Originaltitel: Tin lung baat bou__ Herstellungsland: HK-China__ Erscheinungsjahr: 2023__ Regie: Donnie Yen & Ka-Wai Kam__ Darsteller: Donnie Yen, Yukee Chen, Wu Yue, Grace Wong, Cya Liu, Eddie Cheung, Kara Wai, Ray Lui, Yuen Chung-yan, Du Yuming, … |
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Bei dem 2023er “Wuxia”-Streifen “Sakra” (Original-Titel: “Tin lung baat bou” bzw. “天龍八部之喬峰傳”) handelt es sich um einen mit Fantasy-Elementen aufwartenden Action-Adventure-Historienfilm: Eine rund 130-minütige Hong-Kong-chinesische Co-Produktion von und mit Donnie Yen (“Raging Fire“) – basierend auf dem geschätzten Roman “天龙八部” (“Demi-Gods and Semi-Devils” aka “Eight Books of the Heavenly Dragon”) aus dem Jahr 1963, welchen Louis Cha Leung-yung seinerzeit unter seinem Autoren-Namen Jin Yong veröffentlicht hatte. Seither wurde die Materie bereits mehrfach in Gestalt verschiedener Serien und Movies (mitunter bloß auszugsweise) adaptiert – siehe bspw. Hsueh-Li Pao´s “the Battle Wizard” aus der “Shaw Brothers”-Schmiede – wobei es im Vorliegenden nun so ist, dass man sich inhaltlich auf nur einen der an sich drei zentralen Protagonisten der Vorlage konzentrierte – nämlich auf die Storyline des “tragischen Helden“ Qiao Feng…
Angesiedelt im 11. Zentennium, wird mit einem flott arrangierten Prolog eröffnet, der aufzeigt, wie Qiao als Baby vor dem Haus eines Bauern-Paares der Han-Volksgruppe abgelegt/ausgesetzt sowie von jenen fortan aufgezogen wurde, er in seiner Jugend als kühner Kämpfer den Respekt der “Beggars’ Gang” (einer in der Region verbreiteten, der Gerechtigkeit und den Hilfebedürftigen verschriebenen Krieger-Organisation) gewann sowie später gar zu einem ihrer Anführer avancierte. Nach vielen gemeinsamen, zugunsten ihrer Heimat (etwa gegen auf ihr Gebiet vorrückende Invasoren) siegreich entschiedene Schlachten inzwischen ein charismatischer Erwachsender (Yen) mit einem weitbekannten Ruf, werden einem dann auch prompt seine ausgeprägten Martial-Arts-Skills veranschaulicht, als er eines Tages mit einem “unbeugsam” einen verschleppten jungen Mann in einem Käfig transportierenden Mönch (Du Yuming) “aneinander gerät” – samt dessen Gefolgschaft…
Selbstsicher besiegt Qiao die komplette Truppe: Es kommen Fäuste, Tritte und diverse Klingen-Waffen zum Einsatz, geht allerlei zu Bruch und vermag den Gesetzen der Physik getrotzt zu werden – so wie es ja selbst dem westlichen Mainstream-Publikum durch Werke wie “Crouching Tiger, Hidden Dragon”, “Hero” und “House of Flying Daggers” schon mehr als zwei Dekaden vertraut ist. Überdies gelangen noch weitere “übernatürliche Kräfte” (á la brennende Fäuste) zum Vorschein – angesichts derer ich mich unweigerlich an ähnliche aus den “X-Men”- und “Mortal Kombat”-Franchises erinnert fühlte. Punktuell passierte mir das im Verlauf ab und an immer mal kurz wieder – schließlich sind manche Fähigkeiten (wie z.B. das “Heraufbeschwören von Wind”) denen sehr ähnlich, wie man sie des Öfteren in Comic-Adaptionen zu sehen erhält. Gestört hat mich das allerdings nicht – während sich kundige Fans indes an der Anwendung “legendärer” Techniken wie die “Eighteen Subduing Dragon Palms” erfreuen können…
Da ich mir nur selten “Wuxia”-Filme anschaue, stammt meine erwähnte Assoziation gewiss genau daher. Die lange Geschichte der betreffenden Stile und Darbietungsmittel (u.a. dass man nicht gerade auf “bodenständigen Realismus” aus sein sollte) ist mir aber dennoch wohlgewahr. Unter normalen Umständen wäre “Sakra” für mich kein “Kino-Kandidat” gewesen – allerdings bot sich mir im Rahmen meines Kuala-Lumpur-Urlaubs die Gelegenheit, an der dortigen “Red-Carpet-Gala-Premiere” teilzunehmen, bei der auch Yen persönlich anwesend war. Nun aber zurück zur eigentlichen Besprechung: Nach seiner Niederlage nimmt der Mönch die “ausgestreckte Hand” Qiaos an und sie gehen “im Reinen” auseinander – denn im Gegensatz zur Liao Dynastie im Norden sind die Tibetaner mit der Song Dynastie (zu der die Han gehören) nicht verfeindet. Qiao hatte nur an dem “unziemlichen Umgang” mit dem Gefangenen innerhalb der Grenzen, für die er in Sachen Schutz und Ordnung zuständig ist, Anstoß genommen…
