Originaltitel: Into the Grizzly Maze__Herstellungsland: USA/Kanada__Erscheinungsjahr: 2015__Regie: David Hackl__Darsteller: James Marsden, Thomas Jane, Piper Perabo, Scott Glenn, Michaela McManus, Billy Bob Thornton, Adam Beach, Kelly Curran, Reese Alexander, Luisa D’Oliveira u.a. |
Tierhorrorfilme sind, gerade in den letzten Jahren, meist eher eine Sache des Direct-to-Video-Markts, oft kostengünstig produziert und trashig. „Red Machine“, auch bekannt als „Into the Grizzly Maze“, „Last Frontier“ oder „Endangered“ schaffte es hierzulande zwar auch nur in die Videotheken, hatte aber immerhin 10 Millionen Dollar Budget und veritablen Cast bekannter Darsteller aus Hollywoods zweiter Reihe.
Der Bär ist im Tierhorror als Gegenspieler selten, obwohl sich „Grizzly“ dereinst im „Der weiße Hai“-Fahrwasser als Semi-Klassiker entpuppte. Hier ist es mal wieder ein besonders großes, besonders mörderisches Exemplar, das durch die Wälder Alaskas wütet und gleich zu Beginn eine Wilderergruppe attackiert. Denn die Ökobotschaft gehört zu Tierhorror ebenso dazu wie das krawallige Viehzeug: Wilderei, Abholzung seines Lebensraums und Beraubung seiner Nahrungsgrundlagen haben den Grizzly hier besonders aggressiv gemacht, der erfreulicherweise nur selten aus dem Rechenknecht stammt, sondern meist von jenem Bären gespielt wird, der auch schon in Filmen wie „Wir kaufen einen Zoo“ und „Der Zoowärter“ zu sehen war.
Auf menschlicher Seite bieten sich die zerstrittene Brüder Rowan (James Marsden) und Beckett Moore (Thomas Jane) als Protagonisten an. Der ältere arbeitet inzwischen als Deputy für die Polizei, Rowan hingegen hat gerade eine siebenjährige Haftstrafe verbüßt und will nur kurz in der alten Heimat vorbeischauen. Die Ehefrau eines alten Freundes bittet ihn nach dem verschwundenen Gatten zu suchen, derweil Becketts Gattin, die taubstumme Naturfotographin Michelle (Piper Perabo) sich auch in die Wälder aufmacht, womit es genug Gründe gibt, warum das Drehbuch die Streithähne in das Grizzly-Labyrinth in den Wäldern schicken kann.
Die Brüder treffen kurz aufeinander, als Rowan in eine Schlägerei gerät, werden aber wieder getrennt, als Beckett den (natürlich bärenbedingten) Tod einiger Holzfäller untersuchen soll und Rowan sich in die Wälder aufmacht. Dort trifft er auf Michelle – und die menschlichen Protagonisten bald auf den gefährlichen Bären…
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Vergleicht man „Red Machine“ mit „Backcountry“, einem thematisch ähnlich Bären-Survivalthriller, der zeitgleich entstand, fallen die Unterschiede klar auf: „Backcountry“ ist geerdete, relativ realistische Kost, „Red Machine“ dagegen ein bewusst knalliger Genrefilm. Das merkt man schon an den Bärenattacken, die wesentlich häufiger als in „Backcountry“ vorkommen und so richtig die Sau bzw. den Grizzly rauslassen, der Gesichter wegreißt, Arme an Bäumen hängen lässt und für ähnlich gorige Scherze verantwortlich ist. Doch auch „Red Machine“ könnte eine etwas größere bzw. etwas besser über den Film verteilte Opferzahl gebrauchen, zumal es eh oft nur Nebenfiguren erwischt, die nur für den Zweck des Umgebrachtwerdens eingeführt werden – Hauptcharaktere erwischt es nur selten und die haben es teilweise verdient.
