Wir zelebrieren Actionfilme, die rocken!

Operation Red Sea

Originaltitel: Hong Hai Xing Dong__Herstellungsland: China__Erscheinungsjahr: 2018__Regie: Dante Lam__Darsteller: Zhang Yi, Hai Qing, Johnny Huang, Du Jiang, Zhang Hanyu, Jiang Luxia, Michelle Bai, Simon Yam, Jacky Cai, Wang Zhifei, Zhang Jiayi, Hou Yong u.a.
Operation Red Sea DVD Cover

Die Chinesen liefern mit “Operation Red Sea” ein beispielloses Actioninferno ab.

Nachdem uns in „Operation Mekong“ die Schlagkraft der neuen Weltpolizei China vorgestellt wurde, indem selbige das Goldene Dreieck im Alleingang vom Drogenhandel säuberte, zieht es die chinesischen Kampfverbände nun aus dem Dschungel gen Wüstenregion, wo sie im Windschatten von „Wolf Warrior 2“ nach dem Rechten schauen sollen. „Operation Red Sea“ heißt das daraus resultierende Knallbonbon, das zumindest im Sinne echter Actionfans richtig derbe durchrockt. Die Geschichte ist dabei so beliebig wie egal…

Alles beginnt vor der Küste Somalias, wo unsere chinesischen Superfighter ein von Piraten gekapertes Handelsschiff säubern. Dabei erwischt es den Sniper unseres Heldenteams gar heftig und selbiges verfällt infolgedessen kurz in Lethargie. Doch dafür ist natürlich keine Zeit, denn die Welt braucht die chinesischen Helden. Immerhin wurde in dem Fantasie-Staat Yewaire geputscht.

Hunderte Chinesen, die hier leben und arbeiten, hoffen darauf, schnellstens aus dem instabilen Land evakuiert zu werden. Obendrein jagen die Putschisten hinter einem Typ her, der nicht nur über den Verbleib einer beachtliche Menge radioaktiven Materials Bescheid weiß, sondern der auch über Bauanweisungen für eine schmutzige Bombe verfügt. Natürlich rückt daraufhin unser Team aufrechter Helden in Yewaire ein und arbeitet sich wie in einem Videospiel durch die verschiedenen Level kriegerischer Aufgaben.

Schaut in den knalligen Actioner “Operation Red Sea” hinein

httpv://www.youtube.com/watch?v=gIOCeyPrMYA

Man kann eigentlich gar nicht über die Handlung von „Operation Red Sea“ berichten, ohne in Häme oder Sarkasmus zu verfallen. Denn letzten Endes hat der Film von Dante Lam nicht wirklich eine Handlung. Alles, was einem hier in Sachen Story vor die Füße gerotzt wird, wirkt wie zufällig entstanden. Als habe es niemals ein Drehbuch für diesen Film gegeben. Folgerichtig hangelt der sich dann auch von Actionszene zu Actionszene und versucht gar nicht erst, so etwas wie handlungstechnischen Kitt zu etablieren oder gar Spannung aufzubauen.

In einer Tour werden militärische Befehle gebrüllt. Wird gerannt und gehechtet, geballert und gesprengt, verreckt und strammgestanden. Zwischendurch dürfen die Soldaten unserer Heldeneinheit zwar auch mal Zweifel an sich verbalisieren, rührende Geschichten erzählen oder traurig in die Kamera gucken, ernstnehmen kann man allerdings keinen dieser wie auf den Film draufgepappt wirkenden Momente. Zumal selbige größtenteils kaum länger als 60 Sekunden sind. Dann wartet schon die nächste Giga-Materialschlacht.

Operation Red Sea Sniper-Action

Ein Sniper bei seinem Intimduell mit einem anderen Sniper.

Und damit wären wir schon beim Thema. Denn was „Operation Red Sea“ an Action zündet, gehört definitiv zur Speerspitze im Genre. Fünf ausladend lange, in ihrem Aufwand teilweise beispiellos wirkende Actionszenen prasseln auf den Zuschauer ein und machen die auf dem Papier arg lang wirkenden, aber förmlich am Zuschauer vorbeifliegenden 139 Minuten Film zu einem einzigen Freudenfest fürs actionhungrige Auge.

