Originaltitel: Salem’s Lot__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2004__Regie: Mikael Salomon__Darsteller: Rob Lowe, Andre Braugher, Donald Sutherland, Samantha Mathis, Dan Byrd, Rutger Hauer, James Cromwell u.a. |
Ich persönlich bin keiner dieser so genannten „Filmpuristen“, die Remakes (oder „Re-Imaginings“, wie sie ja heutzutage genannt werden) kategorisch ablehnen, denn es gibt eine Vielzahl Gründe, die für eine Neuinterpretation sprechen können und in jenem Rahmen immer wieder zu hervorragenden Endergebnissen führen:
Neben der Möglichkeit, gemachte Fehler zu korrigieren, lassen sich manche Filmstoffe mit dem fortgeschrittenen Stand der Technik einfach treffender umsetzten (siehe „the Fly“ oder „the Thing“), manche kann man mit einem deutlich verbesserten Produktionsdesign einer ganz neuen Generation näher bringen (wie etwa im Falle von „Texas Chainsaw Massacre“ oder „Dawn of the Dead“) und einige Geschichten sind einfach so universell, dass sie sich immer wieder zu „neuen“ Werken ummodellieren lassen (von „Rio Bravo“ über „das Ende“ & „Ghosts of Mars“ bis hin zu „Assault on Precinct13“).
In den letzten Jahren kam es zudem häufiger vor, dass man bereits umgesetzte Romanverfilmungen ein weiteres Mal in Form einer TV-Miniserie (oder -Movie) neu auflegte, welche sich dann aufgrund der Fortschritte auf dem F/X-Sektor sowie der durchs Format bedingten längeren Laufzeit näher an der literarischen Vorlage orientierten. Im speziellen Beispiel von Stephen King fallen die Produktionen „Shining“ (1997), „Carrie“ (2002) und nun auch „Salem´s Lot“ in diese Kategorie…
Letzterer fängt unheimlich kraftvoll an: Der heruntergekommene Ben Mears (Rob Lowe) betritt eine Suppenküche, in welcher Pfarrer Callahan (James Cromwell) Essen an Obdachlose austeilt. Als sich beide direkt gegenüber stehen, flüchtet Callahan augenblicklich durch die Räume und Gänge des Gebäudes bis in ein Büro im oberen Stock, wo ihn Mears schließlich stellt. Noch vorm Entwickeln eines Gesprächs, zieht der Mann Gottes eine Pistole und feuert auf sein Gegenüber, der sich aber noch auf ihn werfen kann, worauf beide aus dem Fenster stürzen und unten hart auf einem Fahrzeug aufschlagen…
Im Krankenhaus beugt sich wenig später ein Pfleger über den schwer verletzen Mears und fragt ihn, warum „in Gottes Namen, er ihn als guten Christen nicht einfach auf der Stelle sterben lassen sollte“. Als Antwort erhält er nur zwei Worte: „Jerusalem’s Lot.“
httpv://www.youtube.com/watch?v=6MEC-TYORoo
Der Film präsentiert dem Zuschauer nun die Vorgeschichte dieses Ereignisses in Form von langen Rückblenden: Nach Jahren der Abwesenheit kehrt der Schriftsteller Mears (Lowe) in seine Heimatstadt „Jerusalem´s Lot“ zurück, wo er ein Buch über einen schrecklichen Vorfall schreiben möchte, dessen Zeuge er als Kind war – im „Marston Haus“, einer Villa, die auf einer Anhöhe die Stadt überragt, hatte sich damals ein Doppelmord mit anschließendem Selbstmord ereignet. Da der Hausbesitzer schon immer im Verdacht stand, okkulte Rituale durchgeführt zu haben, will Mears nun dessen Geschichte, zusammen mit seinem eigenen Trauma, literarisch aufarbeiten.
Aufgrund seiner Schreibweise nicht bei allen im Ort willkommen, lebt sich Ben, auch dank der freundlichen Kunststudentin Susan (Samantha Mathis), welche die Uni geschmissen hat und schon früher per Email den Kontakt zu ihm gesucht hatte, recht gut ein, doch schon bald geschehen merkwürdige und tragische Ereignisse in der ansonsten ruhigen Stadt: Kinder verschwinden spurlos, man entdeckt einen auf dem Friedhofszaun aufgespießten sowie mit okkulten Zeichen verstümmelten Hund, der somit den heiligen Boden entweiht, und einige Jugendliche verhalten sich zunehmend merkwürdig.
