Ein Kilt, ein Dudelsack und ein enorm aufbrausendes Temperament: Rowdy Roddy Piper war schon immer eine Marke. Eine Marke, die sich für nichts zu fein war und im Ring sogar Cyndi Lauper umtrat. Eine Frau! Kurzum: Roddy Piper gab alles, um sein Image als Bösewicht zu kultivieren. Dabei war er so erfolgreich, dass er noch heute ehrfurchtsvoll als der Lieblingsbösewicht des Wrestlings bezeichnet wird. Doch das Raubein hatte noch ganz andere Seiten.
Roddy Pipers schwierige Kindheit
Geboren wurde er am 17. April 1954 im kanadischen Örtchen Saskatoon als Roderick George Toombs. Sein Vater, ein Polizist, war ein enorm konservativ denkender Mensch, der den jungen Roddy Piper häufiger brutal maßregelte. Um sich von der Gewalt daheim abzulenken, begann er mit sechs Jahren, sich in das Dudelsack-Spielen zu flüchten. Auf der Highschool trat er obendrein dem Ringer-Team bei und war hier erfolgreich genug, um von einer Profikarriere zu träumen.
Die heimische Situation ging trotz aller Ablenkung nicht spurlos an Roddy Piper vorbei. Er geriet immer wieder in Schwierigkeiten und wurde dafür von seinem Vater nur noch brutaler bestraft. Als Roddy eines Tages mit einem Messer in der Highschool erwischt wird, kommt es zu Handgreiflichkeiten zwischen ihm und seinem Vater. Roddy Piper floh daraufhin aus den heimischen vier Wänden:
„Ich nahm meinen Dudelsack und kehrte nie zurück.“ (Roddy Piper in WWE Legends)
Roddy Piper lebte fortan auf der Straße. Er spielte Dudelsack, um etwas Geld zu verdienen, stahl und prügelte sich für Geld. Eines Tages kehrte er in einer Jugendherberge ein, deren Betreiber ihn fragte, ob er Wrestling kenne. Er könne ihm etwas Geld verschaffen, wenn er in Wrestling-Ringen auftrete.
Die ersten Schritte zum Superbösewicht des Wrestlings
Mit 15 hatte Roddy Piper seinen ersten Profikampf, damals noch unter dem Namen Rod Toombs. Dafür hatte er seine Markenzeichen, den Kilt und den Dudelsack, von Anfang an dabei. Der Ringrichter, der mit dem jungen Mann nichts anzufangen wusste, kündigte ihn darum als Rod the Piper an… Roddys künftiger Inringname war geboren.
Alsbald verließ Roddy Piper Kanada in Richtung USA. Hier nahm er jeden Job an, den er kriegen konnte, und kämpfte nebenbei weiter in den Wrestling-Ringen des Landes. Der professionelle Wrestler Gene LeBell nahm ihn unter seine Fitiche und bestärkte ihn darin, seine Bösewichtrolle zu etablieren und zu schärfen. Piper erkannte selbst nur zu schnell, dass sein Talent vor allem darin bestand, Show zu machen und Hass auf sich zu ziehen. Auch weil er körperlich nicht wirklich mit den damals aktiven Wrestlern mithalten konnte.
Als ein erster großer Coup gilt ein Auftritt in Kalifornien, bei dem er versprach, zur Wiedergutmachung für seine Verfehlungen gegenüber der mexikanischen Community die mexikanische Hymne mit seinem Dudelsack spielen zu wollen. Am Ende ertönte „La Cucaracha“ und er wurde zum meist gehassten Wrestler des Jahres gewählt.
Ende der 1970er und Anfang der 1980er bereiste er nahezu ganz Amerika und schärfte sein Image als ultimativer Bösewicht. Dann lernte er Ric Flair kennen. Die beiden wurden beste Freunde und drehten das Business als Bösewichter auf links. Gleichzeitig probierten sich beide konsequent aus, soffen und warfen alle Drogen ein, derer sie habhaft werden konnten.
Roddy Piper war irgendwann so verhasst, dass Fans, die nicht mehr zwischen Realität und Show unterscheiden konnten, ihn und seine Familie stalkten und ihn sogar zu ermorden versuchten. Seitdem war eine Lederjacke Bestandteil seines Outfits – eine stichfeste Lederjacke, um genau zu sein.
WWF ruft!
1984 ereilte Roddy Piper eine Offerte von Vince McMahon. Der wollte seine WWF (World Wrestling Federation) zur Nummer eins aller bestehenden Ligen machen und dabei auch auf Piper setzen. Der hostete ab sofort die Wrestling-Talk-Show Piper’s Pit, bei der nichts und niemand vor ihm sicher war. Er haute hier nicht nur verbal über die Stränge und verkloppte immer mal wieder seine Gäste. Ein Format, das in seiner Grundidee bis heute Bestand in der Liga (die heute WWE – World Wrestling Entertainment heißt) hat und beispielsweise von The Miz (Miz TV) zelebriert wird.