Und obschon alle Actionszenen für sich genommen großartige Momente aufbieten (etwa endlich mal wieder in Bullet Time über die Leinwand zischende Projektile, die wild suppende Super-Slow-Motion-Einschussexzesse zur Folge haben), bilden die Actionszenen Nummer drei und vier die eigentlichen Herzstücke von „Operation Red Sea“. Bei der dritten Actionszene dreht sich alles um einen Konvoi, der von angreifenden Rebellen nach Strich und Faden zerlegt wird.

Wo sonst gerade Mörserbeschuss so gut wie nie treffen darf, ist hier JEDER Schuss ein Treffer. Die Folge: Riesige Feuerbälle, förmlich zerrissene Vehikel und splattrige Trefferwirkungen. Wer genau hinschaut, der kann sogar sehen, wie die Mörsergranaten erst durch die Chassis der Fahrzeuge schlagen, bevor sie sie von innen zerreißen. Und das mit einer irren Wucht. Zwar sieht man den Explosionen an, dass sie nachträglich mittels CGI aufgepumpt wurden – aber Heidewitzka, dürfen die scheppern.

Operation Red Sea Panzer-Action

Da, ein Panzer! Lass ihn uns sprengen!

Nebenbei beharken sich Sniper untereinander und bekommt man Bilder zu sehen, die in einem auf Unterhaltung ausgerichteten Actioner wie „Operation Red Sea“ für ordentlich Beklemmung sorgen. Denn der Film will die Folgen von Explosionen und Großkaliberbeschuss en detail aufzeigen. Arme werden abgeschossen und Beine gehen verloren. Ein ganzer Bus mit Zivilisten wird gesprengt und die Sanitäter stolpern in dessen Überresten über abgetrennte Köpfe und bücken sich unter an die Decke gesprengte Haut- und Körperreste hinweg, die von da herunterhängen.

So recht weiß man als Zuschauer gar nicht, ob man derartig realistische Einsprengsel in einem Film wie diesem überhaupt sehen will. Der Wucht dieser Actionszene, die mit einem irren Big Bang endet, sind diese hyperrealistischen Einsprengsel durchaus zuträglich – nur geschmackssicher sind sie definitiv nicht. Zumindest werden so der Krieg und damit verbundene Kampfhandlungen nicht durchweg glorifiziert.

Actionszene Nummer vier ist dann der absolute Hammer. In einer Stadt wird hier wirklich alles zerschossen und in die Luft gejagt. In einer auch laufzeittechnisch endlosen Aneinanderreihung von Actionschmuckstücken wird alles geboten, was Actionfans sehen wollen: Sniper-Duelle, wildes Geballer, Explosionen, deftige Brutalitäten, Heldentode und irre Momente, in denen beispielsweise eine Actionszene zwischen zwei Autos vollkommen eskaliert.

Operation Red Sea Straßenkampf

Natürlich gibt es auch Straßenschlachten in “Operation Red Sea”.

Und als wäre das noch nicht genug, fliegen irgendwann in Bullet Time die Projektile von Panzern durch die Stadt und durchschlagen diverse Mauern, bevor sie mit der ihnen innewohnenden Zerstörungswut alles niederreißen. Weil all das noch immer nicht reicht, gibt es auch noch ein Duell zwischen mehreren Panzern in der Wüste on top dazu. Inklusive Sandsturm. Kurzum: In dieser Actionszene kennt der Film kein Halten mehr und wird alles eingerissen, was man als Fan westlicher Actionfilme als Nonplusultra angesehen hat.

Spätestens wenn hier Mauern mit großkalibrigen Vorschlaghämmern Stück für Stück abgetragen werden, bis man endlich dem Gegner den finalen Headshot verpassen kann, kommt man aus dem Staunen gar nicht mehr raus. Was die Amerikaner sich schon lange nicht mehr trauen, zu zelebrieren, die Asiaten tuns. Ja, so manche Szene wirkt ein wenig künstlich, weil die Rechenknechte der Chinesen noch immer nicht hundertprozentig rundlaufen. Aber alles Handgemachte drumherum ist einfach irre. Alleine schon die Kriegsgebiete, in denen die Action steigt, und wie diese zerlegt werden, das ist ganz großes Actionkino.

