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Rock Star

Originaltitel: Rock Star__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2001__Regie: Stephen Herek__Darsteller: Mark Wahlberg, Jennifer Aniston, Jason Flemyng, Timothy Olyphant, Timothy Spall, Dominic West, Jason Bonham, Jeff Pilson, Zakk Wylde, Blas Elias, Nick Catanese, Beth Grant, Michael Shamus Wiles, Matthew Glave u.a.
Rock Star

In Stephen Hereks Musik-Komödie “Rock Star” spielt Mark Wahlberg den Metal-Sänger, auf den der Titel sich bezieht

Im heutigen Kino undenkbar, aber es gab mal eine Zeit, in der man reale Ereignisse im Film verarbeiten konnte, ohne das Ganze als Biopic oder „Die unglaublich wahre Geschichte von…“ zu brandmarken. So geschehen im Fall von „Rock Star“, der die Geschichte von Tim ‘Ripper‘ Owens aufgriff, der vom Sänger einer Judas-Priest-Tribute-Band zum Judas-Priest-Frontmann wurde.

Tim Owens wird hier zu Chris Cole (Mark Wahlberg) und aus Judas Priest wird Steel Dragon, deren Frontmann Bobby Beers (Jason Flemyng) ist. Bobby ist Chris‘ Idol, er kopiert dessen Kleidungs- und Frisurstil, lässt sich von seiner Freundin Emily Poule (Jennifer Aniston) sogar jedes neue Piercing von Bobby nachstechen. Die Steel-Dragon-Songs kann er natürlich auch auswendig und schmettert diese auf dem Konzert (in der ersten Reihe natürlich) mit einer Inbrunst und Stimmkraft, die selbst Bobby auffällt. Dem gegenüber steht eine eher unscheinbare Existenz als Servicetechniker von Kopiergeräten, ein Leben im elterlichen Eigenheim und Sticheleien durch den großen Bruder Joe (Matthew Glave), der möchte, dass Chris „endlich erwachsen wird“.

Seine Steel-Dragon-Leidenschaft lebt Chris auch als Sänger der von Emily gemanagten Tribute-Band Blood Pollution aus, selbstverständlich benannt nach einem Song der Idole (auch Owens‘ Spitzname Ripper geht auf einen Judas-Priest-Song zurück). Während Blood Pollution bei ihren Konzerten ordentlich Stimmung machen und begeisterte Fans Videos von Chris‘ gesangsstarker Performance machen, will der Rest der Band lieber an eigenen Songs arbeiten, eine eigene Identität erschaffen, während Chris es noch nicht einmal ertragen kann, wenn sein Kumpel Rob Malcolm (Timothy Olyphant) eigene Akzente an der Gitarre setzt. Dabei zeigt „Rock Star“ sein gespaltenes Verhältnis zum Thema Fanatismus: Einerseits macht der Film durchaus die Schattenseiten von Chris‘ Obsession und Pedanterie klar, denn diese kostet ihn den Platz in der Band und damit auch Freunde. Andrerseits ist dies aber genau die Eigenschaft, die ihm den ganz großen Erfolg bringt.

Denn zur gleichen Zeit überwerfen sich auch Bobby Beers und Steel Dragon, die nun einen neuen Sänger brauchen und dabei von Groupies ein Video von Chris‘ Auftritt erhalten. Sie lassen das Nachwuchstalent einfliegen. Und tatsächlich wird dieser der Nachfolger von Bobby und nennt sich von nun an Izzy…

httpv://www.youtube.com/watch?v=c3a754U2Nqk

Dass „Rock Star“ sich nicht explizit auf Judas Priest und Owens bezieht, dürfte nicht nur an der Attitüde der Filmemacher, sondern auch an den Abweichungen und dramaturgischen Verdichtungen liegen. Zwar kamen auch bei Rob Halford der Bandausstieg und sein Coming Out zusammen, doch Owens übernahm den Sängerposten nicht direkt 1992, sondern erst vier Jahre später (2003, zwei Jahre nach dem Erscheinen von „Rock Star“ stieg Halford übrigens wieder bei Judas Priest ein). Außerdem spielt die Geschichte nicht mehr in den 1990ern, sondern eine Dekade zuvor; anstelle vom klassischen Heavy Metal der Marke Judas Priest bewegt sich Steel Dragon in Musik und Styling im Bereich von Glam und Hair Metal, was sich auch im Soundtrack von „Rock Star“ niederschlägt: Auf die Ohren gibt es unter anderem von Bon Jovi, KISS, Def Leppard und Mötley Crüe. Hinzu kommen eigens komponierte Songs für die fiktiven Bands Steel Dragon und Blood Pollution für die man diverse echte Musiker (u.a. Zakk Wylde, Jeff Pilson und Blas Elias) anheuerte, die teilweise Bandmitglieder spielen. Tatsächlich geht die Musik von „Rock Star“, egal ob ausgewählt oder für den Film geschrieben, gut ins Ohr, eine gewisse Vorliebe für die besagten Rock- und Metalrichtungen natürlich vorausgesetzt.

