Originaltitel: Sinbad of the Seven Seas__Herstellungsland: Italien / USA__Erscheinungsjahr: 1989__Regie: Enzo G. Castellari, Luigi Cozzi__Darsteller: Lou Ferrigno, John Steiner, Roland Wybenga, Ennio Girolami, Hal Yamanouchi, Yehuda Efroni, Alessandra Martines, Teagan Clive, Leo Gullotta, Stefania Girolami Goodwin, Donald Hodson Melonee Rodgers u.a. |
Wie viel noch von Enzo G. Castellari noch in „Sinbad – Herr der sieben Meere“ steckt ist schwer zu sagen, da noch ein ausbleibendes Budget während des Drehs und die Mitwirkung zweier Co- bzw. Nachdrehregisseure da doch einiges verwässerten.
Putzig ist bereits der Vorspann, der das Ganze auf Edgar Allan Poes „The Thousand-Second Tale of Sheherazade“ zurückführt, doch mit der Kurzgeschichte hat der Film allerdings nur die Tatsache gemein, dass Sindbad mit von der Partie ist. Aus der Kurzgeschichte ist hier dann ein ganzes Buch geworden, das eine Mutter, gespielt von Dario Argento Muse Daria Nicolodi, ihrer Tochter vorm Einschlafen vorliest. Das gibt immer wieder Off-Kommentare während des Films, meist vom quengelnden Blag, womit er wie das unfreiwillig komische Gegenstück zu Rob Reiners gewollt witzigem „Die Braut des Prinzen“ wirkt.
Im Gegensatz zu den Vorlagen von Sheherazade und Poe hat man die Crew von Sindbad (Lou Ferrigno), dem Seefahrer, etwas gepimpt, denn nur Matrosen wär ja langweilig. Also besteht sie aus einem Samurai (Hal Yamanouchi), einem Wikinger (Ennio Girolami), dem Zwerg Poochie (Cork Hubbert), dem Koch Saropoulis und dem Prinzen Ali (Roland Wybenga). Ali will daheim seine geliebte Prinzessin Alina (Alessandra Martines) ehelichen, was dem Zauberer Jaffar (John Steiner) gar nicht passt. Dabei sind die beiden ja füreinander bestimmt, Ali und Alina, was ein Wortspiel.
Also macht sich Jaffar den Kalifen per Hypnose Untertan und bringt die Stadt Basra unter seine Kontrolle. Die zu seiner Bezwingung notwendigen Juwelen versteckt er, natürlich auf Inseln, denn wo sollte man sie wohl besser vor einem Seefahrer verstecken…
„Sinbad – Herr der sieben Meere“ ist ein kein Klassiker wie „Sindbads 7. Reise“, als Film an sich er ist eigentlich sogar ziemlich gescheitert. Die Helden stehen vor Aufgaben, die sie meist in Minuten lösen können, einen echten Spannungsbogen sucht man vergebens. Durch die Produktionsquerelen häufen sich dann die Anschlussfehler, z.B. wenn es das Schiff mit Sindbads ganzer Mannschaft wegweht, obwohl drei der Leute gerade noch am Strand kämpften. Die Rahmenhandlung mit der Erzählerin versucht die Lücken dann zu füllen, aber das mehr schlecht als recht.
Auch actiontechnisch ist das Ergebnis mehr als durchwachsen, wobei einige gute Szenen dabei sind, z.B. der Kampf gegen die untoten Krieger. Nett die Martial Arts Einlagen des Samurai, auch wenn dieser gelegentlich sichtbar vorbeitritt, hölzern das Bud Spencer-artige Gekloppe des muskulösen Helden, aber teilweise recht ansprechend abgefilmt. Bis auf den Finalkampf, in dem Sindbad gegen sein eigenes Ebenbild antreten muss und die konfuse Montage teilweise verwirrt, welcher den nun gerade der echte Sindbad ist.
Doch „Sinbad – Herr der sieben Meere“ macht richtig Spaß und zwar als der Trash, der er nun mal ist. Das wird schon in den Dialogen klar, wenn Sindbad zum hypnotisierten Kalifen „Hey, ich hab dich was gefragt“ sagt, die modernen Worte „Branchenbuch“ und „Biorhythmus“ fallen oder Jaffar ein affektiertes „Ich gewiiineeee“ kreischt. Da bleibt kaum ein Auge trocken, wenn der Samurai andauernd Konfuzius zitieren will und der Zwerg einen misslungenen Oneliner nach dem anderen raushauen will.