Schon bald tauchen die ersten Leichen auf und verschwinden dann ebenfalls, worauf Angst und Misstrauen die Runde macht. Der Highschoollehrer Matt (Andre Braugher) weist Ben mit seinen Vermutungen schließlich in die richtige Richtung: Er ist fest davon überzeugt, es würde sich um Vampire handeln, und alles hätte mit dem neuen Antiquitätenhändler der Stadt (Donald Sutherland) sowie dessen geheimnisvollen Partner Kurt Barlow (Rutger Hauer) zutun – jene sind es auch, die das alte Marston Haus erworben haben. Während Jerusalem´s Lot immer weiter im Chaos zu versinken scheint und sich die Befürchtungen tatsächlich bestätigen, machen sich Ben und Matt zusammen mit dem Arzt Cody (Robert Mammone), dem Teen Mark (Dan Byrd) sowie dem örtlichen Pfarrer Callahan (Cromwell) auf, das Böse zu bekämpfen und am Ausbreiten zu hindern…
1979 verfilmte Tobe Hooper Stephen Kings Roman schon einmal fürs US-Fernsehen, doch nach heutigen Maßstäben wirkt seine Version, trotz gruseliger Atmosphäre, veraltet und unfreiwillig komisch. Nun also hat Mikael Salomon („Hard Rain“) seine Interpretation abgeliefert, wobei er sich strenger an die Vorlage hielt, einige Updates in der Handlung vornahm (Mears hat etwa über seine Erfahrungen beim US-Einsatz in Afghanistan geschrieben) und gravierende Missgriffe des Vorgängers ausmerzte (z.B. ist „Obervampir“ Barlow hier kleine bläuliche Kreatur mehr, sondern wird von Hauer entsprechend des Buchcharakters verkörpert).
Nach der Einleitung, die das Interesse unweigerlich hochtreibt, beginnen die Rückblenden mit einem von Rob Lowe gesprochenen, sehr guten und stimmigen Intro über das Leben in der Kleinstadt sowie dem Aufwachsen in Jerusalem´s Lot. Die erste Hälfte des Films dient der Charakter- und Storyentwicklung, ohne dabei je langweilig zu werden, bevor deren ereignisreiche Entfaltung die letzten 90 Minuten dominiert. Die Inszenierung ist für eine TV-Produktion hochwertig, es gibt einige schöne Kamerafahrten, die allgemeine Optik kann überzeugen – etliche Szenen wurden so bearbeitet, dass sie fast schwarzweiß wirken, während man die Grundfarben hervorhob, was einen interessanten Effekt ergibt.
Die Darsteller sind ebenfalls lobend zu erwähnen: Ex-Teenstar Rob Lowe („St.Elmo´s Fire“) bewältigt die Hauptrolle überraschend souverän, die talentierte Samantha Mathis („Pump up the Vol.“) ist ohnehin von mir immer gern gesehen, Andre Braugher („City of Angels“) liefert den ruhigen Pol, während Dan Byrd („Mortuary“) als rebellischer Jugendlicher zum Glück nicht weiter (wie befürchtet) stört. Besonders ragen jedoch die „Altstars“ heraus: Donald Sutherland („Cold Mountain“) spielt absolut vergnüglich und James Cromwell („General´s Daughter“) überzeugend – Rutger („Hitcher“) Hauers Rolle ist zwar „Typecasting pur“, doch auch in diesem Fall enttäuscht er nicht…
Wo also liegen die Schwächen? Gerade in der ersten Hälfte gibt es einige F/X, die nicht wirklich überzeugen können (eine Tatsache, die „Carrie“ (´02) für mich ruinierte). Gegen Ende werden diese besser, sehen aber immer noch recht digital aus. Einige Dialoge sind meiner Ansicht nach misslungen – manche wirken einfach unpassend (wie „Should we be home by 12?“ – „That´s Cinderella, we´re Vampire Hunters!“) oder platt. Als am Ende die Vampire wie Untote langsam durch die Straßen wandeln, erinnerte mich das zu sehr an alte Zombie-Streifen…
Man merkt sofort, dass es sich um eine King-Verfilmung handelt: Jerusalem´s Lot erinnert stark an Castle Rock, der Antiquitätenhändler an „Needful Things“, ein Hund heißt sogar „Cujo“. Trotz der Lauflänge von rund 180 Minuten hätte ich mir den Film vielleicht gar eine Stunde länger gewünscht – einfach um die gute Story sich noch weiter entfalten zu lassen und den Showdown zu verstärken. Der Schußsong, eine Coverversion des Rolling Stones Klassikers „Paint it Black“ (von “Gob”), rundet das Werk passend ab und harmoniert prächtig mit dem Eindruck, eine zeitgemäße Variante des klassischen Stoffes gesehen zu haben.
