Originaltitel: Zhi Ming Dao Shu__Herstellungsland: China__Erscheinungsjahr: 2017__Regie: Yoon Hong-seung aka Chang__Produktion: Jackie Chan u.a.__Darsteller: Yang Mi, Wallace Huo, Chin Shih-Chieh, Liu Chang, Hummer Zhang u.a. |
In der Welt von “Reset” ist die Existenz von Paralleluniversen längst wissenschaftlich bewiesen. Mehr noch: Es ist möglich, Wurmlöcher zwischen den Universen aufzuspannen und so Zeitreisen durchzuführen. Doch hierbei steht man noch ganz am Anfang. Zumindest ist es bereits gelungen, Tiere zurück in der Zeit zu schicken. Um exakt 110 Minuten.
Natürlich weckt eine solche Technologie Begehrlichkeiten. In der Folge entführen einige Lumpen den Sohn der Wissenschaftlerin Xia Tian. Die arbeitet für einen der Konzerne, die die Zeitreisen untersuchen und soll für die Lumpen die Ergebnisse all ihrer bisherigen Forschungen vom Konzernserver herunterladen und ihnen aushändigen. Weigert sie sich, wird eine in den Hals ihres Sohnemanns implantierte Sprengladung ihren tödlichen Dienst verrichten.
Natürlich setzt die verzweifelte Mutter alles daran, ihren Doudou zu retten. Und obschon sie alle Forderungen der Entführer zu erfüllen vermag, endet der Tag in einem feurigen Inferno. Verzweifelt beschließt Xia Tian, in der Zeit zurückzureisen. 110 Minuten, so ihr Gedankengang, sollten ausreichen, um den Verbrechern in die Suppe zu spucken und Doudou zu retten. Das Husarenstück gelingt und Xia Tian wird zum ersten Menschen, der durch die Zeit reist. Allerdings hat genau das ungeahnte Konsequenzen…
Schaut euch den Trailer von “Reset” an
httpv://www.youtube.com/watch?v=EtH_K3YCd_k
Filme, in denen ein Charakter in der Zeit zurückreist, um eine Katastrophe abzuwenden, gibt es diverse. Man denke beispielsweise an den „Terminator“. Auch Filme, in denen eine Situation von einem Charakter wieder und wieder durchlebt wird und selbiger versucht, durch sein Verhalten aus der entstandenen Zeitschleife auszubrechen, sind ebenfalls nicht mehr selten: „Retroactive“ oder „Edge of Tomorrow“ seien genannt.
“Reset” kombiniert nun in gewisser Weise beide Varianten. Schickt einen Charakter mehrmals in der Zeit zurück, um selbigen eine Katastrophe abwenden zu lassen, in der Hoffnung, damit sein persönliches Schicksal abzuändern und so auf weitere Zeitreisen und das erneute Durchleben bestimmter Schlüsselereignisse verzichten zu können. Das wird mit viel Tempo aufgezogen, ist durchgehend sehr spannend in Szene gesetzt worden und wirkt auch logisch ansatzweise konsistent genug, dass einem die Logikfehler nicht unentwegt förmlich ins Gesicht springen oder den Spaß vermiesen.
Schön ist, dass die Produktion durchgehend ernst aufgezogen wurde. Keinerlei Humor trübt den Spannungsaufbau. Es gibt keine nervigen Comic Reliefs und keine verunglückten Witze/Slapstick-Momente. Eine kleine Seltenheit im aktuellen chinesischen Kino. Zudem punktet der in kühle und eher fahle Farben getauchte, sterile Techniklook des Streifens, der ein nicht allzu fernes 2025 entwirft und mit technologischen Weiterentwicklungen eher subtil angibt. Vor allem der gigantische Turm, in dem Xia Tian ihren Dienst verrichtet und in dem “Reset” die meiste Zeit über spielt, ist allerdings in jedem Fall ein echter Eyecatcher.
