Originaltitel: Pit Fighter__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2004__Regie: Jesse V. Johnson__Darsteller: Dominique Vandenberg, Steven Bauer, Stephen Graham, Stana Katic, Fernando Carrillo, Giancarlo Valentino, Scott Adkins, Alice Amter, Erich A. Muller, Catherine Munden u.a. |
Jack ist ein echter Motherfucker. Ein Killer. Ein dreckiger Killer obendrein. Ein Killer, der für 7000 Dollar alles umnietet, was bei drei nicht auf den Bäumen ist. Und nur weil ihn jemand bezahlt hat, heißt das noch lange nicht, dass Jack demjenigen treu ergeben ist. Oh nein. Es kann sogar sein, dass er seinem Auftraggeber eiskalt in den Rücken fällt. So auch diesmal. Doch diesmal hat sich Jack mit den Falschen angelegt. Mit Kugeln in allen lebenswichtigen Organen wird er von einem ehemaligen Kompagnon nach einer schweren Schießerei aufgefunden und an einen sicheren Ort verbracht. Hier wird Jack wieder aufgepäppelt. Körperlich ist er schnell wieder fit, doch er leidet an Amnesie. Kein Wunder, fehlt ihm doch seit der Schießerei auch ein Stück Hirnmasse! Doch an elementare Sachen kann er sich erinnern. So etwa daran, dass er wie ein Berserker kämpfen kann. Sein neuer Kumpel Manolo erkennt dies schnell und leiert ein paar Ultimate Fights an, in denen Jack seine Gegner reihenweise auf die Bretter schickt. Wo seine Fäuste einschlagen, hinterlässt er verbrannte Erde. Und allmählich kommt auch Jacks Erinnerung wieder, nur ihm deucht immer mehr, dass da nicht viel war, woran es wert wäre, sich zu erinnern. Doch insbesondere der auf seine Brust tätowierte Name “Marianne” weckt seine Neugier …
httpv://www.youtube.com/watch?v=hUKi-ejSLoc
Die neueste Story weiß Jesse V. Johnsons („The Butcher“) Streifen wahrlich nicht zu erzählen. Doch das ist gar nicht sonderlich interessant, denn es ist weniger die Story, die zählt, als vielmehr die Art, wie sie präsentiert wird. Johnson beginnt „Pit Fighter“ in der Jetztzeit. Mit einem knüppelharten Fight, den Jack scheinbar nur mühsam übersteht. Daran knüpft Johnson eine lange Rückblende, die zwar offen legt, wie Jack in dem Ring gelandet ist, doch die ganz großen Zusammenhänge hält Johnson gekonnt zurück. Immer wieder wirft er mit fragmentarisch eingeworfenen Flashbacks neue Rätsel und Fragen um Jack auf und macht sich einen Spaß daraus, hier und da sogar Bilder zukünftiger Ereignisse einzuweben. Das große Ganze, alle Verknüpfungen zwischen den Figuren und alle Fragen zu Jack klärt er erst vor dem großen Showdown. Und das Tolle daran: Es funktioniert! Den großen Dramatikern macht Johnson zwar wahrlich nichts vor, doch so manchem Vertreter seiner eigenen Actionzunft schon. Aufgrund dieser Erzählweise hält Johnson konstant einen bestimmten Spannungspegel und kann das Interesse des Zuschauers eigentlich permanent an sein Projekt binden. Dieser Ansatz heißt zugleich aber auch, dass es hier nicht permanent auf die Glocke geben kann und dass es Schauspieler braucht, die auch über die eine oder andere lange Actionpause hinweghelfen müssen.
