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Reptilicant

In der Cine-Excel-Produktion „Reptilicant“ wirkte Gary Daniels vor allem aus Freundschaft zu Produzent David Huey mit. Bei dem trashigen Billigheimer um ein mörderisches Echsenalien auf Alcatraz zeichnet Desi Singh als Regisseur, Co-Autor, Nebendarsteller und Creature-Effektdesigner verantwortlich und versagt dabei in jeder Beziehung.

Originaltitel: Reptilicant__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2006__Regie: Desi Singh__Darsteller: Gary Daniels, Tina-Desiree Berg, Jason Scott Johnson, Neeta Kim, Desi Singh, Paul Darrigo, Darryl Phinnessee u.a.
Reptilicant

Gary Daniels gegen ein Echsenalien und eine inkompetente Regie: “Reptilicant”

Desi Singh arbeitete mal als Stuntman, mal als Martial-Arts-Trainer und mal als Schauspieler im Filmgeschäft – etwa in „Tödliche Wette“ an der Seite B-Actionstar Gary Daniels. Dass jener dann die Hauptrolle in Singhs Regiedebüt „Reptilicant“ übernahm, lag allerdings weniger an dieser Verbindung, sondern an Daniels Freundschaft zu Produzent und Co-Autor David Huey.

Der hatte den Actionstar zu Beginn von dessen Karriere allerdings durch die schrottigen Werke „Full Impact“ und „Kickbox Terminator“ gehetzt, weshalb es vielleicht besser gewesen wäre, wenn Gary Daniels sich das mit dem Freundschaftsdienst noch einmal überlegt hätte. Hier jedenfalls spielt er den Regierungsagenten Ryan Moore, welcher der Beste seines Faches ist und aus dem Urlaub geholt wird, weil es eine besondere Situation auf Alcatraz gab. Woher man erfährt, dass er der Beste seines Faches ist? Weil das Drehbuch dies bei seiner Ankunft noch einmal explizit wie unsubtil aussprechen lässt. Warum man eine Verdächtige übrigens auf der Touri-Attraktion Alcatraz selbst verhört und nicht auf einem Revier, das fragt man den Film besser nicht.

Dass der ganze Budenzauber hier mit Aliens zu tun haben wird, weiß man nicht nur aus dem Filmtitel, sondern auch aus der ellenlangen Creditsequenz, die den Flug eines Alien-Raumschiffs gen Erde bebildert. „Reptilicant“ ist zwar ein B-Movie von 2006, besagte Szene sieht aber wie eine Zwischensequenz eines mindestens zehn Jahre älteren Computerspiels aus. Was genau auf Alcatraz, wo das Alienschiff niederging, geschah, das soll das Verhör der einzigen Überlebenden, Dannie (Tina-Desiree Berg), klären. Dadurch, dass man weiß, dass es alle anderen erwischen wird, vernichtet „Reptilicant“ schon jede Menge Spannungspotential zu Beginn.

Dannie erzählt davon, wie sie mit ihrer Diebescrew auf Alcatraz einbrach, nachdem ihr sterbender Großvater sie auf die Spur von Diamanten brachte, die ein früherer Zellenkumpan von ihm hier versteckte. Dummerweise finden die Schatzsucher auf der Gefängnisinsel nicht nur die paar Wachleute vor, die sie spielend ausschalten, sondern auch das Alien, das sie dezimiert…

httpv://www.youtube.com/watch?v=n_UXMovRzKI

Trotz Freundschaftsdienst dürfte die Gage für Gary Daniels das teuerste an diesem Film gewesen sein. Der Rest ist mit der heißen Nadel billig zusammengestrickt, wobei Desi Singh hier nicht nur Regisseur war, sondern auch Co-Autor, Nebendarsteller und Creature-Effektdesigner. Viel zu designen gab es aber nicht, denn mehr als ein Karnevalskostüm, das nach Karnevalskostüm aussieht, ist bei dem Alienschurken mit der starren Mimik nicht herumgekommen. Vom Style her erinnert er an die Fisch- bzw. Reptilienmenschen aus Werken wie „Das Grauen aus der Tiefe“ oder „Der Schrecken vom Amazonas“ – nur dass diese wesentlich älteren Filme immer noch besser aussehende Kreaturen aufbringen als „Reptilicant“. Die sonstigen Effekte sind nicht besser, gerade wenn die wenigen CGI-Tricks (etwa bei Einschüssen oder Treffern beim Monster) sehen so aus, als ob der Neffe des Regisseurs sie am Heimcomputer erstellt hätte.

Auch in Sachen Location war hier Schmalhans der Küchenmeister. Die Aufnahmen von Alcatraz sind alle Stock Footage und scheinen teilweise sogar einem Touri-Video entnommen zu sein, das ein wild zoomender Hobbyfilmer bei einer Bootsfahrt aufgenommen hat. Allen Sets sieht man dagegen an, dass der Film nie und nimmer auf Alcatraz gedreht wurde, und es sind sowieso immer dieselben Räume. Damit „Reptilicant“ dann auf Lauflänge kommt, wird jede noch so nichtige Kleinigkeit bebildert (etwa das Krabbeln durch ein Rohr, um von A nach B zu kommen) und jede Szene ausgewalzt, etwa wenn Breckster (Neeta Kim) ihren Kollegen gefühlte 374 Mal zubrüllt „Get out of there“, als sie das Alien durch die Überwachungskamera sieht.