Unerwartet sieht sich Qiao daraufhin aber plötzlich mit einem schwerwiegenden Vorwurf und einer für ihn und sein Umfeld ebenbürtig gravierenden Offenbarung konfrontiert: Zum einen wurde ein hochrangiges Mitglied der Beggars’ Gang ermordet – zum anderen taucht ein Brief des Opfers auf, in welchem preisgegeben wird, dass Qiao´s leibliche Eltern Khitaner (ein Volk der Liao Dynastie) waren! Augenblicklich nimmt man an, Qiao hätte die Tat begangen, um ein Bekanntwerden seiner Abstammung zu verhindern – worüber hinaus die Neu-Witwe Kang Min (Grace Wong) behauptet, ihn zweifelsfrei als den Mörder ihres Mannes benennen zu können. Zwar wird (flüchtig) angemerkt, dass im Grunde ja nichts belegt sei und es sich bei dem Schriftstück durchaus um eine Fälschung handeln könnte – doch sind (all der Jahre seiner Treue sowie Kämpfe gegen die Khitaner zum Trotz) im Prinzip “die Würfel gefallen”: Seine Freunde und Kameraden wenden sich von ihm ab – er wird zu einem Ausgestoßenen…
An der Stelle geriet der Streifen für mich erstmals “ins Straucheln”: Dass es keine fünf Minuten braucht, bis Qiao in der Gemeinschaft, in deren Mitte er aufgewachsen ist, in Ungnade fällt, ist recht unglaubwürdig – speziell angesichts der fern von stichhaltigen Beweislage. Zudem ist es für den Zuschauer offenkundig, dass Kang Min da intrigiert und lügt. Unschöner gar noch das, was direkt daran anknüpft: Als Qiao seine Zieh-Eltern zu besuchen gedenkt, findet er sie getötet vor – wobei er (neben ihren Leichen hockend) von zwei Dorfbewohnern gesehen wird, die ihn prompt dafür lautstark die Schuld zusprechen. Qiao verschwindet und strebt es an, übergangsweise in dem Shaolin-Kloster eines Kumpanen und früheren Lehrers unterzukommen – bei ihm Rat einzuholen – doch just als er vor Ort erscheint, ist jener ebenfalls bereits tot: Ein Mönch erspäht ihn in der Situation und schlägt Alarm. Fortan hält man ihn überall für einen besonders verabscheuungswürdigen Vierfach-Mörder und Verräter…
Mir ist es unverständlich, wie man diese zwei nahezu identischen, direkt aufeinander folgenden Szenen so verfassen und dann auch noch so umsetzen konnte: Das Ganze wirkt redundant sowie obendrein unfreiwillig komisch – was der Dramatik dieser Momente klar schädlich ist. Immerhin entfaltet sich in dem Zusammenhang erneut etwas Action und kreuzen sich die Pfade von Qiao und Azhu (Yukee Chen), welche zufällig exakt zu der Zeit in das Kloster eingebrochen war, um eine heilige Schriftrolle zu stehlen. Als einer der Mönche im Kampf eine “Druckwelle” auf Qiao abfeuert, wird Azhu allerdings (sich ungeschützt nur ein paar Meter von ihm entfernt aufhaltend) von jener getroffen und schwer verletzt. Nicht nur da er sich dafür verantwortlich fühlt, schnappt er sie kurzerhand, kann mit ihr entfliehen und nutzt seine eigenen Kräfte anschließend, um sie am Leben zu bewahren. Für eine Weile nimmt das für ihn nun eine höhere Priorität als all seine anderen (mit seiner Verleumdung und den Tötungen verbundenen) Bemühungen ein…
