In Joseph Kosinskis dystopischem Science-Fiction-Film „Oblivion“ gibt Tom Cruise den Techniker Jake Harper, der nach einer Alien-Invasion auf einer weitestgehend entvölkerten Erde Dienst schiebt, um den Rohstoffabbau für nach Titan geflüchtete Menschheit zu garantieren. Doch dann bringen seltsame Ereignisse das Weltbild des Helden ins Wanken.
Originaltitel: Oblivion__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2013__Regie: Joseph Kosinski__Darsteller: Tom Cruise, Morgan Freeman, Olga Kurylenko, Andrea Riseborough, Nikolaj Coster-Waldau, Melissa Leo, Zoë Bell, Abigail Lowe, Isabelle Lowe, David Yusel Madison u.a. |

In der Sci-Fi-Dystopie „Oblivion“ von Joseph Kosinski spielt Tom Cruise die Hauptrolle
Mit „Oblivion“ blieb Regisseur Joseph Kosinski dem Science-Fiction-Genre nach seinem Erstling „Tron: Legacy“ treu, verlegte sich aber vom High-Tech-Abenteuer zur klassischen Dystopie, wenn auch mit ähnlich opulenten Bilderwelten.
In der Zukunft des Jahres 2077 ist auch in diesem Film die gute alte Mutter Erde hinüber. Schuld daran ist eine Alieninvasion im Jahre 2017, die zwar erfolgreich zurückgeschlagen werden konnte, allerdings um den Preis der nuklearen Verseuchung der Erde. Rohstoffe werden automatisch von gigantischen Maschinen abgebaut, während die Menschheit sich auf den Planeten Titan zurückgezogen hat. Da allerdings immer noch kleinere Aliengruppen auf der Erde lauern und die Maschinen sowie deren Schutzdrohnen angreifen, müssen Techniker wie Jake Harper (Tom Cruise) regelmäßig Reparaturarbeiten leisten. Und wer bei der Besetzung der Hauptrolle ahnt man schon: Harper ist kein schmalbrüstiger Tüftler, sondern auch zum Kämpfen ausgebildet und mit der Wumme unterwegs, denn die Reparatur ist nicht immer ungefährlich.
Als Jakes Augen und Ohren in der Kommandozentrale fungiert seine private wie berufliche Partnerin Victoria (Andrea Riseborough), die auch der Vorgesetzten Sally (Melissa Leo) regelmäßig Bericht erstattet. Und natürlich klingen bei so einem Szenario bereits alle Alarmglocken des Science-Fiction-Kenners. Vermeintliche Routine? Absolut trügerisch. Gedächtnislöschung vor der Mission für beide? Da ist was faul. Jake hat seltsame Träume von einer ihm unbekannten Frau (Olga Kurylenko). Da ist auf jeden Fall etwas im Busch!
Und so zeigt der Film auch bald den Moment, in dem Jake an seinem Weltbild zu zweifeln beginnt, nicht nur seiner ungewöhnlichen Träume und seiner Liebe zu irdischen Artefakten, die er selbst Victoria verheimlicht, wegen. Als eines Tages ein Raumschiff abstürzt und er mit Julia die Frau aus seinen Träumen als einzige Überlebende vorfindet, da bestätigen sich die Zweifel…
httpv://www.youtube.com/watch?v=tjgNgJsT92k
„Oblivion“ ist einer jener dystopischen Filme, die nicht nur auf eine reichhaltige Ahnenlinie zurückblicken, sondern sich auch großzügig in besagter Filmgeschichte bedienen – was ja tendenziell nicht schlecht sein muss. Man denke „Equilibrium“, der eine ähnliche Geschichte vom zweifelnden Rädchen im Getriebe mit reichlich Anleihen, aber viel Tempo und cleverer Neukombination von Bekanntem zu erzählen wusste. Dagegen wirkt „Oblivion“ beinahe wie ein Gegenentwurf, ist das Tempo doch beinahe gemächlich, wenn sich nach und nach jede Gewissheit in Jakes Leben als Täuschung herausstellt, Freund-, Feind- und Selbstbilder mindestens einmal korrigiert werden müssen, auch wenn Inspirationsquellen wie „Planet der Affen“, „Logan’s Run“ oder „Moon“ klar erkennbar und manche der großen Twists daher erahnbar sind.
