Originaltitel: Primal__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2019__Regie: Nick Powell__Darsteller: Nicolas Cage, Famke Janssen, Kevin Durand, LaMonica Garrett, Michael Imperioli, Tommy Walker, Rey Hernandez, John Lewis, Joseph Oliveira u.a. |
Eigentlich klingt das doch gar nicht verkehrt: Ein gewaltiges Frachtschiff, auf dem verschiedene gefährliche Kreaturen Jagd auf die Besatzung machen. Angeführt werden sie von einem blutrünstigen weißen Jaguar, der nur zu gerne aus den finstersten Ecken des Schiffes zuschlägt. Um diese Grundidee packt man den Hauch einer Story und fertig ist die wilde B-Sause. Leider hatte irgendwer nicht genügend Vertrauen in die Prämisse und so wurde selbige mehr und mehr verwässert.
Nun geht es um den Tierschmuggler Frank Walsh, der einige gefährliche Tiere aus Brasilien exportieren will, um den großen Reibach zu machen. Doch das Schiff, mit dem er die Tiere transportieren will, wird kurz vorm Ablegen von US Marshalls gekapert. Die wollen einen hochgefährlichen Terroristen in die USA schaffen. Als der bei der Überfahrt freikommt, lässt er die Tiere frei und macht Jagd auf seine Bewacher. Irgendwann ist es an Frank, die Situation zu retten, die Tiere wieder einzufangen und dem Lumpen Einhalt zu gebieten.
Schaut in den Actionthriller mit Nicolas Cage hinein
httpv://www.youtube.com/watch?v=uI69Ki-kkqs
Und so sind nicht die Wildtiere die gefährlichste Spezies an Bord, sondern es ist ein overactender Kevin Durand („Resident Evil: Retribution“), der die US Marshalls in hoher Zahl ausdünnt. Da kommen die Tiere gar nicht hinterher und spielen infolgedessen leider so gut wie keine Rolle. Selbst der im Trailer noch deutlich präsenter wirkende Jaguar kommt so gut wie gar nicht zum Zug. Ein gepflegtes Creature Feature darf man sich also von „Primal“ weiß Gott nicht erwarten.
Stattdessen bekommt man einen beliebigen 08/15 Abzählreim serviert, der weder besonders spannend noch besonders tempo- oder gar abwechslungsreich geraten ist. Man latscht durch das weitläufige, dafür sehr überzeugende Schiffssetting, lässt sich abmurksen und weiter geht’s im immer gleichen Trott. Da einem eigentlich alle Figuren des Filmes am Pötter vorbeigehen, ist man auch nie in dem Abgemurkse drin.
Zumindest macht Nicolas Cages („Kill Chain“) Performance als Wilddieb Laune. Der Mime ist wie Durand immer einen Tacken zu sehr drüber, macht mit seiner prolligen und rüden Attitüde aber weitaus mehr Laune als Durand. Am Engagement hapert es also nicht, eher daran, dass das Drehbuch zu allen Figuren – und damit auch zu Cages Frank Walsh – wirklich gar nichts zu erzählen weiß. Das bekommt vor allem Famke Janssen („100 Feet“) zu spüren. Die darf eigentlich nichts zu dem Film beitragen, außer hier und da mal hübsch in der Gegend herumzustehen.
Apropos hübsch: Hübsch anzusehen ist „Primal“ definitiv. Neben den überzeugenden Settings wissen auch die anderen Bilder des Filmes zu gefallen. Vor allem die langen Drohnenflüge um das Schiff sehen sehr stylish aus, was unisono für die langen Kamerafahrten im brasilianischen Regenwald gilt. Die Tiere stammen, sobald sie in Action sind, aus dem Computer und sehen ganz ordentlich aus. Der weiße Jaguar hingegen ist durchweg eine CGI-Figur und funktioniert, sieht aber allenthalben halbwegs real aus. Da er für den Film aber keine wirkliche Rolle spielt, fallen die nicht runden Effekte kaum ins Auge.
Sehr langweilig ist der recht egale Score geraten. Zwei Musikstücke sind so eintönig, dass man das Gefühl hat, die Musiker selbst schlafen gleich ein. Apropos Sound: Der Film ist äußerst schwachbrüstig aufgestellt, was das tonale Geschehen angeht. Vor allem das Geballer im Schiff klingt absolut kraftlos, was aufgrund des Settings total unglaubwürdig wirkt. Da auch keinerlei Gefahren von außen etabliert werden, man denke an einen Sturm oder dergleichen, kracht und knallt es niemals wirklich in „Primal“.
