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Shane Blacks unverfilmtes „Shadow Company“-Script

Shadow Company Deckblatt

Drehbuch Shane Black und Fred Dekker, Regie John Carpenter, Produktion Walter Hill (weiter unten auf dem Deckblatt genannt) – “Shadow Company” hätte echt was werden können

Natürlich hat quasi jeder Filmschaffende diverse Projekte in seiner Filmographie, die es nie auf die Leinwand schafften – man denke an Paul Verhoevens „Crusade“, in dem Arnold Schwarzenegger einen Kreuzritter spielen sollte. Das Projekt kam nie zustande, da Carolco kurz der Pleite stand, am Budget sparen wollten und alles in „Die Piratenbraut“ steckte. In der Rückschau ein gewaltiger Fehler. Manchmal schwirren die Scripts solcher Projekte noch herum. Eines der interessantesten ist „Shadow Company“ – ein Action-Horror-Script. Das erste, das Shane Black schrieb, welches ihm in Verbindung mit der Hilfe seines Kumpels Fred Dekker seinen ersten Agenten verschaffte. Mit „Lethal Weapon“ gelang Black danach der Durchbruch, weshalb „Shadow Company“ wieder viel Interesse erzeugte und 1988 kurz vor der Verfilmung stand. Die vorliegende Drehbuchversion ist von Black und Dekker verfasst, wobei nicht klar ist, ob Blacks WG-Kumpan Dekker von Anfang an involviert war oder erst für spätere Drafts. Als Regisseur sollte John Carpenter den Film umsetzen. Mit „Sie leben!“ hatte der Horrormeister zu diesem Zeitpunkt ganz frisch sein Gespür für Action mit phantastischem Hintergrund bewiesen und auch sein Body-Horrorfilm „Das Ding aus einer anderen Welt“ hatte einige Spektakelszenen enthalten. Als Produzent war Walter Hill an Board, der ja schon Horrorfilme wie „Alien“, Actionfilme wie „Blue City“ und Action-Horrorfilme wie „Aliens“ in dieser Funktion betreut hatte. Von seinem Regiewerk ganz zu schweigen. Allerdings zerfiel das Projekt nach Problemen in der Vorproduktion, obwohl es nach dem feuchten Traum eines jeden Genrefans klang. Kurt Russell sollte die Hauptrolle spielen.

Es geht um eine Gruppe von Soldaten in Vietnam, die man 1973 in Saigon kennenlernt, wo sie gerade ein eigenwilliges Pokerspiel spielen, zu dessen Einsätzen auch mal ein eigener kleiner Finger zählt. Ein nerviger Lieutenant Colonel, der unbedingt einsteigen will, muss dran glauben, danach rückt das Sextett in einen Einsatz aus, wobei Einblendungen uns die Namen der G.I.s verraten – Jahre bevor es mit den Werken von Guy Ritchie und Co. zur Mode wurde. Durch das Gerede der für die Shadow Company verantwortlichen Offiziere, Major Garrett Stark und Colonel Philip Woodhurst, erfährt man, dass die Männer zu einer supergeheimen Mission hinter feindlichen Linien aufbrechen und es einen siebten Mann gibt, um den man sich allerdings gekümmert habe.

Sprung in die Gegenwart des Jahres 1988. Weihnachten steht vor der Tür, womit wir ein typisches Shane-Black-Trademark haben (siehe „Lethal Weapon“, „Last Boy Scout“, „Tödliche Weihnachten“, „Kiss Kiss Bang Bang“, „Iron Man 3“ und „The Nice Guys“), neben dem gewohnt sarkastischen wie schlitzohrigen Stil, in dem das ganze Drehbuch geschrieben ist. Der Humor im Dialog ist allerdings nicht ganz so böse wie in späteren Werken Blacks und auch in Sachen Oneliner ist „Shadow Company“ nicht ganz auf Highlight-Höhe, auch wenn es immer noch einige coole Sprüche gibt. Jedenfalls werden die Leichen von sechs US-Soldaten in einem kambodschanischen Tempel entdeckt, wo sich die Einheimischen vor den Gebeinen fürchten. Man muss kein Genie sein, um zu erahnen, wessen Überreste da bald in die Heimat überführt werden. Unser Held Jake Pollard, ein Vietnamveteran, jedenfalls eilt sofort in die Kleinstadt Merit, als er von dem angedachten Begräbnis dort hört.

Dummerweise kommt Pollard zu spät, nachdem er sich mit Waffen und Sprengstoff eingedeckt hat. Woodhurst, inzwischen General, hat die Supersoldaten, die schon zu Lebzeiten zu mehr oder weniger unverwundbaren Elitekriegern gedrillt wurden, mit den entsprechenden Substanzen behandelt, weshalb sie nachts aus ihren Gräbern steigen. Woodhursts Motivation ist etwas dünn, der kriegsgeile Falke will in erster Linie, dass die Soldaten den Krieg zu jenen Amerikanern bringen, die sie vermeintlich hintergingen, als viele gegen US-Einsatz in Vietnam protestierten. Als erstes decken die untoten Zombie-Soldaten sich ihrerseits mit Waffen und Munition ein, ehe sie über Merit herfallen.