Die irgendwo zwischen pompös und albern liegenden Setbauten verstärken den Eindruck nur, die Gehirn-Dominierungsmaschine ist ein Kracher vor dem Herrn, ähnlich die offensichtlich ins Bild eingemalten Spezialeffekte, die man 1989 definitiv was besser hinbekommen hätte. Wenn dann noch die Gummi-Piranhas aus dem Becken schnappen oder der Held zum Entkommen aus dem Verlies beruhigend auf die dortige Schlangen-Population einredet, um sich aus den Biestern ein Seil zu knoten, dann ist das Trash Galore.
In der Tradition von Herkules, Maciste und Ator ist Sindbad auch hier ein muskelbepackter Bodybuilder, verkörpert durch „Hulk“-Darsteller Lou Ferrigno (“Cage Fighter“), der wahlweise verführerisch (den Ladies gegenüber), angepisst (den Feinden gegenüber) oder grinsend (den Freunden gegenüber) guckt. John Steiner als grell overactender Jaffar ist eine Lachnummer, die zum Rest des Filmes passt, Daria Nicolodi kommt kaum zum Tragen (und wusste vermutlich gar nicht wie der Rest vom Film aussieht) und die restlichen Knallchargen fügen sich passend in das Bild ein.
Als seriöser Film ist „Sinbad – Herr der sieben Meere“ eine ziemliche Katastrophe, als Trashperle allerdings die Wucht in Tüten. Am besten im Double Feature mit „Die Barbaren“ genießen, ebenfalls von Cannon produzierter Fantasy-Trash über Muskelmänner und deren Alltagsprobleme – aber bloß nicht ernstnehmen.
© Nils Bothmann (McClane)
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Würde sich ein kleines Mädchen, dem die Mutter eine Gutenachtgeschichte vorliest, den Seefahrer Sinbad in Gestalt von Lou Ferrigno vorstellen? Oder ist es womöglich etwa die Fantasie der Mutter, die sich da auf der Leinwand manifestiert? Da steht er in der Blüte seines Daseins: Muskelbepackt, glänzend, sehnig, fleischig und ultimativ formvollendet, gekrönt mit der gewellten Lockenpracht eines David Hasselhoff, dem man ein Jahr lang Hausverbot beim Friseur erteilt hat. Begleitet von Freunden, die auf ihre Art ebenso formvollendet erscheinen, wenn sie ihre maßgeschneiderten Silhouetten werfen und so als Repräsentanten ihrer gesamten Rasse auftreten. Begrüßen wir also den Zwerg, der immer einen frechen Spruch auf den Lippen hat. Machen wir Bekanntschaft mit dem Wikinger, dessen Zottelbart mehr Charisma hat als er selbst. Lachen wir über den glatzköpfigen Koch, der Witze über sein eigenes Gekochtes in einer Art reißt, als sei er dem Geiste Goscinnys und Uderzos entstiegen. Verbeugen wir uns vor dem Asiaten, vorgestellt als Chinese, gespielt von einem gebürtigen Japaner, auf der Tonspur dabei stets begleitet von einem Motiv, das wohl aus der reinen Essenz asiatischer Klischees geschöpft wurde, wie sie schon in den Kindergärten dieser Welt gelehrt wird. Treten muss er, tanzen soll er, schnaufen und das Gesicht verziehen wie Bruce Lee.
Die Weltmeere bereist die Crew unter einem Segel, das es locker mit der Regenbogenfahne für Toleranz und Heterogenität aufnehmen kann. Es wird quasi zum Logo, zum Wiedererkennungsmerkmal dieses Films. Kulturelle Vielfalt wird da in knalligen Farben zelebriert, die von Kulissen und Kostümen unentwegt reflektiert werden. Was da zwischen orientalischem Kitsch und Geisterbahneffekten auf die Schienen gelegt wird, entspringt ganz offensichtlich einer kindlichen Vorstellungskraft. Es wird ein höchst naives Verständnis dafür unter Beweis gestellt, was Vielfalt eigentlich bedeutet. Sie definiert sich nämlich einzig über das Verlangen nach Buntem und Abwechslung. Das Skript wird permanent angetrieben von Wendungen wie „und dann“, „aber nun“, „doch plötzlich“, sie verketten sich zu einer schillernden Reihe von monströsen Problemstellungen und einfachen Lösungen.
