Originaltitel: No Solicitors__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2015__Regie: John Callas__Darsteller: Eric Roberts, Vernon Wells, Kim Poirier, Beverly Randolph, Jason Maxim, Teddy Saunders, Justin Beahm, Joshua Benton, Marv Blauvelt, Melanie Buttarazzi u.a. |
„No Visitors“ (keine Besucher) ist der etwas ungelenk ausgewählte deutsche Titel des Splatterstreifens „No Solicitors“ (keine Vertreter). Letztere Phrase ist nicht nur der Originaltitel des Filmes, sie prangt auch auf einem Schild neben der Klingel zum Anwesen der Familie Cutterman. Samt und sonders extrem freundliche Vertreter der Gattung Mensch. Das bekommen auch Vertreter zu spüren, die sich nicht an die Warnung an der Türklingel gehalten haben.
Ihnen steht eine tolle Zeit bevor. Sie werden von vorne bis hinten bewirtet, unterhalten und freundlichst ausgehorcht. Und sie dürfen all ihre Fragen loswerden. Und wenn es gut läuft, können sie sogar ihre Produkte vorführen. Doch zumeist wird ihnen genau vor diesem erhofften Teil der Begegnung mit den Cuttermans seltsam schummrig.
Im Normalfall erwachen sie dann im Keller des Anwesens. An ein Krankenbett gefesselt. In den benachbarten Betten liegen verstümmelte und verzweifelte andere Patienten. Sie erklären dem Frischfleisch dann, dass sie genau das sind: Frischfleisch! Denn Familie Cutterman betreibt nicht nur einen florierenden Organhandel, nein, sie nutzt die verbliebenen Körper zum Befüllen des Kühlschrankes und zum Füllen ihrer Mägen. Das nennt man wohl nachhaltige Lebensweise.
Splattergroteske mit Eric Roberts
Von Beginn an weht ein Hauch Satire durch „No Visitors“. Hier inszeniert Regisseur und Drehbuchautor John Callas einen Overflow an Vorortidylle an heiterer Musik. Alles in Ordnung hier, scheint jedes einzelne Bild zu rufen. Doch hier stimmt etwas nicht. Einen Schnitt später erleben wir mit, wie eine junge Frau um ihr Leben fleht. Geübt wirkende Hände kennen jedoch kein Erbarmen und schneiden mit scharfer Klinge tief in die Brust der Frau.
Und genauso funktionieren die nachfolgenden 90 Minuten. Immer wieder prallt die perfekt freundliche Fassade der Vorstadtvorzeigefamilie Cutterman auf ihr blutiges Treiben fernab der Augen und Ohren der Nachbarschaft. Und das macht richtig Laune. Zumindest zu Beginn des Filmes, wenn diese Ausgangssituation etabliert und zelebriert wird.
Leider hat „No Visitors“ ansonsten keine brauchbaren Ideen mehr. Nach etwa 30 Minuten wird der Film extrem repetitiv. Ein Vertreter klingelt. Er wird umgarnt. Er landet im Keller und verliert Organe und Leben. Die Familie freut sich über den aus dem Organhandel resultierenden Reichtum und genießt die entleerten und leblosen Organsäcke – delikat nach Familienrezept zubereitet.
In den Ring geworfene Cops agieren total planlos. Zum Glück wird gegen Ende offenbar, warum. Hier gönnt sich der Film einen scharzhumorigen Twist, der in einen guten Abspanngag mündet. Zudem werden die Opfer gleich zu Beginn derart verstümmelt, dass es auch nie ein Fluchtszenario zu bestaunen gibt. Ein ins Haus eindringender Einbrecher sorgt ebenfalls für keinerlei vom Modus Operandi abweichende Spannungsspitzen.
So bleibt einzig und allein das blutige Treiben der Familie Cutterman, das zwar angenehm schwarzhumorig ist, den Film aber nicht trägt. Schnell kommt so der Eindruck auf, dass „No Visitors“ als eine Folge der „Geschichten aus der Gruft“ wunderbar funktioniert hätte, auf zu lange 98 Minuten Film gestreckt allerdings nicht bei Laune hält.