Obwohl Mark Wahlberg („Mile 22“) für die Hauptrolle mit einem Vocal Coach trainierte, ist seine Gesangsstimme sowohl bei Metal-Nummern als auch bei einem Pearl-Jam-artigen Grunge-Song gegen Filmende immer die von ausgebildeten, hauptberuflichen Sängern. Das soll Wahlbergs Leistung nicht schmälern, der die jugendliche Begeisterung des Jungen aus einfachen Verhältnissen, der nun mit seinen Idolen auf der Bühne stehen darf, überzeugend rüberbringt. Aber der ehemalige Frontmann des Funky Bunch ist als Schauspieler hier, nicht als Sänger. Jennifer Aniston („Friends“) setzt Akzente als schlagfertige Freundin, bleibt aber ebenso Support am Rande wie Dominic West („300“) als Nr. 2 bei Steel Dragon oder Timothy Olyphant („Ich bin Nummer Vier“) als Nr. 2 bei Blood Pollution. So ist es ein anderer, der sich noch zur heimlichen zweiten Hauptrolle mausert: Timothy Spall („Assassin’s Bullet“) als etwas verlotterter Tourmanager, mit dem Chris dann allerdings (von sich selbst unbemerkt) die wohl wichtigsten Gespräche über seine Karriere führt.

Besagte Karriere besteht dann auch in erster Linie aus den Rockstar-Klischees von Sex, Drugs and Rock’n Roll, inklusive williger Groupies, aus dem Fenster geworfener Fernseher und demolierter Hotelflure. Viel Neues oder Eigenes erzählt „Rock Star“ dabei nicht, zumal sich Chris‘ Werdegang auch nicht fürs große Drama eignet: Dass es schwer wird, eine ernsthafte, feste Beziehung zu führen, wenn um einen herum der Rockstar-Lifestyle tobt und die Freundin bloß Anhang ist, der noch nicht einmal in den Tourbus darf, ist jetzt keine bahnbrechende Erkenntnis. Zumal sich die Negativerscheinungen von Chris‘ Werdegang quasi auf die letzten 20 Minuten des Films konzentrieren, schnell abgefrühstückt und märchenhaft beendet werden. Davor feiert der Film lieber Party mit seinen Figuren und Zuschauern, schwelgt in krachigen Konzertszenen und der Bebilderung von Rockstar-Exzentrik, etwa wenn zwei Steel Dragons ein Wettrennen in Popkulturkarren fahren: Kirk Cuddy (Dominic West) im Sportwagen von Magnum, Chris im Batmobil aus der Adam-West-Serie, mit Tourmanager Mats (Timothy Spall) als Robin.

Aber Regisseur Stephen Herek ist ein Mainstreamhandwerker, bekannt für komödiantische Abenteuerfilme („Die drei Musketiere“), komödiantische Horrorfilme („Critters“) oder reinrassige Komödien („Bill und Teds verrückte Reise durch die Zeit“). So wird „Rock Star“ auch eher zum putzigen Comedy-Vehikel der Schmunzelklasse, das die Exzesse von Steel Dragon und Co. weniger als tragische Abstürze, sondern meist lustige Dauerparty inszeniert, trotz gelegentlichen Aufzeigens der Schattenseiten der Rockstar-Daseins. Dabei beweist Herek durchaus Comedy-Timing, wenn eine Figur etwa im Stehen pinkelt, dann kann er allein über diese Szene eine kurze wie witzige Geschichte erzählen, aber solche kleinen Highlights sind eher rar gesät. Das Drehbuch von John Stockwell („Teuflische Klasse“) liefert eben nicht mehr als putzige Standardware, während die Überarbeitungen durch „Thelma & Louise“-Autorin Callie Khouri deutlich mehr Einfluss haben: Die legt Emily nämlich viele schlagfertige und sarkastische Sprüche in den Mund, die aus ihr mehr als nur den moralischen Kompass des Helden macht und für die wohl spritzigsten Dialoge in „Rock Star“ sucht.

Aber trotz einiger Lacher und schmissiger Musikuntermalung ist „Rock Star“ dann doch nicht mehr als putzig-belanglose Unterhaltung, die sich gut wegkonsumieren lässt, aber kaum nachhaltigen Eindruck hinterlässt, konstant an der Oberfläche bleibt und Musikerklischees einfach nur nachbetet anstatt wirklich damit zu arbeiten. Durchaus nett, aber im Vergleich zu „Almost Famous“ aus dem Vorjahr, der das Rockstar-Leben ebenfalls, aber deutlich lebensnäher und dramatischer unter die Lupe nahm, ein laues Lüftchen.

Rock Star erschien hierzulande bei BMG/UFA auf DVD, ist ab 12 Jahren freigegeben und bietet in Sachen Bonusmaterial zwei Making Ofs sowie Texttafeln zu Cast und Musikern. Die DVD-Version von Icestorm als Teil der Kollektion Rock & Roll Cinema ist ein Repack der BMG/UFA-DVD.

© Nils Bothmann (McClane)

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