Und auch hier punktet „Pit Fighter“. Eine große Überraschung stellt dabei Steven Bauer dar. Der Mime, der dank Kulthits wie „Scarface“ immer wieder einmal zum Sprung in Richtung Superstar ansetzte, es aber nie schaffte, stemmt in Gestalt des Manolo einen der sympathischsten Heldensidekicks seit Jahren, der von Johnsons Drehbuch obendrein ein paar coole Oneliner in den Mund gelegt bekommt und sogar so etwas wie charakterliche Tiefe vorweisen kann! Als Sahnehäubchen obendrauf gibt es den wohl coolsten Abgang eines Charakters seit Ewigkeiten! Bauer bedankt sich seinerseits mit einem ungemein charismatischen Auftritt! Man könnte nun fies sein und mutmaßen, dass Bauer wohl nur gecastet wurde, um den Fast Neuling Dominique Vandenberg alias Jack durchzuschleifen, doch man würde recht schnell feststellen, dass es das gar nicht brauchen würde. Denn Vandenberg spielt! Und zwar richtig gut! Am meisten überzeugt er als naiv anmutender Pit Fighter, der extrem gutmenschelt und es als seine Pflicht ansieht, seine Gegner nicht zu demütigen, weswegen sie ihn vor seinen massiven Finishing Moves brachialst zermantschen dürfen! Doch auch als bösartiger Jack weiß Vandenberg mit einer brillant arroganten Attitüde vollauf zu überzeugen. Und wenn er von dem gutartigen Fighter Mode in den fiesen Jack Mode schaltet, entstehen vor dem Auge des Zuschauers derart konträre Charaktere, dass man vor allen bei den Gewalteruptionen des bösen Jack unbewusst zusammenzuckt und sich fast schon verstört fragt, ob das wirklich ein und dieselbe Person ist (als Höhepunkt sei die Axtszene genannt). Top! Der Rest des Castes rekrutiert sich zwar nur aus Kanonenfutter für Jack, macht seine Sache aber dennoch erstaunlich gut!
Erstaunlich gut … das trifft auch die Inszenierung von Jesse Johnson. Bei einem angeblichen Budget von knapp 500 000 Dollar stemmt er einen Film, der ausschaut, als habe er locker das 20igfache gekostet. Wenn nicht noch mehr! Seine präzisen Bilder bersten teils vor Farben, sind dynamisch, energetisch und voller Kraft. Hier mal ein Farbfilter, da ein geschickt platzierter Zoom, nette Perspektiven … Nichts an „Pit Fighter“ atmet den Mief einer No Budget Produktion. Vergleicht man vor allem mit dem vor kurzem veröffentlichten – ebenfalls – No Budget Projekt „Honor“, tun sich qualitätsmäßig im Bereich Optik und Schauplätze Welten auf! Zugunsten von „Pit Fighter“! Und mittendrin explodiert dann die Action. Und auch hier holt Jesse V. Johnson das Maximum aus den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln heraus. Clever und rasant montiert, entsteht der Eindruck, Johnson habe aus bis zu 5 oder 6 Perspektiven gleichzeitig gedreht, was wohl den Budgetrahmen locker gesprengt hätte. Manchmal geht er mitten rein, ab und zu gibt es die Totale, allerdings aus immer neuen Perspektiven und Einstellungen. Die Angst vor dem Stillstand als Motor … so könnte man es umschreiben. Und dementsprechend ordentlich schaut die Action dann auch aus! Hier und da verstärkt durch witzige Spielereien, in denen Johnson kurz und unvermittelt das Geschehen heranzoomt und wieder aufzieht und so den Eindruck besonders heftiger, den Zuschauer erschütternder Treffer erzeugt. Den Höhepunkt der Actioninszenierung bildet eine toll montierte Kampfsequenz, die sich Schlag um Schlag in ihrer Brutalität immer mehr steigert. In diese harten Sequenzen schneidet Johnson den sehr heißen Lap Dance einer sich immer mehr entkleidenden mexikanischen Zaubermaus. Das Ergebnis ist ein verstörter Zuschauer, der trotz enormer Blutschwalle dem Geschehen eine seltsam erotische Grundnote einzuräumen beginnt. Und genau in diesen Moment hinein schneidet Johnson eine weitere Subhandlung, die genau dann endet, wenn das Chick nackt ist und Jack gewonnen hat … Nach dieser Sequenz entfuhr mir ein begeistertes “Wow!” …