Die Schauspieler können für diese Problematik nichts. Denn die sind mit Spaß bei der Sache. Allen voran Kim Poirier („Dawn of the Dead“) als Cutterman-Tochter Nicole. Ihr tropfen Ironie und Sarkasmus förmlich aus jeder Pore und sie spielt herrlich überspannt und zum Ton des Filmes passend. Auch Jason Maxim („Jurassic City“) als ihr Bruder Scott darf herrlich süffisant die Lage kommentieren und mit seiner Schwester um die Gunst der stolzen Eltern buhlen. Beverly Randolph („Verdammt, die Zombies kommen“) darf dabei die Herrin des Hauses und Eric Roberts („The Expendables“) ihren Gemahl spielen. Und beide sind mit ebensolchem Spaß am Wirken wie die Darsteller ihrer erwachsenen Kinder.
Randolphs ausgestellte Freundlichkeit ist einfach nur pures Comedy-Gold und Roberts selbstgefällige „Ich bin der Größte“-Attitüde als ausgezeichneter Hirnchirurg macht ebenfalls richtig Laune. Zudem ist Eric Roberts hier tatsächlich einer der Hauptdarsteller und nicht nur in drei oder vier Szenen dabei.
Die Darsteller rund um dieses Viereck, darunter Vernon Wells („The Price We Pay“), reichen an diese Leistungen niemals heran, machen aber ebenfalls einen soliden Job. Der nur durch die deutsche Synchronisation konterkariert wird. Die ist nämlich in den Nebenrollen reichlich lieblos und steif geraten. Und versucht, ein paar gute Wortwitze im Original wortwörtlich ins Deutsche zu übersetzen. So wird in einem Dialog rund um einen abgeschnittenen Penis aus dem „Dicktective“ im Original ein deutsches „Dingtektiv“. Joar…
Inszenatorisch beschränkt sich „No Visitors“ auf wenige Schauplätze. Die überzeugen zwar, hätten aber gerne mehr Flair versprühen dürfen. Leider spielt der Film viel zu lange im Keller der Familie Cutterman. Da hätte man sich als Zuschauer schon mehr Einblicke in andere Räumlichkeiten mit garstigen Details gewünscht. Ausstattung und kameratechnische Umsetzung sind zweckdienlich, helfen, vom eingangs erwähnten Vorstadtidyll als Kontrapunkt zum mörderischen Treiben im Keller der Kannibalen abgesehen, allerdings wenig, den satirischen Grundton zu befeuern.
Großen Spaß hatten die Macher dafür beim Umsetzen der Splattereffekte. In „No Visitors“ wird ausschließlich handmade herumgesaut. Herzen, Nieren, Gedärme, Augen und ein Hirn werden entnommen. Ein Pimmel wird rüde abgeschnitten und verschluckt, Brüste werden entfernt und durch den Fleischwolf gedreht, Rippen mit Bratensoße bestrichen und gebraten. „No Visitors“ ist kein Kind von Traurigkeit.
Die kannibalischen Einschübe hätten der FSK sicherlich hart zu schlucken gegeben („No Visitors“ hat in Deutschland keine Freigabe, es gibt nicht einmal den Versuch einer indizierungsfesten FSK-18-Version) und es ist auch nicht so, dass Regie respektive Drehbuch irgendwann mal abblenden würden. Allerdings werden die Gorebauern schon feststellen, dass auch unter noch so derben Szenen immer der avisierte groteske Grundton mitschwingt und das Treiben der Familie abschwächt/erträglicher macht.
„No Visitors“ besteht nicht über die gesamte Lauflänge
Der schwarze Humor der Splattergroteske „No Visitors“ verfängt sofort, die spielfreudigen Darsteller machen Laune und die handgemachten Splatterszenen wissen ebenso zu gefallen. Leider ist die präsentierte Story etwas dünn geraten, weshalb ihr nach unterhaltsamen 30 Minuten ein wenig die Puste ausgeht und sie sich in sich ewig wiederholenden Abläufen verrennt. Als Teil einer Anthologie oder als Kurzfilm hätte dieser blutige Horrorhappen sicherlich weitaus besser funktioniert.
„No Visitors“ erhielt von SHOCK ENTERTAINMENT eine Veröffentlichung im Mediabook. Dieses transportiert neben der ungeschnittenen DVD/Blu-ray zum Film bis auf Trailer und den Buchteil der Verpackung leider keinerlei Extras zum Film.
In diesem Sinne:
freeman
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