„Sinbad – Herr der sieben Meere“, soviel steht fest, ist die Metapher eines Abenteuers anstatt des Abenteuers selbst. Schon der narrative Rahmen, der die Handlung zur Einschlafhilfe erklärt, macht deutlich, dass sich diese Billigproduktion, obgleich sie durch Nachdrehs und Recuts doch noch ziemlich teuer wurde, lieber nicht mit den Ahnen der eigenen Filmreihe anlegen will; schließlich thronen da die zeitlosen Stop-Motion-Kreaturen Ray Harryhausens und machen den Klappergestellen aus der italienischen Trickkiste eine lange Nase. Dabei hat es natürlich einen gewissen Charme, wenn sich Gummi-Aale in sprudelnden Wasserbecken winden und sich Geister-Ritter samt Pferd aus dem Sand erheben, als wären wir hier bei den reitenden Leichen. Und wenn in einem gefühlten Fantasy-Märchen für Kinder auf einmal die morbiden Schwingungen eines Splatterfilms aus der Euro-Sleaze-Ära freigesetzt werden, wo dann auch mal der ein oder andere Moder-Zombie-Arm mit blutigem Crunch-Effekt ausgerissen wird, dann freut sich sogar der Papa… erst recht, wenn dann auch noch exotische Tänzerinnen für ihn die Hüften zu schwingen beginnen.
Es mag schon sein, dass der Produktionsablauf mit den Regiewechseln zwischen Enzo Castellari und Luigi Cozzi ein einziges Chaos war, bei dem die eine Hand nicht wusste, was die andere tat, doch an der gesunden Selbsteinschätzung aller Beteiligten hat das offenbar nicht gerüttelt. Dieser Film scheint genau zu wissen, was er ist. Die Darsteller setzt er als Boten ein, um dieses Wissen an die Zuschauer zu vermitteln. Ferrigno ist eine echte Bank, wenn er Plastikketten und eingezeichnete Energiekäfige mit seiner Blasebalg-Anatomie in zelebrierter Zeitlupe in Stücke reißen darf, doch sogar seine geringschätzigen Blicke auf die widerwärtigen Gegner sind Gold (und noch mehr Zeitlupe) wert. Trotz der typischen Bodybuilder-Unbeholfenheit stellt er sich dabei auch professioneller an als etwa die Paul-Zwillinge aus Deodatos „Die Barbaren“, obwohl die aus Sicht des Trash-Gourmets zweifellos die noch größeren Momente hatten. Der eigentliche Clou aber ist John Steiner als hemmungslos chargierender Fiesling Jaffar, für dessen schauspielerische Leistung nurmehr Vergleichswerte im Bereich des Zeichentrickfilms in Frage kommen: Pyradonis aus „Asterix und Kleopatra“ vielleicht und Scar aus „Der König der Löwen“. Oder, nun ja, Dschafar aus „Aladdin“. Klar. Und selbst bis in die kleinsten Nebenrollen hinein färbt sich dessen Elan (beziehungsweise Wahn) ab. Im Grunde kann sich Sinbad vor schrulligen Weggefährten und Widersachern kaum retten, sie machen seinen (und unseren) Tag heiter und sonnig, selbst wenn Sinbad mal wieder gegen ein Stein- oder Sumpfmonster (wer weiß, vielleicht sogar dasselbe Kostüm, einmal mit Algen behangen, einmal ohne) antreten muss.
In gewisser Weise fühlt man sich ob des schäbigen Masters-of-the-Universe-Dekors und der armseligen Trickeffekte um einen wahrhaftigen Abenteuerfilm nach Vorlage von „Der Dieb von Bagdad“ betrogen, zumindest aber um einen räudigen Fantasy-Actioner für Männer und all jene, die es mal werden wollen. Nicht, dass man nach der irreführenden Edgar-Allan-Poe-Biografie im Vorspann überhaupt irgendwelche konkreten Erwartungen hätte bilden können, aber dass sich die Handlung letztlich um ein Kind dreht, das vom Sandmann abgeholt werden möchte, sorgt für eine zusätzliche Entwertung der ohnehin bereits recht schäbigen Umsetzung. Die Besänftigung tritt erst nach und nach ein. Sie kommt mit der Erkenntnis, dass die Akteure das alles genauso bekloppt finden und uns mit ihrem überzogenen Spiel zumindest noch eine gute Zeit bescheren wollen, bevor das Kind endlich seine Äuglein schließt… und hoffentlich von besseren Filmen träumt.
