In „One Ranger“ schickt Regisseur und Drehbuchautor Jesse V. Johnson seinen Hauptdarsteller Thomas Jane als Texas Ranger nach London. Dort soll er mit der britischem Geheimdienstlerin Dominique Tipper den IRA-Terroristen Dean Jagger aufhalten, der auch schon den Partner des Helden auf dem Gewissen hat.
Originaltitel: One Ranger__Herstellungsland: USA/Großbritannien__Erscheinungsjahr: 2023__Regie: Jesse V. Johnson__Darsteller: Thomas Jane, Dominique Tipper, Dean Jagger, Jess Liaudin, John Malkovich, Rachel Wilde, Nick Moran, Patrick Bergin, Mark Griffin, James Oliver Wheatley u.a. |
Für eine Weile durfte Thomas Jane mit Filmen wie „The Punisher“, „Deep Blue Sea“ und „Der Nebel“ Hollywood-Höhenluft schnuppern, danach der Weg in die B-Gefilde, wo der charismatische Actiondarsteller immer sehr von den Talenten des jeweiligen Filmemachers abhängig ist. Bei „One Ranger“ dirigierte ihn mit Jesse V. Johnson („White Elephant“) immerhin ein erfahrener B-Filmer als Regisseur und Drehbuchautor.
Der Titel bezieht sich auf eine historische Anekdote, derzufolge früher ein einzelner Texas Ranger ausreichte, um einen ganzen Aufstand zu verhindern. Im Falle von Alex Tyree (Thomas Jane) mag man dies heutzutage noch glauben, wenn er erst einen Pferdedieb stellt, dann aber von diesem ablässt, um sich ein paar flüchtende Bankräuber vorzuknöpfen, die gerade zwei Cops getötet haben. Drei der Übelwichte sind am Ende tot, nur dem eiskalten Declan McBride (Dean Jagger) gelingt die Flucht. Es ist ein Neo-Western-Ambiente, mit dem Kontrast von Tradition und Moderne. Die Schurken fahren einen Jeep und benutzen automatische Waffen, Alex reitet zu Pferd und benutzt ein antik anmutendes Scharfschützengewehr, mit dem er den Gangstern dank Reichweite und Treffsicherheit überlegen ist.
Als McBride kurz darauf in Mexiko geschnappt wird, steht der britische Geheimdienst, in erster Linie vertreten durch Jennifer Smith (Dominique Tipper), auf der Matte. Da die mexikanischen Federales nicht bereit wären ihr den Gefangenen zu übergeben, jedoch Alex, bittet sie den Ranger um Hilfe, der ihr zustimmt. Dummerweise schlagen McBrides Schergen unter der Leitung von Oleg Jakovenko (Jess Liaudin) während der Überführung zu, killen Alex‘ Partner und verwunden diesen schwer, sodass man den berühmt-berüchtigten Anlass zur Rache hat. Der würde freilich noch etwas besser funktionieren, wenn man den Getöteten ansatzweise vorgestellt bekommen hätte, so müssen der Allgemeinplatz des toten Buddys, die Schmach der Niederlage und die schweren Verletzungen des Rangers als Begründung für sein weiteres Eingreifen reichen.
Da Alex auf bereits Bekanntschaft mit McBride gemacht hat, so die dünne Begründung des Scripts, soll er Jennifer in London unterstützen, wo der gesuchte IRA-Terrorist einen Anschlag planen soll. Also reist Alex mit texanischem Spirit und viel Tatkraft für die Verbrecherjagd über den großen Teich…
Schaut euch den Trailer zu „One Ranger“ an
Ein Cowboy-Raubein in Good Old London auf Verbrecherjagd – das klingt fast wie ein zeitgenössisches Update des John-Wayne-Vehikels „Brannigan“. Im Gegensatz zu dem von Douglas Hickox inszenierten Cop-Actionfilm ist Jesse V. Johnsons Film deutlich humorloser, setzt seltener auf Fish-out-of-Water-Comedy. Natürlich gibt es Reibungen, wenn der Erst-schießen-dann-fragen-Ranger eigentlich waffenlos in London ermitteln muss, aber immer dann eine Wumme benutzt, wenn er diese einem Schurken abnehmen kann und damit notfalls auch in einem Wohngebiet rumballert, sehr zum Unvergnügen von Jennifers Chef Geddes (John Malkovich), oft nur Control genannt. Gedreht wurde nicht in der britischen Hauptstadt, sondern in Ipswich, was aber nur selten auffällt, da sich „One Ranger“ drehbuch- und budgetbedingt nicht in die großen Touri-Hotspots begibt, sondern seine Hauptfiguren eher in zweifelhafte Hotels und schummerige Underground-Bars schickt, wo IRA-Sympathisanten einem Death-Metal-Konzert lauschen. Wobei McBride den früheren Weggefährten teilweise zu extrem ist und deshalb mit einem Best-of-Baddie-Netzwerk aus mexikanischen Bankräubern, islamistischen Terroristen und russischen Gangstern zusammenarbeitet.
