Originaltitel: Rambo: Last Blood__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2019__Regie: Adrian Grunberg__Darsteller: Sylvester Stallone, Paz Vega, Sergio Peris-Mencheta, Yvette Monreal, Adriana Barraza, Óscar Jaenada, Joaquín Cosio, Louis Mandylor, Sheila Shah, Marco de la O, Díana Bermudez u.a. |
2008 wütete John Rambo in Birma und zündete hier ein Schlachtfest, das selbst innerhalb der Rambo-Reihe seinesgleichen suchte. Der Film endete mit einer schönen Szene, in der der Vietnam-Veteran auf die Ranch seines Vaters zu lief. Vermutlich, um seinen Lebensabend zu genießen. Ein Kreis schien sich endgültig geschlossen zu haben.
Es schien auch keine Notwendigkeit für weitere „Rambo“-Filme zu geben. Immerhin installierte Sylvester Stallone nur vier Jahre nach „John Rambo“ mit „The Expendables“ ein neues Franchise für sich und zig andere Actionheroen. Doch „Creed“ deutete es 2015 bereits an: So richtig ruhen lassen wollte Sly seine ikonischsten Figuren nicht. Und so war es nur eine Frage der Zeit, bis auch John Rambo zurückkehren würde. Zumindest der „Last Blood“-Untertitel deutet an, dass es sich bei dem fünften Rambo wohl tatsächlich um den letzten Eintrag ins Franchise handeln könnte.
John Rambo gegen Mädchenhändler
John Rambo lebt seit gut einem Jahrzehnt auf der Ranch seines verstorbenen Vaters. Von den anderen Menschen der Umgebung hält er sich fern. Dennoch ist er immer zur Stelle, wenn Not am Mann ist. Wer der maulfaule Kerl mit einem Faible für Pferde wirklich ist, weiß allerdings niemand, denn Rambo lässt nur die Haushälterin seines Vaters und deren Enkeltochter an sich heran.
Letztere blickt auf eine traurige Familiengeschichte zurück. Ihr Vater ließ sie und ihre Mutter einst sitzen, als die Mutter an Krebs erkrankte. Seitdem sorgten ihre Oma und Rambo für sie. Doch Gabrielle will wieder Kontakt zu ihrem Vater. Möchte ihn ob seines Verhaltens zur Rede stellen. Irgendwann haben ihre Recherchen Erfolg. Ihr Vater lebt inzwischen in Mexiko und sie will ihn unbedingt besuchen. Doch ihre Oma und Ersatzvater Rambo verbieten es ihr.
Natürlich bricht Gabrielle dennoch gen Mexiko auf und es kommt, wie es kommen musste. Gabrielle wird von Mädchenhändlern verschleppt, unter Drogen gesetzt und zur Prostitution gezwungen. Als der extrem besorgte und von alledem nichts ahnende Rambo auf gut Glück aufbricht, um Gabrielle zu suchen, endet das in einer Katastrophe. Eine Katastrophe, die die alten Kampfmaschineninstinkte in John Rambo wieder aufleben lässt.
Schaut in “Rambo: Last Blood” hinein
httpv://www.youtube.com/watch?v=0Im0KB9oZlA
Wer ist dieser John Rambo?
John Rambo aus „Last Blood“ ist ein gebrochener Mann. Nach außen gibt er den gemütlichen Rentner, der Pferde dressiert und ein ruhiges Leben auf seiner weitläufigen Ranch lebt. Für etwas Leben um ihn herum sorgen Gabrielle und ihre Oma. Doch beide lässt John Rambo nur bis zu einem gewissen Grad an sich heran. Immer wieder verschwindet er in den Tunneln unter seiner Ranch. Er buddele gerne, wird er diesen Wahnsinn irgendwann erklären. Hier unten hält er ein wahres Arsenal an Waffen bereit und schleift unablässig seine Hieb- und Stichwaffen. Mehr noch: In Rambo tobt ein ewiger Krieg.
Die Traumata aus seiner Zeit in Vietnam sind längst nicht überwunden. Blitzen immer wieder auf. Lassen ihn unkontrolliert agieren. Er selbst spricht dahingehend von Geheimnissen, die er niemandem offenbaren will. Vor allem das Schicksal seiner Kameraden lässt ihn einfach nicht los. Sie waren seine besten, seine einzigen Freunde.
