Originaltitel: Pirates of the Caribbean: On Stranger Tides__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2011__Regie: Rob Marshall__Produktion: Jerry Bruckheimer__Darsteller: Johnny Depp, Penélope Cruz, Geoffrey Rush, Ian McShane, Kevin McNally, Sam Claflin, Astrid Bergès-Frisbey, Stephen Graham, Keith Richards, Richard Griffiths, Judi Dench, Gemma Ward u.a. |
Jack Sparrow ist zurück! Zur Sanierung von Jerry Bruckheimers („Deliver Us From Evil“) Kasse gab es vier Jahre nach dem eigentlichen Trilogie-Abschluss etwas Neues für die „Fluch der Karibik“-Fans, mit der Hoffnung auf weitere Ableger, die allerdings weitere sechs Jahre auf sich warten ließen.
Leider muss die erste Feststellung lauten, dass Jack Sparrow (Johnny Depp) nicht nur seinen Novitätenbonus aufgebraucht hat, sondern dass auch jeder Trick, den der Film ziehen will, bereits im Ansatz erkennbar ist: Jack Sparrow soll angeklagt werden, sein Gesicht ist verhüllt – also wird es nicht der echte sein. Ein Richter betritt den Saal, sein Gesicht ist nicht zu sehen – dies muss also der echte Jack Sparrow sein. Kurz darauf ficht Jack gegen einen Doppelgänger, dessen Gesicht nur schemenhaft zu sehen ist – es muss also Neupiratin Angelica (Penélope Cruz) sein.
Jack Sparrows Doppelgängerin ist im Auftrage des finsteren Blackbeard (Ian McShane) unterwegs, der den Jungbrunnen finden will – genau wie die englische und die spanische Regierung. Das britische Königshaus schickt den mittlerweile zum Berater aufgestiegenen Barbossa (Geoffrey Rush) los und da Jack den Weg zum Jungbrunnen kennt, schiebt er mehr oder minder freiwillig Dienst auf Blackbeards Fregatte. Warum die Figuren den Jungbrunnen nun finden wollen, das ist eher schwach ausgearbeitet, selbst bei Blackbeard, der einen konkreten Grund angibt: Vergebung. Doch wofür? Zur Erklärung dessen bleibt die Figur zu unausgearbeitet.
Doch den Jungbrunnen muss man nicht nur finden, sondern auch die richtigen Artefakte dabei haben: Zwei silberne Kelche und die Träne einer Meerjungfrau. Doch Blackbeard hat Pläne auch diese auf der Reise zu beschaffen…
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„Fluch der Karibik 4“ bessert so einige Schwachpunkte des direkten Vorgängers aus, der Prolog leitet zügig in die eigentliche Geschichte ein und ist ausgesprochen charmant in Szene gesetzt (Jacks Flucht aus der Gewalt der Engländer ist die vielleicht beste Szene des Films) und auch im punkto Überlänge hat man die Laufzeit wieder etwas zurückgeschraubt. Leider hat der neueste Karibikfluch dann ganz neue Probleme eingepackt, was bei der geradlinigen Geschichte anfängt. Der Verzicht auf Geschwurbel und unnötige Pseudokomplexität mag ja im Abenteuerfilm an sich eine gute Sache sein, leider ist „Fluch der Karibik 4“ völlig durchschaubar (selbst Jacks letzte Finte im Finale ist alles andere als unerwartet) und angesichts der mangelhaften Figurenmotivation fehlt es gradlinigen Jungbrunnenhatz an Spannung und Schärfe.
Schreiberisch liegt hier sowieso einiges im Argen: Da führt man den in Blackbeards Schiff eingebauten Flammenwerfer vor, aber er kommt nie in einer Seeschlacht zum Einsatz, sondern nur in zwei Szenen – anscheinend bloß um des 3D-Effektes willen. Doch die machen den Film nur bedingt interessanter, wirklich beeindruckend sieht nur aus der Leinwand herausragende Skeletthand gegen Filmende aus. Ebenfalls vollkommen unnötig, aber wohl um des weiblichen Publikums drangeschrieben kommt eine Liebesgeschichte zwischen Missionar und Meerjungfrau daher, Philip (Sam Claflin) und Syrena (Astrid Berges-Frisbey) dürfen Ersatz-Will und Ersatz-Elizabeth abgeben, doch wo die Originalfiguren von Anfang an die Geschichte integriert waren, so wirken ihre Quasinachfolger einfach nur wie unnützes Beiwerk. Ebenfalls dreist ist das Filmende, das bereits jede Menge Verweise für einen möglichen Nachfolgefilm raushaut und daher nur teilweise abgeschlossen wirkt.
Natürlich kann „Fluch der Karibik 4“ auf altbekannte Qualitäten bauen: Im Hintergrund wummert das bekannte „Pirates of the Caribbean“-Theme wuchtig wie eh und je, die Effekte setzen keine Maßstäbe, sehen aber toll aus und auch im Actionbereich gibt es wieder Fechtduelle, leinwandfüllende Explosionen und sonstige Schmankerl wie die Attacke der Meerjungfrauen (deren Design sich arg am damals aktuellen Vampirhype orientiert). Die Action-Set-Pieces der Vorgänger waren insgesamt beeindruckender, doch bis auf den etwas schwächelnden Showdown liefert „Fluch der Karibik 4“ durchaus. Und natürlich gibt es wieder reichlich Jack Sparrow, der mit gewohnt lockerer Zunge durch die Gegend hüpft, auch wenn die charmanten Dreistigkeiten nicht mehr ganz so frisch ausfallen – am amüsantesten ist wohl das erneute Zusammentreffen Jacks mit seinem Vater Captain Teague (Keith Richards).
Johnny Depp („Lone Ranger“) ist in seiner Paraderolle erneut mit viel Elan dabei, kann aber auch nicht ganz verhehlen, dass die Frische fehlt, die Jacks Sparrows ersten Auftritt als Novum auszeichnete. Geoffrey Rush („Gods of Egypt“) zeigt ebenfalls Spiellaune und kann überzeugen, während man Penélope Cruz („Corellis Mandoline“) schon feuriger und überzeugender gesehen hat. Ian McShane („John Wick“) ist etwas verschenkt, seine Auftritte insgesamt aber doch recht stark, während sich Sam Claflin („The Hunger Games: Catching Fire“) und Astrid Berges-Frisbey („King Arthur: Legend of the Sword“) nicht viel Mühe geben ihre blassen Parts mit Leben zu füllen.
Jack Sparrow ist zurück – na und? So muss das etwas ernüchternde Fazit lauten. Handwerklich ist auch „Fluch der Karibik 4“ durchaus gelungen, die Besetzung kann sich durchaus sehen lassen, aber das Drehbuch zeugt von schreiberischer Lustlosigkeit, es fehlt an frischem Wind in den Segeln der Karibiksaga. Durchaus passable Unterhaltung, aber der Abwärtstrend der Reihe hält leider weiter an.
Knappe:
Wie seine Vorgänger ist auch der vierte „Fluch der Karibik“ auf DVD und Blu-Ray bei Walt Disney/Buena Vista erschienen, sowohl einzeln als auch im Verbund mit den drei vorigen Filmen erhältlich. Das Bonusmaterial fällt mit zwei Featurettes (sowie einem Audiokommentar auf der Blu-Ray) jedoch recht spärlich aus.
© Nils Bothmann (McClane)
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