Doch immerhin gibt es ein markiges Figureninventar. Neben Rowan, Beckett und Michelle wären da noch Rowans Ex-Freundin Kaley (Michaela McManus), die nicht nur als Gerichtsmedizinerin Leichen untersucht, sondern mit in den Wald kommt und sich als erneutes Love Interest für den Knacki anbietet, den Jäger Douglas (Billy Bob Thornton), den eine gemeinsame Vergangenheit mit den Moore-Brüdern verbindet, und Becketts knarzigen Chef Sully (Scott Glenn). Die Charaktere haben Profil, ihre Beziehungen dagegen sind kalter Kaffee aus dem Drehbuchhandbuch: Rowan ist natürlich nicht der schlechte Kerl, für den sein Bruder ihn hält, was aber erst beim Überlebenskampf inklusive Versöhnung klar wird, mit Kaley kommt er auch wieder zusammen und unter den Nebenfiguren gibt es natürlich wieder das eine Arschloch, das seine Seele und die Sicherheit aller für schnöden Mammon verkauft hat und dafür ganz bärig bestraft wird. Hin und wieder wird mit den Erwartungen gespielt, gerade was Douglas angeht, von dem man lange nicht weiß, ob er eine positive oder negative Figur ist, aber sonst verläuft „Red Machine“ streng nach Schema F.
Dabei profitiert der Film von David Hackl („Dangerous“) immerhin von seinem handgemachten Ansatz: Die Naturkulisse sieht toll aus, der Einsatz eines echten Bären sorgt für deutlich mehr bedrohliche Atmosphäre, während man CGI-Einlagen auf das Nötigste (etwa bei Wunden oder besonders halsbrecherischen Momenten) beschränkt. Das ist auch gut so, denn man kann hier deutlich unterscheiden, wann der Bär real ist und wann er aus dem Rechenknecht kommt. Gegen Ende zieht „Red Machine“ dann noch die Actionschraube an, wenn es zu einem veritablen Überlebenskampf zwischen Mensch und Tier kommt, der Realismus eher klein schreibt, wenn man mit einem Messer auf Tuchfühlung mit einem Grizzly geht oder das Biest noch brennend weiterkämpft, aber für Drama und Schauwerte ist gesorgt. Schade allerdings, dass der Film zuvor eher dahinplätschert und immer wieder kleine Längen entstehen, wenn gerade kein Bärenangriff stattfindet – dafür sind Handlung und Charaktere zu 08/15.
Immerhin hat das Casting ganze Arbeit geleistet, denn die Darsteller können manche Drehbuchschwäche auffangen. Billy Bob Thornton („The Baytown Outlaws“) und Scott Glenn („Greenland“) als knarzige Kerls sind Edelsupport, die den Film deutlich aufwerten, Thomas Jane („Anti-Life“) beweist seine Action-Man-Qualitäten, die sich irgendwann von der Kinoleinwand immer mehr in Richtung Videothek verlagerten. Das hat er woanders auch schon besser gemacht, mehr als brauchbar ist seine Leistung dennoch. Das Gleiche gilt für James Marsden („Shock and Awe“), während Piper Perabo („Angel Has Fallen“) in der Taubstummenrolle sogar schauspielerisch etwas gefordert ist und dabei überzeugt. Nur Michaela McManus („The Last Ship“) bleibt eher blass, was allerdings auch an ihrer farblosen Anhängsel-Rolle liegt.
So bleiben eher überraschend prominenter, markiger Cast, schöne Naturaufnahmen, gute Tiertricks und actionreiches letztes Drittel, die „Red Machine“ zu einem soliden Vertreter des Tierhorrorfilms machen. Für ein aufregenderes Ergebnis wäre allerdings mehr nötig gewesen als David Hackls solide-uninspirierte Handwerkerregie und das 08/15-Drehbuch mit seinen Standardbausteinen und gelegentlichen Längen.
In Deutschland ist „Red Machine“ bei Splendid Film auf Blu-Ray und DVD erschienen, ungekürzt ab 16 Jahren freigegeben. In Sachen Bonusmaterial gibt es Trailer.
© Nils Bothmann (McClane)
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