Originaltitel: Rambo III__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1988__Regie: Peter MacDonald__Darsteller: Sylvester Stallone, Richard Crenna, Marc de Jonge, Kurtwood Smith, Spiros Focás, Sasson Gabai, Doudi Shoua, Randy Raney, Marcus Gilbert, Alon Abutbul, Mahmoud Assadollahi, Joseph Shiloach u.a. |
Trotz zwei Superhits in Folge („Rocky IV“ und „Rambo II“) waren Slys neue Filme alles andere als Selbstläufer. Das musste er mit „City Cobra“ und „Over the Top“ schmerzlich erfahren. Zwar liefen beide Filme ordentlich und setzten einiges an Geld um, aber vor allem die deutliche Niederlage von „City Cobra“ gegen den „City Hai“ vom aufstrebenden Konkurrenten Arnold Schwarzenegger stimmten Sly alles andere als fröhlich. Zeit also, für einen erneuten Ausflug in vertraute Erfolgsgefilde. Zeit für „Rambo III“.
Rambo kämpft in Afghanistan
Rambo hat sich nach den Ereignissen in Vietnam nach Thailand zurückgezogen. Hier lebt er in einem Kloster und hilft den Mönchen bei handwerklichen Tätigkeiten. Zwischendurch hält er seine Überlebensinstinkte bei martialischen Kampfveranstaltungen am Leben. Eines Tages steht Col. Trautman vor ihm. Er wurde beauftragt, nach Afghanistan zu reisen.
Das ganze Land, das von den Amerikanern im Kampf gegen die Russen mit Waffenlieferungen unterstützt wird, hat den Kampf mit dem sowjetischen Regime aufgenommen. Außer einer Provinz, in der ein besonders sadistischer Russe die Leitung hat. Col. Trautman soll nun in diese Provinz reisen und sich die Zustände vor Ort anschauen. Er hätte gerne Rambo an seiner Seite, doch dieser lehnt ab.
Kurz darauf stehen die Verantwortlichen hinter Trautmans Mission wieder vor Rambo. Trautman wurde von den Russen gefangengenommen. Auf die Frage Rambos, was man zu tun gedenke, bekommt er nur ausweichende Antworten. So steht für ihn fest: Er muss nach Afghanistan und seinen einzigen Freund und Vorgesetzten befreien.
Wozu ist das?
Das ist blaues Licht!
Und was macht es?
Es leuchtet blau!
Ah, verstehe.
Schaut in den Actionknaller “Rambo III” hinein
httpv://www.youtube.com/watch?v=Jul6m3rN55o
Wer ist dieser John Rambo?
Dieser John Rambo ist kein Mensch mehr. Er ist eine überlebensgroße, unbesiegbare Kampfmaschine. In dieser Eigenschaft und dank Dialogen wie obigen, verkommt der gebrochene Mensch aus “Rambo I” zu einer Comicfigur, die Roadrunner und Coyote in Personalunion zu verkörpern scheint. Ähnlich dem Roadrunner entkommt er immerzu seinen Häschern und ersetzt dessen *Möp Möp* Geräusche durch brechende Schüsse, Granateinschläge und Geräusche fliegender Pfeile. Und falls er dann doch einmal geschnappt wird, greift der Coyote Modus. Auch wenn ihm jetzt keine Klaviere oder Ambosse auf den Kopf fallen, steckt er dennoch alles mit einem lässigen Lächeln weg: Durchbohrungen, Schussverletzungen, Druckwellen von Granaten. Wen juckts? Rambo nicht.
Diese extrem comichafte Überziehung des Rambo-Charakters und seine noch extremere Einsilbigkeit machen es schwer, mit dem Charakter warm zu werden. Denn auch wenn man am Anfang, bei der grandiosen Kampfeinlage, noch glaubt, man kenne diesen Rambo eigentlich nur zu gut, da er wie in Teil I und II wie ein in die Enge getriebenes Tier sein Heil im Angriff sucht, wirkt er mit zunehmender Laufzeit des Filmes immer fremder.
