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Scavenger Hunt

Originaltitel: Scavenger Hunt__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1979__Regie: Michael Schultz__Darsteller: Richard Benjamin, James Coco, Scatman Crothers, Ruth Gordon, Cloris Leachman, Cleavon Little, Roddy McDowall, Robert Morley, Richard Mulligan, Tony Randall, Dirk Benedict, Willie Aames, Stephanie Faracy, Stephen Furst, Richard Masur, Meat Loaf, Pat McCormick, Vincent Price, Arnold Schwarzenegger u.a.

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Scavenger Hunt

Eines der Mediabook-Motive von “Scavenger Hunt”.

Da ist kein Gramm „Mad“ zuviel an Stanley Kramers „It’s a Mad, Mad, Mad, Mad World“ (1963), keine Minute der wahnwitzigen Überlänge verschenkt. Es sollte schließlich um den absoluten Exzess gehen, der sich entwickelt, wenn alle Regeln über Bord geworfen werden und einzig die Gier nach mehr übrig bleibt. Was die Regie ausdrücklich mit einschließt.

Noch ein Gag, noch ein Stunt, wieder und wieder (und wieder und wieder), ohne jedes Gefühl für Dramaturgie, ohne das strenge Auge im Schnitt. Redundanz als sozialkritisches Stilmittel zur Darstellung einer rücksichtslosen Ellbogengesellschaft… bedenkt man die Ästhetik der Ordnung in kapitalismuskritischen Klassikern des amerikanischen Kinos wie „Moderne Zeiten“ (1936) oder „Citizen Kane“ (1941), dann ist der ungezügelte Anarchismus eines Haufens egoistischer Idioten durchaus ein Alleinstellungsmerkmal von Kramers Ensemble-Komödie.

Was nicht bedeutet, dass es in den nachfolgenden Jahrzehnten nicht etliche Versuche gegeben hätte, zumindest gewisse Fragmente des Irrsinns zu kopieren, was schließlich in Jerry Zuckers Quasi-Remake „Rat Race“ (2001) mündete. Das Ergebnis blieb das gleiche, lediglich der Anreiz wurde ausgetauscht: Anstatt der versteckten Beute eines Gauners ging es nun um ein Preisgeld, das von einem exzentrischen Millionär ausgeschriebenen wurde, angelegt von einem chargierenden John Cleese als durchgeknallter Strippenzieher, dem der eigene Reichtum zu Kopf gestiegen war.

Weniger bekannt ist, dass 22 Jahre vor Cleese bereits Vincent Price einen solchen Millionär mit einem sehr ähnlichen Verständnis von Unterhaltung spielte. Price liefert in „Scavenger Hunt“ zwar nur einen kleinen Cameo, weil sich die Haupthandlung post mortem als Erfüllung seines Testaments ergibt. Einen derart großen Namen in der Eröffnungsszene zu verfeuern, gehört aber gerade zum Konzept des turbulenten Spaßes von Michael Schultz, der ganz und gar in Kramers Tradition steht. Sein prominent besetzter Vorspann ist aber auch gleich schon sein größter Clou.

Scavenger Hunt

Problem bei einem Überfall mit Tüte auf dem Kopf: Man hat die Tüte schon voll.

Schultz war damals längst etabliert als Spezialist für leichte Komödien, die thematisch eng an den Alltag der Arbeiterklasse und des unteren Mittelstands geknüpft waren. Das dürfte ihn zum idealen Kandidaten für die Regie eines Films gemacht haben, in dem sich Bedienstete, Verwandte und zufällig Anwesende um das Erbe eines Spielemoguls streiten, der sich noch im Tode einen Spaß daraus macht, seine Umgebung in ein Marionettentheater zu verwandeln.

Schultz war allerdings auch immer jemand, der vermeintlich seichte Stoffe am Ende mit einer gewissen Tiefe zu füllen vermochte. Keine Tiefe im philosophischen Sinn, Gott bewahre; aber eine solche der Menschlichkeit, angetrieben durch Empathie für die einfachen Grundlagen des sozialen Miteinanders. Schnell wird deutlich, dass der Plot von „Scavenger Hunt“ dem Regisseur die Grundlagen für diese Tiefe nicht zu liefern vermag. Er besteht am Ende eben nur aus einer Abfolge von rasant gefilmten Beschaffungsmaßnahmen unzähliger MacGuffins, die den Teilnehmern schlussendlich Punkte und damit Reichtum verschaffen sollen – eine reine Kumulation untereinander austauschbarer Gegenstände.