Was dagegen zu kurz kommt, ist so gut wie jede Form von Schauwert. Als Budgetgründen sind die meisten Monsterattacken ultrakurz, oft sieht man nur das Ergebnis, und in Sachen Effekte haben manche Amateurfilmer mehr auf der Pfanne als die Crew von „Reptilicant“. Besonders schlimm ist allerdings der hakelige Schnitt, der schon bei Grundsätzlichkeiten wie Szenenübergängen versagt, sich Böcke wie Achsensprünge leistet und den Alienangriffen jede Form von Spannung und Nachvollziehbarkeit nimmt. Nicht, dass Cutter Ace Cruz in seiner Inkompetenz alleine wäre. Dem Sounddesigner hat wohl niemand gesagt, dass man eine Waffe nur einmal durchladen muss (und soll), weshalb der entsprechende Toneffekt jedes Mal erklingt, wenn die Protagonisten ihre Knarren ziehen und/oder auf irgendwas zielen.

Zur Liste des Totalausfälle gehört auch der Score, der zum einen große Vorbilder plump kopiert und zum anderen jede Form von Subtilität oder Finesse missen lässt: Wenn es spannend werden soll, dann schmettert einem die Tonspur geradezu ein „Übrigens, jetzt soll es spannend werden“ entgegen. Das Drehbuch macht es nicht viel anders, verewigt jede Offensichtlichkeit in einer Dialogzeile und ist voll mit gestelzt wirkenden Sprüchen des Grauens. Dass man sich jede Idee aus Vorbildern wie „Alien“ oder „The Thing“ zusammenklaut, versteht sich da von selbst. Also murkst das Script seine vollkommen egalen Knallchargen nach dem Zehn-kleine-Jägermeister-Prinzip ab, wobei dem Zuschauer jeder, aber auch wirklich jeder von denen am Hintern vorbeigeht.

Schon beim zweiten Alienangriff auf einen Dieb erfährt man übrigens, dass das Alien ein Gestaltwandler ist – wer jetzt weder den Twist kurz vor dem Showdown errät noch die Schlusspointe kommen sieht, der hat vermutlich niemals einen Film gesehen, ein Buch gelesen oder eine Geschichte gehört. Wenig voraussehbar, weil komplett Banane, sind dagegen die Voraussetzungen zur Alienbekämpfung: Dessen Haut lässt sich am besten mit Diamanten durchdringen, die man glücklicherweise gefunden hat und kurzerhand zu Projektilen oder sonstigen Waffenupgrades nutzen. So gehört es zu den effektivsten Anti-Monster-Strategien, dem Biest mit einem diamantenbesetzten Hammer auf den Fuß (!) zu hauen. Das sieht dann so plump aus, wie es sich anhört, aber warum sollte der Film in dieser Hinsicht besser sein als in jeder anderen? Es muss kaum erwähnt werden, dass quasi alle Darsteller absolute Laien sind, die ihre hölzernen Dialoge wahlweise emotionslos oder hilflos overactend aufsagen und teilweise keinen einzigen Filmcredit außer diesem haben. Tina-Desiree Berg („GiAnts“), in Sachen Screentime die eigentliche Hauptdarstellerin, spielte noch in einigen anderen Billigheimer mit, ein paar davon ebenfalls aus der Produktionsschmiede Cine Excel, ist aber kaum besser als ihre Kompagnons, zu denen auch Regisseur Desi Singh in der Rolle des hammerschwingenden Que gehört.

Nominell hat natürlich Gary Daniels („Rumble“) die Hauptrolle, der sich schauspielerisch geschickter anstellt, von seinen besten Leistungen aber weit entfernt ist und diesen Film im Interview einmal als seinen schlechtesten bezeichnete. Damit man ihm, Freundschaftsdienst hin oder her, nicht zu viele Drehtage bezahlen musste, kommt er in den ersten zwei Dritteln des Films kaum vor, man sieht ihn nur kurz in den Verhörszenen. Im letzten Drittel ist er dann mehr gefragt und bekommt eine Kampfszene spendiert, die er selbst choreographierte. Das ist dann auch das Wertigste an den Film, denn Daniels kickt gewohnt gut. Es sind sogar ein paar coole Aufnahmen darin, aber vermutlich hat Daniels Kameramann Bruce Heinsius da einfach nur gesagt: „Setz das so in Szene wie Isaac Florentine“. Auch hier gibt es einige Klöpse: Warum kämpft Ryan lange gegen das Alien, wenn er es einfach nur an einen bestimmten Punkt locken will? Wie funktioniert das mit dem Blitzableiter und dem Auffangen der Elektrizität? Und warum wartet das Monster eine halbe Minute ruhig ab, während Ryan in zwei Metern Entfernung dessen Vernichtung vorbereitet?

Also rettet auch das bisschen nette Kickeraction gegen Ende den Film nicht mehr, den Desi Singh als Regisseur, Co-Autor, Nebendarsteller und Effekt-Designer betreute. In jeder dieser Disziplinen versagt er, aber das kann man auch von fast jedem anderen in diesem amateurhaften Film sagen, der irgendwann zur Geduldsprobe wird. Nur Gary Daniels macht bei „Reptilicant“ gute Miene zum bösen Spiel, steht aber allein auf verlorenem Posten.

„Reptilicant“ wanderte mehr oder weniger in den Giftschrank und ist wohl nur in einigen Ostblockländern wie Ungarn auf DVD veröffentlicht worden. Cine Excel schickte allerdings eine Probe-DVDs für Menschen heraus, die sich für die Rechte an „Reptilicant“ interessieren und so kursiert der Film teilweise auf Videoportalen wie YouTube zur Ansicht.

© Nils Bothmann (McClane)

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Categorised in: Creature Feature, Reviews

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