Je nach Betrachtungswinkel:
bis
© Sascha Ganser (Vince)
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Informationen zur Neuveröffentlichung
Limited Collector’s Edition #58
Mit oder ohne „D“ in der Mitte? Da scheiden sich bei „Sin(d)bad“ gerne mal die Geister, gerade hier in Deutschland. Heißt ja schließlich auch nicht Eutschland. Als Koch Media „Sinbad – Herr der sieben Meere“ im Jahr 2015 ins digitale Zeitalter beförderte, entschied man sich also dafür, das „D“ als Zugabe zu spendieren, auch wenn die Poster aus der Videotheken-Ära anscheinend ohne arbeiteten. Schreibweise hin oder her, streitbarer war da schon das Artwork für die Keep Cases von DVD und Blu-ray: Eine (in der Erstauflage) mit goldener Glanzfolie versehene Merkwürdigkeit, auf der die Silhouette des Bogen schießenden Lou Ferrigno vom riesigen Filmtitel samt Titelzusatz in Schlagzeilen-Optik überdeckt war. Mal etwas anderes, aber definitiv nicht das, was man bei so einem Streifen erwarten würde.
Die Verpackung
Die nun erschienene Neuauflage von Wicked Vision aus der „Limited Collector’s Edition“-Reihe (bei Nr. 58 sind wir inzwischen) scheint sich vor allem einen künstlerischen Auftrag auf die Fahnen geschrieben zu haben, denn – natürlich – ist das Mediabook um Welten hübscher geraten als die Erstauflage von Koch. Als gäbe es gar keinen Zweifel daran, was das einzig wahre Motiv zum Film sein darf, wurde diesmal vorerst nur eine Covervariante veröffentlicht, ähnlich wie zuletzt schon bei „Yeti – Der Schneemensch kommt“. Geworden ist es selbstverständlich das Originalposter. Auch darauf sieht man Lou, wie er mit dem Bogen zielt, diesmal erstrahlt er aber in all seiner fleischigen rosa Pracht, während unter ihm zur Linken das Getümmel gegen die Untoten auf dem Segelschiff eingefangen ist (der Chinese, ähm, Japaner legt sich gerade mit einer Ritter-Hülse an) und zur Rechten der Wald mit den Amazonen abgebildet ist, während sich Teagan Clive und Melonee Rodgers, zwei der wildesten Frauen auf Sinbads Abenteuer, zivilisiert zu unterhalten scheinen… ein irritierender Anblick. Merkwürdig auch, dass man damals ausgerechnet John Steiner nicht verewigt hat, den man im Film eigentlich kaum übersehen kann. Sei es drum. Die Gesamtkomposition auf dem Hochglanzmediabook sieht jedenfalls traumhaft aus. Eine schöne Aufteilung der Bildelemente, der Titel in seiner wunderschönen Font passgenau in den unteren Bereich gesetzt und die Farben so leuchtend, als wäre das Plakat gerade erst frisch entworfen worden. Gerade an dem Blauton, der sich in dieser Form auch über den Spine bis zum Backcover erstreckt, kann man sich kaum sattsehen. Müßig zu erwähnen, dass das FSK-Siegel, die Logos, Banner und Werbesticker wie immer auf ein Deckblatt verbannt wurden, das man entnehmen kann, um auf dem Medienbuchdeckel nichts als das Motiv genießen zu können.
Der Innenteil der Verpackung ist vollständig mit einer feinen Struktur aus orientalischen Elementen mit bronzefarbenen floralen Mustern ausgekleidet. Die enthaltenen Datenträger, eine Blu-ray und eine DVD, geben den Blick auf einen purpur-pinken Himmel durch einen Torbogen persischer Architektur frei. Auf der Blu-ray posiert Lou Ferrigno mit einem Säbel, auf der DVD Alessandra Martines, die die zu rettende Prinzessin spielt, mit ihrer Schönheit.
