Originaltitel: Gong Woo Ching__Herstellungsland: Hongkong__Erscheinungsjahr: 1987__Regie: Taylor Wong__Darsteller: Chow Yun-Fat, Andy Lau, Carina Lau, Danny Lee, Alex Man, Alan Tam, Pauline Wong, Ko Chun-Hsiung, Lam Chung, Shing Fui-On, Peter Yang Kwan, Fan Mei-Sheng u.a. |
Trotz einer Besetzung mit großen Namen aus Hongkongs Genrekino der 1980er, darunter Chow Yun-Fat, Andy Lau und Danny Lee, schaffte es „Rich and Famous“ bisher noch nicht nach Deutschland, im Gegensatz zum Sequel „Tragic Hero“, das hierzulande als angebliche Fortsetzung des Ronny-Yu-Actionfilms „China White“ vermarktet wurde.
Ein kurzer Prolog erläutert die Vorgeschichte des Adoptivgeschwister Lam Ting Kwok (Andy Lau), Tang Kar Yung (Alex Man) und Wong Wai Chui (Pauline Wong): Während einer Flüchtlingswelle im Jahr 1953 stirbt Kwoks Vater, als er noch ein kleiner Junge ist, er wird vom Vater der beiden anderen adoptiert und das Quartett gelangt nach Hongkong, wo Yung Jahre später ein Zocker beim Pferderennen ist. Deshalb steht er bei einem Gangster in der Kreide, doch Kwok kann noch verhindern, dass Yung deswegen einen Finger einbüßt. Damit sind die Rollen verteilt: Kwok ist der engagierte Heilsbringer, Yung der ungestüme Egoist und Chui das Mäuschen im Hintergrund, woran sich während des Films nicht mehr viel ändert.
Auf der Suche nach Knete zur Schuldenbegleichung stehlen Yung und Kwok nach einem Tipp ihres Kumpels Mak Ying-Hung (Alan Tam) dem Kurier des Triadenbosses Chu (Ko Chun-Hsiung) seine heiße Ware, doch da sind sie ähnlich glücklos wie Yungs vorigen Versuchen des Wettbetrugs: Die Schergen des Gangsters finden sie und entführen Chui als Racheakt. In ihrer Not wenden sie sich an einen anderen Triadenboss, Li Ah Chai (Chow Yun-Fat), der sich als gutherziger Gangster erweist, die Schwester zurückholt und die Schulden begleicht. Von da an arbeitet die Familie für ihn: Chui als Hausmädchen, die Brüder als Geldeintreiber.
Das Leben der Geschwister verläuft von da an in geordneteren Bahnen, doch die unterschiedlichen Persönlichkeiten sind ein Problem: Während der verlässliche Kwok immer mehr zu Chais Vertrautem wird, zieht der rücksichtslose Yung immer mehr dessen Missfallen auf sich…
httpv://www.youtube.com/watch?v=c1dpnhjuy9w
Wer jetzt angesichts der Entstehungszeit und des Casts, dessen Mitglieder in mehreren John-Woo-Meilensteinen zu sehen waren, die große Actionsause erwartet, der dürfte von „Rich and Famous“ reichlich enttäuscht werden, da es gerade einmal drei größere Actionszenen gibt, von denen die erste, eine Prügelei auf der Pferderennbahn, auch eher mau choreographiert ist. Der Showdown ist recht gelungen und geht von einem Anschlagsversuch über in eine Verfolgungsjagd mit abschließender Prügelei, bei eine Figur ihren Kontrahenten mit einer abgefallenen Stoßstange verprügelt – letzteres sieht man nicht alle Tage. Ist das noch gehobener Hongkong-Durchschnitt, so findet sich das große Actionhighlight in der Filmmitte: Bei einem schiefgelaufenen Deal kommt es zu einer fetten Ballerei, bei der nicht nur diverse Henchmen dran glauben müssen und gelegentlich sogar beihändig geballert wird, sondern auch ein paar nette Kameraeinfälle zu sehen sind (etwa wenn man quasi die Perspektive eines Schützen einnimmt).