Dementsprechend rattert die Logik auch ein wenig: Die Begründung, warum ausgerechnet Alex nach London kommen muss, ist etwas dünn, der Plan des Schurken mit dem Einschmuggeln einer zerlegten Haubitze erscheint ein wenig umständlich. In Sachen Internationalität setzt „One Ranger“ vor allem auf überbetonte Akzente, sei es nun Alex‘ texanischer Drawl, das britische Englisch der Geheimdienstler oder das irische Englisch von McBride und seinen Sympathisanten. Dafür hält Johnson das Tempo ordentlich hoch, wechselt die Ermittlungsarbeiten des Protagonisten-Duos mit Mordanschlägen auf ihr Leben ab, sodass immer regelmäßig was los ist. Dass der Showdown dann erneut in Texas steigen muss, bildet einen Kreisschluss zum Auftakt, wirkt erzählerisch aber etwas forciert. Die Figuren sind eher Archetypen, haben durchaus Profil, mögen es nun der bärbeißige Ranger sein, für den McBride nur ein Krimineller wie jeder andere ist, der fanatisch-gerissene Terrorist oder die IRA-Chefin Angel (Rachel Wilde), die sowohl zu McBride als auch zum britischen Geheimdienst eine von Ambivalenzen geprägte Beziehung hat.
Das Hauptaugenmerk des Films liegt allerdings eh weniger auf dem zweckmäßigen Plot als auf den sauber-bodenständig inszenierten Actionszenen, die gut über den Film verteilt sind. Neben diversen Shoot-Outs gibt es den einen oder anderen Autocrash sowie diverse Nahkämpfe, unter denen vor allem die Duelle zwischen Alex und dem wuchtigen Oleg hervorstechen. Inszenierung und Schnitt sitzen, verzichten aber auf größere Finessen, manche Konfrontation ist nur leider etwas kurz geraten, sodass neben dem Action-Auftakt in erster Linie der Hotelzimmerfight und die Attentatsvereitelung herausragen – das eigentliche Finale in Texas ist dagegen fast etwas zu klein skaliert. Dafür sind die Production Values insgesamt etwas höher als etwa bei „The Butcher“ oder „The Debt Collector“, jedoch niedriger als etwa „Triple Threat“ oder „The 5th Commandment“.
Ein Glücksgriff für Johnson ist der Hauptdarsteller: Thomas Jane („Slayers“) mag akzentmäßig etwas zu dick auftragen, hat aber Charisma als moderner Cowboy mit bärbeißiger Attitüde. Dominique Tipper („Montana – Rache hat einen neuen Namen“) als seine Partnerin solide, leidet aber unter der drehbuchmäßig wenig ausgearbeiteten Figur. Schreiberisch sieht es bei Dean Jagger („Corbin Nash“) und Jess Liaudin („Night Fare“) als Antagonisten zwar nicht besser aus, aber diese haben ordentlich Präsenz und überzeugen damit auf ganzer Linie. Rachel Wilde („Boudica“) setzt kleinere Akzente, Patrick Bergin („Free Fire“) schaut für einen eher egalen Gastauftritt vorbei, während John Malkovich („Shattered“) seine Nebenrolle auf Autopilot für den Gehaltsscheck absolviert, wie man das in den letzten Jahren häufiger bei ihm sehen konnte.
„One Ranger“ ist weder eine Glanztat noch ein Schandfleck in der Filmographie von Jesse V. Johnson: Ein gut inszeniertes, wenn auch etwas uninspiriertes B-Picture mit funktionalem, nicht immer logischem Plot, gelungenen, aber teilweise kurzen Actionszenen und einer in Sachen Held sowie Antagonisten starken Besetzung. Das knappe Budget kann Johnson recht gut kaschieren, aber in seiner Filmographie gibt es Werke, die sowohl inhaltlich als auch inszenatorisch inspirierter waren.
Knappe:
In Deutschland kann man „One Ranger“ aktuell lediglich zahlungspflichtig bei Plattformen wie Amazon, YouTube oder AppleTV+ streamen. Von der FSK wurde er bisher nicht geprüft.
© Nils Bothmann (McClane)
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