles ist am Wackeln. Man erkennt nicht, wer gerade wen verdrischt und das unbeholfene Editing nimmt einem irgendwann jedwede Orientierung. Ein ähnlich schlechter Witz: Die Umsetzung der einleitenden Schiffskatastrophe. Miese CGIs treffen auf vollkommenes filmisches Unvermögen.
Was am Ende bleibt, ist ein schlechter Witz für Freunde des Actionfilmes im Allgemeinen und jenen des Menschenjagd-Filmes im Besonderen. Zwar ist die „Handlung“ schnell angeschoben, aber irgendwie scheint an dem Set niemand irgendwem gesagt zu haben, wie ein Menschenjagd-Film eigentlich zu funktionieren hat! So gerät “Never Leave Alive” zur formvollendeten Einschlafhilfe, der man zumindest einen seltsam charismatischen Bösewicht (Eric Etebari als Zaroff) und ein paar gute Bilder von der Insel zugutehalten kann. Das, worauf es ankommt, also Spannung, brutale Kills, Zynismen, eine finstere Atmosphäre, hohes Tempo und begeisternde Mano-a-Mano-Duelle, findet man hier nirgends. Das Schlimmste: Der physisch ideal auf einen Actionhelden passende John Hennigan wird vollkommen verschwendet. Weder darf er seine hervorragenden Kampfsportskills noch sein Charisma ausspielen. Zeitverschwendung…
In den USA kann man “Never Leave Alive” bei verschiedenen Streaminganbietern schauen oder unter anderem bei Amazon.com als DVD-R on Demand erstehen. Als Label fungiert Wild Eye Releasing. Am 8. Mai erfolgt über selbiges Label eine offizielle Veröffentlichung, die codefree sein soll. Über eine deutsche VÖ ist bislang nichts bekannt.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
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