Fazit: „Salem´s Lot“ 2004 ist eine atmosphärische, spannende und moderne TV-Neuversion des Stephen King Romans, die sich näher an der Vorlage bewegt und dabei die 79er Erstverfilmung hinter sich lässt …
Stefan Seidl
Endlich: Vertrautes TV-Format, viele Freiräume zur Entfaltung nach Lust und Laune, damit man der epischen Kleinstadtgeschichte von Stephen King – vor allem die Verzweigungen der vielen Charaktere betreffend – schlussendlich gerecht werden kann. Natürlich, Tobe Hoopers Original ist auch ein TV-Film und in seiner Urfassung sogar noch ein klein wenig länger, nichtsdestotrotz bietet das als Zweiteiler verkaufte Update nach 25 Jahren neue erzählerische Möglichkeiten, die der 1979er “Salem’s Lot” noch nicht hatte. Eine Frischzellenkur hat der Stoff auch wirklich nötig, denn die Zeit nagte sehr am Erstprodukt. Abgesehen von den perlweißen Zähnen seiner Vampire und der blauen Haut seines Nosferatu ist Hoopers Arbeit, so unterhaltsam sie immer noch sein mag, ähnlich vergilbt wie die Buchseiten der Erstauflage des King’schen Romans. So wird nun also der kernige Rob Lowe als Ben Mears zurück in seinen Geburtsort geschickt, um dort auf gute Bekannte zu treffen, die zum Teil auch für uns “alte Häuser” sind: Donald Sutherland erblickt man da; Andre Braugher oder James Cromwell, und irgendwann sogar Rutger Hauer.
So, what’s new, Pussycat? Es ist in erster Linie wirklich die Modernisierung nicht nur in der optischen Gestaltung, vielmehr noch auf narrativer Ebene. Mikael Salomon hängt an der Vorlage, atmet sie ein und setzt sie im Verweben von Handlungsdispositionen und Charakterbeziehungen konsequent um. Das Buch hat in dieser Hinsicht einige Ähnlichkeit mit den spinnenetzartigen Personenkonstellationen, wie man sie aus “Tommyknockers” und “Needful Things” kennt, faselt dabei aber weniger herum als diese und spart sich unnütz aufgeblähte Sequenzen, was sich letztlich auch im geringeren Buchumfang erkenntlich macht. Und so muss man sich nun auch das TV-Remake vorstellen: Es holt wie seine literarische Vorlage weit aus, berücksichtigt viele Charaktere und kommt doch immer sehr elegant auf den Punkt.
Nimmt man mal den Prolog (und die daraus resultierende “was jetzt zu sehen ist, wird vom Hauptdarsteller als Geschichte erzählt”-Perspektive) heraus, beginnt alles wie im Roman: Schriftsteller Mears tuckert mit seinem Auto durch den kalten Ort, den er in der Kindheit mal seine Heimat nannte und alles wirkt vertraut. Nach und nach lernt man die Kleinstädter kennen. Das gelingt sehr umfassend. Auf Anhieb weiß man die unterschiedlichen Figuren einzuschätzen und obwohl sehr viele Informationen auf einmal verbreitet werden, vertraut man in die Erzählung und wird spätestens dann belohnt, wenn sich offene Handlungsstränge nach und nach schließen und alles einen Sinn ergibt.
Die Raffinesse liegt darin, dass das große Ganze in all der Zeit nie enthüllt wird. Salomon ist ein Handwerker und in seinem Haus wuchern die Termiten; man weiß als Beobachter nicht, wann und wo der Termitenbefall seinen Anfang nahm und wie er sich verbreitete; man bemerkt nur, dass hier mal der Putz von der Decke bröselt, da mal ein Tischbein kleine Löcher aufweist. Genau so funktioniert dieser Film: Er versetzt in Momentsituationen und langsam häufen sich die unheimlichen Vorkommnisse. Deren Ursprung wird aber sehr lange Zeit nicht gelüftet.
Deswegen ist “Salem’s Lot” für eine King-Verfilmung sehr untypisch. Würde normalerweise das Böse von Beginn an nicht nur personifiziert, sondern auch mit Emotionen verschnitten und präsentiert werden wie in einem pompösen Musical, ist es hier ein schleierhafter Brei, der sich unpersönlich ausbreitet. Da ist sie endlich wieder, die gute alte Furcht vor dem Unbekannten. Man weiß nicht, woher es kommt, also kann man es nicht einschätzen. Und was man nicht einschätzen kann, ist eine potenzielle Gefahr.
