Originaltitel: Point Blank__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1997__Regie: Matt Earl Beesley__Darsteller: Mickey Rourke, Werner Schreyer, Michael Wright, Danny Trejo, Paul Ben-Victor, Kevin Gage, Robert Zachar, James Gammon, Nina Savelle, Yolanda Williams, Oliver Tull u.a. |
Rudy, ein Ex-Elitesöldner, erfährt von seinem Vater, dass sein Bruder Joe, der gemeinsam mit einer Handvoll Schwerverbrecher zu seinem Hinrichtungstermin gekarrt werden sollte, ausgebrochen sei. Mit seinen Mithäftlingen habe er eine Shopping Mall besetzt und halte hier diverse Geiseln fest. Rudy bricht umgehend zur Wald- und Flurbereinigung auf und will das Übel bei der Wurzel packen. Vielleicht kann er ja nebenbei seinen Bruder vor dem Hinrichtungstermin bewahren?
Fortan kämpft sich Rudy durch die Reihen der Schwerverbrecher und macht im „Stirb Langsam“-Modus mit den Halunken ein Halbes. Das Ergebnis ist ein Film, der storytechnisch alles andere als gehaltvoll geraten ist, in Actionkreisen aber aus ganz anderen Gründen einen ziemlich zweifelhaften Grund genießt. Denn dass die Story quasi nicht existent ist, dürfte ja auch hier kaum einen stören, denke ich.
Viel saurer stößt vielen Filmfans die doch arg menschenverachtende und zynische Grundeinstellung des Filmes auf. In diesem Zusammenhang wird „Point Blank“ immer wieder auf eine Stufe mit den teilweise doch arg bedenklichen Brettern „Soldier Boyz“ und „Men of War“ gestellt. Nicht ohne Grund. Denn was vor allem Danny Trejo („Machete“) in seiner Rolle als Wallace hier abzieht, ist nicht mehr feierlich. Unbewaffnete Geiseln werden lachend über den Haufen geballert, dürfen sich dabei dumme Kommentare anhören, werden belästigt, mit Drogen vollgepumpt, fast vergewaltigt und sind zu keiner Sekunde ihres Lebens sicher.
Schaut in den rüden Actionfilm mit Mickey Rourke hinein
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Mehr und mehr mutiert Trejo hier zum menschgewordenen Schwein, dessen Handlungen mehr als nur bedenklich rüberkommen. Und auch allgemein hat „Point Blank“ einige sehr derbe Momente zu verzeichnen. Hier spritzt das Blut ordentlich, setzt es Kopfschüsse im Sekundentakt und werden wehrlose Unbeteiligte ebenso umgenietet wie verwundet in den Seilen hängende FBI-Agenten. Diesen bitteren Beigeschmack wird der Film dann auch nie wirklich los.
Dabei ist „Point Blank“ ansonsten eigentlich ein geradliniges und straight durchgezogenes Actionriff, das schon aufgrund seiner kurzen Laufzeit nicht wirklich in Gefahr gerät, auch nur ansatzweise zu langweilen. Einzig, wenn einige der Gangster ihre ach so bewegenden Lebensläufe runterheulen, gibt es ein paar kleinere Tempoverschleppungen, die aufgrund der bisherigen Handlungen der Bäddies obendrein IMMER eher unfreiwillig komisch geraten.
Witzigerweise hören die Parallelen zu anderen Filmen bei „Point Blank“ nicht mit dem „Stirb Langsam“-Grundplot auf. Dass Regisseur Matt Earl Beesley sowohl „Terminator 2“ als auch „Leon der Profi“ über die Maßen zu lieben scheint, offenbaren zwei fast schon dreist zu nennende Szenenklaus, in denen er Schlüsselszenen aus beiden Filmen wirklich 1:1 nachstellt.
Mickey Rourke ist als Held echte Geschmackssache
Die Darsteller in „Point Blank“ sind im Grunde wie der Film: Sie ziehen ihre Rollen straight durch. Der Film verlangt niemandem besondere Leistungen ab und daher bekommt man auch keine zu sehen. Als etwas problematisch empfand ich Mickey Rourke („Sin City“) als Helden. Er ist eine coole Sau, keine Frage. Aber meines Erachtens passt Rourke nicht wirklich in die Heldenrolle hinein. Als Bäddie hätte er den Film sicher mehr bereichern können. Zumal er in manchen Szenen als Held irgendwie arg gelangweilt wirkt.
Zudem stammt der Film aus einer Zeit, in der Rourke unglaublich grotesk aussah. So wirkt er hier bei seinem ersten Auftritt wie eine Art Comicfigur. Sein viel zu kleiner Kopf, dessen Gesicht von Schönheits-OPs unglaublich verzerrt zu sein scheint, thront über einem gigantisch aufgeblasenen Oberkörper. Die ganzen Größenverhältnisse passen überhaupt nicht zusammen und Rourke wirkt irgendwie wie ein gigantischer Special Effect. Wer „Running on Karma“ mit Andy Lau im Bodysuit kennt, muss sich stattdessen nur Rourkes Kopf auf diesen Bodysuit denken und hat einen treffenden Vergleich.
Actiontechnisch ist der Streifen insgesamt recht sauber inszeniert. Hier und da stören ein paar zu häufig eingesetzte Zeitlupen, wirkt Rourke ein wenig zu ungelenk und würde man sich ein paar längere Scharmützel wünschen (die Mano-a-Mano-Fights sind immer recht schnell abgefrühstückt), ansonsten gibt es hier aber Einiges aufs Auge.
„Point Blank“ setzt auf zynische Action satt
Abgesehen von der Action kann „Point Blank“ seine DTV-Herkunft nicht verstecken. Manche Settings wirken zu dröge und meines Erachtens werden die Räumlichkeiten der Mall nicht wirklich gewinnbringend ausgenutzt. „Breakaway“ hat dahingehend vorgemacht, wie ein Actioner im Einkaufswunderland aussehen könnte. Dessen optische Qualität erreicht „Point Blank“ leider nie. Recht überzeugend geriet die musikalische Untermalung, die immer wieder auf rockige Klänge zurückgreift und eigentlich nur dann massiv schwächelt, wenn etwas billig wirkende Synthesizer-Elemente hinzukommen.
Das Ergebnis ist ein brettharter Actioner, der allerdings nur aufgrund seiner abgeschmackt wirkenden, menschenverachtenden Grundtendenzen aus der Masse an „Die Hard“-Rip-Offs herauszuragen vermag.
Die DVD von dem Schweizer Anbieter Atlantis kommt mit einer schweren! Spio/JK uncut und hat als Schmankerl die TV Fassung an Bord. Die lässt nicht nur jegliche Action missen, sondern wurde in manchen Szenen ganz anders montiert, besitzt mehr „Handlung“, wurde von 4:3 auf 1,85:1 gematted und hat auch einen etwas anderen (teilweise besseren) Soundtrack mit Rockklassikern wie “Knockin’ on Heaven’s Door”. Am 20. November 2020 veröffentlicht das Label X-Cess den seit 1999 auf dem Index stehenden Film. Das entsprechende Mediabook enthält ebenfalls beide Fassungen des Filmes.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
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