Originaltitel: War for the Planet of the Apes__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2017__Regie: Matt Reeves__Darsteller: Andy Serkis, Woody Harrelson, Steve Zahn, Judy Greer, Ty Olsson, Max Lloyd-Jones, Terry Notary, Allesandro Juliani u.a. |
Die Trilogie ist nun vervollständigt und unabhängig von den Zuschauerzahlen hat man in der 2017er-Retrospektive das Gefühl, “Planet der Affen: Survival” sei verglichen mit einem „Alien: Covenant“, einem „Star Wars Episode VIII“ oder einem „Blade Runner 2049“ als Diskurs nur unzureichend verhandelt worden.
Man könnte das Nichtstattfinden seiner Nachbetrachtung als einen „Fluch des Konsens“ bezeichnen. Es ist nicht so, dass man dem Abschluss der Geschichte um den Affen Caesar und seine Revolution nicht die gebührende Anerkennung zuteil werden ließ – es herrscht eben gerade so viel Einigung darüber, wie beeindruckend die dreiteilige Saga als Gesamtwerk ist, dass sie ironischerweise recht schnell zu den Akten gelegt und nicht mehr entscheidend nachverhandelt wurde.
Dabei bietet dieses Finale einer Parabel auf die menschliche Natur unter all den Blockbustern des Jahres nach „Blade Runner 2049“ wohl den tiefsten Raum für Interpretation und Einordnung, selbst wenn er bezüglich des eingeschlagenen Weges keine großen Überraschungen bereithält. Die Unlust an einem breiten Filmdiskurs könnte darin begründet liegen, dass es wieder Matt Reeves ist, der auf dem Regiestuhl sitzt. Er verbindet die Nähte zum selbst geschaffenen Mittelstück so nahtlos, dass man in der Rückschau von einem Gesamtwerk sprechen muss, das letztlich, so hat man das Gefühl, mit Erscheinen der ersten beiden Teile bereits ausreichend diskutiert wurde. Seit „Herr der Ringe“ hat es vielleicht keine Trilogie mehr gegeben, die sich so organisch zu einem einzelnen Film in drei Akten verbunden hat.
Schaut in den Trailer von “Planet der Affen: Survival” hinein
httpv://www.youtube.com/watch?v=OcOgXff0_As
Bemerkenswert ist es, wie konsequent die jeweiligen menschlichen Hauptdarsteller der vorangegangenen Teile aus der Handlung gestrichen wurden. Nach James Franco geht nun auch Jason Clarke seiner Wege, das weitere Schicksal seines Charakters bleibt offen. Das ist vermarktungstechnisch gewiss eine weniger rentable Strategie, weil sie es versäumt, die Zuschauer durch einen vertrauten Lead an die Reihe zu binden. Inhaltlich jedoch handelt es sich um eine sinnvolle Entscheidung, denn Reeves verlagert die Schwerpunkte in einer Form, die Clarkes Charakter nun überflüssig macht. Die Perspektive richtet sich ohne Rücksicht auf kommerzielle Verluste über alle Teile betrachtet hin vollständig zu den Affen. Eine ungewohnte Festlegung des Fokus; schließlich ist man von computeranimierten Wesen gewohnt, dass sie das „besondere“ Moment eines Films markieren und dass ihr Auftauchen stets einen Paukenschlag für die Handlung darstellt. Doch inzwischen ist die Erzählung an einem Punkt angelangt, da es die Menschen sind, die in einer Umkehrung gültiger Hollywood-Regeln als Antagonisten auftreten, zu denen man innerhalb der Kriegshandlungen des Films auch kaum noch einen emotionalen Bezug herstellt.
Erinnerungen an Clint Eastwoods zweiteiliges Kriegsepos „Flags From Our Fathers / Letters From Iwo Jima“ werden wach: Nachdem „Prevolution“ den Ausbruch der Katastrophe noch aus menschlicher Perspektive zeigte und „Revolution“ die Waage zwischen Affe und Mensch ausgeglichen hielt, zeigt “Survival” in logischer Konsequenz endgültig auf, dass es keinen Unterschied macht, von welcher Seite der Medaille man einen Krieg betrachten möchte; weil sie alle Lebewesen sind, die ihr Überleben sichern müssen. Wo Clint Eastwood bei der Einnahme der japanischen Perspektive im Originalton verweilte, greift Reeves für die Kommunikation der Affen trotz deren rudimentärer Sprachfähigkeiten viel auf Mimik, Körper- und Zeichensprache zurück.