Und genauso wie der technische Aspekt der Action stimmt, so stimmt auch der Inhalt. Wenn die Kämpfer aufeinanderprallen, rummst es richtig! Hier wird gekämpft auf Gedeih und Verderb. B-Noten gibt es nicht. Dementsprechend roh und ungeschliffen wirkt die Choreographie, die ohne jegliche Schnörkel daherkommt. Hier und da gibt es mal ein hohes Bein und einen spektakuläreren Tritt, doch im Endeffekt geht es um Effizienz. Mit erquicklichen Ergebnissen: Offene Brüche, Blutsturzbäche, auf ansatzweise vernarbte Wunden einhauende Gegner und ein Glaskörper! der durch Schlageinwirkung!! aus der Augenhöhle gedonnert wird!!! Inwiefern nun Jacks seltsames Gebaren, sich erst verzimmern zu lassen und dann brachialst zu kontern, als realistisch durchgeht, muss jeder für sich selbst entscheiden, ansonsten legt Johnson bei der Action aber großen Wert auf Realismus …
Zumindest bis zum Showdown, denn da wird es dann (Achtung, eine meiner Lieblingswendungen) machomäßig. Machomäßig blöd. Aber machomäßig. Hier kippt Johnson den Realismusansatz seiner Action vollends über Bord und präsentiert einen im Rambomode mit einem Maschinengewehr um sich ballernden Vandenberg, der im Alleingang alle offenen Fragen mit Blei beschwert und über den Jordan schickt. Hier stößt Johnson dann allerdings an die Grenzen seines Budgets. Zwar bleibt die Action nett inszeniert und recht blutig, doch fehlte hier und da sichtlich eine weitere Kamera, um zum Beispiel die Entfernungsverhältnisse zwischen den Kombattanten stärker zu verschleiern. Denn wenn ein ohne Deckung um sich ballernder Held keine vier Schritte von seinen ebenfalls wild um sich ballernden Gegnern steht, ist die geringe Trefferquote auf beiden Seiten doch arg unglaubwürdig, um nicht zu sagen lächerlich. Ein paar mehr Sequenzen im Schnitt – Gegenschnittverfahren hätten hier Wunder gewirkt. Aber: Was will man(n) ohne Geld schon groß reißen? Zumindest reicht es für eine machomäßig blöde Erhöhung des Bodycounts mittels MG, Säbel!!! und beidhändigem Schusswaffengebrauch. Das etwas atypische Ende ist dann zwar nicht ganz so originell, wie vermutlich vom Drehbuch erhofft, aber na ja …
Und damit kommen wir zu den negativen Seiten an „Pit Fighter“. Da wäre der erwähnte, zu überkandidelte Showdown. Obendrein erlaubt es sich Johnson Scott – Wirbelwind – Adkins („The Expendables 2“) zu besetzen und ihn in einer reinen Dialogrolle zu verheizen! What the Fuck? Und dann noch der Hauptdarsteller. Denn so gut Vandenberg auch spielen mag, ihm fehlt vor allem zum Actionhelden noch Einiges. Er ist nicht markant genug. Es fehlt auch und vor allem an einer eindrücklichen Gestalt. Er wirkt abseits des Ringes sogar schmächtig und immer, wenn er in den Kämpfen hinter seinen Fäusten in Deckung ging, fühlte ich mich seltsam belustigt. Es wirkt ab und zu unbeholfen, was er da macht, als verstecke er sich. Da ist ab und an kein echtes Selbstvertrauen in den Actionszenen vorhanden. Das mag sich vielleicht mit weiteren Projekten ändern, doch hier muss ich persönlich konstatieren, dass mir etwas Entscheidendes fehlte: Charisma und Ausstrahlung eines Actionhelden … was es eben vor allem für das kaputte Ende massivst gebraucht hätte! Deswegen wurde ich im Endeffekt auch nie richtig warm mit dem ganzen Film. Genauso unpräsent ist leider der Score und wie man einen blutigst brutalen Kampf mit einer tänzerischen Musik unterlegen kann, die das Kampfgeschehen eher konterkariert denn unterstützt, wird mir auf ewig ein Rätsel bleiben.
Viel mehr zu mäkeln gibt es eigentlich nicht. Vielmehr gibt es einiges zu hoffen. Denn Jesse Johnsons Folgefilm „The Last Sentinel“ mit meinem Liebling *hust hust* Don Wilson versetzte unlängst das Fandom in Verzücken und der Trailer zu seinem neuesten Streifen „Alien Agent“ zeigt einen wie entfesselt um sich kickenden und schlagenden Mark Dacascos … Johnson (der offensichtlich viele Erfahrungen aus seiner Arbeit als Stuntman an Projekten wie „MI:3“ und „T3“ oder als Second Unit Regisseur bei Projekten wie „Die Verurteilten“ mitnehmen konnte) wird man im Auge behalten müssen. Hier könnte Großes auf uns zu kommen …
Im Endeffekt ist „Pit Fighter“ ein angenehm harter Ultimate Fighting Kickerstreifen geworden, der ein wenig unter seinem schwachen Helden leidet und im Showdown einfach zuviel will. Die gängigen aktuellen B-Action DTV Produktionen steckt er dank netter Erzählweise, top Inszenierung und leckerer (Ostblock- und Stock Footagefreier) Action mühelos in die Tasche!
Die deutsche DVD von Movie Power wird über MIG vertrieben und ist mit einer Spio/Jk ungeschnitten.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
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