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Protect and Kill

Originaltitel: L.A. Wars__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1994__Regie: Tony Kandah, Martin Morris__Darsteller: Vince Murdocco, Johnny Venocur, Mary E. Zilba, A.J. Stephans, Rodrigo Obregón, Steven Stone, David Jean Thomas, Kerri Kasem, Randall Shiro Ideishi u.a.
Protect and Kill

In “Protect and Kill” legt sich Vince Murdocco mit der Unterwelt an bzw. deren Mitglieder um

Eigentlich besitzt „L.A. Wars“ schon einen markigen, einfachen Originaltitel, doch der deutsche Verleih dachte sich wohl, dass ein „Protect and Kill“ noch markiger und für deutsche Actionfans noch besser verständlich wäre.

Als B-Actioner der 1990er ist „Protect and Kill“ auch von den Erfolgen jener Kinoära geprägt. So wirken die Verbrecher, die sich die im Original titelgebenden L.A.-Kriege liefern, als seien sie Verkörperungen von zwei Gangsterfilmtrends der Epoche. Während Mafiaboss Carlo Giovani (A.J. Stephans), seine rechte Hand Vinnie Scoletti (Johnny Venocur) und seine Schergen aus „GoodFellas“ oder „Casino“ stammen könnten, da erscheinen Herausforderer Raul Guzman (Rodrigo Obregón) und seine Handlanger eher als Straßengangster, die sich auch in den Hood-Filmen jener Zeit rumtreiben könnten. Im Gegensatz zu den Vorbildern hält sich „Protect and Kill“ freilich nicht mit Kinkerlitzchen wie Milieustudien, Charakterzeichnung oder sozialkritischen Kommentaren auf: Die Gauner sind vor allem da, um sich von Filmminute eins an gegenseitig auf mannigfaltige Art umzubringen.

Die Stadt braucht also einen Helden, der für Ordnung sorgt, und da kann es nur einen geben: Ex-Cop Jake Quinn (Vince Murdocco), der nun als Türsteher in einer Bar arbeitet. Jake hat einen natürliches Gerechtigkeitsverständnis, das auch ohne Muschikram wie die Lektüre von Gesetzestexten funktioniert. Dummerweise kapierten nicht alle seinen intuitiven Gerechtigkeitssinn, darunter auch seine Vorgesetzten, die ihn rauswarfen, nur weil er einen pädophilen Vergewaltiger einfach exekutierte. Zum Glück wird die Bar immer mal wieder überfallen, wodurch Jake irgendwelche Räuber in Notwehr töten kann, sonst hätte der arme Junge ja Entzugserscheinungen.

Sein früherer Chef Captain Roark (David Jean Thomas) will jemanden bei den Gangs einschleusen, um ihnen das Handwerk zu legen. Die Wahl fällt auf Jake, da der prollig genug ist, um glaubwürdig als Gangsteraspirant durchzugehen. Als Jake dann auch noch Giovani-Tochter Carla (Mary E. Zilba) das Leben rettet, bietet sich die Gelegenheit: Er wird als Carlas Bodyguard engagiert…

httpv://www.youtube.com/watch?v=Xrscx016TL0

An dieser Konstellation erkennt man ein weiteres Vorbild von „Protect and Kill“, nämlich den Kevin-Costner-Hit „Bodyguard“, dessen Verlauf hier allerdings im Schnelldurchlauf runtergespult wird. Schon am ersten Abend nach seiner Anstellung krabbelt Carla zu Jake ins Bett und lässt sich von ihm durchorgeln, nach eigener Aussage zum Dank dafür, dass er ihr das Leben vor Guzmans Schergen rettete – was wohl einiges über das Selbstwertgefühl dieser Figur und/oder das Frauenbild der Drehbuchautoren Addison Randall („The Killing Zone“) und Tony Kandah („Ballistica“) aussagt. Am nächsten Tag schwören sich die beiden dann schon die große Liebe und Jake muss seine Carla umso doller beschützen und dabei für sie töten, weshalb der deutsche Titel durchaus Sinn macht. Wobei Jake das Töten eh leicht von der Hand geht: Er sieht nie ein, dass er seine Marke damals zu Recht verlor, lässt seinen Vorgesetzten stets wissen, dass er die Ermittlungen auf seine Weise führt (und nicht nach irgendwelchen Regeln) und ist am Ende regelrecht stolz, wenn die Staatsanwältin ihm mitteilt, dass sein Bodycount jenen des Gangkrieges übersteigt.