Das Booklet
Das Booklet nutzt das bekannte Alternativposter als Frontcover, auf dem der Hauptdarsteller seine Waffe mit weit ausgestrecktem linken Arm zur Verteidigung einsetzt und dabei seinen typischen „Hulk“-Blick auflegt, der einem als Kind schon mal das Blut in den Adern gefrieren lassen konnte. In einem breiten Rahmen um ihn herum sind Szenen und Figuren aus dem Film untergebracht, unten tobt das Meer. Auf der Rückseite gibt es dann noch ein Portraitfoto von Ferrigno, der auf seinem Schiff posiert und die geölten Muskeln spielen lässt.
Der Text in der 24-seitigen Einlage stammt von Christoph N. Kellerbach, und der kann sich wahrlich nicht beschweren, dass es nichts gäbe, worüber sich zu schreiben lohnte, denn die Produktionsgeschichte von „Sinbad – Herr der sieben Meere“ kann es mit den stürmischsten Gewässern aufnehmen, die der Seefahrer je durchkreuzt hat. Kellerbach beginnt dabei mit der Nachzeichnung des politischen Klimas in den USA der 80er Jahre und erläutert, wie es dort zum Fitness- und Körperkult kam. Wenn man es überspitzt formulieren will, ist die Semi-Dokumentation „Pumping Iron“ mit Ferrigno und Schwarzenegger der Flügelschlag des Schmetterlings, der letztlich dazu führte, dass „Sinbad – Herr der sieben Meere“ so aussieht, wie er aussieht. Die Reise dorthin wird in all ihren spannenden Details und mit all ihren Zwischenstationen beschrieben. Das Ganze liest sich wie das Drehbuch zu einer Dokumentation über eine Filmproduktion, die am Ende ebenso viel über das damalige Klima verrät wie über den Film selbst. Das Booklet ist also ungemein lesenswert geraten, zumal das Layout diesmal besonders hübsch ausfällt. Man hat nämlich nicht einfach halbseitige Screenshots in den Text gestanzt, sondern die Bilder in orientalisch anmutende Formen gebannt. In der unteren rechten Ecke findet man außerdem putzige kleine Mini-Lous, Mini-Teagans und Mini-Sichelzombies.
Schaut in den Trailer von “Sinbad – Herr der sieben Meere”
Bild und Ton
Was die technische Präsentation des Hauptfilms angeht, sollen gegenüber der Koch-Auflage keine Änderungen vorgenommen worden sein. Das Bild wirkt oft sehr weich, gerade wenn viel Tageslicht im Spiel ist. Aufgrund des recht starken Filmkorns verlaufen dann auch mal Konturen ineinander. Andererseits wiederum werden die mit zahlreichen Verzierungen geschmückten Kostüme und die detailverliebten Hintergründe in all ihrer Detailfülle abgebildet. Es bleibt ein durchaus lebendiges Form- und Farbenspiel auf der Netzhaut zurück, wenn man erst einmal beim Abspann gelandet ist. Die paar Schmutzpartikel, die hier und da aufblitzen, trüben diesen Eindruck kaum.
Auch beim Ton bleibt alles beim Alten: Englisch und Deutsch sind jeweils in DTS-HD Master Audio 2.0 Stereo (Blu-ray) bzw. Dolby Digital 2.0 Stereo (DVD) hinterlegt. Anzumerken ist dabei, dass auch der englische Ton nachsynchronisiert wurde, wie damals bei italienischen Produktionen üblich, weshalb sich auch im vermeintlichen O-Ton die Eigenschaften einer Synchronisation ergeben – insbesondere, was die dominante Abmischung der Stimmen angeht. Die englischen Pendants klingen einen Hauch heller bzw. klarer als die deutschen, große Unterschiede ergeben sich aber nicht. Klarer Vorteil der Wicked-Vision-Disc jedoch: Untertitel gibt es in Deutsch und Englisch, während die Koch-Disc lediglich englische Untertitel an Bord hatte.