Stallone schneiderte sich erneut selbst die Rolle seines Lebens auf die breite Brust. Dabei machte er aber den gleichen Fehler, der ihm schon bei der „City Cobra“ das Genick brach. Er ließ seine Figur in purem Machismo erstarren. Während dieser Wesenszug bei Marion Cobretti noch funktionierte, weil die Figur niemals als etwas anderes angelegt war als eine überlebensgroße Witzfigur, funktioniert dieses In-Schablonen-Pressen bei Rambo nicht. Weil wir ihn eben bisher anders kennengelernt haben. So findet man absolut nicht in den Film hinein, der den Zuschauer auch sonst seltsam außen vor lässt.
Rambo kämpft mal wieder einen Stellvertreterkrieg
Doch nicht nur das sollte „Rambo III“ schaden, auch sonst hatte er mit argen Problemen zu kämpfen. So erachtete man die Vietnam-Thematik als ausgelutscht und suchte sich darum einen anderen Konflikt, in dem die neue Ikone des Kalten Krieges freilich erneut den Russkies einen Scheitel ziehen sollte. Die Wahl traf einen weiteren Stellvertreterkrieg und damit wiederum einen Krieg, in dem ein Konflikt zwischen den Mächten UdSSR und USA nur indirekt ausgetragen wurde. Dabei trafen die beiden Supermächte niemals in Kampfhandlungen direkt aufeinander, sondern sie unterstützten zumeist nur die Konfliktparteien in irgendeiner Weise.
Am Vietnamkrieg war beispielsweise nur die USA direkt beteiligt, die UdSSR dagegen indirekt, versorgte sie doch Nordvietnam mit Waffen und Ausrüstung. Und beim Afghanistankonflikt war es genau andersherum: Afghanistan betrieb eine starke Annäherung an den Ostblock. Im Zuge dessen kam es in dem Land zu tiefgreifenden Uneinigkeiten, was in einem Bürgerkrieg endete.
Diese instabile Situation nutzte die UdSSR, die auf keinen Fall wollte, dass die Ostannäherung unter diesem Bürgerkrieg leidet. Im Dezember 1979 marschierten sie in dem Land ein. Dies wurde durch die westlichen Staaten scharf verurteilt. Insbesondere die USA und Saudi-Arabien unterstützten daraufhin in diesem Konflikt die Mudschahedin, die sich gegen das sowjetische Regime in einem Guerillakrieg aufbäumten, mit umfangreichen finanziellen Beiträgen. Mit dem Geld kauften die Aufständischen Waffen von China, Ägypten, Israel, Großbritannien und weiteren Staaten.
Ein Krieg, der niemanden juckt
Dieser Krieg wurde nun als Hintergrund für den neuen Spielplatz Rambos ausgesucht. Dabei machte man aber einen entscheidenden Fehler, der es „Rambo III“ vor allem in den USA schwer machen sollte. Afghanistan war in den Köpfen der Amerikaner gar nicht präsent! Zu spärlich drangen Nachrichten aus den infrastrukturell und technisch fast unerschlossenen Kriegsgebieten in die westliche Welt vor. Meldungen von Völkermord machten zwar die Runde, viel Beachtung wurde denen allerdings nicht geschenkt.
So kämpfte Rambo also in einem Krieg, der vor allem für den Durchschnittsamerikaner viel zu weit weg war, um ihn wirklich zu interessieren und über den wirklich niemand etwas wusste! Dies geriet zu einem großen Problem des Filmes, waren doch die ersten beiden Teile gerade deshalb so erfolgreich, weil sie einen empfindlichen amerikanischen Nerv trafen und einen Krieg in den Mittelpunkt stellten, der tief im amerikanischen Bewusstsein verankert war.
