Originaltitel: Behind Enemy Lines__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1986__Regie: Gideon Amir__Darsteller: David Carradine, Charles R. Floyd, Mako, Steve James, Phil Brock, Daniel Demorest, Tony Pierce, Steve Freedman, James Acheson, Rudy Daniels u.a. |
Der Vietnamkrieg liegt in den letzten Zügen. In den nächsten Tagen soll ein Friedensabkommen unterzeichnet werden. Was den Amerikanern daran so gar nicht schmeckt: US-Soldaten, die nach der Unterzeichnung noch in irgendwelchen Gefangenenlagern vor sich hin darben, werden ab diesen Zeitpunkt als vermisst oder gefallen eingestuft. Was bedeutet, dass nicht mehr nach ihnen gesucht werden darf.
Infolgedessen wollen die Amerikaner in den verbleibenden Tagen noch so viele Vietcong-Gefangenenlager wie möglich plattmachen und US-Soldaten befreien. Colonel Cooper führt eine solche Mission an und landet gleich zu Beginn von „P.O.W. – Die Vergeltung“ in einer etwas – nennen wir es – seltsamen Actionszene. Alles beginnt wunderbar knallig. Helikopter kreisen über einem gewaltigen Lager. Raketen zischen. Strohhütten explodieren und Wachtürme fallen um. Nur Gegenwehr ist eigentlich keine auszumachen.
Als die Helikopter von Coopers Truppe gelandet sind, hechten die Soldaten aus den Bäuchen der Maschinen und stürmen das Lager. Dabei ballern sie unentwegt. Man erkennt nur nie, worauf sie schießen, denn es sind definitiv keine Vietcongs in dem Lager. Selbiges ist letzten Endes sogar total leer. Und trotzdem ballern die Soldaten. Und ballern und ballern und ballern. Genau in dem Moment, in dem man den TV anbrüllen will, worauf die da ballern, lässt Cooper endlich das Feuer einstellen.
Und genau in dem Moment brechen die Vietcong aus dem umgebenden Unterholz. Und was machen die Amerikaner? Klar, sie rennen weg. Haben vermutlich alle Munition verballert. Blöderweise wird diese Szene in ihrer Dummheit nicht die einzige bleiben. Ganz im Gegenteil. „P.O.W. – Die Vergeltung“ findet ganz viele Möglichkeiten, den Zuschauer dazu zu bringen, sich die flache Hand vor die Stirn zu schlagen.
Schaut in den Actioner mit David Carradine hinein
httpv://www.youtube.com/watch?v=qz6WW71MeDI
Da will Cooper den fiesen Lagerkommandanten nicht killen, weil der in dem Moment gerade verletzt am Boden liegt und echte Soldaten keine Verletzten killen. Mitten im Gefecht beschließt Cooper irgendwann, dass die Rettung einer US-Flagge höchste Priorität genießt. Und obschon er gerade mühevoll mit einigen Kriegsgefangenen geflohen ist, beschließt er mit selbigen und ohne Waffen anderen eingeschlossenen GIs auf einem Schlachtfeld zu helfen. Echt irre. Dazu gesellen sich Szenen, in denen ein Charakter mit einem Auto von einem Schauplatz flieht, schnell zu diesem zurückmuss und dazu nicht etwa einfach die Karre wendet. Nein, er stellt sie ab und läuft zurück!
Kurzum: „P.O.W. – Die Vergeltung“ ist keine Unterhaltung für den Kopf. Dafür aber für den Bauch. Denn der Streifen von der Cannon Group ist immer in Bewegung und sorgt für feinstes Dauerfeuer. Wie es dazu kommt? Nunja, Cooper wird nach der einleitenden missglückten Befreiung des Vietcong-Lagers gefangengenommen und Nam-Exploitationtypisch in weitgehend unter Wasser stehenden Käfigen festgehalten. Derweil quält der Lagerkommandant die anderen Gefangenen. Fluchtversuche misslingen und und und. Die Klischee-Maschine läuft – Fiese Fallen im Dschungel Vietnams inklusive. Bis auf einmal ein unerwarteter Schlenker aufkommt.
Der Lagerkommandant weiß nämlich nur zu genau, was er da für einen prominenten Gast hat. Als seine Parteivorsitzenden von ihm verlangen, Cooper nach Hanoi zu bringen, damit man diesen für die eigene Sache instrumentalisieren könne, keimt im Kommandanten ein ganz anderer Plan auf. Er will mit Cooper und einem gehörigen Berg an Kriegsbeute in Richtung befreiter Gebiete aufbrechen und hofft darauf, Cooper dazu zu bewegen, für ihn ein gutes Wort bei der US-Regierung einzulegen. Cooper willigt erst ein, als sich der Kommandant bereit erklärt, alle im Lager verbliebenen Gefangenen ebenfalls mitzunehmen.