„Primal“ gerät ziemlich zahnlos
Ich muss zugeben, ich hatte mir von der erneuten Paarung aus Regisseur Nick Powell und Star Nicolas Cage einiges mehr erhofft. Immerhin hatte deren gemeinsames Projekt „Outcast“ durchaus Laune gemacht und gezeigt, dass der versierte Stuntman Powell ein gutes Auge für Action hat. Aber in „Primal“ ist davon nicht viel zu spüren. Drehbuch und Regie knausern förmlich mit aufwändigen Szenen und Schauwerten. Die wenigen Actionszenen sind so schnell vorbei, wie sie aufkommen und kicken nicht. Im Verbund mit der tranigen Story wirkt das Ganze alsbald reichlich behäbig.
Was dem Film ein wenig den Hals rettet, ist die launige Performance von Nicolas Cage, die saubere Optik, das ordentliche Setting und die eigentliche, leider nicht konsequent genug verfolgte Grundprämisse, der Kevin Durands Killer vollkommen im Weg steht. Aber hey, glaubt man dem Making Of hatte zumindest Durand viel Spaß am Set. Immerhin durfte er endlich mal Nicolas Cage foltern. Manchmal sind es eben die kleinen Freuden.
In diesem Sinne:
freeman
……
Klasse hier, Müll da – und zwischendrin “Primal”
Seit Nicolas Cage wie am Fließband für den Videomarkt arbeitet, gibt es auf der einen Seite die skurrilen, abseitigen Filme wie „Mandy“ oder „Die Farbe aus dem All“, auf der anderen den formelhaften Kram der Marke „A Score to Settle“ oder „211 – Cops under Fire“. Und gelegentlich gibt es die Filme dazwischen, wie „Primal“.
Nicht dass der zweite Film von Nick Powell, dessen Erstling „Outcast“ ebenfalls mit Cage in der Hauptrolle aufwartete, irgendwelche großen Ambitionen erkennen lassen würde. Er kombiniert allerdings Actionthriller und Tierhorrorfilm mit einem markigen Helden, der aus einem klassischen Abenteuerstoff stammen könnte. Dabei handelt es sich um den Ex-Militär, Glücksritter und Großwildjäger Frank Walsh (Nicolas Cage), der seine Brötchen vor allem dadurch verdient, dass er exotische Tiere einfängt und gewinnbringend verkauft. In der Auftaktszene geht ihm der Jackpot ins Netz, als er einen weißen Jaguar betäuben kann, auch wenn ihm das Tier fast ans Leder geht.
Da die Behörden es mit Kram wie Aus- und Einfuhrgenehmigungen etwas genauer nehmen als er selbst, verstaut Frank seine tierische Fracht, zu der auch Affen, Tapire usw. gehören, auf einem klapprigen Frachter, der ihn aus dem Amazonasgebiet nach Amerika bringen soll. Doch die Crew bekommt bald noch unerwartete Passagiere: Der kriminelle Geheimdienstkiller Richard Loffler (Kevin Durand) soll als Gefangener in die USA gebracht werden, damit ihm dort der Prozess gemacht werden kann. Das Drehbuch des sonstigen Fernsehfilmautors Richard Leder („Tränen der Erinnerung“) schiebt dabei gedankliche Überstunden, um zu begründen, warum Loffler nicht einfach in ein Flugzeug gesetzt werden kann. Also dichtet man ihm eine seltene Krankheit an, die auf extreme Höhen reagiert, damit der Schiffstransport gerechtfertigt ist. Außerdem kann man so noch die Dr. Ellen Taylor (Famke Janssen) in den Film schreiben; eine Ärztin, die Lofflers Gesundheitszustand überwachen soll.
Genreüblich ist die grimmige Bewachercrew der Cleverness des Schwerbrechers nicht gewachsen, der sich befreien kann. Während Loffler nun aus dem Hinterhalt Besatzung und Bewacher dezimiert, lässt er auch noch Franks Beute frei – darunter den Jaguar. Damit wird das Schiff zum besonders gefährlichen Ort…
Trotz seiner Prämisse ist „Primal“ wesentlich mehr Actionfilm als Tierhorror und setzt seinen viertatzigen Killer sparsamer ein als seinen menschlichen. Natürlich ist klar, dass beide irgendwann aufeinandertreffen werden und der eine am Tod des anderen Anteil haben wird – so erwartet der Zuschauer das und so kommt es auch. Es ist schade, dass „Primal“ so wenig aus der Raubkatzen-Rampage macht, denn diese ist nun mal das exotische Element in dem Film, der Rest eher Actionthrillerstandard. Vielleicht lässt „Primal“ den Jaguar allerdings auch deshalb so selten zum Zuge kommen, weil das Effektbudget nicht allzu üppig war: Gerade CGIs der Raubkatze sind doch eher schwach und überzeugen nur teilweise, bei anderen Tieren sieht es mit dem Computertricks besser aus und bei harmlosem Getier wie Papageien griff man eh auf echte Exemplare zurück. Da ist es schade, dass ausgerechnet der tierische Star unter den Bedrohungen am schlechtesten abschneidet.