Während Pollard sie also aufhalten will, führt das Script noch einige Nebenfiguren ein. Da ist die religiöse Doris, Ehefrau des gefallenen Shadow-Company-Soldaten Stockton, in zweiter Ehe mit Buchalter, dem Sheriff von Merit, verheiratet. Bei der Beerdigung ebenfalls dabei: Heather, die Teenagertocher aus Doris‘ erster Ehe, und ihre kleine Schwester Kim aus der zweiten. Heathers Ex-Freund, der rebellische Teenager Kyle hängt in der Nähe herum, während auch Stark und Woodhurst wieder auftauchen. Dummerweise verpasst das Script nicht allen Figuren genug Profil, manche bleiben dann doch bestenfalls Metzelmasse, was schade ist, denn dadurch sind ihre späteren Tode nicht so effektiv. Da wussten andere Scripts von Black und Dekker doch wesentlich effektiver mit ihrem Personal umzugehen.

So bleibt „Shadow Company“ in erster Linie oberflächlicher Action-Horror, der ein hohes Tempo hat, Raum für genug Schauwerte bietet (die man nur entsprechend dynamisch hätte inszenieren müssen) und einige coole Einfälle hat. Etwa wenn Militärpolizisten Inventur von geräubertem Material machen, verschwundene Stolperdrähte aufzählen und in genau diesem Moment einen solchen auslösen. Oder das Over-the-Top-Finale, in dem sich Held und Oberzombie zoffen, unter anderem an einem Flaggenmast hängend, in der Fahne verheddert. Achja, irgendwann kämpft der Zombie brennend.

In anderer Hinsicht kann das Drehbuch noch einige Überarbeitungen vertragen und wer weiß, vielleicht wären diese noch vor oder während des Drehs gekommen. Zum einen ist die filminterne Logik bezüglich der Zombies nicht immer ganz kohärent, gerade was Auswirkungen und Erschaffung angeht (z.B. ab wann die Shadow-Company-Leute wirklich tot waren). Und es mag dramaturgisch ja durchaus Sinn machen, dass in erster Linie Pollard die Zombies plattmacht und weiß wie man diese zerstören muss. Aber etwas seltsam wirkt es schon, wenn er diese mit Schrotflintentreffern und ähnlichen Scherzen effektiv zerlegt, ein ganzer Trupp von Polizisten und Soldaten aber später keinen einzigen Zombie im Kugelhagel killt – obwohl manche von ihnen ebenfalls Schrotflinten haben. Zum anderen scheint die Verteilung mancher Aspekte nicht ganz glücklich zu sein: Es gibt viel, vielleicht etwas zu viel Background zur Shadow Company (der eben an manchen Stellen nicht ganz ausgereift wirkt), während man vom Überfall auf die Stadt wenig mitbekommt. Ein totes Pärchen auf der Lover’s Lane (immerhin in einer denkwürdigen wie selbstreflexiven Mordszene), einige gekillte Wachposten, sonst meist entweder Explosionen in der Ferne oder das Auffinden der Ergebnisse des Wütens der Shadow Company. Man muss es ja nicht so übertreiben wie der geschmacklose, plumpe „Dead Snow 2“, da ist „Shadow Company“ trotz eines erschossenen Hundes und eines toten Jungen in einem Wäschetrockner überraschend pietätvoll. Aber es wirkt seltsam, dass man von der zentralen Prämisse „Zombiesoldaten überfallen eine Kleinstadt“ so wenig mitbekommt und mehr von Scharmützeln zwischen Pollard und den Schurken.

Manchen Twist, gerade bezüglich der personellen Verbindungen, sieht man kommen, aber das „Shadow Company“-Script wäre schon die Grundlage für flotten, coolen Action-Horror gewesen, der perfekt in die Zeit gepasst hätte. Man hat beim Lesen „Return of the Living Dead“ vor Augen (Bubblegum-Horror mit randalierenden Zombies und Gags), die „Maniac Cop“-Filme (untoter Uniformträger nimmt Rache) und Fred Dekkers „Night of the Creeps“ (mit Alienwürmern infizierte Leichen sorgen für Tote auf dem Campus), in dem Shane Black eine Nebenrolle übernahm. Auch „Lethal Weapon“ hat durchaus Anklänge von „Shadow Company“: Die Schurken dort sind eine Einheit krimineller Vietnamveteranen, die nicht nur Shadow Company genannt werden, sondern ebenfalls durch identische Tattoos gekennzeichnet sind. Der Held ist ebenfalls wie sie, nur eben auf der richtigen Seite geblieben, und auch wenn sie nicht willkürlich Amok laufen, so sind die „Lethal Weapon“-Bösewichte ebenfalls als seelen- und gewissenlose Mörder zurückgekehrt. Auch der von Shanes Bruder Terry Black verfasste „Dead Heat“ dürfte sich bei Ideen aus dem „Shadow Company“-Script durchaus bedient haben: Dort werden Leichen reanimiert, begehen Verbrechen und sind durch massiven Beschuss kaum aufzuhalten, während zwei Cops sie jagen, von denen einer bald ebenfalls zum Zombie wird. Eine letztendliche Verfilmung dürfte „Shadow Company“ wohl nicht mehr erfahren, was vielleicht schade ist, aber vielleicht hätte das Ganze auch nur mit dem Charme der Eighties funktioniert – auch wenn „Overlord“ jüngst ebenfalls auf pulpige Weise Action-, Horror- und Kriegsfilm kombinierte, aber mit anderem Setting, mehr Ernst und weniger coolen Sprüchen. Dort spielte übrigens Wyatt Russell einen der Helden, der Sohn des für „Shadow Company“ angedachten Kurt.

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