Und der Wahnsinn in Rambo bricht sich immer wieder Bahn. Wenn er im finalen großen Gemetzel auf einmal The Doors als Soundtrack für sein Tun aus blechernen Lautsprechern in seinen Tunneln ertönen lässt, wirkt er vollkommen aus der Spur. Übermannt von Wahnsinn, Blut- und Rachedurst. Doch „Rambo: Last Blood“ zeigt auch die menschlichen Seiten des Charakters. Mühsam schleppt sich John Rambo teilweise über seinen Besitz. Das Alter macht auch vor einer Kampfmaschine nicht halt. In den Momenten mit Gabrielle wirkt er so nahbar wie nie. Er veranstaltet für sie gar eine Geburtstagsparty auf seinem Besitz. Und er wird ihr gestehen, dass die Jahre, in denen er für sie sorgen durfte, mit zu den wichtigsten seines Lebens gehörten.
„Ich will, dass sie meinen Zorn spüren. Ich will, dass sie meinen Hass spüren.“
Spätestens hier ist dann auch klar, dass „Rambo: Last Blood“ kein blindwütiger Actionorkan wie „John Rambo“ sein will. Der Film steht eher in der Tradition eines „Rocky Balboa“ oder eines „Creed“. Fokussiert auf einen liebgewonnenen, vertrauten Charakter und ringt ihm durchaus auch neue Facetten ab. Dazu passt auch, dass Drehbuchautor Sylvester Stallone und Regisseur Adrian Grunberg („Get the Gringo“) ihrem Streifen das Kriegsfilmgewand abstreifen und ihm ein actionlastiges Westerngewand verpassen.
John Rambo muss in “Rambo 5” ordentlich leiden
Das verbirgt jedoch keineswegs, dass die Geschichte des Filmes altbekannt ist und vor klischeehaften Bildern rund um das Thema Mexiko und dessen Gefährlichkeit förmlich überfließt. Auch diverse unlogische, ja dumme Momente trüben das Gesamtbild. Doch man kennt derartige Nachlässigkeiten. Immerhin zielt ein „Rambo“-Film im Normalfall auf den Magen ab und reißt irgendwann unumwunden mitten in sein Geschehen hinein. Und das klappt auch hier hervorragend. Nach dem ruhigen und sprichwörtlich schönen Einstieg in den fünften Rambo werfen Stallone und Grunberg irgendwann die Gewaltspirale an und finden eindrückliche Bilder.
Bilder, in denen vor allem John Rambo ordentlich zu leiden bekommt. Schnell muss er nämlich merken, dass er sich in Mexiko nicht auf bekanntem Terrain bewegt. Beinahe leichtgläubig läuft er in eine Falle, aus der ihm nur eine hilfsbereite Journalistin (Paz Vega aus „Pfad der Rache“ in einer Minirolle) herauszuhelfen vermag.
Und dann macht Rambo etwas Interessantes: Er holt den Krieg in seine Heimat. Eine Heimat, die ihn einst als Vietnam-Veteran verstoßen und durch ihre Eingeweide gejagt hat. Eine Heimat, die er dennoch liebt und für die er in „Rambo II: Der Auftrag“ und „Rambo III“ ganze Kriege gewann. Ebenjene Heimat macht er nun zum Kriegsgebiet. Aber nur, weil er dieses Kriegsgebiet kennt. Und sich so einen Vorteil zu schaffen vermag, der ihm in Mexiko abgeht. Einen Vorteil, der zudem an den Vietnamkrieg denken lässt, wenn er den Eindringlingen in SEIN Land einen Guerillakrieg aufzwingt, den er aus einem weitverzweigten, undurchsichtigen Tunnelsystem heraus führt.
Die Action in “Rambo: Last Blood”
Die Folge ist die einzige große Actionszene im Film: Der Showdown. Stark eingeleitet durch gleich zwei coole Montagen, folgt ein brillantes Stück Old-School-Action, in dem sich aus dem unmittelbaren Vorgängerfilm bekannte, rohe Brutalität wie ein Vorschlaghammer Bahn schlägt. Aufgebaut ist der Showdown wie die Einlagen, die in Teil 2 und 3 auf die Endlosverfolgungsjagd des ersten Teils referenzierten und in denen John Rambo einen Gegner nach dem anderen aus dem Spiel nimmt. Dabei setzt er diesmal nicht auf Top-Tarnung und Überraschungsmomente, sondern auf seinen Erfindungsreichtum.
