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Sea Dogs – Blutige Wellen

"Sea Dogs" von Joe Hill

Stephen Kings Sohnemann Joe Hill präsentiert die “Sea Dogs”.

Die Boston Tea Party 1773 und diverse Auseinandersetzungen mehr mündeten 1775 in den Beginn des Unabhängigkeitskrieges zwischen den amerikanischen Kolonisten und England. Dabei sah es für die Kolonisten lange Zeit alles andere als gut aus. Zwar wurden sie von den Spaniern und Franzosen im Kampf gegen die Briten unterstützt, doch die allmächtige britische Flotte ließ es zumeist gar nicht zu, dass der Nachschub der Verbündeten die Kolonisten überhaupt erreichte.

Schnell waren zudem wichtige Häfen in britischer Hand. 1780 fiel dann Charleston. Ein Schlag, der beinahe das Ende der „Patrioten“ Nordamerikas bedeutet hätte. Doch da hat ein Geheimdienstoffizier der Kolonisten eine ebenso verzweifelte wie brillante Idee. Er sichert sich die Dienste von drei Verfluchten. Diese sollen sich unter die Besatzung der HMS Havoc mischen – das mithin gefährlichste Schiff der Briten.

Des Nachts sollen sich die Verfluchten dann in ihre wahre Gestalt verwandeln und die Briten nicht nur massakrieren, sondern ihnen auch die Moral nehmen.

Joe Hill lässt die Hunde des Krieges los

Joseph Hillström King, seines Zeichens Sohn des großen Stephen King und vornehmlich unter dem Pseudonym Joe Hill arbeitend, hat für seinen Comic „Sea Dogs – Blutige Wellen“ eine fantastische Prämisse ersonnen. Er deutet verbürgte Ereignisse des amerikanischen Unabhängigkeitskrieg um und verpasst ihnen einen fantastischen Anstrich. Infolgedessen wüten nun drei Werwölfe – oder besser Werhunde – ultrablutig auf dem Flaggschiff der britischen Kriegsflotte und führen – glaubt man Hill – die Wende im verloren geglaubten Krieg herbei.

Das verbindet er mit einem knackigen Whodunit auf der HMS Havoc und lässt bis zu den letzten Seiten im Unklaren, wer nun eigentlich tatsächlich die Monster in Menschengestalt sind. Dazu streut er gekonnt zahlreiche falsche Fährten und führt handelnde Charaktere und Leser an der Nase herum. Die ungemein atmosphärischen, extrem düsteren Bilder von Dan McDaid tragen ihren Teil zur gelungenen Spannungsgenerierung bei – und schlagen blutigst über die Stränge, sobald Hill seine Monster entfesselt.

Da werden Augen eingedrückt, Köpfe abgerissen und Protagonisten mit ihren Innereien erwürgt. Gerät die HMS Havoc irgendwann mit der spanischen Flotte aneinander, brennt gefühlt das ganze Heft und werden diverse Seefahrer höchst splattrig aus dem Leben gerissen. Es ist eine Menge los in Joe Hills neuem Werk.

Leider hat selbiges ein gewaltiges Problem: Seine Präsentation. Man muss dazu wissen, dass Joe Hill die Story als Fortsetzungsgeschichte angelegt hat. In allen Einzelheften der Werke für sein eigenes Comiclabel „Hill House Comics“ – etwa in „Schiff der lebenden Toten“ oder „Ein Korb voller Köpfe“– brachte er maximal vier Seiten der „Sea Dogs“ unter. Man musste in Amerika also alle Einzelhefte des Labels erstehen, um die Geschichte vollumfänglich erleben zu können.

In Deutschland fügte nun Panini Comics diese Einzelseiten zu einem eigenen Heft zusammen. Dementsprechend können wir Deutschen die Story nun wunderbar am Stück genießen. Das Problem: Um in den USA über die Hefte hinweg einen Zusammenhang zu erzeugen, gibt es immer einen kleinen Rückblick in das vorherige Heft und einen Teaser auf das nächste Heft. Was in den Einzelheften absolut Sinn macht, ist in einem Sammelband einfach nur nervig. Alle zwei Seiten werden die zwei Seiten zuvor zusammengefasst. Und immer wieder gibt es einen Teaser auf die nächsten beiden Seiten.

Panini wäre gut beraten gewesen, diese Elemente aus dem Artwork zu tilgen. So muss man sich als Leser schon extrem konditionieren, die eröffnende Bubble und den Teaser am Ende jeder Doppelseite zu ignorieren, um sich selbst das Leseerlebnis nicht zu sehr zu zerhacken. Das klappte zumindest bei mir kaum. Weswegen ich mich immer wieder aus der Story gerissen fühlte. Leider.

Zudem ist der Sammelband diesmal eher dünner Natur, denn insgesamt haben die „Sea Dogs“ nur knapp 100 Seiten (etwa 80 sind Comic, ansonsten gibt es einige Variant-Cover und Hintergründe zur Geschichte und den Machern). Gleichzeitig ist Joe Hill durch diesen engen Rahmen immer sehr on point und verzettelt sich nicht in Nebensträngen. Auch die Mythologie der Werhunde wird so angenehm knackig gereicht und hat einen hübschen Spin.

„Sea Dogs – Blutige Wellen“: Seemansgarn mit wildem Twist

Werwölfe auf hoher See: Joe Hills Fortsetzungscomic „Sea Dogs – Blutige Wellen“ erzählt schon ein herrlich abseitiges Seemannsgarn. Dabei ist alleine schon die Story-Prämisse die halbe Miete. Denn Werwölfe mit Seeschlachten des Unabhängigkeitskrieges zu kombinieren und so die Geschichte umzudeuten, das hat schon was. Wird dann noch eine Menge Whodunit untergemischt, entsteht ein Gebräu, das es so auch noch nie gab. Garniert man das dann noch mit dem herrlich düsteren Artwork von Dan McDaid weiß man gar nicht, was man an dem Heft noch bemäkeln soll. Leider war das Heft aber nie ein Heft. Und genau daraus resultieren leider echte Problemherde. Etwa eine zerrissen und holprig wirkende Erzählweise. Schade.

7 von 10

Informationen zur Veröffentlichung der „Sea Dogs – Blutige Wellen“

Die „Sea Dogs“ erschienen, wie bereits angedeutet, als Sammelband bei Panini Comic. Die liefern neben den Comics und einigen Bonus-Cover-Artworks eine Abhandlung zur Geschichte hinter der Geschichte der „Sea Dogs“ und Sketch-Book-Ausschnitte.

Sea Dogs – Blutige Wellen
Originaltitel: Sea Dogs
Von Joe Hill (Autor); Dan McDaid (Artwork)
Taschenbuch: 100 Seiten; Deutsch
Verlag: Panini Verlags GmbH
Auflage: 1. Edition (31. Januar 2023)
ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3741622694

In diesem Sinne:
freeman

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