Das Bonusmaterial
Wo Koch und Wicked-Vision dann endgültig auseinanderlaufen, das sind die Extras, und die beginnen wie so oft auch diesmal bei der Auswahl der Tonspur. Da findet man nämlich einen Audiokommentar mit Gerd Naumann und Christopher Klaese… und Moment, sogar Matthias Künnecke mischt noch mit, obwohl er auf dem Backcover gar nicht erwähnt wird. Wie gemein! Ähnlich wie Kellerbach im Booklet nimmt auch das Experten-Trio die turbulente Produktionsgeschichte dankbar an und nutzt sie als Grundlage für eine angeregte Diskussion. Dabei widersteht jeder der Gesprächspartner der Versuchung, den im Hintergrund laufenden Film der Lächerlichkeit preiszugeben, werden doch Teile der Produktion, die Spezialeffekte etwa oder Lou Ferrignos Schauspiel, gemessen an den Bedingungen durchaus gelobt, bisweilen auch rehabilitiert. Herrlich abenteuerlich wird es später, wenn die Geschichte von Cannon aufgearbeitet und mit „Was wäre wenn“-Überlegungen gewürzt wird, bis am Ende alternative Filmgeschichte steht, die jedem Actionfreunde-Leser einen Schauer der Euphorie bescheren dürfte: Was, wenn Marvel nie die Kino-Institution geworden wäre, die sie heute ist, und das einzige Kino-Imperium der Gegenwart wäre Cannon?
Bei den Extras bot Koch damals nebst Trailer und Bildergalerie eine viertelstündige Dokumentation über Drehbuchautor / Teilregisseur Luigi Cozzi. Die gibt es auf der neuen Edition nicht, dafür aber drei neu produzierte, exklusive Featurettes. In „Sinbad Uncharted“ (10 Min.) spricht Hauptregisseur Enzo G. Castellari zunächst darüber, wie er Hauptdarsteller Lou Ferrigno kennenlernte, der schon engagiert war, als Castellari zur Produktion stieß. Als mürrischer, wortkarger Mann habe Ferrigno damals gegolten, doch alle Vorbehalte lösten sich, als klar wurde, dass sein neuer Hauptdarsteller an der gleichen Hörschwäche litt wie sein eigener Sohn. Diese Verbindung sorgte offenbar beidseitig für ein festes Band und eine gute, weil von Respekt und Nachsicht geprägte Atmosphäre am Set. Mit dem finalen Film scheint Castellari aber immer noch auf Kriegsfuß zu stehen. Dass aus dem ursprünglich als Vierteiler geplanten und nie finalisierten Werk irgendwann ein 90-minütiger Film geschnitten worden war, stellte er erst fest, als er die VHS zufällig in einer Videothek in Los Angeles entdeckte und aus Neugierde gleich auslieh. Bis zum Ende des Tapes schaffte er es aber nicht, denn schon der Umstand, dass sein Film zu einer Gutenachtgeschichte für ein Kind umfunktioniert wurde, gab ihm schon früh den Rest…
Luigi Cozzi wiederum steht im Mittelpunkt der zweiten Featurette mit dem Namen „Sinbad Untold“ (23 Min.). Im Grunde liefert er gleich einen ganzen Abriss der Golan-Globus-Ära von Cannon und erläutert in diesem Kontext, wie es dazu kam, dass „Sinbad – Herr der sieben Meere“ heute so aussieht, wie er aussieht. Es geht um Timing, Präferenzen von Märkten und Produzenten, letztlich geht es auch wieder um die kindlich-liebenswerte Natur Lou Ferrignos, dessen Ängste (etwa vor Pferden oder vor Wasser) in einen Kontrast gesetzt werden zu seinem einschüchternden Äußeren. Deutlich wird auch, dass Cozzi diesen Film nicht als seinen eigenen betrachtet, hätte sein Augenmerk doch viel deutlicher den Spezialeffekten gegolten, um das Erbe Ray Harryhausens in Würde anzutreten. Da Castellari eine ähnliche Meinung vertritt, fragt sich natürlich nun, wer überhaupt Anspruch auf diesen Film erhebt…
Abgeschlossen wird die „Un“-Trilogie der Interviews mit „Sinbad Unbeaten“ (9 Min.). Darsteller und Stuntman Massimo Vanni sitzt hier auf dem Interview-Stuhl und liefert einen alternativen Low-Level-Blick auf die Produktion. Im Vergleich mit den Ausführungen von Castellari und Cozzi sind seine wesentlich näher an den Dreharbeiten, vermittelt er doch, wie es sich anfühlen muss, als Stuntman in Gummi-Rüstung den ganzen Tag lang Kämpfe austragen zu müssen mit dem Ergebnis, am Abend drei Kilo leichter und völlig dehydriert ins Bett zu fallen. Spaß scheinen ihm die mühsamen Dreharbeiten dennoch gemacht zu haben. Alle drei Interviews wurden übrigens in der italienischen Muttersprache der Interviewpartner gedreht. Standardmäßig sind schon die (optionalen) deutschen Untertitel aktiviert, nach Wunsch lassen sich genauso wie beim Hauptfilm außerdem englische Untertitel dazuschalten.