Dass die Eulen, oder wie in diesem Fall die Teddybären, Clownsköpfe und Strauße, genau das sind, was sie scheinen, erschwert die Konstruktion der Gags massiv. Zunächst einmal sorgen die vielen Gegenstände dafür, dass die Handlung in viele kleine situative Abschnitte fragmentiert wird, die im besten Fall vielleicht noch zu einer Parallelmontage verarbeitet werden, oft aber auch bloß in einer Einstellung von wenigen Sekunden Dauer abgefrühstückt werden. Jeder dieser Abschnitte soll nun Out-of-Context-Komik erzeugen, indem Situationen als merkwürdig dargestellt werden, weil sie dem Ablauf des normalen Alltagsbildes widersprechen. Doch die fehlende Einbettung der Gags in etwas Greifbares gerät zunehmend zum Problem: Wo kein Kontext, da kein unmittelbarer Bezug zum Gegenstand, da keine funktionierende Pointe.

Scavenger Hunt

In “Scavenger Hunt” gibt es viele Ortswechsel… und mindestens einen Örtchenwechsel.

Das wesentliche Problem liegt darin, dass es Schultz nicht gelingt, die Subplots der einzelnen Teilnehmer sinnvoll miteinander zu kreuzen und Einfluss auf den Verlauf der Trophäenjagd der anderen Teams nehmen zu lassen, oder wenigstens die jeweiligen Episoden eines Handlungsstrangs fließend miteinander zu verbinden. Im besten Falle verzweifelt mal ein Zoowärter daran, dass ihm ein Strauß nach dem anderen gestohlen wird, weil so ein Strauß eben besonders viele Punkte bringt; zumeist bleibt es aber bei einfachen Rätseln, deren Problemstellungen oftmals nicht einmal richtig dargelegt werden, schlichtweg weil es zu viele gibt für einen immerhin fast zwei Stunden langen Film.

Kein Wunder, dass sich Richard Benjamin Wile E. Coyote als Vorbild auserkoren hat, um in einer Handlung ohne echte Hauptfiguren als etwas Akzente zu setzen, das einem Antagonisten noch am nächsten kommt. Ihm schaut man durchaus gerne dabei zu, wie er mit der typischen Verzweiflung des Zeichentrick-Koyoten einen Tresor aus dem obersten Stock zu entführen versucht. Die Selbstverständlichkeit, mit der der Techniker dabei ein Out-of-Order-Schild passend zur Situation abnimmt oder aufhängt, hat tatsächlich ein wenig von den guten alten Warner-Brothers-Cartoons.

Derartiges Chaos beschwört Schultz allerdings zu selten. In der Regel wird stur zwischen den Gruppen gewechselt und eine Gleichförmigkeit beschworen, die es gar nicht erst erlaubt, dass dem von Richard Benjamin spielfreudig verkörperten Ekelpaket ein ebenbürtiger Rächer der Enterbten gegenübergestellt werden kann. Ansatzweise würde man Dirk Benedict diese Rolle zuschreiben, vielleicht aber auch nur, weil er als Dauerfahrer am Steuer eines Van beschäftigt ist, so dass man immerzu an das „A-Team“ denken muss.

Die Cameos einiger Stars werden so linear aufbereitet, dass man ihren Auftritt erahnt, sobald man die Kulisse sieht: Eine Motorradbar zum Beispiel, in der Meat Loaf als Rocker auf einem Billardtisch hockt, nicht zuletzt aber Arnold Schwarzenegger („Terminator: Dark Fate“) als Personal Trainer Lars, den man auf Meilen riecht, sobald auch nur ansatzweise die Umrisse eines Sportgeräts zu erahnen sind. Seine Präsenz war damals schon beachtlich, wenn man die Reaktion seines vermeintlichen neuen Schülers sieht, der Minuten später bereits in bester Buster-Keaton-Manier aus dem (geschlossenen) Fenster fliegt.

Scavenger Hunt

“Der kommt nicht wieder.”

An solchen Stunts mangelt es auch sonst nicht. Aufs Gaspedal tritt Schultz nämlich durchaus, um zumindest 70 Prozent der ausgeschriebenen 100 Gegenstände in der Handlung unterzubringen. Soll heißen: Reine Dialogszenen, die weder verbal noch physisch aus der Reihe tanzen, gibt es schlichtweg nicht. Vor allem die Autos werden mit der heißblütigen Cowboy-Attitüde von „Ein ausgekochtes Schlitzohr“ (1977) durch die Straßen Kaliforniens gesteuert, nicht ohne dass die Sets unter freiem Himmel dabei manchmal frappierend an Schultz’ Waschstraßen-Hit „Car Wash“ erinnern, auf den er zumindest in einer Szene mit einem Raum voller Spülschaum auch ganz direkt zu verweisen scheint.

