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Sisu – Rache ist süß

Als eine Nazi-Einheit gegen Ende des Zweiten Weltkriegs während des Rückzugs aus Finnland einen einheimischen Goldschürfer zum seinen Fund bringen wollen, erleben sie ihr blaues Wunder: Der alte Mann ist ein knallharter Ex-Soldat, der sie einen nach dem anderen dezimiert. „Sisu“ liefert splattrige Action irgendwo zwischen „Phantom Kommando“, „The Punisher: War Zone“ und „Inglorious Basterds“.

Originaltitel: Sisu__Herstellungsland: Finnland__Erscheinungsjahr: 2022__Regie: Jalmari Helander__Darsteller: Jorma Tommila, Aksel Hennie, Jack Doolan, Mimosa Willamo, Onni Tommila, Arttu Kapulainen u.a.
Sisu

Mit “Sisu” liefert Jalmari Helander splattrige Action vor der Kulisse des Zweiten Weltkriegs ab

Der Norweger Tommy Wirkola und der Finne Jalmari Helander könnten skandinavische Brüder im Geiste sein, stehen sie doch für ein raues, von amerikanischer Popkultur beeinflusstes Genrekino aus Europa. Während Wirkola es mit Werken wie „What Happended to Monday?“ und „Violent Night“ später nach Hollywood schaffte, drehte Helander seine Filme wie „Rare Exports“ oder nun „Sisu“ bisher nur in der Heimat.

„Sisu“ spielt im Finnland des Jahres 1944, als die Nazis langsam aus dem Land zurückgedrängt werden und dabei auf eine Politik der verbrannten Erde setzen. Davon ist Protagonist Aatami Korpi (Jorma Tommila) kaum beeinflusst. Der Einsiedler schürft im finnischen Hinterland nach Gold und findet es letztendlich auch. Blicke auf seinen vernarbten Körper zeigen dem Publikum einen Krieger, der sich aus der Zivilisation zurückgezogen hat, der einfach nur seine Ruhe will, ähnlich wie der Titelheld von „John Rambo“ – und ähnlich wie dieser wird auch Korpi seine Ruhe nicht kriegen.

Denn als er die Goldbrocken in eine Stadt bringen will, trifft er auf Nazi-Einheit auf dem Rückzug, angeführt von SS-Obersturmführer Bruno Helldorf (Aksel Hennie). Wobei die Nazis dieses Films noch eindimensionaler dargestellt werden als in Kriegsfilmen der 1950er, eher an Orks, Trolle oder die Nazi-Zombies aus Wirkolas „Dead Snow“ erinnern: Eine komplette verwarzte, abgrundtief böse Truppe, deren einziger Lebensinhalt Morden, Brandschatzen und Vergewaltigen ist. Helldorf lässt Korpi zwar vorerst ziehen, aber nur, weil er glaubt, dass dieser in seinen sicheren Tod läuft, und nicht in die Satteltaschen von Korpis Pferd schaut.

Als der Schürfer von der Nachhut angehalten wird und diese plattmacht, weil sie sein Gold stehlen wollen, merken Helldorf und seine Truppe doch auf. Sie wollen das Edelmetall an sich bringen, doch sie haben nicht mit der Widerstandskraft des alten Mannes gerechnet, der ein früherer Elitesoldat ist…

Schaut euch den Trailer zu „Sisu“ an

Sisu

SS-Obersturmführer Bruno Helldorf (Aksel Hennie) weiß noch nicht, mit wem er sich da angelegt hat

Mit seiner Einteilung in Kapitel und seiner Bildsprache als Weltkriegs-Western erinnert „Sisu“ überdeutlich an Quentin Tarantinos „Inglorious Basterds“, ohne jedoch dessen Eleganz und Intelligenz zu erreichen. „Sisu“ ist im Grunde seines Herzens ein dreckiges B-Movie, produziert von Stage 6 Films, die für Sony nicht nur Kinofilme, sondern auch Videopremieren wie „The Hit List“ und „Art of War 2“ verantworten. „Sisu“ ist eine phasenweise brunzdumme, unrealistische Action- und Gewaltorgie, in der eine Schürfschale oder eine Leiche auch mal als effektive Schilde gegen die schweren Geschosse eines Panzer-MGs wirken können. Noch unrealistischer und übertriebener als der artverwandte „Phantom Kommando“ kommt „Sisu“ daher, wenn auch mit einem ähnlichen Augenzwinkern, wenn der Held nicht nur Feind um Feind niedermetzelt, sondern sich stetig weigert zu sterben, selbst als seine Widersacher ihn aufknüpfen.