Die einzige echte Überschneidung der Extras zwischen Koch und Wicked Vision ist somit der englische Originaltrailer. Ferner kommt noch eine knapp 9-minütige Bildergalerie mit Postern, Artworks, Lobby Cards, Stills und diversen Mediencovern hinzu, untermalt vom Soundtrack.
Die DVD ist übrigens in diesem Fall komplett inhaltsgleich mit der Blu-ray, d.h. nicht nur der Hauptfilm, sondern auch alle Extras sind vollständig auf beiden Datenträgern enthalten.
Poster, Art Cards, Bierdeckel und Sticker
Apropos Lobby Cards und Stills. Es ist bekannt, dass Wicked Vision für Schnellbesteller oft gewisse Gimmicks bereithält, etwa Sammel- oder Autogrammkarten. Diesmal hat man sich aber, was das angeht, selbst übertroffen. Denn offenbar erhält jeder Besteller des shop-exklusiven A-Covers Beigaben in Form eines doppelseitigen Posters (Format DIN A3), 10 Art Cards, 2 Bierdeckeln und 2 Aufklebern. Das Poster wird gerollt und mit einem Gummi verschlossen geliefert – selbstverständlich nicht in einer Posterrolle, da das beim Versand schließlich den Rahmen sprengen würde. Kleine Knickstellen sind daher ggf. in Kauf zu nehmen, letztlich lässt sich das Ganze aber im Normalfall mit den üblichen Hausmitteln glätten. Es handelt sich um etwas dickeres, beschichtetes Papier mit leichtem Glanz. Auf einer Seite findet man das Motiv des Mediabooks, auf der anderen Seite das des Booklets. Die Art Cards konnten allerdings begutachtet werden. Sie sind absolut liebevoll designt und als Sammlerstück eine echte Besonderheit. Die postkartengroßen Gimmicks bieten mal im Hoch- und mal im Querformat eine spannende Auswahl an Motiven aus der Bildergalerie, mal aus dem Stills-Bereich, mal aus der Poster-Auswahl. Wie schon beim Mediabook selbst sind Druck und Layout absolut perfekt aufeinander abgestimmt. Und die Rückseite ist nicht etwa weiß, sondern liefert das auch auf den Discs zu sehende Motiv des orientalischen Himmels hinter einem mit Ornamenten verzierten Torbogen. Der besondere Clou: Wenn man die zehn Karten in der richtigen Reihenfolge nebeneinanderlegt, sieht man, wie sich im Daumenkino-Stil langsam der Ballon am Himmel nähert. Eine großartige Idee, die in gewisser Weise den Stop-Motion-Kreaturen von Harryhausen sogar mehr Tribut zollt als es für „Sinbad – Herr der sieben Meere“ je im Bereich des Möglichen lag. Wer sich einen Eindruck davon verschaffen will, kann sich das Banner ganz oben in diesem Artikel einmal genauer anschauen. Oben drauf gibt es zwei Bierdeckel. Deren Rückseite ist mit dem Cannon-Logo bedruckt und auf der Vorderseite einmal mit dem Sichel-Kapuzenmann und einmal mit Kampfamazone Teagan Clive. Tja, Dilemma… Bier trinken zum Film macht Spaß, aber da holt man doch wahrscheinlich eher Muttis Untersetzer aus dem Küchenschrank, anstatt die hübschen Dinger zu versauen. Zuletzt findet man noch einen Cannon-Logo-Sticker und einen Sticker mit Lou Ferrigno basierend auf dem Booklet-Covermotiv.
Noch dazu liegt der Startpreis rund 5 Euro unter dem Standardpreis für Mediabooks aus der Wicked-Vision-Collection. Ob man die Neuauflage braucht, wenn man schon die technisch ebenbürtige Koch-Disc besitzt, sei einmal dahingestellt, aber das tolle Artwork, die schmucken Beigaben und die neu produzierten Extras, die viel über die Entstehungsgeschichte des Films verraten, machen aus dieser Edition trotzdem etwas Besonderes. Ob es zu einer zweiten Auflage mit einem alternativen Motiv kommen wird, hängt vermutlich davon ab, ob und wann Cover A vergriffen sein wird…
Bildergalerie von “Sinbad – Herr der sieben Meere”
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