Alles, was der Vietnam-Veteran auf seiner Farm in die Hände bekommt, funktioniert er zu todbringenden Waffen und Fallen um. Mit unerhört blutigen, menschenzerfetzenden Folgen. Und Rambo selbst geht irgendwann gefühlt mitten durch seine Gegner hindurch. Hackt Köpfe und Extremitäten ab, durchstößt Schädel, verteilt brutalste Kopfschüsse und reißt Herzen aus Brustkörben. Dabei erreicht der Film zwar nie die derbe Brutalität des Vorgängers, wäre so vor wenigen Jahren und ohne grenzverschiebende Filme wie „The Raid 2“ dennoch nie denkbar gewesen. Der heftige und auch brutal ausgekostete finale Finisher alleine hätte den Film mühelos auf den deutschen Index gehoben.
Vor dieser finalen Actionszene, die aufgrund mal wieder nicht perfekter Millennium-CGI-Effekte in einem Moment zumindest einen kurzen Dämpfer erhält, spielt Action in „Rambo: Last Blood“ keine große Rolle. In einer Szene rettet John Rambo ein paar Menschen aus einem verheerenden Unwetter. In einer weiteren wird er heftig verdroschen und in der dritten kleineren Actioneinlage zitiert der Film „A Beautiful Day“ und lässt Rambo mit einem Hammer in einem Bordell aufräumen. Alles roh und brutal, aber in keinster Weise vergleichbar mit dem großartigen Showdown.
Sylvester Stallone IST John Rambo
Sylvester Stallone macht sowohl in der Action als auch in den ruhigen Momenten eine großartige Figur. Der verschobene Fokus auf die Narben des Veteranen steht Stallone großartig. Nach außen ruhig und gefasst, merkt man dennoch, dass es in ihm brodelt. Dass er selbst nicht weiß, was passiert, wenn die Traumata in ihm durchschlagen. Die vielen ruhigen Momente wirken niemals aufgesetzt oder gewollt. Die vertrauten, leider viel zu wenigen Szenen mit Gabrielle Akteurin Yvette Monreal zeugen von einer tollen Chemie und gehen richtig ans Herz. Stallone ist insgesamt so sehr Mittelpunkt der Story, dass kein anderer Charakter wirklich zum Tragen kommt. Selbst die Bösewichter bleiben kaum mehr als eine Ansammlung wüstester Klischees, die natürlich doppelt und dreifach bekommen, was sie verdienen.
Regisseur Grunberg hat seinen Film inszenatorisch weitgehend voll im Griff. Nur die Desasterszene zu Beginn wirkt ein wenig hektisch und unübersichtlich. Danach setzt er auf eine geerdete, souverän bebilderte Umsetzung, die in Spanien und auf den kanarischen Inseln feine Settings fand. Brian Tyler nutzt wie schon im Vorgänger die bekannten Musik-Themen rund um Rambo leider nur sporadisch, stellte aber dennoch einen ordentlich treibenden Score auf die Beine.
“Rambo: Last Blood” ist ein schöner Abschluss für eine der Actionreihen schlechthin
Am Ende findet Grunberg wieder ein schönes Schlussbild. Rambo sitzt in einem Schaukelstuhl, blickt über sein Land und scheint seinen inneren Frieden gefunden zu haben. Dazu dröhnt ein von Synchronsprecher Jürgen Prochnow etwas zu pathetisch gesprochener Monolog von der Tonspur, der aufhorchen lässt und bei weitem nicht so endgültig klingt, wie es der Untertitel „Last Blood“ andeutet. Wird John Rambo also zurückkehren? Nach Ansicht von „Rambo: Last Blood“ kann man nur eines konstatieren: Aber bitte doch! Und zwar schnell!
Bis dahin bereitet der Film seinem Helden ein schönes Ende. Hat mehr mit „Rambo: First Blood“ gemein als mit dessen Nachfolgern und versucht, seinem Helden wieder ein menschlicheres Antlitz zu verleihen. Das klappt über weiter Strecken hervorragend, kann voll und ganz auf seinen Star bauen und mündet in ein Finale Furioso, das bei echten Actionfans noch einige Zeit nachhallen dürfte.
Der Film läuft seit dem 19. September in den deutschen Kinos und ist mit einer FSK 18 Freigabe ungeschnitten. Man darf sicherlich gespannt sein, ob Universum Film rund um den Heimkinostart auch so glimpflich davonkommen wird.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
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