Im gleichen Jahr wurde WWF totaler Mainstream. Die Liga kooperierte mit MTV. In der Folge durfte Rowdy Roddy Piper Cyndi Lauper kicken und eine Fehde mit dem damals irre angesagten Mr. T starten, der zuvor mit einem anderen Superstar der Liga, Hulk Hogan, in „Rocky 3“ zu sehen gewesen war.
Alle drei standen 1985 bei der ersten Wrestlemania überhaupt im Mainevent. Als Gastringrichter fungiert Muhammad Ali. Roddy Piper war da, wo er immer hin wollte: An der Spitze – obschon er mit seinem Tag-Team-Partner Paul Orndorff das Match verlor. Gegen Mr. T trat er 1986 ein weiteres Mal bei der zweiten Wrestlemania an und verlor, weil er mitten in dem angesetzten Boxkampf Mr. T einen Bodyslam verpasste.
Der Bösewicht wird zum Face
Danach nahm sich Piper eine Auszeit, orientierte sich in Richtung Film. Als er wieder zur WWF zurückkehrte, erhielt er einen Run als Face – er wurde also zum Helden. Das änderte etwas, in ihm und bei den Fans. Piper wurde tatsächlich gefeiert. Er selbst gab dem Business etwas zurück und half beim Aufbau neuer Stars wie Bret – The Hitman – Hart.
Und er blieb am Ball, versuchte sich auch in Konkurrenzligen wie WCW (World Championship Wrestling) oder TNA (Total Nonstop Wrestling), kehrte aber immer wieder zur jetzt WWE genannten WWF zurück. Er veröffentlichte 2002 eine Biographie, wurde 2005 in die Hall of Fame der WWE aufgenommen und besiegte eine Krebserkrankung.
Doch die Krebserkrankung war nur der Anfang. Mehr und mehr begann sich sein Körper zu melden. Die Drogen und der Alkohol hatten gemeinsam mit den zahlreichen Verletzungen (Piper hatte unter anderem eine künstliche Hüfte) ihre Spuren hinterlassen. Zudem hatte der Wrestler immer häufiger depressive Phasen. Zwar trat er immer wieder in kurzen Gastspielen bei der WWE auf, doch Piper hatte längst anderweitig Beschäftigung gefunden. Er übte sich als Stand-up-Comedian und drehte wieder mehr Filme.
Am 24. Juli 2015 absolvierte er einen Auftritt in der Talk Show „The Rich Eisen Show“, der alle, die ihn kannten, beunruhigte. Der Mann, der sich so gerne um Kopf und Kragen redete, schien unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen und auch nur eine Frage irgendwie konzentriert beantworten zu können. Zusehends begann Piper in den darauf folgenden Tagen abzubauen. In der Nacht zum 31. Juli 2015, vor der er seiner Frau versprochen hatte, am nächsten Morgen einen Arzt aufzusuchen, blieb im Alter von 61 Jahren Rowdy Roddy Pipers Herz stehen.
Der Privatmensch Roddy Piper
1979 lernte Rowdy Roddy Piper in Portland Kitty Jo Dittrich kennen und verliebte sich in sie. Drei Jahre später heirateten sie und blieben bis zu Roddys Tod zusammen. Was nicht immer leicht war, da er aufgrund seines Jobs immer wieder lange von zu Hause weg war und Kitty auch seine Eskapaden mit Ric Flair aushalten musste.
Zudem geriet auch seine stetig größer werdende Familie vermehrt ins Visier von Fans, die die Kunstfigur Roddy Piper so sehr hassten, dass sie ihn stalkten und angriffen. So drang irgendwann ein Fan auch ins Anwesen der Familie ein. Nicht nur deshalb versuchte Piper konsequent, seine Familie aus dem Wrestling-Zirkus herauszuhalten. Und er versuchte zeitlebens, seinen insgesamt vier Kindern etwas zu bieten, was er selbst nie hatte: Einen liebenden Vater.
Von mutierten Riesenfröschen, John Carpenter und flotten B-Action-Vehikeln
Roddy Piper war immer überzeugt, dass ein Wrestler ein zweites Standbein brauche und sich nicht nur auf dem Wrestling ausruhen dürfe. Er selbst machte sehr schnell die Schauspielerei als SEIN zweites Standbein aus. Er debütierte 1978 in einer Minirolle in Carl Reiners Komödie „Das charmante Großmaul“. Die Rolle war so klein, dass es nicht einmal für einen Credit im Abspann reichte.
Acht Jahre später hatte er eine bedeutend größere Rolle als Wrestler in der Komödie „Body Slam“. 1988 folgte seine erste Hauptrolle. Er spielte den an gigantische Froschmenschen geratenden Sam Hell in dem großartig kaputten „The Hunter – Ein erbarmungsloser Jäger“, der mit „Hell Comes To Frogtown“ einen viel schöneren Originaltitel hat.