“Rambo III” wird von der Realität ein- und überholt
Der zweite Punkt, der dem Film in die Parade fahren sollte, war der Umstand, dass „Rambo III“ gnadenlos von der Zeit überrollt wurde. Gerade als der Film in die Kinos kam, begann Russland seine Truppen aus Afghanistan abzuziehen. Gleichzeitig begann der eiserne Vorhang zu fallen und der Kalte Krieg strebte mit Riesenschritten seinem Ende zu. So war der Film, als er im Ausland ausgewertet wurde, bereits nicht viel mehr als ein Relikt aus längst vergangenen Zeiten mit einer arg rückständigen Einstellung, die vor allem in dieser Phase der Annäherung der beiden Konfliktblöcke in ihrer Aussage nur noch peinlich wirkte.
Morddrohungen gegen Sylvester Stallone
Von all diesen Entwicklungen ahnte man freilich während der Dreharbeiten noch nichts. Da kämpfte man mit ganz anderen Problemen. So hatte man sich entschieden, einige Szenen in der Wüste Eilat in Israel zu drehen. Dies schmeckte den muslimisch geprägten Nachbarstaaten überhaupt nicht, sah man es doch gar nicht gerne, dass Hollywood mit einer Multimillionendollarproduktion Geld in den jüdischen Staat pumpte.
Der Unmut brach sich in Morddrohungen gegen das gesamte Filmteam und Sylvester Stallone im Besonderen Bahn und hatte das bis dahin wohl hermetisch abgeriegeltste Filmset aller Zeiten zur Folge. Die Gefahr lauerte aber eher in dem abgeschirmten Bereich, denn Sylvester Stallone, der gerne ohne Double arbeitete, wäre bei den Dreharbeiten fast von dem Rotor eines Helikopters zerfetzt wurden.
“Rambo III” lässt die Wüste beben
Wie gehabt bei Rambo-Dreharbeiten gab es also mehr als genug Probleme, die man dem fertigen Film allerdings nicht ansieht. Regisseur Peter MacDonald („Der Legionär“) lässt in diesem gigantischen Actionknallbonbon die Wüste beben und verschaffte insbesondere den Pyrotechnikern Überstunde um Überstunde. Das Ergebnis ist optisch vorzügliche, schnelle und teils verdammt harte Action, die sich technisch nahezu perfekt präsentiert und von Jerry Goldsmiths wiederum grandiosen Soundtrack eindrucksvoll untermalt wird.
MacDonald hat als ehemaliger Kameramann (unter anderem „Rambo II“) ein Auge für eindrucksvolle Szenen und bereichert „Rambo III“ um einige interessante Einstellungen und Perspektiven. Doch diese Perfektion hat ihren Preis. Kann man sich von der Quantität her nicht beklagen, ist es die Wirkung der Action, die einfach nicht mitreißen kann. Es werden gigantische Schlachten geschlagen und höchster Materialaufwand betrieben, aber man sitzt als Zuschauer nur vorm Bildschirm und schaut seltsam teilnahmslos dem Treiben zu.
Rambos Comiccharakter und seine Unbesiegbarkeit lassen einfach keine Spannung aufkommen. Die einzige Szene, die auf den Punkt funktioniert und ein befreites Yeah ausrufen lässt, ist zugleich bester Beleg des Comic-Strip-Prinzips der gebotenen gigantischen Action: Rambo rast in einem Panzer auf einen gepanzerten Helikopter zu und beide werden sich in einem Big Bang sondergleichen vereinen. Das Ergebnis ist Action so over the top, dass sie irgendwann ermüdet. Unglaublich aber wahr.
Mit 108 Toten ins Guinness-Buch der Rekorde
Genauso unglaublich ist die Anzahl der Worte, die Stallone in diesem Film ablässt. Es dürften nicht einmal annähernd so viele sein, wie es Tote in diesem Film gibt. Von zweiterem gibt es immerhin 108, eine Zahl, die dem Film einen Eintrag im Guinness-Buch der Rekorde als brutalster Film einbrachte. Ein Titel, den er einige Jahre behalten sollte, bis John McClane zum zweiten Mal langsam starb.