Es knallt und rumpelt häufig in dem Cannon-Actionfilm
Das ist der Startschuss für eine Tour der Explosionen und blauen Bohnen. Denn der Konvoi aus fiesen Vietcongs und aufrechten Gefangenen gerät immer wieder an feindliche Truppen und muss ums Überleben kämpfen. Dabei steigen gigantische Feuerbälle gen Himmel und wird wie bekloppt am Bodycount gedreht. Leider fehlte das Geld für feine Bluteffekte. Und so sinken die Heerscharen an Toten leicht theatralisch zu Boden, ohne dass der Lebenssaft passig verspritzt wird. Schade.
Aber ansonsten kann man sich bei der sehr häufig aufkommenden Action wahrlich nicht beschweren. Sogar der sonst immer sehr behäbig wirkende David Carradine („Der Krieger und die Hexe“) hatte sichtlich Bock auf den physischen Part seiner Rolle, schlägt mit Kung-Fu-Moves um sich und verteilt mit Riesenwumme hechtend und rettend die blauen Bohnen. Darstellerisch wirkt er zwar leicht gelangweilt, aber zum Glück gibt es kaum Gelegenheit zum eigentlichen Spielen.
Als Carradines Gegner agiert ein fieser Mako („Silent Assassins“) und ein permanent wie ein getretener Hund dreinblickender Charles R. Floyd stiehlt als opportunistischer Sparks Carradine fast die Show. Leider beginnt der um ihn aufgebaute Subplot schnell zu nerven, da er mehrfach vom eigentlichen Actionstrang der Story ablenkt. Fanliebling Steve James („Night Hunter“) verkommt dagegen leider viel zu schnell zum reinen Stichwortgeber und darf auch in der Action erstaunlich wenig reißen.
Technisch wirkt „P.O.W. – Die Vergeltung“ vor allem rund um die Action unerhört aufwändig. Die Zerstörung des Lagers direkt zu Beginn hat ein „Rambo 2“ auch nicht besser hinbekommen. Und wenn im weiteren Verlauf Brücken mit Tanklastern und eine Armybase inklusive sie beherbergendem Berg weggesprengt werden, bekommt man vor allem aus heutiger Sicht Sabberfäden in den Mundwinkeln. Derart infernalische Explosionen, handmade versteht sich, hat man lange nicht gesehen.
Abseits der Action ist „P.O.W. – Die Vergeltung“ ebenfalls sauber inszeniert und farblich eher gedeckt gehalten. Regisseur Gideon Amir ist zudem sichtlich um Abwechslung bemüht. Wir sehen Straßen, die von zerstörtem Kriegsgerät gesäumt sind, Menschenmassen, die sich auf ihrer Flucht auf den Straßen drängen, Flüsse, die für gefährliche Raftingtouren herhalten müssen, Hurenhäuser und mal wieder doubeln die Philippinen sehr überzeugend Vietnam und dessen Dschungel. Wohingegen die Philippinos nun nicht wirklich wie Vietnamesen aussehen. Die Musik verrichtet zwar eher unauffällig ihren Dienst, weiß unter der Action aber durchaus zu gefallen.
„P.O.W. – Die Vergeltung“ rockt schön blöd
Ja, „P.O.W. – Die Vergeltung“ reiht definitiv die eine oder andere doofe Szene zu viel aneinander. Warum beispielsweise bleibt der eine GI in seinem Boot sitzen, während alle um ihn herum angesichts eines Wasserfalls panisch ins Wasser springen? Nur eine weitere, echt beknackte Szene des Streifens. Aber gelingt es, diese ganze Reihe an Unsinnigkeiten auszublenden, macht der Vietnam-Actioner wirklich eine Menge Spaß.
Die Story ist gar nicht mal so blöd erdacht – die Motivation des Oberfieswichts richtiggehend clever. Zwar hätten manche Story-Ingredienzien wie die Kriegsbeute des Lagerkommandanten noch interessantere Plot-Variationen möglich gemacht, aber auch so bleibt das Tempo immer hoch und wird es tatsächlich niemals langweilig. Was auch und vor allem an der teils spektakulären Action liegt, die jedem aktuellen B-Film in ihrem Aufwand eine lange Nase dreht.
Der Nam-Actionfilm erschien am 12. November 2020 von Explosive Media über Koch Media im deutschen Handel. Mit einer FSK 18 ungeschnitten. Die relativ kontrastarme Optik von DVD und Blu-ray geht auf das Stilmittel der gedeckten Farben zurück. Allgemein scheint das Master für den Film aber nicht das Beste gewesen zu sein. Vor allem gibt es bei Nachtszenen im Hintergrund eine überdeutliche Klötzchenbildung zu sehen.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
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