Während er sich um sie kümmert, freunden sich Qiao und Azhu rasch an – doch wird ihm schon bald bewusst, dass er sie allein nicht zu retten imstande ist. Helfen kann wohl nur der überaus bewanderte Heiler Xue Muhua (Yuen Chung-yan) – welcher sich allerdings auf dem “Juxian Manor”-Anwesen aufhält, wo die Vertreter der verschiedenen Banden der Wulin-Gesellschaft gerade darüber beraten, wie Qiao wohl am besten aufzuspüren und hinzurichten ist! Selbstlos liefert er sich ihnen quasi aus – ringt ihnen jedoch die Zusicherung ab, dass Azhu verschont sowie im notwendigen Maße versorgt wird. Nachdem Qiao mit einzelnen seiner ehemaligen Verbündeten der Reihe nach jeweils “ehrenhaft” (das Ende ihres Friedens symbolisierend) einige Schlucke Alkohol getrunken hat – übrigens eine Passage, die man ruhig ein kleines Stück weit hätte straffen können – steht bei “Sakra” nun dessen “Action-Centerpiece” an: Ein langer, furioser, erbarmungsloser Kampf zwischen Qiao und mehreren Dutzend Angreifern…
Wie es zu erwarten war, schafft es Qiao, dem Tod dort zu entrinnen. Auf welche Weise ihm das gelingt, werde ich hier keineswegs spoilern. Derweil bleibt Azhu in Muhua´s Obhut zurück – welcher sein Wort hält, sie nach ihrer Genesung aber nicht gehen lässt: U.a. hat er sich mit Kang Min verbündet und spekuliert darauf, dass Qiao wiederkehren wird, um sie zu befreien. Doch Azhu verfügt über ein Talent, von dem er nichts weiß: Sie ist eine vorzügliche Masken-Anfertigerin – und zwar von solch realistischen wie die in der “Mission: Impossible”-Franchise; nur dass sie keine Hightech-Apparaturen dafür benötigt, sondern bloß “Zutaten“ wie Wasser und ein bestimmtes Pulver. Per Täuschung vermag sie zu entwischen – und Qiao einige Tage später wiederzutreffen. Natürlich werden sie ein Paar und begeben sich gemeinsam daran, die Wahrheit über seine Abstammung und Eltern herauszufinden, seine Unschuld zu beweisen sowie dem oder den Verantwortlichen seine oder ihre verdiente Strafe zukommen zu lassen…
In seiner zweiten Hälfte merkt man dem Film zunehmend deutlicher an, dass seine Laufdauer einfach zu gering für die erzählte Geschichte ist, von deren Vorlage man nur bedingt abweichen wollte. Regelmäßig werden neue Figuren eingeführt – unter ihnen Duan Zhengchun (Eddie Cheung) des Dali-Königreichs, eine seiner Frauen (Kara Wai) sowie deren Töchterchen Azi (Cya Liu); mit denen Azhu wiederum allesamt verwandt ist – was mitunter ein wenig “eigenwillig” geschieht (den drei Genannten begegnen Qiao und Ahzu bspw., als sie mit ihrem Boot an eine Brücke gelangen, auf der eben jene just dann “einen Zwist ausfechten”). Parallel zu Qiao´s “Quest” wird außerdem so manch anderer Plot-Strang “vorwärts bewegt” – á la die Intrigen Kang Mins oder die stetige Etablierung Murong Fus (Wu Yue) als Haupt-Baddie. An sich sind die diversen inhaltlichen Verflechtungen und Voranschreitungen unproblematisch nachvollziehbar – kommen allerdings überwiegend bloß “oberflächlich” ausgestaltet daher…
An der sprunghaften Art, wie sich die Geschehnisse in “Sakra” entwickeln, leidet auch die Lovestory Qiaos und Ahzus, welche die eigentlich beabsichtigte “hingebungsvolle Intensität” nie wirklich erreicht bzw. vermitteln kann. Ebenfalls in diesem Kontext ist zu erwähnen, dass Yen 59 ist – seine Screen-Partnerin dagegen 30. Das mutet beim Ansehen zwar nicht unbedingt “creepy” an – doch trotzdem. Im Roman hat Qiao übrigens ungefähr ihr Alter. Ohne Frage ist Donnie Yen (“Ip Man“) ein begnadeter Kampfsportler – und ja, er portraitiert den Volkshelden Qiao Feng einnehmend charismatisch – allerdings wirkt er in den romantischeren Augenblicken etwas “steif” und weist bei den emotionaleren (speziell bei der Darbietung von Trauer) evidente “mimische Defizite” auf. Als Azhu gefiel mir Yukee Chen (“Skyfire“) indes gut: Sie ist hübsch und süß – und man nimmt ihr die ihr abverlangten Empfindungen (wie als sich Qiao für sie opfern will oder sie ihrem unwissenden Vater begegnet) glaubwürdig ab…