Trotz dieser unglaublichen Maulfaulheit trägt Stallone den Film mühelos, punktet aber ab Minute 30 eh nur noch mit seiner physischen Präsenz, die selten so beeindruckend war wie hier. Richard Crenna („Leviathan“) hat in Teil III endlich einmal mehr Screentime, darf aber nur die comichafte Überhöhung der Rambo-Figur vorantreiben. Trauriges Highlight diesbezüglich ist folgender Dialog:
Bäddie: Was, ein Mann gegen ein ganzes Kommando? Wer glauben sie ist dieser Mann? Gott?
Trautman: Nein, Gott kennt Gnade, er nicht.
Der Rest des Castes ist im Grunde einzig und allein als Kanonenfutter gedacht und dementsprechend fängt sich im Verlauf des Filmes wirklich jede Figur eine nette Bleivergiftung ein. Zum Dank bleiben die Schauspieler von einer Entwicklung ihrer Charaktere oder einer überzeugenden Figurenzeichnung verschont. Kurzum: Schauspielerisch sieht es hier genauso finster aus, wie ideologisch.
Vom Freund zum Feind
Apropos Ideologie. Unglaublich interessant ist die Tatsache, dass der Film heute wohl noch eher ein echtes Politikum darstellt als früher. Warum? Nun, nachdem die Russen 1989 komplett aus Afghanistan raus waren, hinterließen sie ein komplett destabilisiertes Land, das sich sofort wieder in einem Bürgerkrieg wiederfand, der bis 1995 andauerte.
In diesem Jahr gelang es dann den von Pakistan aus operierenden radikal-islamischen Taliban Afghanistan unter ihre Kontrolle zu bringen. Es wurde eine islamistische Diktatur unter den Taliban errichtet. Ebenjenen Taliban, die mit dem Attentat auf das World Trade Center am 11.9.2001 die gesamte westliche Welt in eine Art Lähmungszustand versetzen werden. Zwar stürzte die USA später dieses Regime, doch der Schock saß so tief, dass man bei Fernsehausstrahlungen von „Rambo III“ in Amerika fortan die Widmung am Ende des Filmes, die dem tapfer kämpfenden afghanischen Volk huldigte, aus dem Film tilgte. Vom Freund zum Feind – so schnell kann es gehen.
“Rambo III” geht an den Kinokassen unter
Schnell sollte auch bei Stallone Ernüchterung eintreten. „Rambo III“ lief nicht einmal annähernd so gut wie erhofft. In den USA sollte man es nur mit Mühe und Not schaffen, das 60 Millionen Dollar Budget wieder reinzuholen. Ein herber Dämpfer, vor allem im Vergleich zu dem megaerfolgreichen zweiten Teil. Die schnelle Entwicklung vom Menschen zur Comicfigur hatte dazu geführt, dass sich Rambo selbst überholt hatte. Er war zur veralteten Kampfmaschine mutiert, zum ewig gestrigen Relikt des Kalten Krieges. Die internationale Auswertung und das Videothekengeschäft konnten den Film zumindest finanziell rehabilitieren, doch für Stallone war nun klar, dass er weg musste von dem Machokino, das ihn groß gemacht hatte. Er begann sich umzuorientieren. Es folgte „Lock Up“, der endlich wieder einmal einen durch und durch menschlichen Charakter lancierte. Und in „Tango & Cash“ kam Stallone dann im Designeranzug und mit schnieker Brille daher. Rambo war zu den Akten gelegt… vorerst.
Gigantomanie hat einen Namen: “Rambo III”
Technisch perfekter Nachklapp zu den beiden Superhits „Rambo I und II“, der in schierem Gigantismus zu ersticken droht und zu keiner Minute die mitreißende Wirkung seiner beiden Vorgänger entwickeln kann. Schade.
Eine technisch ordentliche DVD gibt es von Kinowelt, die mit einer FSK 18 uncut ist. Weitere DVD-Auflagen und Blu-rays folgten von Studiocanal. So beispielsweise auch 2019, als Rambo I – III 4K gemastert wurden. Rund um den Kinostart von Teil V bringt man ebenjene restaurierten Versionen sogar noch einmal ins Kino.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
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