Und natürlich auf den höchsten Stand der CGI-Technologie, der es überhaupt möglich macht, Computerwesen zu glaubwürdigen Hauptdarstellern zu machen. Gerade wegen ihrer ständigen Präsenz vergisst man völlig, dass die Primaten nur Simulationen sind. Ihre Augen, für gewöhnlich der verräterische Teil einer Illusion, verraten dies nicht. Sie machen speziell Caesar zum komplexesten künstlichen Wesen der Filmgeschichte bis zu diesem Zeitpunkt, aber auch sämtliche seiner Artgenossen. Technisch möchte man nach dem ebenso brillant animierten Vorgängerfilm nicht mehr von einem direkten Quantensprung sprechen, da es sich in der Qualität der Animationen nur noch um Verfeinerungen handeln kann, die für das bloße Auge kaum noch wahrzunehmen sind; der Verdienst von “Planet der Affen: Survival” ist es vielmehr, die Animationskunst nicht mehr als Kunst darzustellen, sondern als Selbstverständlichkeit, die ebenso einfach vor die Kamera zu bringen ist wie das menschliche Antlitz.
Jenes wird hauptsächlich von Woody Harrelson („Auge um Auge“) repräsentiert, der einen klassischen Villain zu spielen scheint und damit ein Gegenstück zu Clarke und Franco. Spätestens aber, als er in einer enthüllenden Rede seine Beweggründe erläutert, vermischt sich das bösartige, kaltherzige Handeln mit der Zerrissenheit einer tragischen Figur. Die Spiegelung der Motive Caesars und des Colonels gehört zu den großen Momenten dieser kühl, aber doch emotional erzählten Saga. Sie entlarvt die Logik realer Kriegsakte wesentlich zwingender und verkörpert Empathie gegenüber allen Lebewesen in diesem Jahr authentischer als etwa ein historisches Statement wie „Hacksaw Ridge“, auch weil sie nicht Gut und Böse gegenüberstellt, sondern seine Protagonisten angesichts dualer Kriegsbedingungen – zwei Spezies und ein Virus, der auf beide Spezies gegenteilige Auswirkungen hat – individuelle Entscheidungen treffen lässt, ohne dabei eine Einzelfigur zum Heilsbringer zu stilisieren. Denn Caesar wird ebenso demontiert wie sein Gegenspieler, muss Hilflosigkeit und Demütigung über sich ergehen lasse.
Befremdlich finden kann man sicherlich ein Comic Relief wie „Bad Ape“, das es in dieser Form in den Vorgängern nicht gegeben hat, es drückt aber in dem sehr schwermütigen, tristen Film etwas Hoffnungsvolles aus und ist letztlich Teil dessen, worauf der angehende „Planet der Affen“ im Licht des Sonnenaufgangs hoffen muss: Ein wenig Farbe als Lohn für die vielen Toten, die in den Filmen zu beklagen waren. Bemängeln muss man lediglich die letzten Akkorde: Für eine derart nüchterne, dem Realismus und den Grauzonen verpflichtete Saga wie diese spielt Reeves in der letzten Einstellung vielleicht einen Sonnenstrahl zu viel aus, lässt seinen Komponisten das Glockenspiel einmal zu oft antippen.
Sollte es noch einen vierten Teil geben, wird er wohl in den Geltungsbereich der Originalreihe eingreifen und einen völlig neuen Ansatz wählen müssen, dessen Gelingen in den Sternen steht. Notwendig wäre es nicht, denn “Planet der Affen: Survival” schließt die Klammer mit gekonntem Strich leise, aber wirkungsvoll… und hinterlässt eine der bedeutsamsten Filmreihen der 2010er Jahre.
“Planet der Affen: Survival” lief am 3. August in den deutschen Kinos an. Seit dem 7. Dezember 2017 ist er in den unterschiedlichsten Varianten für das Heimkino zu erwerben: Als DVD, als Standard-Blu-Ray, als Steelbook, in 3D, in 4K Ultra HD, im VOD-Format und als Teil der gesamten Trilogie. Die Extras umfassen rund zwei Stunden und beinhalten unter anderem Making Of, Featurettes und mehr als 20 Minuten Deleted Scenes.
Sascha Ganser (Vince)
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