Merkwürdig ist allerdings, dass ausgerechnet die Kategorie Soundtrack, für die der Regisseur so berüchtigt ist, aufs Nötigste reduziert wurde. Tchaikovsky und Beethoven machen aus dem Trubel zwischenzeitlich kurz eine Symphonie, ansonsten bleibt es aber erstaunlich oft still, als habe Schultz kurz nach „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“ (1978) einfach keine Lust mehr auf Musik gehabt. Das ist enttäuschend, fehlt doch dadurch die vielversprechende Gelegenheit, die Comedy zumindest auf diese Weise zu kontextualisieren.

Das Ende hat immerhin nochmal einen smarten Twist zu bieten, der sogar ansatzweise die für Schultz so typische Wärme aufkommen lässt, mit der dem oberflächlichen Klamauk noch etwas Nachdenkliches eingehaucht wird. Doch selbst der Twist wird letztlich unnötig über Minuten hinweg zu Tode getrampelt, bis allenfalls noch die süße Erlösung in Form eines Schlussstrichs zu erwarten ist.

Scavenger Hunt

Harte Arbeit lohnt sich.

„Scavenger Hunt“ war 16 Jahre nach „It’s a Mad, Mad, Mad, Mad World“ eigentlich die längst überfällige Fortführung einer Sorte Film, die gar nicht so wahnsinnig viele Vertreter zu Tage gebracht hat, wie man meinen sollte, auch wenn die Disney-Komödie „Wahnsinnsjagd um Mitternacht“ fast zur gleichen Zeit erschien und ein nahezu identisches Konzept bediente. Für die Wiederentdeckung spricht heute natürlich in erster Linie der ebenso bunte wie namhafte Cast; wann bekommt man schon Vincent Price, Arnold Schwarzenegger, Meat Loaf, Scatman Crothers und Dirk Benedict, wenn schon nie in einer gemeinsamen Szene, dann aber doch zumindest im gleichen Film zu sehen?

Sicherlich wird man in dieser Anhäufung geskripteter Verrücktheiten auch mal etwas zum Schmunzeln finden; bei der Schussrate wäre alles andere ja auch plemplem. Dem Skript hätte es aber gutgetan, die einzelnen Sequenzen nicht aus dem Zusammenhang gerissen zu präsentieren und als Flickwerk aneinander zu kleben, sondern Kausalitäten einzubauen, Ursache und Wirkung zu nutzen, um die Gier und Verzweiflung der Teilnehmer noch stärker auszuarbeiten. So aber dürfte Vincent Prices Stimme aus dem Grab schnell wieder verstummt sein; das hatte er sich wohl anders vorgestellt.

4 von 10

Schaut in den Trailer zu “Scavenger Hunt”

„Scavenger Hunt“ war lange Zeit nur schwer zu beziehen und galt daher als Rarität. Das deutsche Label Cinestrange Extreme bereitete diesem Zustand kürzlich ein Ende: Seit Ende September 2024 ist die Komödie im Mediabook in drei verschiedenen Artwork-Varianten erhältlich. An Bord ist der englische Originalton sowie eine neu angefertigte deutsche Synchronisation, ferner eine Featurette und ein Booklet von Christoph N. Kellerbach.

Parallel wurde über Amazon auch ein Stream verfügbar gemacht, der für Prime-Mitglieder inklusive ist. Doch Obacht: Derzeit steht für den Stream kein Originalton zur Verfügung. Die neu angefertigte Synchronisation mag zwar mit Bernd Egger auf Arnold Schwarzenegger und Ingo Albrecht (Dwayne „The Rock“ Johnson) auf Richard Benjamin durchaus das ein oder andere Kaliber in seinen Reihen haben und mit Bela B. von den Ärzten auf Vincent Price oder Michaela Schaffrath auf Cloris Leachman Humor beweisen, ist ansonsten aber bestenfalls als exzentrisch zu bezeichnen.

Die ansonsten offenbar mit vielen Amateuren und einigen Doppelbesetzungen gestreckte Synchronisation könnte womöglich zumindest knallharte Trash-Liebhaber von sich überzeugen, da sie wenigstens mit Enthusiasmus, wenn schon nicht mit Expertise realisiert wurde, zumindest rein technisch besteht aber kein Zweifel, dass man als Käufer der Blu-ray wohl schnell auf den Originalton wechseln wird, wenn man schon die Gelegenheit hat.

Sascha Ganser (Vince)

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