Unabhängig dessen, dass die Parts der weiteren zentralen Darsteller hinsichtlich ihrer individuellen Charakter-Zeichnungen seitens des Drehbuchs nicht gerade viel “Substanz” zugestanden erhalten haben – was unverkennbar ein Resultat des Bestrebens ist, “Demi-Gods and Semi-Devils” auf diesen straffen, “Kino-gerechten” Umfang zu komprimieren – agieren die Schauspieler dennoch durch die Bank weg ordentlich: In größeren Nebenrollen sind u.a. Eddie Cheung (“Out of Inferno“), Kara Wai (“the Warriors Gate“), Ray Lui (“Air Strike“) und Yuen Chung-yan (“Kung Fu Killer“) mit von der Partie – ebenso wie Wu Yue (“Paradox“) als Murong Fu, welchen ich mir als Bösewicht in den ersten beiden Dritteln “präsenter” gewünscht hätte, die an einem Punkt auch mal nett sexy posierende Grace Wong (“Line Walker 2: Invisible Spy”) als hinterlistige Kang Min sowie Cya Liu (“Limbo”) als toughe, sich zum Schluss hin unverhofft kräftig mit ins Getümmel stürzende Azi; Mini-Armbrust und gekreuzte Schwerter auf dem Rücken inklusive…
Die von Yen und seinem Protegé Kenji Tanigaki (“Dragon“) choreographierte und realisierte Action weiß zu überzeugen: Egal ob mit oder ohne Waffen, entfalten sich die Fights dynamisch-akrobatisch – werden Gegner durch Wände, Tische und Fußböden (etc.) geprügelt – ohne dabei übermäßig brutal oder blutig zu sein. Das Highlight ist ganz klar das “Juxian Manor”-Setpiece, welches in Richtung des Besten tendiert, was einem Werke dieses Genres zu offerieren in der Lage sind. Auf jeden Fall Kudos an Yen, der ja nicht mehr der Jüngste ist: Agil hat er die von ihm und seinen Kollegen dargebotenen (zusätzlich durch “Speed-ups” und reichlich “Wire-Work” unterstützen) Kämpfe und Stunts gemeistert. Bei den “übermenschlichen Fähigkeiten” einiger – wie z.B. extrem weite Sprünge oder Elemente wie Feuer oder Wind heraufbeschwören und einsetzen zu können – griff man zusätzlich auf CGIs zurück. Generell sind letztere hier “von schwankender Qualität”: Allen voran ist mir da ein Sandsturm negativ in Erinnerung verblieben…
Die Kamera-Arbeit Chi-Ying Chans (“Skiptrace“) lässt das Publikum nie die Übersicht über die aufgezeigten Ereignisse verlieren – so hektisch-rasant jene bisweilen auch sein mögen – ein mit Azhu in Verbindung stehender “Twist” hat mich zu überraschen vermocht, an der Ausstattung gibt es nichts zu bemängeln, vereinzelter Kitsch (gegen Ende) und Humor (der gewollten und unfreiwilligen Art) ist nicht gravierend der Rede wert, das Sound-Design ist klasse und die Musik-Untermalung des südkoreanischen Komponisten Choi Chul-ho passt prima – obgleich mir ein rein instrumentaler Score lieber gewesen wäre. Was ich allerdings als ungeschickt empfand, war dass nach dem Showdown (sowie eines an sich befriedigenden Ausklangs) plötzlich noch eine Menge Schlüssel-Informationen (in Form von Rückblenden) offenbart werden – u.a. über eine “mysteriöse Gestalt” und Qiao´s leibliche Eltern: Sehr kräftig wird einem da noch einmal verdeutlicht, dass man mit dem Film schon gern eine Franchise starten wollen würde…
Fazit: “Sakra” ist ein unterhaltsamer “Wuxia”-Streifen von Donnie Yen und Ka-Wai Kam (“Big Brother”), der aber mit auffälligen “Holprigkeiten” in den Bereichen Inhalt und Pacing zu ringen hat…
Hierzulande soll “Sakra” am 27. April in die Kinos kommen…
Stefan Seidl
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zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
Copyright der “Sakra” Postermotive und Pics: Plus Entertainmet / Wishart Media / Capelight Pictures (D)__ Infos zur dt. VÖ: Freigabe: noch nicht bekannt__ DVD/BluRay: noch nicht |