Das kann man über die Effektarbeit in „Reset“ nicht durchweg behaupten. “Reset” hat seine Momente, wenn er den Zeitreise-Aspekt bebildert. Wenn sich Xia Tian in kleinste Partikel zersetzt, hat das beinahe etwas Metaphysisches und ist einfach wunderschön anzuschauen. Auch diverse Bilder zukünftiger Architektur funktionieren und schmeicheln dem Auge. Sobald Regisseur Chang aber in die Action umschaltet, wird es schwierig.
Denn obschon Jackie Chan („Railroad Tigers“) das Werk produzierte und der Name eigentlich mal für Handgemachtes stand, wird in “Reset” so gut wie jede temporeichere Sequenz mit Effekten gepimpt. Häufig nicht zu deren Vorteil. Vor allem die sichtlich aus der Konserve stammenden Autocrashs, die prinzipiell sehr spektakulär gedacht sind, erden das Vergnügen deutlich. Reißen mit ihrer blöden Künstlichkeit sogar einige Male aus dem Film. Das ist auch insofern problematisch, dass ausgerechnet alle größeren Actionsequenzen mit Autos zu tun haben.
Abseits der Autonummern ist „Reset“ dann deutlich gelungener in seiner Action. Punktet mit geradlinigen Stunts und einigen erstaunlich konsequenten und blutigen Momenten, die nicht einmal vor Kindern haltmachen.
Darstellerisch weiß vor allem Yang Mi („Wu Dang“) zu überzeugen. Die junge Dame hat in “Reset” die Möglichkeit, ihren Xia-Tian-Charakter mal eben auf drei verschiedene Arten zu interpretieren. Mal als sehr passive, mit der Arbeit verheiratete Wissenschaftlerin, die schonmal MacGyver-Tricks anwendet, um sich aus brenzligen Situationen zu retten. Dann als abgeklärtes, kämpferisches Muttertier, das das Heft des Handelns in die eigenen Hände nimmt. Und last but not least als eiskalte Killerbraut, die bar jedweder Emotionen ihre Gegner umnietet und teils auch sehr unbequeme Charakterzüge offenbart.
Alle drei Figuren kann Yang Mi überzeugend zum Leben erwecken, wobei allen drei Frauen gemein ist, dass sie in erster Linie immer Mutter sind und für ihr Kind alles geben würden. Dieser gemeinsame Antrieb sorgt dann auch für die stärksten Momente von “Reset”: Wenn die Frauen zusammen agieren und ihre Stärken und Schwächen kombinieren, um so am Ende gegen die eiskalten Verbrecher und deren Anführer Cui Hu bestehen zu können.
Cui Hu wird von Wallace Huo („Inside or Outside“) gegeben, der einen charismatischen Fieswicht entwirft und sowohl eiskalt und brutal agieren darf als auch ein recht menschliches Motiv für seine Taten spendiert bekommt. Dem Mimen hätte man letzten Endes sogar deutlich mehr Screentime gewünscht, da sein Killer alles andere als uninteressant ausgestaltet ist. Alle weiteren Schauspieler machen einen absolut soliden Job und dürfen sogar für den einen oder anderen interessanten Twist in der ohnehin spannenden Story sorgen.
Was am Ende bleibt, ist unterhaltsame, äußerst kurzweilige Science-Fiction-Action-Kost aus Fernost, die ihre Story sehr schnell angeschoben bekommt und sogleich in einen äußerst temporeichen Actionmodus umschaltet. Der hat zwar seine eklatanten und nicht zu leugnenden Schwächen (miese CGI-Effekte, mangelnder Druck), peitscht die sich mit Schmackes entfaltende Geschichte um Zeitreisen und deren Auswirkungen aber immer weiter an und mündet in ein feines, mit Mut zum Kitsch hantierendes Finale. Der kühle Look, die richtig gute Musik, die feinen Performances von Yang Mi und Wallace Huo sowie der erstaunlich gut funktionierende emotionale Kern von “Reset” sorgen für weitere Pluspunkte.
Die deutsche DVD / Blu-ray von “Reset” erscheint am 22. Februar 2018 von Koch Media und ist mit einer FSK 16 Freigabe ungeschnitten. Kurze Featurettes erlauben kleine Blicke hinter die Kulissen des Filmes und auch Jackie Chan darf sich hier zu Wort melden.
In diesem Sinne:
freeman
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