Nur das Drumherum ist halt leider nichts wert. Denn nicht nur die Story lahmt, auch darstellerisch ist hier nichts los. Eben weil es auch keine fordernden Szenen für Darsteller gibt. Dementsprechend austauschbar geraten die Helden. Und dementsprechend wenig berührt deren Schicksal, obschon sie gerade in Actionszene Nummer vier in ein unvorstellbares Schlachthaus geraten und hier fein säuberlich in Filets geschossen werden.

Operation Red Sea Action satt

Ein Bild aus der “Konvoi-Actionszene”.

Dazu kommt, dass der in „Operation Mekong“ durchaus charismatische Anführer der Einheit, gespielt von Hanyu Zhang, hier komplett zurückgenommen wird und die Einheiten von einem Kriegsschiff aus dirigiert, ohne auch nur einmal in die kriegerischen Geschehnisse einzugreifen. Und den immer charismatischen Simon Yam („Lethal Warrior“) verheizt Dante Lam gar in einem einzigen, winzigen Auftritt.

Dafür weiß die Inszenierung von Dante Lam durch die Bank zu begeistern. Seine Kamera ist beständig in Bewegung. Fliegt über die Schauplätze hinweg, in Bomben hinein, aus Gewehren heraus und durch Wände hindurch. Dazu gesellen sich farbsatte Bilderwelten, die vor allem in den Wüstenschauplätzen amtlich aufdrehen. Bei der Action ist er immer Herr der Lage. Behält die Übersicht, wird nie zu hektisch und hat, es sollte schon durchgeschienen sein, viel Spaß an handgemachten Gewalttätigkeiten.

“Operation Red Sea” bietet rabiate und kompromisslose Action – aber leider nicht mehr

Was am Ende bleibt, ist ein wahrhaft kompromissloses Actionfeuerwerk, in dem von Minute eins an die Luft brennt und die Helden in immer größer skalierte Actioninfernos geraten. Diese sind auf den Punkt inszeniert, irre aufwändig und für Actionfans ein wahres El Dorado an großen Bildern, bei denen sich zudem noch nie gesehene Momente untermischen. Mit der Action kann in „Operation Red Sea“ abseits von Dante Lams energetischer Inszenierung aber wirklich gar nichts mithalten. Die Story ist mit „hauchdünn“ noch beschönigend umschrieben, die Charaktere sind einem absolut schnurz, die Darsteller bleiben auch aufgrund von Uniform und Co. vollkommen gesichtslos und so manche Pathosszene ist so himmelschreiend dumm, dass man das Klatschen der vor den Kopf geschlagenen Hand noch im Nachbarort zu hören vermag.

Was dafür erstaunt, ist, wie “zurückhaltend patriotisch” der Werbefilm für die chinesische Navy geraten ist. Klar, es gibt auch hier saudoofe Szenen – etwa wenn die Chinesen ihre evakuierende Armee mit winzigen Chinaflaggen empfangen oder die finale Einblendung der internationalen Notrufnummer für Chinesen – und natürlich treffen die Chinesen alles und die Unterstützungseinheiten vor Ort sowie die Lumpen nichts, aber gerade im Vergleich zu Filmen wie „Wolf Warrior 2“ ist „Operation Red Sea“ gerade mal auf Michael-Bay-Niveau, was das Abfeiern der Großartigkeit der eigenen Nation angeht. Zumindest sorgten die verbliebenen Patriotismusreste für eine großzügige Unterstützung der Produktion durch die chinesische Armee, die mal eben jeden denkbaren Kampfverband der Navy an der Kamera vorbeisteuert. In Verbindung mit der nicht vorhandenen Story wähnt man sich infolgedessen bei „Operation Red Sea“ häufiger mal in einer Art Doku mit Red-Bull-Werbeoptik und weniger in einem richtigen Film.

6 von 10

Die Review basiert auf der technisch hervorragenden Blu-ray von Well Go USA. Die ist wie die DVD vom gleichen Label codefree und uncut. In Deutschland erschien der Actioner am 26.10.2018 von dem Label Splendid Film auf DVD und Blu-ray und darf sich durchaus glücklich schätzen, mit einer FSK 18 unbeschadet die FSK passiert zu haben.

In diesem Sinne:
freeman

Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love

Copyright aller Filmbilder/Label: Splendid Film__Freigabe: FSK 18__Geschnitten: Nein__ Blu-ray/DVD: Ja/Ja

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