Hauptgefahr bleibt aber der Schurke und den spielt Kevin Durand mit echter Hingabe. Trotz seiner Rollen in „Fruitvale Station“, „The Strain“ und „Ich bin Nummer Vier“ wartet er ja immer noch darauf, als ähnliche Entdeckung in Hollywoods zweiter Reihe zu gelten wie etwa Frank Grillo, aber diesen Status untermauert er in „Primal“ noch einmal: Als hochintelligenter Psychopath spielt er die Schurkenrolle als echten Hingucker, wobei sein Part manchmal an Cyrus the Virus aus „Con Air“ angelehnt erscheint. Auch Nicolas Cage („Vampire’s Kiss“) macht als rauer Abenteuerheld in der Tradition von Indiana Jones und dem Humphrey-Bogart-Hero aus „African Queen“ eine gute Figur, überzeugt als mürrischer, aber zupackender Mann der Tat. Famke Janssen („The Poison Rose“) war schon mehr gefordert, ist aber auch ganz gut in der weiblichen Hauptrolle, während der Rest der Besetzung kaum auffällt. Allenfalls LaMonica Garrett („The Last Ship“) als harter Hund und Chef des Bewachungsteams kann noch ein paar Akzente setzen.
Mit seinem Schiffsschauplatz mag „Primal“ zwar ein wenig von einer „Die Hard“–Variante haben, aber gewissermaßen ist das Szenario invertiert: Es gibt nur einen Schurken, der sich Auseinandersetzungen mit Gesetzeshütern und Zivilisten liefert. Dabei macht der Fieswicht oft kurzen Prozess, fast wie ein Slasher-Bösewicht, der anstelle von Axt und Messer aber Knarren und Genickbrüche bevorzugt. So ist die Action nicht allzu ausladend, manchmal auch etwas suboptimal inszeniert – dem Shoot-Out an Deck fehlt es beispielsweise an Dynamik, gerade in Sachen Montage. Andere Szenen machen dagegen mehr Laune, gerade die rohen Nahkampfszenen, etwa im Showdown, den Frank und Loffler ausfechten. Und manchmal kommt eben Getier zum Einsatz, das für zusätzliche Schärfe in Gefahrensituationen sorgt.
Auch sonst hat „Primal“ seine Meriten. Während Powells Inszenierung in den Actionszenen manchmal schwächelt, so kann er die Enge des leicht klapprigen Containerschiffs gelungen einfangen. Ja, manchmal macht er sogar vergessen, dass sich große Teile des Films in wenigen, immergleichen Locations unter Deck abspielen. Die Streitereien der drei Leads sorgen ebenfalls für Würze: Frank und Ellen können sich anfangs nicht riechen, aber da fliegen dann den Filmgesetzen zufolge irgendwann die Funken und Loffler sucht sich die beiden als besondere Anspielpartner heraus, mit denen er sich (meist über Funk) Wortgefechte liefert. Das sind immer wieder Momente die Laune machen, wenn auch mit einem Nachteil: Powell kriegt die verschiedenen Einflüsse nicht zum einem homogenen Ganzen zusammen, zu einem wirklich organischen Mix.
So operiert „Primal“ dann irgendwo im Spannungsfeld zwischen „Alarmstufe: Rot“, „Life of Pi“ und „Snakes on a Plane“, ist letztendlich aber nicht ganz so wild wie die Mixtur klingt. Der Tierhorrorpart wird kaum ausgenutzt, sodass es eine Art Katz-und-Maus-Spiel mit zwischen Geheimdienstkiller und Großwildjäger bleibt. Die Leads überzeugen, manche Actionszene ist ansehnlich und die Schiffslocation hat etwas für sich, auch wenn das Ganze nur phasenweise spannend ist, seine Schauwerte etwas sparsam einsetzt und die einzelnen Teile nicht immer gut zusammengehen.
Universum Film bringt „Primal“ hierzulande am 27. März 2020 auf DVD und Blu-Ray heraus. Als Freigabe gab es eine FSK 16 und in Sachen Bonusmaterial ein Making Of.
© Nils Bothmann (McClane)
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