Hier bewegt sich das Remake über das Original hinaus, denn wo Hooper mit Vorliebe seinen auf klassisch geschminkten Supervillain zeigte und ihn zum blauen Ungetüm machte, sieht man von seinem Pendant Rutger Hauer lange Zeit nichts und wenn, ist er der unbekannte Mann im Schatten, wie in der Vorlage halt, ein wenig kokettierend gar mit dem hypnotisierenden Charme eines Bela Lugosi – wofür Hauer der rechte Mann am passenden Ort ist. Und tatsächlich zeigt Rutger wieder eine dieser Leistungen, bei denen man sich fragt, wieso er fast zeitlebens schon an Filmware partizipiert, die weit unter seinen Möglichkeiten liegt.
Dabei hat sich horrortechnisch seit damals nicht wirklich viel getan. Wo man verbessertes Make Up und groteskere Szenen vermuten sollte, findet man nur wieder die guten alten Plastikbeißerchen, Kontaktlinsen und unausgegorenes Wirework, so dass der 25 Jahre ältere Zuvorkömmling dagegen beinahe noch gruseliger dasteht. Es gibt zwar gewisse Momente – wie vor allem das Spiel mit der alten Regel, dass Vampire das Haus nur betreten dürfen, wenn der Hausbesitzer sie einlädt (was für mich immer ein Spannungskiller war, da ja schließlich niemand gezwungen wird, die Raffzähne eintreten zu lassen). Das wird auf erfreuliche Art auf die Spitze getrieben und beinahe fühlt man sich auf frischer Tat ertappt, als wenn man selbst unter Zugzwang stünde, die fliegenden Monster vor dem eigenen Fenster einzulassen. Insgesamt liegt der Schwerpunkt aber gar nicht mal so stark auf dem Horroraspekt, er ist eben wie die Bedrohung selbst eine Begleiterscheinung des größeren Zusammenhangs, der im Gegenzug schon reichlich Unbehagen schenkt – das ist aber eben unterschwelliger verpackt als im teilweise sensationslüsternen Original. Dass allerdings im Zuge dessen manche Effektszene insbesondere mit Wirework-Einlagen so dahingeschludert ausschaut, hätte man trotzdem vermeiden können.
Zu bemängeln wäre unter normalen Umständen weiterhin ein Spannungsbogen, der nicht immer so ganz auf der Höhe ist. Besonders in seiner fürs Fernsehformat zweigeteilten Form wird (angeblich, ich selbst habe immer alles in einem Zug genossen) eine aufgeplusterte Leere offenbar, die aber so eigentlich gar nicht vorhanden ist, wenn man die drei Stunden am Stück bei der Sache ist. Es gibt eben nur nicht diesen klassischen Aufbau vom ersten bis zum dritten beziehungsweise fünften Akt. Schließlich würde der dem systematischen Aufbau widersprechen und doch wieder auf die King-eigene spannungstechnische (Betonung auf “technisch”) Aufwiegelung bis zum Grande Finale hinauslaufen.
Insofern eine auch gerade unter dem Remake-Aspekt betrachtet gelungene Angelegenheit, visuell ohnehin. Hochsolides Flickwerk, das am Ende ein sehr interessantes Muster ergibt und auf diese Weise nicht nur die üblichen King-Klischees umschifft, sondern zugleich ganz schön interessant ist. Nichts von alledem reißt Bäume aus, geschweige denn die Leute richtig vom Hocker, gar nicht davon zu sprechen, dass irgendwas neu erfunden würde. Obwohl mancher Zuschauer sich aber von der emotionalen Unterkühlung gelangweilt fühlen könnte und hierin wohl auch diverse Längen erkennt, ist gerade dies nötig für den auf leisen Sohlen kommenden Kleinstadthorror. Love it or Hate it ist es nun nicht, aber man kann es mögen oder belanglos finden. Ich habe mich für die erste Möglichkeit entschieden.
© Sascha Ganser (Vince)
DVDs sind in den USA und Großbritannien erschienen – jeweils von „Warner Brothers“, natürlich ungeschnitten. Seit längerer Zeit hat Warner auch eine deutsche Fassung nachgelegt. Ende 2006 lief der Film bereits als Zweiteiler im Free TV.
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
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