Das macht „Rich and Famous“ nicht zum Actionreißer, handelt es sich doch viel mehr um ein Gangsterdrama, das von Werken wie „Der Pate“ beeinflusst wurde. Ähnlich wie die Corleones stellt sich Chai gegen einen Einstieg ins Drogengeschäft, wie in „Der Pate 2“ führt das zu Problemen und Machtkämpfen innerhalb der Organisation. Auch die Vermischung von Beruflichem und Privatem spielt eine Rolle, vor allem natürlich beim sich anbahnenden Bruderzwist, aber auch bei Liebeleien, etwa wenn Chai mit Lau Po Yee (Carina Lau) anbandelt, an der auch Yung interessiert ist. Das bietet einigen Stoff – sogar zu viel Stoff, denn „Rich and Famous“ handelt in rund 105 Minuten so viele Konflikte und Handlungen ab, dass man ein dreistündiges Gangsterepos damit füllen könnte.
Dementsprechend kommt vieles zu kurz und wird nicht vernünftig aufgelöst: In einer Szene wird gezeigt, dass Chui anscheinend in Chai verschossen ist, aber danach wird diesem tragischen Verliebtsein kein Augenblick mehr gewidmet. Das Anbandeln von Chai und Po Yee wird im Höllentempo abgehandelt und noch dazu mit einer musikalisch wahrhaft kitschig untermalten Montage versinnbildlicht, die dementsprechend plump wirkt. Manche Szene ist dann wiederum überraschend humoristisch in dem Film, der sonst auf das große Drama um Familie und Loyalität getrimmt ist, was den Fluss von „Rich and Famous“ ebenso stört wie die Montage, die oft nicht klarmacht, dass die folgende Szene Tage, Wochen oder sogar Jahre später spielt. So bleiben viele Konflikte in „Rich and Famous“ nur Behauptung; wo sich der Film besser Zeit genommen hätte, da wirkt er doch eher halbherzig und übereilt. Da hätte man die Anzahl der Handlungsstränge besser heruntergeschraubt oder einen längeren Film gefehlt.
Das ist schade angesichts des talentierten Ensembles, in dem vor allem Chow Yun-Fat („The Corruptor“) als gutherziger Gentleman-Gangster sein Charisma ausspielt. Andy Lau („Shock Wave“) und Alex Man („Hong Kong 1941“) sind ebenfalls sehr gut als ungleiche Brüder, während Danny Lee („Mad Mission 5“) nur eine Gastrolle hat, die noch einmal verdeutlicht, dass „Rich and Famous“ sich zu viel vornimmt: Unvermittelt taucht er in einer Szene als ehrgeiziger Rüpelcop auf, der Chai schon seit Ewigkeiten hinter Gitter bringen will, aber ihm noch nichts nachweisen konnte. Vorher war von ihm nie die Rede, danach taucht er für den Rest des Films ab, um im Finale noch einmal eine (eher unwichtige) Rolle zu spielen. Carina Lau („Detective Dee und der Fluch des Seeungeheuers“) und Pauline Wong („Lucky Stars Go Places“) haben da wesentlich mehr Screentime, werden aber vom Drehbuch noch stiefmütterlicher behandelt, als dass sie irgendwas reißen könnten. Alan Tam („Operation Condor – Der rechte Arm der Götter“) hat als Kleingauner mit großem Herz und nasalem Problem noch die herausstechendste Nebenrolle abbekommen, während Shing Fui-On („Tiger on the Beat“) seine Charakterfresse als Chefhandlanger nur in die Kamera halten muss um im Gedächtnis zu bleiben.
Mit dieser Besetzung, seinem Knaller-Shoot-Out in der Filmmitte und seinem ambitioniertem Epos-Vorhaben kann „Rich and Famous“ dann punkten, doch gerade letzteres wird für den Film zur Falle: Zu viel wird angerissen, zu wenig wirklich ausgearbeitet, anstatt sich allein auf den zentralen Bruderkonflikt zu fokussieren. So kommt ein okayes, immer etwas zu gehetzt wirkendes Gangsterdrama heraus, das sein Potential aber etwas verschenkt.
Da „Rich and Famous“ es bisher noch nicht nach Deutschland geschafft hat, muss man auf ausländische Fassungen zurückgreifen, etwa auf die britische DVD von MIA. Die wurde von der BBFC ab 18 freigegeben, bietet den Film entweder in englischer Synchro oder im Original mit englischen Untertiteln und bietet in Sachen Bonusmaterial eine Bildergallerie, Trailer und Filmographien.
© Nils Bothmann (McClane)
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