Doch hier geht es weniger um das Was als um das Wie der Darstellung, denn „Oblivion“ ist ein vollkommen durchdesignter Science-Fiction-Trip mit malerischen Panorama-Aufnahmen – so schön sah die Postapokalypse selten aus. Denn nicht nur die idyllische Himmelsresidenz von Jake und Victoria oder die futuristischen Fluggeräte sind mit einem Stilwillen sondergleichen in Szene gesetzt, auch die verlassene, aber immer noch recht grüne Welt, deren Ruinen die abgewrackten Reste bekannter Landmarken sind – ein früheres Baseballstadion oder der Rest einer Bibliothek etwa. Da haben Joseph Kosinski („Top Gun: Maverick“), der auch die zugrundeliegende Graphic Novel fabrizierte, und Produktionsdesigner Darren Gilford („Spider-Man: No Way Home“) ganze Arbeit geleistet.
Doch so schön „Oblivion“ auch aussieht, so steril ist er auch. Interessante Figurenideen werden schnell abgewürgt, etwa die Tatsache, dass Jake zwischen Victoria und Julia, also der altbekannten Partnerin und der (im wahrsten Sinne des Wortes) Frau seiner Träume, steht. Schnell erledigen sich solche Konflikte persönlicher, aber auch jene körperlicher Art: Mit der Action hält sich Kosinski zurück, hat aber immerhin ein paar nette Set-Pieces parat, etwa eine Auseinandersetzung zwischen Jake, den Aliens und Jakes Drohnenhelfern in der Bibliothek oder eine Verfolgungsjagd mit den Zukunftsvehikeln. Doch all dem fehlt ein packender Unterbau, sei es in Sachen Charaktere (die durch einen bestimmten Twist noch weiter unterhöhlt werden) oder sei es in Sachen Storytelling – bis zur obligatorischen Auflösung (und natürlich damit verbundenen Weltenrettung) wirkt es eher, als machten die Figuren, was in so einer Dystopie halt zu machen ist, nicht als ob sie wirklich fürs Wohl der Menschheit kämpften.
Dabei ist dieser Tonfall eher dem Script und der Inszenierung, weniger den Darstellern anzulasten. Tom Cruise („Mission: Impossible – Fallout“) muss den Film über weite Strecken allein tragen, macht das aber hervorragend, ohne sich zu sehr in den Vordergrund zu spielen: Sein Jake wirkt trotz aller Fitness und allem Kampfgeist wie jemand, der einfach einen Job erledigt und erst später zum Helden wirkt. Morgan Freeman („Killer’s Bodyguard 2“) macht seine gewohnte, damals aber noch nicht so ausgelutschte weiser-alter-Kerl-Nummer mehr als solide, während Olga Kurylenko („The Courier“) und Andrea Riseborough („Possessor“) Ordentliches leisten, aber selten aus dem Schatten von Cruise heraustreten können. Etwas verschenkt sind Melissa Leo („The Equalizer 2“), Nikolaj Coster-Waldau („Gods of Egypt“) und Zoe Bell („Malignant“), die viel zu kleine Rollen haben, um wirklich Akzente setzen zu können, auch wenn sie tadellos das Beste aus ihrer Screentime machen.
So hinterlässt „Oblivion“ einen zwiespältigen Eindruck: Dass der Film sich auf Versatzstücke bekannter Vorbilder bezieht, stört weniger als die Tatsache, dass Kosinskis Werk zu sehr an der Oberfläche bleibt, weder in Sachen Charakterzeichnung noch Storytelling wirklich zu packen weiß. Das ist schade, denn die Bilder sind so exzellent, dass man sich einige direkt an die Wand hängen möchte, und die Besetzung ziemlich gut spielt, selbst wenn die meisten nur im Orbit des Hauptdarstellers kreisen. Aber der ist mal wieder richtig gut aufgelegt.
Universal hat „Oblivion“ in Deutschland auf Blu-Ray und DVD veröffentlicht, ungekürzt ab 12 Jahren freigegeben. Während die DVD nur über Trailer als Bonusmaterial verfügt, gibt es auf der Blu-Ray entfallene Szenen, ein Making Of sowie einen Audiokommentar von Kosinski und Cruise.
© Nils Bothmann (McClane)
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