Die Liebe zur Schauspielerei war geweckt. Er begann Schauspielunterricht zu nehmen. Bei Wrestlemania 3 begegnete er 1987 John Carpenter, der ihm die Hauptrolle in seinem Film „Sie Leben!“ anbot. Roddy Piper bedankte sich für das entgegengebrachte Vertrauen, indem er den legendären, schier endlosen Fight mit Keith David choreographierte und seinen Co-Star David dafür fit machte. Zudem überließ er John Carpenter sein Notizbuch, in dem er zahllose Sprüche gesammelt hatte, die er für seine Promos im Ring verwenden wollte. Carpenter „stiehlt“ sich tatsächlich einige Bonmots. Der bekannteste:
„Ich dachte, ich komm’ mal vorbei, kaue Kaugummi und tret ‘n paar Leuten in den Arsch. Ich hab nur leider kein’ Kaugummi.“ (Roddy Piper in „Sie Leben!“)
Zwar bricht Roddy Piper immer mal wieder mit Hollywood, weil er die Leute dort nicht mochte, aber er konnte niemals vom Filmen lassen. Spielte in zahllosen TV-Serien wie „Love Boat“, „Highlander“, „Walker, Texas Ranger“ oder „RoboCop“ mit. Richtig aufdrehen durfte er aber in diversen unterhaltsamen B-Movies.
Mit Billy Blanks ballerte und prügelte er sich durch „Back in Action“ (1993) und „Tough and Deadly“ (1995). Im „Resort to Kill“ (1994) machte er mit Sonny Chiba Action, in „Jungleground“ (1995) legte er sich mit fiesen Gangs an und in „Running Out“ durfte er als Fieswicht durch seine eigene „Stirb Langsam“-Variation toben. Auch „Last to Surrender“ (1999) machte ordentlich Laune.
Doch nicht jeder B-Actioner mit Roddy Piper funktionierte. Schrott wie „Sci-Fighters – Vorhof zur Hölle“ (1996), „Bad Pack“ (1997) oder „Terminal Rush“ (1996), bei dem er im lächerlichen Outfit auf Don Wilson prallte, spricht dahingehend Bände. Mit dem Niedergang der Videotheken und dem damit einhergehenden Abflauen des B-Film-Hypes gerieten Pipers Filme ebenfalls zunehmend billiger und egaler. Ein Großteil schaffte es gar nicht mehr über den großen Teich zu uns. Wie dem Wrestling-Sport blieb er bis zuletzt dem Filmbusiness verbunden. Als seine letzten Filme gelten die posthum veröffentlichten „The Green Fairy“ „The Chair“, „The Bet“ und „The Masked Saint“ (alle 2016).
Filmografie: Rowdy Roddy Pipers Filme
1978 | Das charmante Großmaul |
1986 | Body Slam |
1987 | Highwayman (TV Serie) |
1988 | Superboy (TV Serie) |
Zwei tolle Hechte im Knast | |
The Hunter | |
Sie leben! | |
1989 | Die Super Mario Bros. Super Show! (TV-Serie) |
1990 | Love Boat (TV Serie) |
Zorro (TV-Serie) | |
1991 | Tag Team |
Palm Beach-Duo (TV-Serie) | |
1992 | Highlander (TV-Serie) |
1993 | Walker, Texas Ranger (TV-Serie) |
Back in Action – Die Vergeltung | |
1994 | Resort to Kill |
RoboCop (TV-Serie) | |
1995 | Misery Brothers |
Outer Limits – Die unbekannte Dimension (TV-Serie) | |
Tough and Deadly | |
Jungleground | |
Running Out – Countdown des Todes | |
1996 | Terminal Rush |
Marked Man | |
Dead Tides | |
Sci-Fighters – Vorhof zur Hölle | |
1997 | First Encounter |
Bad Pack | |
Swept Away | |
1998 | Mentors (TV-Serie) |
Logan: Ein Bulle unter Verdacht | |
1999 | Jack of Hearts – Abrechnung in Las Vegas |
Shepherd – Der Weg zurück | |
Last to Surrender | |
2003 | The Mullets (TV-Serie) |
Cold Case – Kein Opfer ist je vergessen (TV-Serie) | |
2005 | It’s Always Sunny in Philadelphia (TV-Serie) |
Three Wise Guys | |
2006 | Costa Chica: Confession of an Exorcist |
Blind Eye | |
Domestic Import | |
Honor | |
Shut Up and Shoot! | |
2007 | Super Sweet 16: The Movie |
Street Team Massacre | |
Paranormal Ghosts | |
2008 | Übersinnliche Begegnungen – Stars erzählen (TV-Serie) |
The Mystical Adventures of Billy Owens | |
2009 | Bloodstained Memoirs |
2010 | Alien Infiltration |
Billy Owens and the Secret of the Runes | |
Lights Out | |
The Portal | |
2011 | Pizza Man |
Fancypants | |
2012 | Clear Lake |
Breaking In (TV-Serie) | |
2013 | Pro Wrestlers vs Zombies |
2014 | Other Plans |
I Am Santa Claus | |
Don’t Look Back | |
The Takeaway | |
2015 | Portal to Hell!!! (Kurzfilm) |
Adventures of a Pizza Guy | |
Average Bloke | |
The Reconciler | |
2016 | The Green Fairy |
The Chair | |
The Bet | |
The Masked Saint |