So ist der Held auch eine Schau für sich. Vince Murdocco, der sonst in Filmen wie „Karate Tiger 7“, „Back in Action“ und „Blood Hunter“ in Nebenrollen aufs Maul bekam, ist kein guter Schauspieler und auch nicht sonderlich charismatisch, doch die Art, wie er diesen grobschlächtigen Turnbutzenproll ohne erkennbare Ironie als geilen Vokuhila-Superhero anlegt, das sieht man nicht alle Tage. Mary E. Zilba, ehemalige Miss Ohio und ehemalige Miss-America-Teilnehmerin, muss in ihrer einzigen Spielfilmrolle das machen, was sie auch auf der Beauty-Pageant-Bühne machen sollte: Gut aussehen und sonst nicht viel. Dafür ist Johnny Venocur („Savage Streets“) als stets mauliger Mafia-Scherge mit Minderwertigkeitskomplexen trotz Overacting noch ganz sehenswert, der Rest vom Fest ist solala.

Unter den Mitwirkenden befinden sich nicht nur diverse PM-Regulars, auch die Inszenierung orientiert sich an den B-Actionern aus der PM-Schmiede, wenngleich „Protect and Kill“ noch schmaler budgetiert als die Filme jenes Studios ist: Explosionen und Autostunts finden sich selten und werden fast allein für den letzten Fieslingskill aufgespart. Sonst wird hier in erster Linie gefightet und geballert – und das auch recht zufriedenstellend. Die Crew um Fight Choreographer Randall Shiro Ideishi („Karate Tiger 8“), Fight Coordinator Eric Perrodin („Decommissioned“) und Stunt Coordinator Kurt D. Lott („Viper“) setzt keine Maßstäbe, aber serviert überdurchschnittlich gut choreographiertes Fratzengeballer und reichlich derbe Shoot-Outs mit einigen blutigen Einschüssen. Da die Stuntcrew nicht allzu üppig aufgestellt ist, laufen die Gefechte meist nur mit wenigen Beteiligten ab; dafür gibt es davon reichlich und sie sind gut über den Film verteilt.

Denn neben jenen Momenten, in denen Jake den Bodycount in die Höhe treibt, gibt es noch jede Menge Gangsterkrieg untereinander, sodass alle paar Minuten irgendeine arme Wurst erschossen, erstochen oder erhängt wird. Als habe man die Exekutionsszenen aus Gangsterfilmen wie „Der Pate“ oder „GoodFellas“ multipliziert und nicht als Höhepunkte, sondern für den Dauereinsatz verwendet. So ist allerdings immer was los, was etwas davon ablenkt, dass „Protect and Kill“ erzählerisch wenig auf der Pfanne hat. Die Romanze wird im Schnelldurchlauf durchgespult, der Gangsterkrieg ist in erster Linie Anlass für gegenseitiges Morden (von einem vorhersehbaren Twist gegen Ende abgesehen) und irgendeine Form von tatsächlicher Ermittlungsarbeit oder Beweissammlung ist bei Jakes Undercovereinsatz auch nicht zu sehen – als habe er von Anfang an vorgehabt alle Fieswichte einfach umzubringen.

„Protect and Kill“ ist ein Film so breitbeinig und prollig wie sein Held: Laut, simpel und in keiner Disziplin filigran. Die Story ist eher dürftig, die Schauspielleistungen noch viel mehr und das Budget war auch nicht gerade üppig, aber dafür muss man nie allzu lange bis zur nächsten Mafiamord oder der nächsten Actionszene warten. Als grobschlächtiger (und etwas niederträchtiger) Actionklotz für Genrefans also ganz brauchbar, aber man sollte besser keine allzu großen Ansprüche an den Film stellen.

„Protect and Kill“ ist hierzulande nur auf VHS bei Starlight erschienen und war dort um die größten Härten erleichtert, während bei der Fernsehversion großflächig die Schere angesetzt wurde. Über eine DVD-Veröffentlichung ist mir nichts bekannt. Dafür kann man den Film bei dem amerikanischen Indie-Anbieter FlixHouse umsonst streamen. Dabei dürfte es sich um die Unrated-Fassung handeln, denn alle Szenen, im amerikanischen R-Rated-Video fehlen sollen, sind enthalten.

© Nils Bothmann (McClane)

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