Schon zu Studienzeiten erwies sich Christophe Gans als versierter Genrekenner und -regisseur. Sein „Silver Slime“ ist eine 15 Minuten lange Hommage an den Giallo im Allgemeinen sowie Mario Bava und Dario Argento im Speziellen, die in der Geschichte eines maskierten Killers und seines potentiellen Opfers beinahe alle Trademarks des Genres unterbringt.
Originaltitel: Silver Slime__Herstellungsland: Frankreich__Erscheinungsjahr: 1981__Regie: Christophe Gans__Darsteller: Aïssa Djabri, Isabelle Wendling |
Dass aus Christophe Gans („Crying Freeman“, „Pakt der Wölfe“) mal ein Genrefilmer werden sollte, ließ sich anscheinend schon zu Studienzeiten erkennen, in denen er „Silver Slime“ vorlegte, eine rund 15 Minuten lange Hommage an das Giallo-Genre und seine beiden wohl wichtigsten Regisseure: Dario Argento und Mario Bava. Übersetzt man deren Nachnamen ins Englische, dann landet man bei „Silver“ und „Slime“, was auch den Titel des Films erklärt.
Denn Silber, Schleim oder silberner Schleim kommen in dieser Giallo-Hommage nicht wirklich vor. Viel eher geht es um einen maskierten Killer, der eine junge Frau stalkt und nicht gerade zimperlich ist. Wesentlich mehr an Plot gibt es nicht, das Ganze könnte auch einfach eine Sequenz aus einem Giallo-Spielfilm sein. Interessant auch, dass die Giallo-Welle zum Drehzeitpunkt vielleicht etwas abgeflacht, aber bei weitem nicht beendet war. So blickt „Silver Slime“ nicht mit Ironie oder Meta-Blick zurück, sondern ist in erster Linie eine Stilübung, die sich vor allem an den Vorbildern Argento und Bava abarbeitet – letzterer war ein Jahr vor der Entstehung von „Silver Slime“ gestorben, Gans hat ihm den Film gewidmet.
Insofern hat Gans dem Genre eigentlich nichts hinzuzufügen, aber es ist bemerkenswert wie aufmerksam und geschult er alle Trademarks erkennt und in „Silver Slime“ einbaut, noch ehe der Giallo von Filmwissenschaft und Genretheorie so richtig erschlossen war. Im Hintergrund ertönt ein Soundtrack, der stark an die Goblin-Kompositionen für Dario Argento erinnert, der maskierte Killer trägt neben der Gesichtsmaske auch noch Lederhandschuhe, gemordet wird mit Rasiermesser und Glassplitter. Das Blut fließt ordentlich, während Frauenmorde immer eine Spur ausgiebiger und sadistischer auszufallen scheinen als jene an Männern. Und dann ist da noch die Giallo-typische Vorliebe für ungewöhnliche bis experimentelle Kameraperspektiven und akzentuierende Zeitlupen, vor allem im Schreck- und Gewaltmomenten.
httpv://www.youtube.com/watch?v=lVTOjZCWdok
So ist „Silver Slime“ dann in erster Linie ein optischer Rausch. Über den Killer und seine potentiellen Opfer erfährt man nichts, es geht Gans nur um den Moment, den er auch gerne mal in Zeitlupe auskostet. Dabei folgt seine Stilübung auch der (Alp-)Traumlogik des Giallos, wenn der Killer aus einem kaum möglichen Versteck zuschlägt oder Szenen einfach abgebrochen werden und man nicht weiß, ob das gerade Gesehene eine Erinnerung, ein Traum oder eine Vision des möglichen Mordopfers war. Auch der Auftakt, bei dem erst in der Ego-Perspektive des Mörders, danach mit Close-Ups auf Details wie das Anziehen von Stiefeln die Vorbereitung des Killers für seine Taten gezeigt wird, ohne dabei sein Gesicht zu enthüllen, atmet puren Giallo-Stil und erinnert an artverwandte Sequenzen aus Filmen wie „Profondo Rosso“.
Mit „Silver Slime“ erweist sich Gans also als aufmerksamer Genrebeobachter in einem Kurzfilm, der er schrieb, schnitt und montierte und für den er auf dem Festival du Film Fantastique einen Preis gewann. Wirklich Neues kann seine Hommage dem Giallo nicht hinzufügen, aber eine kurzweilige Stilübung ist „Silver Slime“ dennoch.
Auf einem physischen Medium ist „Silver Slime“ meines Wissens bisher nicht erschienen, aber der Film ist bei Videoplattformen wie YouTube zu finden.
© Nils Bothmann (McClane)
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