Originaltitel: Rolling Man__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1972__Regie: Peter Hyams__Darsteller: Dennis Weaver, Don Stroud, Donna Mills, Jimmy Dean, Sheree North, Slim Pickens, Agnes Moorehead, Linda Gaye Scott, Devra Korwin, Donald Larkin, Connie Mason u.a. |
Peter Hyams („Gegen jeden Zweifel“) begann seine Karriere beim Fernsehen: Erst als Nachrichtensprecher, später im Bereich des fiktionalen TV-Films, wo er auch seine ersten beiden Regiearbeiten ablieferte.
Die erste davon, „Rolling Man“, ist ein als Film der Woche auf ABC versendetes Drama, in dessen Mittelpunkt Lonnie McAfee (Dennis Weaver) steht, ein Fahrer für Abschleppwagen, der liegengebliebene Autos beim Stockcar-Rennen von der Piste schleppt. Es ist eine Zeit der wirtschaftlichen Härte, weshalb Lonnie den Gürtel eng schnallt, damit seine beiden Söhne versorgt sind, die er bei der Oma parkt. Einer jener hart Malochenden aus der Arbeiterklasse, nicht unähnlich den wenig wohlhabenden Titelfiguren aus „Saturday Night Fever“ und „Rocky“, die bald darauf das Kino erobern sollten.
Daran dass es in Sachen Erziehung nicht so rosig aussieht, ist Schuld von Lonnies Ehefrau, die lieber mit fremden Männern durch die Kneipen zieht. Aus einer solchen und den Armen des Rennfahrers Harold Duncan (Don Stroud) will Lonnie seine Frau herausholen, als es zum Eklat kommt: Gattin und Lover machen die Biege, Lonnie verfolgt sie und Harold baut einen Crash. Weil Lonnie ihn mit einem Eisenrohr verprügelt, geht der betrunkene Unfallfahrer nach der schlurigen Drehbuchlogik aber straffrei aus, während Lonnie wegen seines Angriffs für vier Jahre in den Bau wandert, während die tote Frau hier anscheinend niemanden groß zu interessieren scheint.
Die beiden Söhne verbleiben bei der Oma, sind jedoch das, was Lonnie den Willen zum Durchhalten gibt. Denn sowohl im Knast als auch nach der Freilassung als Ex-Knacki ist das Leben ein anderes als zuvor…
Dieses achso doll schlimme und gar schröckliche Schicksal ist allerdings eine mies zusammengestoppelte Ansammlung von Episödchen, die oft keinen weiteren Belang mehr für die Handlung haben. Lonnie erweist sich im Knast als begnadeter Musiker und Sänger und nimmt Liebeslieder für die Mitinsassen auf, die sie als Gunstbeweis an ihre Mädels schicken können. Lonnie versucht sich nach seiner Freilassung als Stockcar-Fahrer und crasht die Karre im ersten Rennen, woraufhin er Reißaus nimmt. Lonnie kommt bei einer Dinerbesitzerin unter, mit der er glücklich werden könnte. Könnte. Denn es gibt einen Haken: Seine Kinder sind weg, als er frei kommt, weil die Großmutter nicht mehr für sie sorgen konnte. Und die Suche nach den Blagen ist der rote Faden, der „Rolling Man“ dann mehr schlecht als recht zusammenhält.
Jedoch wirkt das Ganze uneinheitlich und hat den Tiefgang einer Seifenoper, gepaart mit Landeiromantik um Country, Stockcar-Rennen und Dorfkneipe und garniert mit einem ultrabiederen Familienideal. Denn am Ende gibt es nicht nur die Söhne zurück, sondern auch eine treu sorgende und engagierte Ersatzmutti, die viel besser ist als die verstorbene Rabenmama. Da haben sich ein paar Jahre Knast und sonstige Leiden doch gelohnt für Lonnie, den guten Amerikaner, dessen treu-doofer Glaube an Familienwerte nur hin und wieder durch kurze Phasen der Melancholie unterbrochen wird und dessen Figur dem Zuschauer in den rund 70 Minuten des Films nie überzeugend nähergebracht wird.
Da hilft auch das stoische Schauspiel von Dennis Weaver („Duell“) als Leidensmann mit Durchhaltewillen wenig, denn seine Verkörperung des vom Schicksal getretenen wirkt leider genauso gekünstelt wie der Rest vom Film. Da hat es Don Stroud („Zwei unter Volldampf“) als eindimensionaler Schmierlappen besser, ist aber nur in wenigen Szenen zu sehen, was seine Performance dann vielleicht auch über die Runden rettet. In weiteren Nebenrollen verschenkt: Donna Mills („Sharknado 4“), Jimmy Dean („Stadt der Gewalt“) und Peckinpah-Spezi Slim Pickens („Getaway“).
Technisch ist das Ganze ganz ordentlich und zeugt bereits von Hyams‘ Können, auch wenn dem tödlichen Unfall zu Beginn und den Stockcarszenen nur ansatzweise ansieht, was der Mann später in Sachen Action drauf hatte. Hier verschwendet er sein Talent aber an einen faden Film, dessen einzig interessanter Aspekt der Schlussteil ist, wenn der Film sich kurz zum Rachedrama wandelt und Leidensmann Lonnie sein ganze Wut an Harold auslassen will, dem er die Schuld an seiner Misere gibt. Denn wer leidet wie Lazarus, der will irgendwann auch biblische Gerechtigkeit. Doch diese kurze Meditation über Schuld und Sühne reißt es dann nicht mehr heraus und wird auch bald vom Kitschende dahingeschwemmt.
Insofern ist „Rolling Man“ allenfalls als Fußnote zu gebrauchen für all jene, die sich für das Schaffen von Peter Hyams interessieren. Der Rest der Welt kann die Finger von einem ganz gut inszenierten, aber schlecht geschriebenen und ausgesprochen mäßig gespielten Drama auf Soap-Niveau lassen, dessen penetrantes Loblied auf den kleinen Mann vom Lande irgendwann Brechreiz zu verursachen droht.
In Deutschland ist „Rolling Man“ meines Wissens nicht veröffentlicht worden. In den USA gibt es wohl über ABC Mitschnitte auf VHS und DVD zu erwerben. Außerdem hat der Film seinen Weg auch manche Videoplattform im Internet gefunden.
© Nils Bothmann (McClane)
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