Tatsächlich ist es dieser ironische Ton, der „Sisu“ neben seinem Tempo und seiner knackigen 90-Minuten-Laufzeit, merklich hilft. Ruhepausen oder Durchhänger sind selten vorhanden, stattdessen steht immer bald das nächste Gefecht an, in welchen der Film sein Publikum regelrecht dazu animiert die splattrigen Tode der durch und durch verkommenen Widersacher abzufeiern. Persönlichkeit haben diese kaum: Außer dem diabolisch-charismatischen Helldorf verfügt nur seine schmierige rechte Hand Wolf (Jack Doolan) ansatzweise über ein Profil, der Rest ist quasi ausschließlich Metzelmasse. Ähnlich sieht es auch mit einer Gruppe weiblicher Gefangener aus, aus deren Reihen nur die resolute Aino (Mimosa Willamo) herausragt. Diese darf den Nazis an einer Stelle erklären, was das nicht zu übersetzende finnische Wort „Sisu“ bedeutet: Eine unvergleichliche Form von Hartnäckigkeit, Durchsetzungsvermögen und Überlebenswillen. Sie und ihre Leidensgenossinnen sind potentielles Rettungsmaterial für, aber auch potentielle Verbündete des Helden, dem es allerdings in erster Linie um das eigene Überleben, das eigene Gold und die eigene Rache geht.

Sisu

Nur ein alter Goldschürfer? Irrtum, Aatami Korpi (Jorma Tommila) ist viel mehr als das

Dabei Korpi reichlich Gelegenheit seine Rachegelüste auszuleben, denn „Sisu“ erinnert an andere Actionreißer an der Grenze zum Splatterfilm wie „The Punisher: War Zone“ oder „The Night Comes for Us“: Da werden Messer in Köpfe gestoßen, Feinde durch einen Landminenwurf in tausend Stücke gesprengt und menschliche Körper im Kugelhagel regelrecht zersiebt. Der wohl einfallsreichsten Kill findet sich in einer Sequenz, in der sich Korpi auf dem Grund eines Sees vor seinen Widersachern versteckt und einer davon ihm folgen sollen: Der Ex-Soldat schneidet dem Wicht mit dem Messer die Kehle durch und atmet die entweichende Luft ein, um weiter unter Wasser bleiben zu können. Die Choreographie und Inszenierung ist angesichts des Alters von Hauptfigur und Hauptdarsteller eher bodenständig, kommt jedoch auf einige Schauwerte, nicht zuletzt durch den Härtegrad und die schwarzhumorige Präsentation des Ganzen. Leider präsentiert „Sisu“ die besten und einfallsreichsten Kills meist schon in der Anfangsphase, kann das Ganze mit dem Showdown nicht toppen, der einen recht kreativen, aber auch erwartbaren Tod für Helldorf parat hält.

Hauptfigur Korpi bleibt fast den gesamten Film über stumm, lässt lieber seine Taten oder andere für sich sprechen. So gibt es die fast schon obligatorische Sequenz, in der Helldorf und seine engsten Vertrauten über die Vergangenheit des Goldsuchers als absoluter Bad-Ass-Motherfucker-Elitesoldat aufgeklärt werden, aber natürlich trotzdem der Ansicht sind, dass sie nicht den Kürzeren im Kampf ziehen werden. So inszeniert Helander seinen Schwager Jorma Tommila („Priest of Evil“) ziemlich eindrücklich, aber auch dessen reduziert-effektives Spiel verkauft die Hauptfigur als überzeugenden Actionhelden im fortgeschrittenen Alter. Starkes leistet Aksel Hennie („The Doorman“) als Oberschurke ab, Jack Doolan („Hooligans 3“) und Mimosa Willamo („Lake Bodom“) sind okay, aber mehr auch nicht. Der Rest vom Fest hat größtenteils noch nicht einmal Rollennamen, wobei Helander seinem „Big Game“-Hauptdarsteller und Neffen Onni Tommila eine Nebenrolle als Nazi-Panzerfahrer mit am ehesten menschlichen Zügen gegeben hat.

„Sisu“ kommt als eine Action-Splatter-Mischung aus „Inglorious Basterds“, „Rambo“ und „The Punisher: War Zone“ daher, die Realismus und Storytelling klein schreibt und vor allem auf die diebische Freude setzt, wenn absolut hassenswerte Bilderbuch-Nazis einer nach dem anderen dahingemetzelt werden. Das ist phasenweise schon ziemlich doof, spielt sich eher in einer comicartigen Parallelwelt als in der grausigen Realität des Zweiten Weltkriegs ab und bedient in erster Linie die niederen Unterhaltungsinstinkte, das aber schon recht effektiv.

Sony bringt „Sisu“ am 11. Mai 2023 in die deutschen Kinos, außerdem ist er zuvor auf den Fantasy Filmfest Nights zu sehen. Von der FSK wurde bisher noch nicht geprüft, aber da diese bereits einen der Trailer zum Film erst ab 18 freigab und der Film viele Härten hat, dürfte er wahrscheinlich die Höchstfreigabe bekommen.

© Nils Bothmann (McClane)

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Copyright aller Filmbilder/Label: Sony__FSK Freigabe: ungeprüft__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Nein, ab 11.5.2023 in den deutschen Kinos

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